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Frühzeitig diagnostizierte und behandelte Säuglinge mit schwerer sensorineuraler Hörbeeinträchtigung schneiden bezüglich ihrer Sprech- und Sprachentwicklung besser ab als spät diagnostizierte Kinder. Bisher erfolgt die Evaluation des individuellen Benefits von getragenen Hörhilfen bzw. ihrer optimalen Einstellung bei Säuglingen und jüngeren Kleinkindern hauptsächlich durch verhaltensbeobachtende Methoden.
Die Würzburger Universitätsklinik und Poliklinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde, plastische und ästhetische Operationen war die erste Einrichtung deutschlandweit, die ein zweistufiges Neugeborenen-Hörscreening klinisch umgesetzt hat. Durch die frühe Identifikation sensorineuraler Hörbeeinträchtigungen bei Säuglingen hat sich auch der Therapiebeginn ins frühe Säuglingsalter verschoben. Dies macht ergänzende objektive Methoden zu gängigen medizinischen Testverfahren zur Evaluation der vokalen Entwicklung in Abhängigkeit von der Adjustierung der Hörhilfen erforderlich. Kooperationsprojekte zwischen der Klinik und Poliklinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde, plastische und ästhetische Operationen und dem Zentrum für vorsprachliche Entwicklung und Entwicklungsstörungen der Poliklinik für Kieferorthopädie des Universitätsklinikums Würzburg haben das Ziel, die sprachentwicklungsrelevanten Schritte im ersten Lebensjahr in Abhängigkeit von der individuellen Hörleistung zu charakterisieren. Die vorliegende Arbeit ist in diese Projekte eingebettet.
Die retrospektiv angelegte Pilotstudie hatte das Ziel, die kanonische Babbelphase von vier vergleichbaren Säuglingen mit hochgradiger sensorineuraler Hörbeeinträchtigung mithilfe einer Methode zu untersuchen, die für hörgesunde Kinder entwickelt und bisher nur an Kindern mit orofazialer Spaltbildung getestet wurde. Es ging darum, geeignete Testsignale dieser Probanden in Form von kanonischen Babbellauten aus einem Repertoire von etwa 20000 Vokalisationen messtechnisch zu selektionieren und diese Signale dann mit der zu testenden Phonations-Interaktions-Analysemethode (PAI-Methode) zu analysieren. Dazu wurden in der finalen Messung 335 kanonische Babbelsilben ausgewertet. Es mussten geeignete Messgrößen erarbeitet und getestet werden sowie die Analyseergebnisse auf ihre Validität geprüft werden. Es wurden dabei sowohl frequenzbasierte als auch zeitliche Messgrößen analysiert.
Im Ergebnis der durchgeführten Analysen und Tests hat sich gezeigt, dass die PAI-Methode geeignet ist, um den Stand der Artikulationsentwicklung im Altersbereich der kanonischen Babbelphase zu evaluieren. Das gilt sowohl für die mit HDO-Hörgeräten versorgten Probanden als auch für die CI-Träger.
Die Testsignale, die hier verwendet wurden, stammen von Probanden, die eine sehr gute Sprech- und Sprachentwicklung gezeigt haben. Die retrospektive Auswertung lieferte bereits für das Babbelalter Messergebnisse, die Werte im Bereich der in der Literatur angegebenen Referenzbereiche für hörgesunde Kinder erbrachten. Damit hat die vorliegende Arbeit nicht nur die prinzipielle Eignung der PAI-Methode für die quantitative Charakterisierung der kanonischen Babbellaute demonstriert, sondern gleichzeitig belegt, dass pädaudiologisch gut versorgte Kinder bereits vor dem eigentlichen Sprachbeginn Artikulationsleistungen zeigen, die jenen hörgesunder Kinder im Verlauf ihrer Entwicklung entsprechen.
Methodische Einschränkungen fanden sich im Bereich des untersuchbaren Frequenzrepertoires und der hohen Störanfälligkeit für Hintergrundgeräusche. Die Möglichkeit einer diesbezüglichen Modifikation der Methode wäre zu prüfen. Diese Ergebnisse erlauben es nun in einem nächsten Schritt, einen systematischen Vergleich der Messgrößen zwischen hörgesunden und sensorineural hörbeeinträchtigten Kindern unter Einschluss der Hörtestergebnisse mithilfe der PAI-Methode vorzunehmen. Dazu scheinen besonders die hier analysierte Artikulationsgeschwindigkeit und weitere zeitliche Größen (Resonanzfrequenzübergangszeit, aktive Vokalartikulationszeit, exakte und mittlere Silbendauer) geeignet. Für weitergehende Untersuchungen und spezifische Vergleiche ist es jedoch zunächst erforderlich, für alle anderen hier untersuchten Kenngrößen kanonischer Babbellaute weitere systematische Untersuchungen an vergleichbar homogenen Datensätzen von sowohl hörgesunden als auch hörbeeinträchtigten Kindern vorzunehmen.
Das Bestreben, den Aufbau, die Funktion sowie die Entwicklung des Immunsystems zu verstehen, steht schon lange Zeit im Zentrum des Interesses vieler Forschungsarbeiten, insbesondere um auf Grundlage der gewonnenen Erkenntnisse neue Behandlungsansätze für immunologisch relevante Krankheitsbilder zu entwickeln.
Stillen könnte ein wichtiger Faktor sein, der bei der Entwicklung und Differenzierung von T-Zell-Subpopulationen und Zytokinmustern im Säuglings- und Kindesalter eine bedeutende Rolle spielt.
Die Zielsetzung der hier vorgelegten Promotionsarbeit war es, den potentiellen Effekt des Faktors Stillen auf die Entwicklung, die Verteilung und die Differenzierung von Zell-populationen sowie die Expression von Zytokinen bei gesunden Kindern zu untersuchen. Dies geschah insbesondere im Hinblick auf einen möglicherweise vorhandenen Shift der relativen Verteilung der TH1- und TH2-Zytokinen, da in retrospektiven Kohortenstudien bereits gezeigt werden konnte, dass gestillte Kinder eine geringere Anfälligkeit gegenüber schwerwiegenden bakteriellen Infektionen (BACHRACH ET AL., 2003) sowie einer verminderten Inzidenz von Autoimmunerkrankungen (KOLETZKO ET AL., 1989; PISACANE ET AL., 1994) aufweisen.
Die Studienkohorte bestand aus 196 gesunden Kindern im Alter zwischen 26 Tagen und 12 Jahren und 352 Tagen. Diese wurde in vier Altersgruppen unterteilt (<1, 1- <3, 3- <6 und 6-<13 Jahre) und mittels eines Fragebogens im Hinblick auf ein möglicherweise vorhandenes Bias bezüglich exogener Einflussfaktoren wie Impfungen, Nikotinexposition (FELESZKO ET AL., 2006) und allergische Erkrankungen in der Familie (HRDÝ ET AL., 2010), die in diesem Zusammenhang diskutiert werden, überprüft. Dabei zeigten sich keine signifikanten Unter-schiede zwischen den Gruppen.
Alle immunologischen Parameter wurden in peripherem, heparinisiertem Blut ermittelt. Zunächst wurde mittels Durchflusszytometrie (FACS) eine Phänotypisierung, anhand von antikörpermarkierten Oberflächenantigenen der T-, B- und NK-Zellpopulationen („Immun-status“), durchgeführt. Des Weiteren wurden die mononuklearen Zellen des peripheren Blutes (PBMC) mittels PMA und Ionomycin stimuliert und die Zytokinsekretion durch Brefeldin blockiert. Durch FACS-Analyse wurde die nach 20-24 stündiger Anregung in der Kultur vorhandene intrazellulärer Zytokinexpression von IL2, IFNγ, TNFα, IL4, IL10, TGFβ und IL17 in den T-Zellpopulationen ermittelt. In einem zweiten Schritt wurde der Quotient aus IFNγ und IL4 berechnet, um das Verhältnis zwischen TH1 und TH2 zu analysieren.
Das Datenmaterial zeigt die Entwicklung der T-Zell-Subpopulationen mit dem Alter. Junge Kinder zeigen eine durch regulatorische T-Zellen (Treg) bzw. TH0-Zellen vorherrschende TGFβ und IL2-Expression, während ältere Kinder das gesamte Repertoire an TH1 (IFNγ, TNFα) und TH2-Zytokinen (IL4), insbesondere durch T-Gedächtniszellen, exprimieren. Diese Ergebnisse bestätigten bereits zuvor beschriebene – vom Faktor Stillen unabhängige – altersabhängige Veränderungen der Zellpopulationen und der Zytokinexpression. Aus diesem Grund konnte von einer „normalen Verteilung“ der Studienkohorte ausgegangen werden.
Zwischen gestillten und nicht-gestillten Kindern hat sich gezeigt, dass sich die Größe und das Verhältnis der übergeordneten Zellpopulationen (T-Helferzellen, zytotoxische T-Zellen) sowie die Reifung der T-Zellen (naive T-Zellen, T-Gedächtniszellen) bezogen auf das Alter nicht unterscheiden. Hingegen zeigt der Faktor Stillen in der Tat einen Einfluss auf die TH1/TH2-Balance. Bei gestillten Kindern lässt sich eine stärkere Gewichtung in Richtung der TH2-Zytokine feststellen (niedrigere IFNγ/IL4-Ratio), so dass davon auszugehen ist, dass Stillen einen so genannten TH2-Shift induziert. Dieses gegenüber nicht-gestillten Kindern „verschobene“ Gleichgewicht bleibt bis zur Altersgruppe der 6-13 Jährigen konstant. Gestillte Kinder haben zudem, im Vergleich zu Formula-ernährten Kindern, ein höheres Vermögen TH1-Zytokine wie TNFα und IFNγ zwischen dem dritten und sechsten Lebensjahr zu bilden.
Diese Daten entsprechen nicht einem vorherrschenden TH2-Muster und einer Allergiedisposition, aber sie können die geringere Inzidenz von bakteriellen Infektionen im Vorschulalter (TH1-Antworten benötigt) und von TH1-vermittelten Autoimmunerkrankungen bei gestillten Kindern erklären.
Aufgrund der Ergebnisse wird deutlich, dass Muttermilch einen bedeutenden Einfluss auf das Immunsystem hat. Insbesondere konnte gezeigt werden, dass der Einfluss der Muttermilchernährung über den eigentlichen Zeitraum des Stillens hinausreicht. Eine Prägung des Immunsystems durch die Muttermilch, während der frühen Kindheit, erscheint deshalb sehr wahrscheinlich. Diese Ergebnisse sollten selbstverständlich durch weiterreichende Studien, die eventuell vorhandene weitere Störgrößen wie genetische Prädispositionen oder auch Umwelttoxine einschließen, verifiziert werden.
Zudem wäre es von Interesse welche in der Muttermilch enthaltene Stoffe zu diesem TH2-Shift beitragen oder ob es sich bei den Einflussfaktoren vielmehr um in der Muttermilch nicht enthaltene Stoffe handelt, die in Formula-Nahrung enthalten sind, wie zum Beispiel Kuhmilchantigene.
Schlussendlich bleibt festzuhalten, dass Muttermilch erwiesene positive Vorteile mit sich bringt, wie geringere Infektionsraten (Atemwegsinfektionen, Otitis media) und eine Risiko-verminderung für bestimmte Erkrankungen (Diabetes mellitus Typ1, Morbus Crohn, Multiple Sklerose) im späteren Leben. Die Ergebnisse dieser Arbeit können bestätigen, dass das Stillen mit Muttermilch tatsächlich einen Einfluss auf die Entwicklung des individuellen Immunsystems hat, der auch nach dem Abstillen weiter anhält.
Eine wichtige Rolle kann diese Erkenntnis bei der Beratung werdender Mütter spielen, gerade in Hinblick auf ein gegebenenfalls erhöhtes endogenes familiäres Risiko für beispielsweise Autoimmunerkrankungen. Folgearbeiten sind sicher wünschenswert, um den pathophysiologischen Hintergrund dieser beobachteten Daten besser zu verstehen.