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Das Körperselbstgefühl stellt einen elementaren, jedoch selten beachteten Bestandteil unserer Wahrnehmung dar, ohne dass wir den Alltag nicht bewältigen könnten. Umso gravierender ist es, wenn dieses Selbstverständnis für den eigenen Körper oder für einen Körperteil durch z.B. einen Schlaganfall verloren geht. Die Grundlagen der Entstehung und der Störung des Körperselbstgefühles sind bisher nur teilweise bekannt. Diese Studie hat zwei Aspekte des Körperselbstgefühles bei Schlaganfallpatienten un-tersucht: die Störung der Puppenhandillusion als eine Unfähigkeit, eine Illusion der Zu-gehörigkeit einer Puppenhand zum eigenen Körper zu empfinden und Asomatognosie als eine spontane Störung des Zugehörigkeitsgefühles zur eigenen Hand. Mit der so genannten Puppenhandillusion (PHI) kann auf einfache Weise die Basis der Selbstidentifikation untersucht werden. Innerhalb kurzer Zeit entsteht bei dem Proban-den der Eindruck, eine vor ihm liegende Puppenhand gehöre zu ihm. Die PHI entsteht, wenn die eigene, für den Probanden verdeckte Hand und eine für den Probanden sicht-bare, direkt über der eigenen Hand platzierte, lebensgroße Puppenhand zeit- und orts-synchron an den Fingern mit Pinseln berührt und bestrichen werden. Es wurden 120 gesunde Probanden und 70 Schlaganfallpatienten an beiden Händen mit der PHI untersucht und das Vorhandensein der PHI durch einen anschließend beantworteten Fragebogen festgestellt. Zusätzlich wurden 64 Schlaganfallpatienten auf das Vorhandensein einer Asomatognosie hin untersucht. Eine Analyse der ischämischen Läsionen der Schlaganfallpatienten wurde mit den dif-fusionsgewichteten MRT-Bildern und frei im Internet erhältlicher Software durchge-führt. Die Ischämien wurden manuell als regions of interest (ROI) markiert und in den Standardraum des MNI152-Gehirns transformiert. Rechtshemisphärische Läsionen wurden über die Mittellinie gespiegelt. Es wurden Subtraktionsanalysen und ein voxel-based lesion-symptom mapping (VLSM) zur Feststellung der für die PHI und eine nor-male Somatognosie essentiellen Hirnregionen angewandt. Repetitive transkranielle Magnetstimulation (rTMS) als reversible Läsionstechnik wurde über dem ventralen prämotorischen Kortex bei 8 Probanden durchgeführt. Erstmals wurde eine große Gruppe gesunder Probanden mit der PHI untersucht. Es zeigten sich keine signifikanten Unterschiede im Auftreten der PHI in Bezug auf Alter, Geschlecht, Körperseite und Händigkeit. Die PHI konnte bei 86% der Probanden an beiden Händen induziert werden. Bei der rTMS-Untersuchung konnte nach Stimulation des prämotorischen Kortex keine signifikante Änderung des Illusionserlebnisses beobachtet werden. Eine kontraläsional gestörte PHI fand sich bei 11 (16%), eine bilateral gestörte PHI bei zusätzlich 7 (10%) der 70 Schlaganfallpatienten. Wir fanden Läsionsvoxel innerhalb der subkortikalen weißen Substanz in direkter struk-tureller Nähe zum prämotorischen, präfrontalen und parietalen Kortex sowie zur Insel-region, welche eine signifikante Assoziation mit kontraläsionaler bzw. beidseitiger PHI-Störung aufweisen. Eine kontraläsionale Asomatognosie wurde bei 18 (28%) von 64 Schlaganfallpatienten gefunden. Asomatognosie korrelierte nicht mit einer gestörten PHI- weder in der klini-schen Untersuchung noch hinsichtlich der Läsionslokalisation. Unsere Resultate sind vereinbar mit einer Rolle des prämotorischen Kortex und dessen subkortikalen Verbindungen, sowie parietaler Hirnregionen und der Inselregion bei der Entstehung der PHI. Bei Schlaganfallpatienten korrelierte eine Störung der PHI und eine Asomatognosie nicht miteinander, folglich gehen wir von zwei unabhängig voneinander bestehenden Mechanismen aus, denen verschiedene neuronale Netzwerke zugrunde liegen.
Das Körperselbstgefühl (KSG) bezeichnet das Gefühl, einen bestimmten Kör-perteil als dem eigenen Körper zugehörig zu empfinden. Es erscheint stabil und nicht störbar, lässt sich jedoch bei den meisten Menschen experimentell beein-flussen. Ein Beispiel hierfür ist die Puppenhandillusion (PHI), bei der die nicht sichtbare eigene Hand des Probanden und eine sichtbare Plastikhand in glei-cher Stellung an den gleichen Fingerstellen synchron mit zwei Pinseln bestri-chen wird, wodurch die Wahrnehmung entsteht, die Plastikhand sei die eigene. Veränderungen des KSG können jedoch auch im Rahmen neurodegenerativer Erkrankungen vorkommen. So nimmt beim kortikobasalen Syndrom (CBS) etwa die Hälfte der Patienten im Krankheitsverlauf einen Arm und seine Bewegungen als fremd war ("Alien-limb“-Phänomen). Das CBS beginnt oft einseitig und ist durch eine rasch fortschreitende, akinetisch-rigide Parkinson-Symptomatik, aber auch durch kortikale Funktionsstörungen gekennzeichnet, so dass es ne-ben einer Störung des KSG auch zu einer Störung der räumlichen Aufmerk-samkeit (Hemineglect) kommt. Bislang wurde der Zusammenhang zwischen Raumwahrnehmung, KSG und PHI bei gesunden älteren Menschen noch nicht systematisch untersucht. Ebenso wenig war bisher bekannt, inwieweit das KSG bei CBS-Patienten durch die PHI modulierbar ist. Wir untersuchten 65 gesunde ältere Probanden (60 - 90 Jahre) ohne neurologi-sche Vorerkrankungen sowie zehn Patienten zwischen 59 und 77 Jahren mit wahrscheinlichem oder möglichem CBS. Den kognitiven und orientierend seeli-schen Zustand eruierten wir mit Hilfe des PANDA- und des Uhrentests, die Raumwahrnehmung testeten wir mittels des Milner-Landmark-Tests sowie des Letter-Cancellation-Tests, das spontane Körperselbstgefühl wurde mittels eines Fragebogens erfasst. Der PHI-Versuch wurde mit synchroner sowie asynchro-ner taktiler Stimulation durchgeführt, das Auftreten eines Selbstgefühls für die Plastikhand wurde subjektiv über spontane Äußerungen und einen etablierten Fragebogen, objektiv über den sog. propriozeptiven Drift der stimulierten Hand erfasst. Unter den Kontrollprobanden fanden sich 12% mit einer wahrscheinlichen De-menz, wohingegen dies bei 80% der CBS-Patienten der Fall war. Im Milner-Landmark-Test zeigte sich bei den Kontrollprobanden eine Überschätzung des rechten Segmentes einer mittig geteilten Linie, entsprechend einem milden Hemineglect, bei den CBS-Patienten konnte keine einheitliche Tendenz festge-stellt werden. Das spontane Körperselbstgefühl stellte sich bei nahezu allen Probanden als intakt dar, während sich bei vier Patienten mit CBS Hinweise auf aktuelle oder intermittierende Störungen desselben ergaben. Die Puppenhandil-lusion war in der Gruppe gesunder Älterer bei synchroner Stimulation auslös-bar, nicht jedoch bei asynchroner Stimulation. Eine Lateralisierungstendenz zeigte sich nicht. Darüber hinaus konnte bei den Probanden eine positive Korre-lation zwischen dem propriozeptiven Drift der linken Hand nach synchroner Stimulation und dem Hemineglect nach links gefunden werden. Bei den CBS-Patienten fand sich unabhängig von der Stimulationsart (synchron oder asyn-chron) eine erhöhte Bereitschaft, die linke Puppenhand ins eigene Körperbild zu integrieren. Das Auftreten der PHI bei gesunden älteren Probanden ist vergleichbar mit den Daten jüngerer Probandengruppen. Hinweise auf eine hemisphärische Laterali-sierungstendenz der PHI ergaben sich nicht, jedoch scheint der in dieser Grup-pe festgestellte leichtgradige Hemineglect nach links den multisensorischen Prozess zu beeinflussen, eine künstliche Hand in das eigene Körperschema zu integrieren. Bei den CBS-Patienten war die PHI unabhängig vom Stimulations-modus links besser auslösbar als rechts, was mit vorwiegend rechtshemisphä-rischen krankheitsbedingten Veränderungen des multisensorischen Integrati-onsprozesses vereinbar ist.