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Tiefgreifender und dauerhafter als der Krieg sollte die erschriebene Liebe von Anna und Gustav sein, deren Re-/Konstruktion im Zentrum dieser Arbeit steht. Die qualitativ-hermeneutische Analyse der mehr als 745 Briefe, die sie zwischen 1942 und 1955 austauschten, lässt die Entwicklung ihrer Beziehung von einer flüchtigen Briefbekanntschaft zu einer tiefen Freundschaft nachvollziehen, die schließlich in der Gründung einer ehelichen Gemeinschaft münden sollte. In der Verbindung vielfältiger Lesarten als Alltags-, Liebes- Feldpost- und Jugendbriefe, wird der textuelle Beziehungsraum des Paares erkundet und in den Kontext des Schreibens in der Zeit des Nationalsozialismus eingebettet. Durch die kriegsbedingte Trennung auf das Schreiben angewiesen, fixieren sie ausführliche Erzählungen über gelebte Alltage, ihren katholischen Glauben, die sozialen Gefüge, in denen sie sich bewegen und (gemeinsam) verorten sowie ihre entstehende Liebe und Zukunftsvorstellungen. Für diese im Kontext einer interdisziplinären Anthropologie des Schreibens zu verstehende Arbeit gewähren sie damit tiefe Einblicke in den Prozess des Erschreibens ihrer Beziehung und die Frage, wie sie sich das Medium Brief für ihre Zwecke aneigneten. Die in ähnlichen Forschungen selten einbezogene Frauenstimme gibt dabei zusätzliche Informationen preis – über die Alltagskultur der Zeit, die Wirkmächtigkeit der (Selbst-) Zensur und darüber, wie sie beide im Schreiben ungewollt die Kriegsführung des NS-Regimes unterstützten.