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Sonstige beteiligte Institutionen
Studien weisen darauf hin, dass viele berufstätige Lehrkräfte, jedoch auch bereits ein gewisser Anteil der Lehramtsstudierenden, stimmliche Auffälligkeiten haben. Fachvertreter:innen stellen auf Basis dieser Erkenntnislage Forderungen nach stimmpräventiven Maßnahmen im Rahmen des Studiums. Solche Angebote sollen angehende Lehrkräfte auf die Stimmbelastung im Beruf vorbereiten und möglichen Beschwerden und Erkrankungen vorbeugen. Mit der Arbeit wird das Ziel verfolgt stimmpräventive Maßnahmen, die im Rahmen des Projekts STARKE-STIMME-macht-SCHULE am Lehrstuhl für Sprachheilpädagogik an der Universität Würzburg angeboten werden, einer wissenschaftlichen Evaluation zu unterziehen. Dazu wurden ehemalige Studierende des Lehramts Sprachheilpädagogik (N = 49) zu ihrem stimmlichen Befinden mittels Voice Handicap Index (VHI) befragt. Neben den Entwicklungen in dieser Gruppe selbst erfolgten Vergleiche mit Kontrollgruppen: Studierende anderer Fachrichtungen (N = 184) und sonderpädagogische Lehrkräfte ohne Prävention (N = 38). Dabei zeigt sich, dass die VHI-Werte der studentischen Interventionsgruppe und die der Interventionsgruppe Lehrkräfte keine bedeutsamen Unterschiede aufweisen. Vergleiche zwischen beiden Gruppen an Lehrkräften verdeutlichen zwar, dass vorhandene Stimmprobleme gleich häufig auftreten, jedoch ergibt die nähere Analyse Hinweise auf stärker empfundene Einschränkungen in der Kontrollgruppe, z. B. hinsichtlich zwei oder mehr wöchentlich empfundener Symptomen. Die Ergebnisse zeigen zudem auf, dass die Interventionsgruppe mehr Verhaltensweisen für die Gesunderhaltung der Stimme umsetzt im Vergleich zu den Lehrkräften, die keine Stimmprävention erfahren haben. Somit deuten Aspekte wie eine ausbleibende Verschlechterung der stimmlichen Verfassung mit Eintritt in die Berufstätigkeit, das regelmäßige Anwenden stimmpräventiver Maßnahmen und eine wirksame Früherkennung die Wirksamkeit der präventiven Maßnahmen im Rahmen des Projekts STARKE-STIMME-macht-SCHULE an.
Fragestellung:
Pädagogische und medizinische Institutionen betreuen Kinder und Jugendliche, um Aufsicht, Beschulung, Erziehung, Therapie und Schutz sicherzustellen. Gleichwohl sind Kinder in institutioneller Betreuung potentiellen Gefährdungsmomenten bezüglich Misshandlung und Missbrauch ausgesetzt.
Methodik:
Im Rahmen der Etablierung des Schutzkonzeptes der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie am Universitätsklinikum Würzburg wurde eine retrospektive Patientenbefragung durchgeführt. Das Untersuchungskollektiv bildeten alle ehemaligen stationären Patientinnen und Patienten der Jahre 2006 und 2007, die zum Katamnesezeitpunkt volljährig waren. Die Befragung erfolgte postalisch. Der Fragebogen umfasste neben Items zum Kontext von Gewalterfahrungen etablierte Skalen zur Erfassung von Behandlungszufriedenheit und Lebensqualität (FBB-K, WHO-BREF).
Ergebnisse:
Von 568 ehemaligen Patientinnen und Patienten gaben 87 (15.3 %) eine gültige Rückantwort (59 weiblich, durchschnittliches Alter zum Befragungszeitpunkt: 24.5 Jahre). 35 ehemalige Patientinnen und Patienten (40.2 % der Teilnehmenden) gaben an, Gewalt während der stationären Behandlung erlebt (n=26) oder erlebt und ausgeübt (n=7) oder ausschließlich ausgeübt (n=2) zu haben. Gewalterfahrungen beinhalteten in den meisten Fällen emotionale Gewalt (34.5 %), aber auch körperliche (5.7 %) und sexuelle Gewalt (10.3 %).
Schlussfolgerung:
Es zeigt sich ein signifikanter Zusammenhang zwischen Gewalterfahrungen einerseits sowie retrospektiver Behandlungszufriedenheit und aktueller Lebensqualität andererseits. Die Ergebnisse der Befragung unterstreichen die Bedeutung der Etablierung von Schutzkonzepten in Kliniken und anderen Institutionen.
Angsterkrankungen stellen mit einer 12-Monats-Prävalenz von 14% die häufigsten psychischen Erkrankungen in der westlichen Gesellschaft dar. Angesichts der hohen querschnittlichen wie sequentiellen Komorbidität von Angsterkrankungen, der ausgeprägten individuellen Einschränkungen sowie der hohen ökonomischen Belastung für das Gesundheitssystem ist neben therapeutischen Behandlungsansätzen die Entwicklung von kurzzeitigen, kostengünstigen und leicht zugänglichen Präventionsmaßnahmen von großer Bedeutung und steht zunehmend im Fokus des gesundheitspolitischen Interesses, um die Inzidenz von Angsterkrankungen zu reduzieren. Voraussetzung für die Entwicklung von gezielten und damit den effektivsten Präventionsmaßnahmen sind valide Risikofaktoren, die die Entstehung von Angsterkrankungen begünstigen. Ein Konstrukt, das in der Literatur als subklinisches Symptom in Form einer kognitiven Vulnerabilität für Angsterkrankungen und damit als Risikofaktor angesehen wird, ist die sogenannte Angstsensitivität (AS). AS umfasst die individuelle Tendenz, angstbezogene körperliche Symptome generell als bedrohlich einzustufen und mit aversiven Konsequenzen zu assoziieren.
Das Ziel der vorliegenden Arbeit war daher die Etablierung und Validierung eines Präventionsprogramms zur Reduktion der AS an einer nicht-klinischen Stichprobe von 100 Probanden (18-30 Jahre) mit einer erhöhten AS (Anxiety Sensitivity Index [ASI-3] ≥17) sowie die Rekrutierung von 100 alters- und geschlechtsangeglichenen Probanden mit niedriger Angstsensitivität (ASI-3 <17). In einem randomisiert-kontrollierten Studiendesign durchliefen die Probanden mit hoher AS entweder das über fünf Wochen angelegte „Kognitive Angstsensitivitätstraining“ (KAST) als erste deutschsprachige Übersetzung des Computer-basierten „Cognitive Anxiety Sensitivity Treatment“ (CAST) von Schmidt et al. (2014) oder wurden der Wartelisten-Kontrollgruppe zugeteilt. Das KAST Training bestand aus einer einmaligen Vermittlung kognitiv-behavioraler Psychoedukation zum Thema Stress und Anspannung sowie deren Auswirkungen auf den Körper und der Anleitung von zwei interozeptiven Expositionsübungen (‚Strohhalm-Atmung‘ und ‚Hyperventilation‘), die über den anschließenden Zeitraum von fünf Wochen in Form von Hausaufgaben wiederholt wurden.
Es konnte gezeigt werden, dass die Teilnehmer des KAST-Programms nach Beendigung des Trainings (T1) eine signifikant niedrigere AS-Ausprägung im Vergleich zur Wartelisten-Kontrollgruppe aufwiesen und diese Reduktion auch über den Katamnese-Zeitraum von sechs Monaten (T2) stabil blieb. Ergänzend wurde auch die Targetierbarkeit weiterer intermediärer Risikomarker wie der Trennungsangst (TA), des Index der kardialen Sensitivität sowie der Herzratenvariabilität (HRV) untersucht, die jedoch nicht durch das KAST-Training direkt verändert werden konnten. Im Vergleich der Subgruppen von Probanden mit hoher AS und gleichzeitig hoher TA (Adult Separation Anxiety Questionnaire [ASA-27] ≥22) und Probanden mit hoher AS, aber niedriger TA (ASA-27 <22) zeigte sich, dass die AS-TA-Hochrisikogruppe ebenfalls gut von der KAST-Intervention profitieren und eine signifikante Reduktion der AS erzielen konnte, indem sie sich bei T1 dem Niveau der Gruppe mit niedriger TA anglich. Zudem korrelierte die prozentuale Veränderung der Einstiegswerte der inneren Anspannung während der Strohhalm-Atmungsübung positiv mit der prozentualen Veränderung der dimensionalen TA bei T1.
Zusammenfassend weisen die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit erstmalig auf die Wirksamkeit der deutschsprachigen Übersetzung des CAST-Programms (Schmidt et al., 2014), eines Computer-basierten, und damit leicht zu implementierenden sowie kostengünstigen Programms, in Bezug auf die Reduktion der AS sowie indirekt der TA hin und können damit zur indizierten und demnach besonders effektiven Prävention von Angsterkrankungen in Hochrisikogruppen beitragen.
Die Verletzungsprävention hat im Profisport deutlich an Bedeutung gewonnen. Die medizinische Eingangsuntersuchung könnte um einen sportartspezifischen Leistungstest erweitert werden, um relevante Leistungs- und Funktionsdefizite zu detektieren, die das Auftreten von Verletzungen begünstigen. In einer prospektiven Kohortenstudie über fünf aufeinanderfolgende Spielzeiten wurde hierzu der Kader einer Basketball-Profimannschaft im Rahmen der medizinischen Eingangsuntersuchung einem modifizierten NBA Combine Test unterzogen. Die in den durchgeführten Korrelationsanalysen ermittelten Ergebnisse zeigten tendenziell ein erhöhtes Verletzungsrisiko bei Athleten mit Defiziten in Agilität und Ausdauer. Außerdem konnten positionsspezifische Einflüsse auf das Verletzungsgeschehen festgestellt werden. Einzelne Verletzungen schienen sich jedoch der Einflussnahme der Athleten weitestgehend zu entziehen. Insgesamt ist die Durchführung eines basketballspezifischen Leistungstests als Erweiterung der medizinischen Eignungsuntersuchung sinnvoll um Funktionsdefizite aufzuzeigen und Verletzungsrisiken zu senken. Außerdem können die erhobenen Basiswerte in der Rehabilitation nach aufgetretener Verletzung zur Bestimmung des individuellen Zeitpunkt eines Return-to-Play/-Competition genutzt werden.
Bisher gibt es nur wenige Forschungsarbeiten, die sich mit der videogestützten Analyse von Basketballverletzungen beschäftigen. In der vorliegenden Arbeit wurden Basketballverletzungen der ersten Basketballbundesliga und der zweiten Basketballbundesliga systematisch per Video analysiert, mit dem Ziel, Verletzungsmuster zu beschreiben und somit gegebenenfalls die Rate von Basketballverletzungen durch geeignete Präventionsansätze zu reduzieren. Hierbei wurden Daten hinsichtlich der Rahmenbedingungen, des Orts der Verletzung, der Spielsituation, der Auslöser und der Umstände der Verletzung an sich zu 215 Verletzungen mit Hilfe eines speziell für die videogestützte Analyse von Basketballverletzungen entwickelten Beobachtungsbogens erhoben.
Es zeigte sich in 38% der erhobenen Fälle das Bewegungsmuster Landung zum Verletzungszeitpunkt, was somit das häufigste zu Verletzungen führende Bewegungsmuster war. Oft waren gerade die die athletische Spielweise des Basketballs charakterisierenden Spielaktionen (z. B. Korbleger bzw. Dunking und Shotblock) Auslöser von Verletzungen. Zudem ereigneten sich die Verletzungen im zweiten Viertel 2,1-fach häufiger und im vierten Viertel 1,9-fach häufiger im Vergleich zu den anderen beiden Vierteln. Ein weiteres wichtiges Resultat war, dass die Verletzungen in der Mehrzahl der Fälle (80%) nicht auf ein Foulspiel zurückzuführen waren.
Insgesamt ergibt sich aus den Erkenntnissen die Empfehlung der Implementierung von neuromuskulären Präventionsprogrammen, welche die besonderen Verletzungsmechanismen des Basketballs miteinbeziehen. Bisherige Präventionsprogramme können aufgrund dieser Datenlage bezüglich der Bewegungsmuster, der Spielposition, des Verletzungszeitpunkts und des Kontaktmechanismus sowie der individuellen Voraussetzungen des jeweiligen Spielers verwendet werden. Die Umsetzung sollte von Trainern/-innen mitgetragen und überprüft werden.
Foulregeländerungen müssen gemäß der vorliegenden Untersuchung – in Hinblick auf die Verletzungsprävention nicht durchgeführt werden. Bezüglich der Resultate hinsichtlich des Verletzungszeitpunkts könnte nach Detektion der genauen Ursachen für eine gehäufte Anzahl an Verletzungen in bestimmten Spielabschnitten durch weitere Studien eine Regeländerung mit Verlängerung der Viertelpausen erwogen werden.
Ziel dieser Arbeit war es, die Auswirkungen der Änderungen der Therapiestandards in der Behandlung des Kolonkarzinoms und die Auswirkungen der Einführung der Vorsorgekoloskopie auf die Überlebensraten der Patienten mit Kolonkarzinom zu untersuchen.
Die umfassende Analyse der therapieabhängigen Überlebensraten von 1016 Patienten mit Kolonkarzinom aus 20 Jahren zeigt eine Verbesserung der Überlebenswahrscheinlichkeit durch den Einsatz adjuvanter Therapie und multimodaler Therapieregime. Durch Neuerungen in der Therapie konnten die 5-Jahres-Überlebensraten seit Anfang der 90er Jahre nahezu verdoppelt werden. Als wichtigste Prädiktoren für das Langzeitüberleben stellten sich das Alter der Patienten bei Erstdiagnose, das UICC Stadium und die Art der adjuvanten Therapie heraus. Der Überlebenszeit verlängernde Effekt war für den Einsatz der heutigen Standardtherapie mit 5-Flourouracil (5-FU) schon signifikant und zeigt sich für die Kombination mit neueren Medikamenten, insbesondere Oxaliplatin, noch deutlicher. Neue Operationstechniken, Fortschritte in der Metastasenchirurgie, ein optimiertes supportives Management und weitere Erkenntnisse onkologischer Prinzipien beeinflussten die erzielten Erfolge synergistisch.
Das Gesamtüberleben der Patienten, die per Vorsorgekoloskopie detektiert werden ist besser als das der Patienten, die aufgrund klinischer Symptome diagnostiziert werden. Neben dem signifikanten Überlebensvorteil der Früherkennungs-Patienten, der sich durch die niedrigeren UICC Stadien in dieser Gruppe ergibt, finden sich auch Trends bezüglich eines besseren Outcomes dieser Patienten innerhalb der selben UICC Stadien. Die Patienten, deren Tumor im Rahmen des Screenings detektiert wurde, waren signifikant jünger, wiesen signifikant weniger Begleiterkrakungen auf und zeigten signifikant niedrigere Tumorstadien. Eine adjuvante Therapie wurde in der Screening-Gruppe signifikant häufiger durchgeführt. Mehr als einer von fünf tumorbedingten Todesfällen der Patienten, die augrund von Symptomen diagnostiziert wurden, hätte in dieser Studienpopulation verhindert werden können, wenn eine routinemäßige Vorsorgekoloskopie durchgeführt worden wäre.
Das Fazit lautet: die Vorsorgekoloskopie ist effektiv. Die Tumorgenese kann durch Entfernung von Voräuferläsionen durchbrochen werden, Tumoren können in frühen asymptomatischen Stadien detektiert werden. Screeningprogramme sollten erweitert werden, um die Inzidenz und die Mortalität von Darmkrebs weiter zu senken.
Hintergrund: Für Beschäftigte im Gesundheitswesen besteht die Gefahr einer Kontamination und folgenden Infektion durch Blut übertragbare Krankheitserreger, insbesondere durch Hepatitis B, C und das Humane Immundefizienz-Virus. Die Kontaminationshäufigkeiten und -hergänge sind unter den Beschäftigten allerdings nicht gleich verteilt.
Ziel der Arbeit: Identifikation von Risikogruppen für Kontaminationsereignisse mit potentiell infektiösen Körpermaterialien durch detaillierte Subgruppenanalysen.
Material und Methoden: Retrospektive Studie an einer deutschen Universitätsklinik im Zeitraum 2010 bis 2014. Die Datenerhebung erfolgte mittels standardisierter Checklisten. Abweichungen der absoluten bzw. relativen Häufigkeiten wurden mittels Kontingenzanalysen, Fishers exaktem Test sowie Kaplan-Meier-Survival-Funktionen untersucht.
Ergebnisse: Kontaminationsereignisse mit potentiell infektiösen Körpermaterialien stellen mit knapp einem Ereignis pro Tag an einem deutschen Universitätsklinikum häufige Arbeitsunfälle dar. Ein erhöhtes Kontaminationsrisiko scheint unter Beschäftigten der operativen Fächer, der Desinfektion/Sterilisation, Hebammen und Kardiotechniker zu bestehen. Niedrige Hepatitis B-Impfraten fanden sich unter Zahnmedizinstudierenden.
Diskussion: Anhand der insgesamt niedrigen Kontaminations- und hohen Hepatitis B-Durchimpfungsraten kann auf sichere Arbeitsbedingungen geschlossen werden, vorbehaltlich niedriger Dunkelziffern. Allerdings sollte aufgrund der teils geringen Kopfzahlen in den Risikoberufsgruppen eine besonders tiefgreifende Evaluation der Arbeitsbedingungen zur Risikoreduktion von Kontaminationsereignissen mit potentiell infektiösen Körpermaterialien erfolgen.
Die Einhaltung eines gesunden Lebensstils, einschließlich der Behandlung modifizierbarer kardiovaskulärer Risikofaktoren, beeinflusst maßgeblich die Entstehung und Progression von Herz-Kreislauf-Erkrankungen (HKE). So reduziert eine ausgewogene Ernährungsweise, ausreichend körperliche Aktivität, Tabakverzicht, das Halten des Normalgewichtes sowie die Behandlung einer Hypertonie, Hyperlipidämie und Diabetes mellitus, die kardiovaskuläre Morbidität und Mortalität.
Die vorliegende Arbeit widmet sich (a) der Prävalenz und leitliniengerechten Kontrolle kardiovaskulärer Risikofaktoren von Teilnehmern aus der Allgemeinbevölkerung der STAAB Kohortenstudie („Häufigkeit und Einflussfaktoren auf frühe Stadien A und B der Herzinsuffizienz in der Bevölkerung“) sowie der Schätzung des 10-Jahres Risikos für tödliche HKE in diesem Kollektiv. Weiterhin wurde (b) der Einfluss von medikamentenbezogenen Überzeugungen auf die Blutdruckkontrolle von Teilnehmern der STAAB Kohortenstudie untersucht. Schließlich wurde (c) der Erhalt von ärztlichen Lebensstilempfehlungen sowie deren Determinanten bei Teilnehmern der STAAB Kohortenstudie sowie der EUROASPIRE IV Studie („European Action on Secondary and Primary Prevention by Intervention to Reduce
Events“) in Deutschland betrachtet.
Die STAAB Kohortenstudie untersucht die frühen asymptomatischen Formen der Herzinsuffizienz-Stadien A und B in einer repräsentativen Stichprobe von 5.000 Personen
ohne symptomatische Herzinsuffizienz im Alter von 30 bis 79 Jahren aus der Allgemeinbevölkerung mit Wohnsitz in der Stadt Würzburg.
Die EUROASPIRE IV Studie untersuchte bei 7.998 Koronarpatienten im Alter von 18 bis 79
Jahren aus insgesamt 24 Europäischen Ländern (536 Patienten aus Deutschland) im Zeitraum 2012 bis 2013 die Risikofaktoren sowie die Umsetzung der leitliniengerechten Versorgung und Prävention von HKE im europäischen Vergleich. Die Datenerhebung beider Studien erfolgte durch ein geschultes Studienpersonal nach standardisierten Vorgaben.
Die Prävalenz und Kontrolle kardiovaskulärer Risikofaktoren nach den aktuellen Vorgaben der „European Society of Cardiology“ (ESC) wurde bei insgesamt 1.379 Teilnehmern, die zwischen Dezember 2013 und April 2015 an der STAAB Kohortenstudie teilgenommen haben, untersucht. Es zeigte sich eine hohe Prävalenz der kardiovaskulären Risikofaktoren Hypertonie (31.8%), Hyperlipidämie (57.6%) und Diabetes mellitus (3.5%). Hierbei erreichten
trotz Pharmakotherapie über die Hälfte der Teilnehmer mit einem Bluthochdruck (52.7%) oder erhöhten LDL-Cholesterinwerten (56.7%) sowie 44.0% der Personen mit einem Diabetes mellitus die empfohlenen Grenzwerte nicht. Weiterhin wurde erstmalig zu Studienbesuch eine Hypertonie (36.0%), Hyperlipidämie (54.2%) oder ein Langzeitzuckerwert (HbA1c) >6.5% (23.3%) detektiert. In der jüngsten Altersgruppe (30-39 Jahre) fand sich der höchste Anteil von unbekanntem Bluthochdruck (76.5%) sowie hohem LDL-Cholesterin (78.0%) und die Altersgruppe 60-69 Jahren wies mit 43.5% die höchste Prävalenz für einen bislang nicht detektierten HbA1c >6.5% auf. Die Akkumulation von drei oder mehr kardiovaskulären Risikofaktoren war mit dem männlichen Geschlecht, einem höheren Alter und einem niedrigeren Bildungsgrad assoziiert. Von 980 mittels SCORE („Systematic Coronary Risk Evaluation“) Risiko-Chart untersuchten Teilnehmern befanden sich jeweils 56.6%, 35.8% und 7.5% in der niedrigen, mittleren und hohen bis sehr hohen SCORE-Risikogruppe für tödliche HKE. Das Hochrisiko-Kollektiv für tödliche HKE war vorwiegend männlich und wies häufiger eine Hypertonie oder ein hohes LDL-Cholesterin auf.
Der Einfluss von Überzeugungen gegenüber antihypertensiver Medikation auf die Blutdruckkontrolle wurde an 293 Teilnehmern, die von Oktober 2014 bis März 2017 an der STAAB Kohortenstudie teilgenommen haben, untersucht. Auf ihre Medikamente gesundheitlich angewiesen zu sein gaben 87% der Teilnehmer an, 78.1% stimmten der Aussage zu, dass ihre Medikamente sie vor einer Verschlechterung ihrer Gesundheit schützen. Es zeigte sich ein inverser Zusammenhang zwischen einem höheren Maß an Bedenken gegenüber der verordneten blutdrucksenkenden Medikation und einer besseren Blutdruckkontrolle bei Frauen. Ein signifikanter Zusammenhang zwischen Bedenken gegenüber einer antihypertensiven Medikation und der Blutdruckkontrolle bei Männern ließ sich hingegen nicht feststellen. Es konnten keine statistisch signifikanten Assoziationen für die Notwendigkeit von Medikation in der vorliegen Untersuchung gezeigt werden.
Die Häufigkeit und Determinanten für die Empfehlung eines ärztlichen Lebensstils wurde bei 665 Teilnehmern der STAAB Kohortenstudie ohne vorbestehende HKE (Primärprävention) und bei 536 Koronarpatienten der EUROASPIRE IV Studie (Sekundärprävention) untersucht.
Mit Ausnahme der Empfehlung zum Rauchverzicht erhielten die Patienten der EUROASPIRE IV Studie häufiger ärztliche Lebensstilempfehlungen verglichen mit Teilnehmern der STAAB Kohortenstudie: (Rauchverzicht: STAAB 44.0%, EUROASPIRE 36.7%; Gewichtsreduktion: STAAB 43.9%, EUROASPIRE 69.2%; körperliche Aktivität steigern: STAAB 52.1%, EUROASPIRE 71.4%; gesundes Ernährungsverhalten: STAAB 43.9%, EUROASPIRE 73.1%). Die Chance für den Erhalt von mindestens 50% aufgrund der individuellen Risikofaktoren adäquaten ärztlichen Lebensstilempfehlungen war bei STAAB Teilnehmern mit offensichtlichen oder beobachtbaren kardiovaskulären Risikofaktoren signifikant erhöht (BMI >25kg/m2, Hypertonie, Hyperlipidämie und Diabetes mellitus).
Hingegen erhielten Patienten mit einer vorbestehenden HKE signifikant häufiger eine ärztliche Lebensstilempfehlung bei einem Diabetes mellitus, wobei die Empfehlungshäufigkeit mit zunehmendem Alter abnahm. Die weitergehende nicht publizierte Analyse des Interaktions
Modells zeigte, dass der Zusammenhang zwischen dem Alter und der Empfehlungshäufigkeit bei Patienten mit bereits bestehender HKE stärker ausgeprägt war, als bei Teilnehmern der STAAB Kohortenstudie ohne koronare HKE. Weiterhin war der Zusammenhang zwischen einer adäquaten Lebensstilempfehlung und Hyperlipidämie bei Teilnehmern ohne koronares Ereignis signifikant stärker ausgeprägt, im Vergleich zu Patienten mit einer bereits bestehender HKE.
Die Ergebnisse zeigten ein erhebliches Potenzial für eine verbesserte Umsetzung leitliniengerechter Behandlung modifizierbarer kardiovaskulärer Risikofaktoren in der Primär- und Sekundärprävention. Vor dem Hintergrund einer hohen Anzahl kardiovaskulärer Risikofaktoren bei jungen Erwachsenen sollte die Bedeutung der Langzeitfolgen im Arzt
Patienten-Gespräch hervorgehoben und bei der Erarbeitung von Präventionsstrategien, insbesondere für junge Altersgruppen, Beachtung finden. Geschlechtsspezifische
Determinanten hinsichtlich der Kontrolle kardiovaskulärer Risikofaktoren sowie Befürchtungen gegenüber der Medikation sollten stärker im Arzt-Patientengespräch berücksichtigt werden.
Zur Stärkung der Compliance des Patienten bei der Umsetzung eines gesunden Lebensstils,
sollte der Arzt hinsichtlich der Bedeutung von Lebensstilintervention, aber auch im Umgang mit schwierigen Situationen, wie die Empfehlung einer Gewichtsreduktion, sensibilisiert und bei der richtigen Handhabung der Leitlinienempfehlung stärker unterstützt werden.
Auswirkungen unterschiedlicher Haltungsbedingungen auf Phänotyp und Genexpression im Mausmodell
(2015)
In zahlreichen Untersuchungen konnte gezeigt werden, dass Umweltbedingungen im frühen Lebensalter einerseits die Entwicklung von Resilienz, d.h. Widerstandsfähigkeit gegenüber Stressoren, andererseits aber auch die Entwicklung physischer und psychischer Erkrankungen im weiteren Lebensverlauf beeinflussen können. Dabei wird angenommen, dass sich sowohl dezidiert positive als auch in Maßen aversive Umweltbedingungen mit rezidivierender Stressbelastung günstig auf die Resilienz im späteren Leben auswirken können. Auf neurobiologischer Ebene scheinen dabei das CRH und seine Rezeptoren (CRHR1 und CRHR2), das NPY-System sowie das NPS-System (insbesondere NPS-Rezeptor) eine besondere Rolle zu spielen. Jedoch sind die exakten Zusammenhänge und neurobiologischen Grundlagen weiterhin nur unzureichend aufgeklärt. Dies ist insbesondere insofern bedauernswert, da weiterer Erkenntnisgewinn auf diesem Gebiet möglicherweise Präventionsstrategien und Therapieoptionen für den Menschen begründen könnte. Um die Auswirkung der Umweltbedingungen im frühkindlichen Lebensalter auf die Resilienz im späteren Leben weiter aufzuklären, wurden im Rahmen dieser Arbeit insgesamt 310 Cd1-Mäuse den Haltungsbedingungen "Environmental Enrichment" (EE, Stimulation durch Spielobjekte) und "Maternal separation" (MS, wiederholte Stressbelastung durch Separation der Nachkommen vom Muttertier) sowie Standardhaltungsbedingungen unterworfen. Insgesamt 31 männlichen Tieren wurde im Alter von vier Wochen die Gehirne entnommen und aus diesen jeweils die Regionen Frontalcortex,
Striatum, Nucleus accumbens, Hippocampus, Amygdala, dorsale Nuclei raphes und Hypothalamus herauspräpariert. Aus den gewonnenen Proben wurde RNA extrahiert, hieraus cDNA synthetisiert und abschließend - nach Ausschluss von Kontamination und Integritätsprüfung - die Expressionsraten der untersuchten Gene mittels RT-qPCR quantifiziert. Um auch verhaltensbiologische Konsequenzen der unterschiedlichen Haltungsbedingungen zu erfassen, wurden außerdem 30 weibliche sowie 30 männliche Tiere im weiteren Lebensverlauf verschiedenen Verhaltenstests zugeführt. In den Sucrose-Präferenz-Tests zeigten sich Effekte der Haltungsbedingung auf Sucrose-Konsum und Präferenz mit signifikant geringeren Werten der Haltungsgruppe EE. Bei der Auswertung der Openfield-Tests fanden sich Gruppen-Geschlechter-Interaktionseffekte mit signifikant geringeren Werten (Gesamtstrecke, Strecke und Aufenthaltsdauer im zentralen Bereich, Eintritte in den zentralen Bereich) der weiblichen EE-Tiere. In den Barnes Maze-Tests benötigten die Tiere
der Haltungsgruppe EE an den meisten Testtagen signifikant weniger Zeit, um in die Escape-Box zu "entkommen". Auf neurobiologischer Ebene fanden sich signifikante Unterschiede der CRH-Expressionsraten in Amygdalae und Frontalcortex, der CRHR 1-Expressionsraten in Amygdalae und Hypothalamus sowie der CRHR2-Expressionsraten in Amygdalae und Hippocampus. Demgegenüber konnte kein signifikanter Effekt der Haltungsbedingung auf das NPY-System gefunden werden.
Jedoch ließen sich signifikante Unterschiede der NPSR1-Expressionsraten in Amygdalae, Frontalcortex, dorsalen Nuclei raphes und Hypothalamus feststellen. Es kann also grundsätzlich von Auswirkungen unterschiedlich aversiver Haltungsbedingungen auf die Stress-Resilienz von Versuchstieren ausgegangen werden. Dies ist einerseits für Tierversuche allgemein von grundsätzlicher Bedeutung. Andererseits legen die Resultate eine entsprechende frühkindliche "Programmierung" auch im Menschen nahe.
Wenig ist bekannt über die gesundheitsrelevanten Effekte von Spielraumgestaltungen im Kindergarten. Deshalb sollten in dieser Studie die Auswirkungen der Neugestaltung des Außengeländes eines Kindergartens untersucht werden. Dazu wurde eine historisch-kontrollierte Studie konzipiert, an der 66 Kinder des Interventionskindergarten St. Jakobus in Versbach / Würzburg teilnahmen. Die Daten von 336 Kindern aus 20 Kontrollkindergärten der PAKT-Studie standen als Kontrollen zur Verfügung. Die Intervention bestand in der vollständigen Neugestaltung des Außen¬geländes des Kindergartens und der Aufstellung eines großen Klettergerätes (Playmobil-Aktivschiff). Die Messungen erfolgten 3 Monate vor und 5-7 Wochen nach der Eröffnung des neuen Außengeländes. Gemessen wurde der zeitliche Anteil an „moderate-and-vigorous physical activity“ (MVPA) mittels Bewegungsmonitoren (GT1M) an 7 Tagen, sowie folgende motorische Tests: Einbeinstand (EIN), Seitliches Hin- und Herspringen (SHH) und Standweitsprung (SW) aus dem Karlsruher Motorik-Screening, Balancieren rückwärts (RB) und Zielwurf auf eine Scheibe aus dem Motoriktest für 4-6 Jährige und das dynamische Balancieren rückwärts (DBR) aus dem Körperkoordinationstest für Kinder. Der DBR wurde nur im Interventionskindergarten durchgeführt. Aus den Z-Werten der Ergebnisse im EIN, SHH, SW wurde ein Motorikgesamtscore als Maß der allgemeinen körperlichen Leistungsfähigkeit gebildet. Größe, Gewicht, Hautfaltendicke an vier Körperstellen (über dem Bizeps und dem Trizeps, sowie subskapulär und suprailiakal) und der Blutdruck wurde gemessen (Dinamap 8100, Critikon). Aus Daten des Deutschen Wetterdienstes wurde die mittlere Tagestemperatur am Tag der zweiten Untersuchung bestimmt und bei den Analysen des Blutdrucks berücksichtigt. In zwei Fragebögen wurden Informationen zu familiären, gesundheitlichen und sozioökonomischen Gegebenheiten ermittelt sowie sportliche Aktivitäten in der Freizeit abgefragt. Die Änderungen im MVPA-Anteil an Vormittagen von Werktagen und die Änderungen im Motorikgesamtscore der motorischen Leistungsfähigkeit wurden als primäre Ergebnisvariablen definiert. Für die statistischen Berechnungen wurde PASW Statistics 18 genutzt. Um Gruppenunterschiede zu T1 zu analysieren wurde die Varianzanalyse (ANOVA) verwendet. Für die Längsschnitt¬unter-suchung bei intervallskalierten Variablen wurde die univariate Varianzanalyse genutzt (allgemeines lineares Modell) und Alter, sowie Geschlecht als feste Faktoren, das Ergebnis der Eingangsuntersuchung als Kovariate ins Modell eingeschlossen. Zur Eingangsuntersuchung bestanden folgende signifikante Unterschiede zwischen der Kontroll- und Interventionsgruppe: die Interventionsgruppe waren am Vormittag von Werktagen weniger körperlich aktiv und schnitten schlechter im SHH ab. Im Längsschnitt zeigten sich für die Interventionsgruppe gegenüber der Kontrollgruppe signifikante Verbesserungen in den beiden primären Ergebnisvariablen MVPA-Anteil am Vormittag von Werktagen (p=0,002), sowie im Motorikgesamtscore der motorischen Leistungsfähigkeit (p=0,012). Weitere positive Ergebnisse ergaben sichfür den systolischen Blutdruck (p=0,037 unter Einschluss der mittleren Tagestemperatur als Kovariate). Hingegen stiegen Gewicht (p=0,009), BMI-Perzentile (p= 0,003) und Trizeps-Hautfaltendicke (p<0,001) im Vergleich zur Kontrollgruppe an. Die attraktive Neugestaltung des Außengeländes eines Kindergartens zeigte sich also erfolgreich, das Bewegungsverhalten und die motorischen Fähigkeiten der Kinder zu fördern. Es konnte auch nachgewiesen werden, dass die mittlere Außentemperatur einen hoch signifikanten Einfluss auf den systolischen Blutdruck hat, weshalb dies in entsprechenden zukünftigen Studien berücksichtigt werden sollte. Trotz Intervention ergab sich im Beobachtungszeitraum eine Zunahme von Gewicht, BMI und subkutanem Fettgewebe. Als Ursache dafür kommen die kurze Beobachtungszeit, sowie die Einschränkungen während der Umbauphase des Außengeländes in Frage. Zukünftige Studien sollten unbedingt auch langfristige Messungen des Gewichts, BMIs und subkutanen Fettgewebes beinhalten, um hier weiter Klarheit zu schaffen. Nach den Ergebnissen dieser Studie stellt die Neugestaltung des Außengeländes in Kindergärten eine effektive Möglichkeit zur Förderung der Gesundheit von Kindern dar.