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In vorangegangenen Studien an extranodalen diffus großzelligen B-Zell-Lymphomen des Magens, im Englischen als „gastric diffuse large B-cell lymphoma“ bezeichnet (DLBCL), hat unsere Studiengruppe einige genomische Aberrationen entdeckt. Eine dieser Aberrationen - „loss of heterozygosity“ (LOH) - befand sich auf dem langen Arm des Chromosoms 7. Um diese auffällige Region und das gesamte Chromosom 7 noch näher auf Aberrationen zu untersuchen, wurde eine Analyse mit 29 Mikrosatellitenmarker durchgeführt und eine genaue Chromosomenkarte der genetischen Aberrationen auf Chromosom 7 erstellt. In dieser Studie fanden sich 5 sogenannte Hot-Spots von Aberrationen. Insgesamt fanden wir bei 42% der 31 untersuchten DLBCL eine solche Aberration. Die häufigste genetische Aberration auf Chromosom 7 (20,7% der informativen Fälle) war der Verlust einer Region in der zytogenetischen Bande 7p21.1. Ein weiterer LOH-Hot-Spot auf 7p wurde in 3 Lymphomen (10%) bei 7p12.1-13 identifiziert. In diesem Hot-Spot liegt der Gen-Lokus für das Ikaros-Gen. Der lange Arm von Chromosom 7 wies mehrere Aberrationen auf: erstens in der Bande 7q31.1-32.2, zweitens bei 7q34-36.3. Zusätzlich identifizierten wir einen Amplifikations-Hot-Spot auf dem langen Arm; er war in der Bande 7q22.3-31.1 lokalisiert und kam bei 4 Tumoren vor (12,9%). Das Vorkommen genetischer Aberrationen auf Chromosom 7 bei DLBCL ist deutlich höher als anfänglich erwartet. Solch häufige genetische Auffälligkeiten sprechen dafür, dass mögliche neue Tumorsuppressorgene und Onkogene in den oben näher bezeichneten Regionen lokalisiert sind.
Im Rahmen dieser Arbeit wurden zunächst bei den gesammelten 14 Tumoren mit einem putativen allelischen Verlust im Bereich 8p21.3-22 nochmals eine LOH-Analyse durchgeführt und die Voruntersuchungen bestätigt. Als zweiter Schritt konnte die Etablierung des MTUS1-Antikörpers erfolgreich durchgeführt werden. Die Paraffinblöcke wurde aus dem Institut für Pathologie herausgesucht und selbstständig Schnitte davon angefertigt. Die immunhistochemische Analyse der MTUS1-Expression ergab einen Expressionsverlust bei 7 von 14 Tumoren und eine Reduktion der Expression bei weiteren 3 der 14 Tumoren. Bei insgesamt 7 von 14 Tumoren scheint somit die Expression von dem allelischen Verlust assoziiert zu sein. Allerdings konnte bei den übrigen 7 Tumoren eine Expression des MTUS1-Gens nachgewiesen werden. Ein allelischer Verlust führt somit nicht immer zu einer Inaktivierung von MTUS1. MTUS1 wird somit nicht immer nach dem klassischen Mechanismen der Knudson-Hypothese (Mutation des ersten Allels gefolgt von der Deletion des zweiten Alles) inaktiviert. Möglicherweise kann in weiteren Studien ein anderes Gen in dem entsprechenden Bereich identifiziert werden, das im Rahmen eines allelischen Verlustes immer komplett inaktiviert wird. Außerdem sollten, da andere Studien eine Relevanz von MTUS1 als Tumorsupressorgen beim kolorektalen Karzinom und auch bei anderen Tumoren zeigen konnten, weitere Studien durchgeführt werden, in denen alternativen Inaktivierungsmechanismen von MTUS1 untersucht werden.
Die Kanzerogenese ist gekennzeichnet durch eine Akkumulation genetischer Veränderungen im Promotor, der dem Pomotor folgenden, nicht codierenden oder in der codierenden Sequenz vor allem in Proto-Onkogenen und Tumorsuppressorgenen. Diese führen zu einer Aktivierung von Proto-Onkogenen zu Onkogenen und zu einer Inaktivierung von Tumorsuppressorgenen, die maßgeblich an der Regulation und Kontrolle der Proliferation, Differenzierung und Apoptose von Zellen beteiligt sind. Die Veränderungen können so zu einer abnorm erhöhten Proliferation und zur Entstehung maligner Zellen führen. Die Proliferation wird durch Wachstumsfaktoren reguliert, indem diese durch Bindung an spezifische Rezeptoren, die meist zu der Rezeptor Tyrosin Kinase (RTK) Familie der Rezeptoren gehören, Signalkaskaden wie die Ras/Raf/MEK/ERK-Signalkaskade aktivieren. So konnte auf dem Chromosom 8p21.3-22 das Tumorsuppressorgen MTUS1 identifiziert werden, dessen Expression in Kolontumoren signifikant vermindert und in der Pankreaskarzinomzelllinie MiaPaCa-2 nicht nachweisbar ist. MTUS1 scheint eine bedeutende Rolle bei der Zellproliferation zu spielen. Vorangegangene Untersuchungen konnten zeigen, dass MTUS1 durch die Interaktion mit dem AT2-Rezeptor über die Inhibierung der Ras/Raf/MEK/Erk-Signalkaskade die Proliferation inhibiert. Das Ziel dieser Arbeit war es die Tumorsuppressorgen-Funktion von MTUS1 weiter zu untersuchen, wobei als Grundlage die Hypothese galt, dass es sich bei dem Gen MTUS1 um ein Tumorsuppressorgen handelt, das durch seine Expression die Ras/Raf/MEK/Erk Signalkaskade und damit schließlich die Proliferation inhibiert. Um zu untersuchen ob die Inaktivierung von MTUS1 in MiaPaCa-2-Zellen beziehungsweise die verminderte Expression von MTUS in Kolontumoren durch genetische Alterationen verursacht ist, wurde die Sequenz von MTUS1 in MiaPaCa und in zwei Kolontumoren untersucht. Die Untersuchungen der MiaPaCa-2-Zelllinie im codierenden Bereich konnten eine Inaktivierung des MTUS1-Gens und damit einhergehende Expressionsminderung durch eine Mutation im diesem Bereich ausschließen. Bei der Sequenzanalyse der cDNA von Kolontumorzellen konnte im 5 UTR Bereich (5untranslatierter Bereich) vor Exon 1 eine Punktmutation detektiert werden, welche zu einer veränderten Translation und somit zur Inaktivierung von MTUS1 führen könnte. Bei der Überprüfung hinsichtlich genetischer Veränderungen in der MiaPaCa-Zelllinie und der Kolontumor-DNA im Bereich des Promotorbereichs, sowie der folgenden nicht codierenden Sequenz bis zum Exon 1 ergaben sich insgesamt vierzehn Änderungen im Vergleich zur Sequenz der Genbank Nr. AF165145. Dabei konnte festgestellt werden, dass elf Mutationen mit jeweils identischen Nukleotidveränderungen sowohl in MiaPaCa-2-DNA als auch in Kolontumor-DNA zu finden waren. Durch die ermittelten genetischen Aberrationen resultieren eine Vielzahl an Veränderungen der möglichen transcription factor binding sites (tfbs) verschiedener Transkriptionsfaktoren, die zu einer veränderten Transkription des Gens führen können. Durch die Etablierung von Knock-out-Mäusen für MTUS1 entstand die Möglichkeit, die komplexen Stoffwechselprozesse in der Gesamtheit eines lebenden Organismus, in vivo zu untersuchen und so Einblicke in die Rolle von Tumorsuppressorgenen, vor allem in der Organogenese, der Regulation der Zellzykluskontrolle, der Differenzierung und der Apoptose zu gewinnen. Der Nachweis des MTUS1 Knock-outs auf DNA-Ebene wurde mittels einer PCR-Reaktion mit DNA aus Knock-out-, Wildtyp- und heterozygoten Tieren durchgeführt. Auch für die korrekte Verpaarung der Tiere zur Aufrechterhaltung der Zucht und zur Generierung einer ausreichenden Anzahl an homozygoten, heterozygoten und Wildtyp-Tieren für die verschiedenen Untersuchungen war es notwendig, den korrekten Genotyp eines jeden Tieres zu ermitteln, was ebenfalls mit der PCR-Analyse der DNA der Tiere erfolgte. Des Weiteren wurden Proteine aus MTUS1-homozygoten und -Wildtyp-Zellen isoliert, die mit den Wachstumsfaktoren PDGF, EGF und Insulin inkubiert worden waren, und die p-Erk-Expression mittels Western-Blot untersucht. Diese zeigten eine Expressionssteigerung von p-Erk in homozygoten MTUS1 Knock-out-Mäusen im Vergleich zu den Wildtyp-Mäusen nach der Inkubation mit allen Wachstumsfaktoren. Neben der von Nouet et al. postulierten Interaktion mit dem AT2-Rezeptor konnte in der vorliegenden Arbeit bestätigt werden, dass weitere Rezeptorsysteme an der Signaltransduktion von MTUS1 mittels der Ras/Raf/MEK/Erk Kaskade beteiligt sind. So wurde in der vorliegenden Arbeit nachgewiesen, dass neben AT2 auch die über die Wachstumsfaktoren EGF, PDGF und Insulin vermittelte Proliferation durch MTUS1 gehemmt wird. Damit konnte die Hypothese untermauert werden, dass MTUS1 die Phosphorylierung von Erk inhibiert und damit Proliferation mindert. Zusammenfassend konnte die Hypothese bestätigt werden, dass es sich bei dem Gen MTUS1 um ein Tumorsuppressorgen handelt, das seine proliferationsmindernde Funktion über eine Suppression des RTK-Signalwegs ausübt.
Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wurde eine detaillierte Analyse des Chromosom 17p-Status in DLBCL durchgeführt, welches das TSG TP53 beinhaltet. Eine monoallelische Deletion dieses Gens fand sich in 16% der Patienten (28/172), darüber hinaus lag in 3% (6/172) der Patienten ein Verlust in Chromosom 17p ohne Alteration des TP53-Lokus vor. Zur Untersuchung des zweiten TP53-Allels wurden an allen 28 Patienten mit sowie an 27 Patienten ohne TP53-Deletion Mutationsanalysen durchgeführt. Eine vollständige Inaktivierung des TP53-Gens durch Deletion und Mutation konnte in 46% der 17p-deletierten Fälle (13/28) gezeigt werden. In 54% der 17p-deletierten DLBCL (15/28) lag lediglich eine monoallelische TP53-Deletion ohne gleichzeitige Mutation des zweiten Allels vor. 26% der DLBCL mit nicht-deletiertem TP53 (7/27) zeigten eine monoallelische Mutation des TP53-Gens. Diese Ergebnisse deuteten auf weitere TSG in der chromosomalen Region 17p13 hin. Mit der Durchführung einer detaillierten Deletionsanalyse von Chromosom 17p13.1 bis 17p13.3 wurden folgende Ergebnisse erzielt. In insgesamt 41% der DLBCL mit nicht-deletiertem TP53-Gen (11/27) konnte eine minimal deletierte Region identifiziert werden, welche die chromosomale Bande 17p13.3 einschließlich des genetischen Lokus des TSG HIC1 betraf. Eine Deletion von TP53 war in allen untersuchten Fällen mit einem subtotalen Verlust des kurzen Armes von 17p einschließlich der o.g. minimal deletierten Region verbunden. Mehrere Hinweise deuten darauf hin, dass die Inaktivierung von HIC1 eine entscheidende Rolle in der Pathogenese von DLBCL einnimmt. In 55% der untersuchten DLBCL (30/55) wurde eine Hypermethylierung des HIC1-Promoters nachgewiesen. In 90% der HIC1-hypermethylierten DLBCL (27/30) lag zudem eine gleichzeitige Deletion des HIC1-Lokus vor, was eine biallelische Inaktivierung des TSG, analog der „two-hit“-Hypothese nach Knudson, nahe legte. Eine vollständige durch Hypermethylierung und Deletion verursachte HIC1-Inaktivierung konnte auch in sieben Fällen mit Wildtyp TP53-Status gezeigt werden. Die Überlebenszeit von Patienten mit einer gleichzeitigen HIC1- und TP53-Inaktivierung war im Vergleich zu Patienten mit alleiniger Inaktivierung von TP53 deutlich verkürzt. Es konnte somit gezeigt werden, dass in den untersuchten DLBCL, über die klinisch bedeutsame und prognostisch relevante Inaktivierung von TP53 hinaus, ein weiteres TSG unabhängig von oder in Kombination mit TP53 alteriert ist, und einen Einfluss auf die Überlebenszeit der Patienten hat.