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In maligne transformierten Zellen fördert die kurzkettige Fettsäure Butyrat Differenzierung, induziert Apoptose und hemmt Proliferation. Dabei moduliert Butyrat die Expression von verschiedenen Zellzyklus- und Apoptoseregulatoren. Wie Butyrat seine Wirkungen auf chromosomaler Ebene vermittelt, ist bisher nicht ausreichend geklärt. Bekannt ist, dass Butyrat Histondeacetylasen nichtkompetetiv hemmt und durch Hyperacetylierung von nukleären Histonproteinen die Chromatinstruktur moduliert. Die „high-mobility-group“ (HMG) Proteine sind neben Histon-Proteinen strukturelle Bestandteile des Chromatins. Die vermehrte Expression des HMGA1-Proteins ist eine Gemeinsamkeit vieler humaner Malignome und die HMGA1-Proteinfamilie wurde selbst als neue Gruppe von Onkogenen erkannt. Die HMGA1 Proteine beeinflussen die Expression zahlreicher Gene und stehen selbst wiederum unter der Kontrolle von Onkogenen, wie z.B. dem c-myc. Im Rahmen dieser Arbeit konnte gezeigt werden, dass Butyrat und der Histon-deacetylase-Inhibitor Trichostatin A die Expression von HMGA1 in humanen Adenokarzinomzellen des Gastrointestinaltraktes modulieren. Butyrat-Konzentrationen von 2mM und 4mM führten erstmals nach 24-stündiger Inkubation zu einer deutlichen Reduktion der mRNA-Expression von HMGA1. In der Magenkarzinomzelllinie 23132/87 und der Kolonkarzinomzelllinie Sw-480 wird die HMGA1 mRNA Expression durch Butyrat zeit- und dosisabhängig reduziert. In der Kolonkarzinomzelllinie Sw-620 konnte für die untersuchten Konzentrationen keine Dosisabhängigkeit festgestellt werden. Auch Trichostatin A bewirkt eine Reduktion der mRNA-Expression von HMGA1 in den untersuchten Zelllinien. Wie Butyrat die Expression von HMGA1 moduliert, ist nicht geklärt. Denkbar ist, dass Butyrat über Modulation vorgeschalteter Signalkaskaden, wie z.B. im Falle des c-myc, die HMGA1-Expression beeinflusst. Aber auch über eine Modulation der Chromatinstruktur durch Hemmung der Histondeacetylasen mit nachfolgenden Veränderungen der Expression verschiedener Gene könnte Butyrat die Expression von HMGA1 beeinflussen. Da die gleiche Wirkung auf die HMGA1-Expression durch den spezifischen Histondeacetylase-Inhibitor Trichostatin A vermittelt wird, könnte die Hemmung dieser Enzyme der Mechanismus sein, über den Butyrat seine Wirkungen ausübt. In vitro- und in vivo- Untersuchungen zeigen, dass eine Hemmung der HMGA1-Proteinsynthese die maligne Transformation verhindern, das metastatische Potential verringern und sogar das Wachstum bereits existenter Tumoren verlangsamen kann. Der protektive Effekt von Butyrat hinsichtlich der malignen Transformation und die Wirkung von Butyrat auf bereits maligne transformierte Zellen könnten zumindest teilweise dadurch erklärt werden, dass Butyrat die Expression von HMGA1 in Tumorzellen reduziert und damit dessen malignes Potential vermindert. Auch die Nicht-Histon-Proteine HMGN1 und HMGN2 stellen wichtige strukturelle Elemente des Chromatins dar. Sie werden sowohl in Normalgewebe als auch in maligne transformierten Zellen exprimiert. Auch die untersuchten Zelllinien Sw-480, Sw-620 und 23132/87 exprimieren HMGN1 und HMGN2. Signifikante Unterschiede zwischen der Primärtumorzelllinie Sw-480 und der Metastasenzelllinie Sw-620 des Sw-480 Kolonkarzinoms waren nicht feststellbar. Sowohl Butyrat als auch Trichostatin A senken in den untersuchten Karzinomzelllinien die Expression von HMGN1- bzw. HMGN2-mRNA, wobei dieser Effekt teilweise zeit- und dosisabhängig ist. Da die gleiche Wirkung auf die Expression von HMGN1 und HMGN2 durch den spezifischen Histondeacetylase-Inhibitor Trichostatin A vermittelt wird, könnte die Hemmung der Histondeacetylasen auch in diesem Fall der Mechanismus sein, über den Butyrat seine Wirkungen ausübt. Es gibt zunehmend Hinweise, dass HMGN1 und HMGN2 und die Modulation ihrer Expression eine bedeutende Rolle bei der Regulation zellulärer Vorgänge, wie z.B. Transkription und Replikation, haben. Nachdem in den letzten Jahren gezeigt wurde, welche Bedeutung Veränderungen der Chromatinstruktur durch Modifikation der Histonproteine für die Karzinogenese haben, ist zu vermuten, dass auch die Modulation der Chromatinbestandteile HMGN1 und HMGN2 in diesem Zusammenhang von Bedeutung sein könnte. Über die Bedeutung der HMGN-Expression, deren Modulation bzw. die der posttranslationalen Modifikation in humanen Karzinomen ist bis jetzt wenig bekannt. Von Bedeutung könnte dabei z.B. die kürzlich nachgewiesene Butyrat-induzierte Hyperacetylierung von HMGN2 sein. Unklar ist noch das unterschiedliche Ausmaß der Acetylierung der HMGN-Proteine in verschieden differenzierten Karzinomen, der Vergleich zwischen Normalgewebe und maligne transformierten Zellen und die Dynamik der Acetylierung in der Tumorprogression. Denkbar ist, dass zumindest ein Teil der bekannten Wirkungen von Butyrat auf einer Modulation dieser Chromatinbestandteile mit nachfolgend veränderter Genexpression beruht.
HMG-Proteine sind Architekturelemente des Chromatins und regulieren durch ihre Bindung an das Chromatin auf verschiedene Weise DNA-abhängige Prozesse wie Replikation, Transkription und DNA-Reparatur. Um zu verstehen, wie HMG-Proteine ihre vielfältigen Funktionen erfüllen können, wurde mit Hilfe von EGFP- und DsRed2-Fusionsproteinen ihre Funktion in vivo untersucht. Im Wesentlichen wurde dabei mit Hilfe von Bleichtechniken ihr dynamisches Verhalten charakterisiert. Daneben wurde für die HMGN-Proteine ihr bislang unbekanntes Expressionsverhalten in Tumorzellen bestimmt. So konnte für die HMGN-Proteine gezeigt werden, dass bestimmte Tumorzelllinien (HT-29, FTC-133, MCF-7, RPMI 8226, 697, Ishikawa, LNCap) eine relativ erhöhte Expression von HMGN2 aufweisen, die mit der Tumordifferenzierung korreliert. Eine relativ verringerte Expression von HMGN1 steht dagegen in Mammakarzinomen und Non-Hodgkin-Lymphomen in direktem Zusammenhang mit der Aggressivität der Tumore. Somit kann die HMGN-Expression bei diesen Tumoren als diagnostischer Marker verwendet werden. FRAP-Analysen mit EGFP-Fusionsproteinen führten zu der Erkenntnis, dass HMGN1, HMGN2, HMGA1a, HMGA1b und HMGB1 sich sehr schnell durch den Zellkern bewegen und nur transient an das Chromatin gebunden sind. Es konnte gezeigt werden, dass die spezifischen DNA/Chromatin-Bindungsmotive im Wesentlichen entscheiden, wo die Bindung der HMG-Proteine in vivo erfolgt, ihre Verweildauer im Euchromatin, Heterochromatin und zellzyklusabhängig dann aber durch Modifikationen (Phosphorylierungen, Acetylierungen) reguliert wird. Dies wurde beispielhaft durch punktmutierte und deletierte Fusionsproteine, sowie durch Inkubation der Zellen mit spezifischen Drogen für die HMGA1a-Proteine gezeigt. FRAP-Analysen haben außerdem gezeigt, dass die Spleißvarianten hHMGA1a und hHMGA1b unterschiedliche kinetische Parameter besitzen. Dies zeigt, dass beiden Varianten unterschiedliche Funktionen zugesprochen werden können. Die gefundenen spezifischen, transienten Verweildauern der einzelnen HMG-Proteine führen zu einem Modell eines dynamischen Chromatin-Netzwerkes, wobei alle HMG-Proteine in Wechselwirkungen innerhalb eines dynamischen Chromatinprotein-Cocktails DNA-abhängige Prozesse regulieren können. Die jeweiligen, wie hier gezeigt, durch Modifikationen regulierten Verweildauern der HMG-Proteine bestimmen darüber, welche anderen Chromatinproteine wie lange am Chromatin verbleiben und bestimmte Funktionen, wie beispielsweise die Modifikation der Core-Histone, übernehmen können. Die dynamischen Parameter einzelner HMG-Proteine erklären so, wie diese Proteine ihre vielfältigen Funktionen als Architekturelemente und bei der Regulation DNA-abhängiger Prozesse erfüllen können. Einige Vertreter, wie die HMGB1-Proteine, bewegen sich so schnell durch den Zellkern, dass ihre kinetischen Parameter durch das beschränkte zeitliche Auflösungsvermögen konfokaler Mikroskope der älteren Generation nicht erfassbar sind. Die Bestimmung von Dosis-Wirkungs-Beziehungen von Drogen, welche die kinetischen Parameter von HMGB1-Proteinen beeinflussen können, ist inzwischen mit Mikroskopen der neuen Generation möglich. Im Verlaufe der Arbeit zeigte sich, dass andere verwendete Fluorophore wie DsRed2 die kinetischen Eigenschaften von HMG-Fusionsproteinen beeinflussen können. Durch eine erhöhte Verweildauer können auch sehr transiente Interaktionen sichtbar gemacht werden. Wie gezeigt wurde, kann eine erhöhte Verweildauer aber auch zur Verdrängung anderer Proteine führen, die die gleichen Bindungsstellen benutzen und so eine Modulation des Chromatins bewirken. Die Nutzung von DsRed-Fluorophoren ermöglicht interessante neue Erkenntnisse. Diese müssen aber stets vor dem Hintergrund eines veränderten dynamischen Verhaltens der Fusionsproteine interpretiert werden. Zusammengenommen liefern die hier vorgestellten Ergebnisse zur Dynamik der HMG-Proteine grundlegende Informationen, die zur Klärung ihrer Funktion bei Chromatinmodulationen, etwa bei Differenzierungsprozessen oder der Entstehung von Tumorzellen entscheidend beitragen. Die Erkenntnis, dass diese Proteine lediglich transiente Interaktionen mit ihren Bindungspartnern eingehen können, sind im Hinblick auf die Behandlung von Tumoren, bei denen HMG-Proteine im Vergleich zu Normalgewebe häufig überexprimiert sind, von großer Bedeutung.