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Im Mittelpunkt dieser Arbeit stand die Entwicklung neuer Wirkstoffe gegen Tuberkulose, einer schwerwiegenden bakteriellen Infektionskrankheit, die am häufigsten die Lunge befällt. Die Entwicklung neuer Arzneistoffe gegen diese Erkrankung ist immens wichtig, da nach Angaben der WHO weltweit jährlich über 1 Million Menschen an den Folgen der Tuberkulose sterben, derzeit kein effizienter Impfstoff zur Verfügung steht und sich die Therapiemöglichkeiten auf wenige Arzneistoffe beschränken. Zudem steigt weltweit das Auftreten von arzneistoff- und totalresistenten Tuberkuloseformen. Tuberkulose wird vorwiegend durch das Mycobacterium tuberculosis erregt. Eine Besonderheit des M. tuberculosis stellt die mykobakterielle Zellwand dar, da diese durch einen hohen Anteil an Fettsäuren besonders wachsartig und dick ist. Die mykobakterielle Fettsäuresynthese unterscheidet sich signifikant von der Synthese eukaryotischer Fettsäuren. Daher besteht die Möglichkeit, Inhibitoren der mykobakteriellen Fettsäuresynthese als effektive und selektive neue Antituberkulotika zu entwickeln. Zielstruktur dieser Arbeit ist KasA (β-Ketoacylsynthase), ein Enzym der mykobakteriellen Fettsäuresynthese II, das die Kondensation zwischen der wachsenden Fettsäurekette und Malonyl-ACP katalysiert. Ein literaturbekannter KasA-Inhibitor ist Thiolactomycin, ein Thiolacton-Derivat mit einer schwachen inhibitorischen Aktivität (IC50: 242 µM; Kd 226 µM), für den eine KasA-Komplexstruktur verfügbar ist. Ziel der Arbeit war es, mittels computergestützten Wirkstoffdesigns neue Leitstrukturen für KasA-Inhibitoren zu entwickeln und davon abgeleitet Substanzbibliotheken kleiner Moleküle zu synthetisieren. Zur Bestimmung der In-vitro-Aktivitäten sollte KasA exprimiert und ein Assay etabliert werden. Theoretische und experimentelle Affinitäten sollten anschließend analysiert und bewertet werden. Zur Identifizierung neuer potenzieller KasA-Inhibitoren wurde mit Hilfe des Thiolactomycin-Bindemodus ein Pharmakophor-Modell erstellt. In diesem wurden die essentielle Wasserstoffbrücke zwischen den Histidinen und dem Carbonyl-Sauerstoff des Thiolactonrings, zwei hydrophobe Bereiche und ein verbindendes Strukturelement definiert und das Volumen des Pharmakophors begrenzt. Das Screening der Datenbank erfolgte mit GOLD4.0 und GOLDscore. Zur Identifizierung der 16 aussichtsreichsten Verbindungen wurden Rescorings mit ChemScore und sfc_score290m durchgeführt, sowie verschiedene physikochemische Deskriptoren und der errechnete Bindungsmodus einbezogen. Ausgewählte Verbindungen des Screenings wurden synthetisiert. Weitere Variationen wurden durch Einführung von Substituenten und Bromierung und Nitrierung der Grundgerüste erhalten. Zur biologischen Testung dieser Verbindungen konnte KasA in M. smegmatis exprimiert werden. Die Reinigung des Proteins erfolgte mittels Affinitäts- und Größenausschlusschromatographie. Affinitätswerte an KasA konnten mit einem Fluoreszenzassays bestimmt werden, da in jedem KasA-Monomer vier Tryptophane zur intrinsischen Fluoreszenz beitragen. Die Bindung eines Inhibitors in die TLM-Bindetasche führte zum Quenching der Fluoreszenz von KasA und konnte unter Berücksichtigung von Verdünnungs- und inneren Filtereffekten zur Berechnung der Dissoziationskonstante Kd herangezogen werden. Die In-vitro-Untersuchungen der Inhibitoren von KasA zeigten im Vergleich zu TLM eine Verbesserung der Affinität bis zu einem Faktor von 11, die beste Verbindung war das Nitroisatin-Derivat 2l (22.1 µM). Einen Hinweis auf Hemmung des Wachstums von Mykobakterien war für die Verbindungen 2e (5-Nitro-1-phenethyl-2,3-indolindion) und 3a (5,7-Dibrom-1-(4-chlorbenzyl)indolin-2,3-dion) ersichtlich. Die übrigen Verbindungen zeigten keine Aktivität, was dadurch bedingt sein kann, dass sie Substanzen nicht lipophil genug sind (clogP-Werte zwischen 1 und 3), um die mykobakterielle Zellwand zu durchdringen. Analog dem Docking im Rahmen des virtuellen Screenings wurde ein Docking mit GOLD4.0 und GOLDscore für die Substanzbibliothek durchgeführt. Verglichen mit den In-vitro-Affinitäten konnte eine gute Übereinstimmung in der Differenzierung der Substanzklassen gefunden werden. Da kleine Moleküle mit großer biologischer Aktivität zu bevorzugen sind, wurde die „ligand efficiency“, die inhibitorische Potenz unabhängig vom Molekulargewicht, für die Verbindungen berechnet. Für die Substanzbibliothek wurde eine gute Korrelation von „ligand efficiency“ und GOLDscore pro Schweratom erzielt (R2=0.65), beste Substanzgruppen waren monoalkylierte Uracil- und Isatin-Derivate. Der beste Wert wurde für das Isatin-Derivat 1a erzielt. Mit den erarbeiteten theoretischen und experimentellen Ergebnissen und den etablierten Methoden bietet diese Arbeit eine wichtige Grundlage, um erste „hits“ von KasA-Inhibitoren zu neuen Leitstrukturen für Wirkstoffe gegen Mycobakterium tuberculosis zu entwickeln.
Trotz weltweiter kostenlos zur Verfügung stehender multi drug therapy und Eradikationsbemühungen der WHO liegt die Leprainzidenz seit fünf Jahren bei etwa 250 000 Neuerkrankungen pro Jahr. Der massive Abfall der Prävalenz seit 1985 ist zum einen rechnerisch und durch die Art der Datenerhebung bedingt (s. 5.1.1), zum anderen lässt sie keine Rückschlüsse auf die Transmissionsereignisse, also die Aktivität der Krankheit zu. Dazu dient die Inzidenz, die nur unverhältnismäßig gesunken ist (s. 2.4.1). Für eine effektive Bekämpfung der Lepra muss jedoch eine Reduktion der Neuerkrankungen erreicht werden. Bekannt ist, dass nur ein Bruchteil der mit M.leprae exponierten Individuen eine manifeste Krankheit entwickelt. Die Suche nach Wirtsfaktoren für eine Lepraerkrankung ist für gezielte Präventions- und Prophylaxe-Maßnahmen, die Neuerkrankungen verhindern sollen, demnach von großer Bedeutung. In der vorliegenden Arbeit werden die Ergebnisse einer Literaturrecherche zum Thema "Talglipide als Wirtsfaktoren für M.leprae" präsentiert und eine Methode zur Talganalyse entwickelt. Anhand wissenschaftlicher Publikationen wurde der aktuelle Stand der Forschung in den verschiedenen Bereichen dieser Hypothese reviewartig dargestellt. Der aktuelle Erkenntnisstand hinsichtlich der Lepraübertragung ist vereinbar mit mehreren Übertragungswegen, wobei die Tröpfchen- und die Hautübertragung favorisiert werden (s. 2.5.1). Die Interpretation der Genomanalysen von M.leprae hat in Kombination mit früheren biochemischen Erkenntnissen Aufschluss über die metabolischen Fähigkeiten von M.leprae gegeben. M.leprae besitzt ein reduktives "Minimalgenom", das sich an die intrazelluläre Nische, in der es lebt, außerordentlich adaptiert hat. Der Verlust wichtiger Kohlenstoffquellen und eine stark eingeschränkte Atmungskette stehen im Gegensatz zu den fast vollständig erhaltenen anabolen und katabolen Stoffwechselwegen der Lipide. Sowohl für die Zellwandsynthese als auch zur Energieproduktion ist M.leprae auf wirtsbezogene Lipide angewiesen. Freie Fettsäuren werden dabei veresterten Fettsäuren vorgezogen (s. 5.2.1.1). Epidemiologische Erkenntnisse stehen ebenfalls in Einklang mit unserer Lipidhypothese. Als Ursache für das Clustering von Leprafällen in Haushalten kommen sowohl genetische als auch zufällig verteilte Faktoren sowie ein auf den gesamten Haushalt wirkender "Haushaltsfaktor" in Frage. Als genetischer Faktor, der die Talglipidzusammensetzung beeinflusst, wären Enzymaktivitäten für die Squalen- bzw. Sapiensäuresynthese denkbar (vgl. 5.2.1.3). Einen in der Bevölkerung zufällig verteilten Suszeptibilitätsfaktor könnte die residente Keimflora der Haut darstellen, die für die Menge der im Talg vorkommenden freien Fettsäuren verantwortlich ist (s. 5.2.1.2). Als möglicher Haushaltsfaktor kommt "Armut" in Betracht, der nachgewiesenermaßen mit schlechter Körper- und Kleidungshygiene einhergeht (s. 5.2.2.3). In Kombination mit einer vermutlich ebenfalls mit Armut assoziierten häufigeren kutanen Verletzung durch Parasiten und Mücken könnte dies eine kutane Schmierinfektion mit M.leprae begünstigen. Für eine Schmierinfektion über kontaminierte Gegenstände spricht auch die gute extrakorporale Überlebensfähigkeit des Erregers und der Nachweis von M.leprae in Bodenproben (s. 5.2.2.2). Die epidemiologischen Daten zu Geschlechterverhältnis und Infektionszeitpunkt lassen ebenfalls eine Rolle der Talglipide als Wirtsfaktoren für eine Lepraerkrankung vermuten (s. 5.2.1.2). Auf Basis der Erkenntnis, dass Lipide und insbesondere Talglipide als Wirtsfaktoren für M.leprae in Betracht kommen, wurde zu diesbezüglich relevanten Talgkomponenten recherchiert. Als trophischer Wirtsfakor kommen die individuell in unterschiedlichen Mengen vorliegenden freien Fettsäuren des Sebums in Betracht. Die Menge an Squalen und Sapiensäure im Talg hat nachgewiesenermaßen erheblichen Einfluss auf die Barrierefunktion der Haut gegen bakterielle Erreger (s. 5.2.1.3). Es wurde folglich eine auf Dünnschicht- und Gaschromatografie beruhende Methode zur Quantifizierung dieser Talgbestandteile entwickelt (s. 4.6). Die Probenentnahme erfolgt mittels Sebutape, was eine bewährte, reproduzierbare und auch unter tropischen Bedingungen leicht anwendbare Methode darstellt.