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Charakterisierung der Wechselwirkung zwischen N-Myc und Aurora-A im MYCN-amplifizierten Neuroblastom
(2019)
Im Neuroblastom ist die Amplifikation des MYCN-Gens, eines Mitglieds der MYC-Onkogenfamilie, mit einer ungünstigen Prognose assoziiert. Der von dem Gen kodierte Transkriptionsfaktor N-Myc ist für die Proliferation der MYCN-amplifizierten Neuroblastomzelllinien notwendig und seine Depletion oder Destabilisierung führen zum Proliferationsarrest (Otto et al., 2009). Da N-Myc auf Proteinebene durch die Interaktion mit der mitotischen Kinase Aurora-A stabilisiert wird, bewirkt deren Depletion oder die Hemmung der Interaktion der beiden Proteine mittels spezieller Aurora- A-Inhibitoren (z.B. MLN8054 und MLN8237) ebenso eine Hemmung der Proliferation – in vitro und in vivo (Brockmann et al., 2013). Bisher ist jedoch unklar, über welchen Mechanismus Aurora-A die Stabilisierung von N-Myc erreicht, die Kinaseaktivität spielt hierbei jedoch keine Rolle (Otto et al., 2009). Eine Möglichkeit stellt die Rekrutierung von Usps dar, die das angehängte Ubiquitinsignal so modifizieren, dass die Erkennung und der Abbau des Proteins durch das Proteasom verringert werden. In der vorliegenden Arbeit wurde die Wirkung von Usp7 und Usp11 auf die Stabilität von N-Myc untersucht. Für beide konnte in Immunpräzipitationen die Interaktion mit N-Myc gezeigt werden. Ebenso erhöhten beide Proteasen in Überexpressionsexperimenten die vorhandene Menge an NMyc. Die Depletion von Usp7 mittels shRNAs führte in IMR-32 zu einem Arrest in der G1-Phase und zur Differenzierung der Zellen. Gleichzeitig wurden stark erniedrigte mRNA- und Proteinmengen von N-Myc und Aurora-A nachgewiesen. Es konnte jedoch nicht eindeutig gezeigt werden, ob die beobachteten zellulären Effekte durch eine vermehrte proteasomale Degradation von N-Myc begründet sind oder ob dabei die veränderte Regulation weiterer Zielproteine von Usp7 eine Rolle spielt. Die Depletion von Usp11 mit shRNAs bewirkte eine Abnahme der N-Myc-Mengen auf posttranslationaler Ebene. Somit stellen beide Usps vielversprechende Angriffspunkte einer gezielten Therapie in MYCN-amplifizierten Neuroblastomen dar und sollten deshalb Gegenstand weiterführender Untersuchungen sein. Über welche Proteindomäne in N-Myc die Interaktion mit Aurora-A stattfindet ist nicht bekannt. Eine mögliche Pseudosubstratbindungssequenz in Myc-Box I (Idee Richard Bayliss, University of Leicester) wurde in der vorliegenden Arbeit untersucht. Durch Mutation dieser Sequenz sollte die Bindung von Aurora-A unmöglich gemacht werden. Allerdings wurde die erwartete Abnahme der Stärke der Interaktion von Aurora-A und N-Myc durch die Mutation ebensowenig beobachtet wie eine verringerte Stabilität. Die Regulation der Phosphorylierung von N-Myc im Verlauf des Zellzyklus wurde durch die Mutation beeinträchtigt. Wie diese Veränderung exakt zu begründen ist bedarf weiterer Experimente
Im Neuroblastom ist die Amplifikation des MYCN-Gens, das für den Transkriptionsfaktor N-Myc kodiert, der klinisch bedeutendste Faktor für eine schlechte Prognose. Als Mitglied der onkogenen Myc-Familie induziert N-Myc die Expression von Genen, die in vielen biologischen Prozessen wie Metabolismus, Zellzyklusprogression, Zellwachstum und Apoptose eine wichtige Rolle spielen. Die Deregulation der MYCN-Expression führt zu einem charakteristischen Genexpressionsprofil und einem aggressiven Phenotyp in den Tumorzellen.
In normalen neuronalen Vorläuferzellen wird N-Myc gewöhnlich sehr schnell proteasomal abgebaut. Während der Mitose wird N-Myc an Serin 62 phosphoryliert. Diese Phosphorylierung dient als Erkennungssignal für die Kinase GSK3β, die die Phosphorylierung an Threonin 58 katalysiert. Das Phosphodegron wird von Fbxw7, einer Komponente des E3-Ubiquitinligase-Komplex SCFFbxw7, erkannt. Die anschließende Ubiquitinierung induziert den proteasomalen Abbau des Proteins. Die Reduktion der N-Myc–Proteinlevel ermöglicht den neuronalen Vorläuferzellen den Austritt aus dem Zellzyklus und führt zu einer terminalen Differenzierung.
In einem shRNA Screen konnte AURKA als essentielles Gen für die Proliferation MYCN-amplifizierter Neuroblastomzellen identifiziert werden. Eine Aurora-A–Depletion hatte jedoch keinen Einfluss auf das Wachstum nicht-amplifizierter Zellen.
Während dieser Doktorarbeit konnte gezeigt werden, dass Aurora-A speziell den Fbxw7-vermittelten Abbau verhindert und dadurch N-Myc stabilisiert. Für die Stabilisierung ist zwar die Interaktion der beiden Proteine von entscheidender Bedeutung, überraschenderweise spielt die Kinaseaktivität von Aurora-A jedoch keine Rolle.
Zwei spezifische Aurora-A–Inhibitoren, MLN8054 und MLN8237, sind allerdings in der Lage, nicht nur die Kinaseaktivität zu hemmen, sondern auch die N-Myc-Proteinlevel zu reduzieren. Beide Moleküle induzieren eine Konformationsänderung in der Kinasedomäne von Aurora-A. Diese ungewöhnliche strukturelle Veränderung hat zur Folge, dass der N-Myc/Aurora-A–Komplex dissoziiert und N-Myc mit Hilfe von Fbxw7 proteasomal abgebaut werden kann. In MYCN-amplifizierten Zellen führt diese Reduktion an N-Myc zu einem Zellzyklusarrest in der G1-Phase. Die in vitro Daten konnten in einem transgenen Maus-Modell für das MYCN-amplifizierte Neuroblastom bestätigt werden. Die Behandlung mit MLN8054 und MLN8237 führte in den Tumoren ebenfalls zu einer N-Myc-Reduktion. Darüber hinaus konnte ein prozentualer Anstieg an differenzierten Zellen, die vollständige Tumorregression in der Mehrzahl der Neuroblastome und eine gesteigerte Lebenserwartung beobachtet werden.
Insgesamt zeigen die in vitro und in vivo Daten, dass die spezifischen Aurora-A–Inhibitoren ein hohes therapeutisches Potential gegen das MYCN-amplifizierte Neuroblastom besitzen.