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Im Rahmen der vorliegenden Untersuchung liegt der Fokus auf der Überprüfung und Weiterentwicklung der Methode der Multiagentensysteme für die Prognosezwecke im Einzelhandel. Die konkrete Zielsetzung der Arbeit ist der Entwurf eines integrativen Systems zur Simulation möglicher Zukunftsszenarien des (räumlichen) Konsumentenverhaltens. Mit Hilfe einer agentenbasierten Modellierung ist es möglich die bisher vorherrschenden Top-Down Ansätze flexibel in ein Bottom-Up Modell zu integrieren. Die wichtigsten strukturprägenden Impulse im Einzelhandelssystem und somit auch auf die Konsumenten gehen aktuell von der Digitalisierung des Verkaufsvorgangs aus. Hierbei wird der „Raum-Zeit-Käfig“ der Kunden ausgeweitet und bestimmte Zwänge der räumlichen und zeitlichen Bindung innerhalb des Kaufprozesses entfallen. Die klassische zeitliche Abfolge des Einkaufsverhaltens wird aufgelöst; Information findet vermehrt digital statt. Vielmehr steht der Produktnutzen im Mittelpunkt, und zugehörige Dienstleistungen wie Information, Service und Logistik werden flexibel kombiniert. Vor diesem Hintergrund stellt die agentenbasierte Simulation einen dynamischen Ansatzpunkt dar, in dem eine Reihe der Defizite tradierter, statischer Methoden Berücksichtigung findet und sich vielfältige Einsatzmöglichkeiten für die Analyse der Wechselwirkungen zwischen Konsumentenverhalten und räumlichen Einzelhandelsstrukturen ergeben. Aufgrund der zunehmenden Digitalisierung des Einkaufsprozesses und den daraus entstehenden Informationen zum Konsumentenverhalten in Kombination mit immer komplexeren Fragestellungen ist in den kommenden Jahren eine verstärkte Dynamik bei der Anwendungshäufigkeit von Multiagentensimulationen in Einzelhandelsunternehmen zu erwarten.
Die Entwicklung des Einzelhandels in Deutschland wird aus struktureller und räumlicher Sicht heute durch mindestens vier signifikante Prozesse geprägt: Erstens erobert der Online-Handel weiterhin Umsatzanteile; seine Bedeutungszunahme betrifft mittlerweile fast alle Sortimente und Standorte. Auch der Lebensmitteleinzelhandel, der lange Zeit vor allem aus logistischen Gründen für den Online-Handel wenig geeignet zu sein schien, verbucht inzwischen deutliche Zuwächse des Online-Geschäfts. Zweitens plagen insbesondere die Zentren kleiner und mittelgroßer Städte vor allem in ländlichen Räumen Umsatzrückgänge. Ihre Krise ist allerdings nicht nur der Konkurrenz durch den Online-Handel geschuldet, sondern hat auch eine Vielzahl anderer Gründe. Drittens zeichnet sich eine Rückeroberung innerstädtischer Zentren durch den Lebensmitteleinzelhandel ab. Dabei sind insbesondere Convenience-Formate von Bedeutung. Und viertens breitet sich der Einzelhandel aktuell verstärkt an „besonderen“ Standorten aus. Hierzu zählen Orte mit einer hohen Verkehrswertigkeit, u. a. Bahnhöfe und Flughäfen, aber auch Factory Outlet Center, die lange Zeit aus politisch-planerischen Gründen blockiert wurden und in Deutschland ein Schattendasein fristeten. Die Beiträge dieses Bandes nähern sich den genannten Entwicklungstendenzen aus der Perspektive neuer konzeptioneller Überlegungen, wobei zum Teil auch innovative methodische Ansätze vorgestellt werden.
Der Anteil älterer und alter Menschen an der Gesamtbevölkerung steigt kontinuierlich an. Diese Entwicklung wird sich auch in den kommenden Jahren fortsetzen. So werden 2050 rund 40 % der deutschen Bevölkerung 60 Jahre oder älter sein. Die Alterung der Bevölkerung wirkt sich auf nahezu alle Lebensbereiche aus und stellt damit Planer und Entscheider auf staatlicher wie auf privater Seite vor neue Herausforderungen. Dies betrifft auch die Frage, wie innerstädtische Einkaufsstandorte, und zwar traditionelle innerstädtische Einkaufsstraßen und innerstädtische Shopping Center, gestaltet werden müssen, um den Anforderungen und Bedürfnissen möglichst aller Altersgruppen und damit auch denjenigen der älteren und alten Konsumenten zu entsprechen.
Am Beispiel der Städte Erlangen, Koblenz und Zwickau wird in vorliegender Untersuchung der Frage nachgegangen, wie ältere und alte Menschen die verschiedenen innerstädtischen Einkaufsstandorte wahrnehmen und nutzen, welche Unterschiede diesbezüglich zu jüngeren Kundengruppen bestehen und welche Schlussfolgerungen sich daraus für eine zukunftsgerichtete Gestaltung der traditionellen Einkaufsstraßen und der innerstädtischen Shopping Center ableiten lassen. Für die Untersuchung kam ein breites methodisches Instrumentarium aus Zeitungsrecherchen, Kartierungen, qualitativen Beobachtungen, qualitativen Haushaltsbefragungen sowie quantitativen Passantenbefragungen zur Anwendung.
Die 15 deutschen UNESCO-Biosphärenreservate sollen als Modellregionen eine nachhaltige Entwicklung verwirklichen, wozu neben dem Schutz des Naturhaushaltes und der genetischen Ressourcen auch die sozio-ökonomische Entwicklung der Region zu gewährleisten ist. Als Zielgebiete touristischer Nachfrage stellt der Tourismus potentiell eine Entwicklungschance, und laut den deutschen MAB-Kriterien, ein relevantes Handlungsfeld für die Biosphärenreservats-Verwaltungen dar. Die vorliegende Arbeit behandelt aus zwei unterschiedlichen Perspektiven die Frage, inwieweit Tourismus zur nachhaltigen Regionalentwicklung in den deutschen Biosphärenreservaten beiträgt.
Zum einen wird mittels einer Wertschöpfungsanalyse die touristische Nachfrage und dadurch ausgelöste regionalökonomische Effekte untersucht, was eine Erfassung der Besucher hinsichtlich Anzahl, Strukturen, Ausgabenniveaus, Aufenthaltsmerkmalen sowie Einstellungen umfasst. Zum anderen wird ermittelt, inwieweit die Biosphärenreservats-Verwaltungen die touristische Entwicklung auf regionaler Ebene im Sinne der nachhaltigen Regionalentwicklung mitgestalten. Basierend auf einer touristischen Typisierung der deutschen Biosphärenreservate werden hierzu sechs ausgewählte Biosphärenreservate (Pfälzerwald, Rhön, Schaalsee, Spreewald, Südost-Rügen, Vessertal-Thüringer Wald) eingehend untersucht.
Die Ergebnisse zeigen, dass die Besucherzahlen zwischen 487.000 im Vessertal-Thüringer Wald und 6,4 Mio. in der Rhön schwanken. Insgesamt wird in den sechs Gebieten ein Bruttoumsatz von 908 Mio. € generiert, was einer Wertschöpfung von 474 Mio. € und 28.000 Einkommensäquivalenten entspricht. Der Wert relativiert sich, betrachtet man die Biosphärenreservatsbesucher im engeren Sinn, die für rund 7 % des Bruttoumsatzes bzw. 1.917 Einkommensäquivalente verantwortlich sind. Das Segment ist tendenziell schwach vertreten, jedoch empfänglich für die Ansätze der nachhaltigen Ausrichtung des Tourismus seitens der Biosphärenreservats-Verwaltung. Es präferiert z.B. traditionelle Kulturlandschaftsbilder, Bio-Labels und Regionalität bei Produkten und ist offen gegenüber Schutzbemühungen, was sich jedoch noch nicht im Ausgabeverhalten widerspiegelt.
Hier setzen die Verwaltungen der Biosphärenreservate im Tourismus an und werden auf Destinationsebene im Bereich der strategischen Planung, der Fördermittelakquise, der Generierung touristischer Angebote und Dienstleistungen, der Entwicklung von Regionalvermarktungs- und Partner-Initiativen sowie der Positionierung des Biosphärenreservates als Destination und Marke aktiv. Dennoch wird in allen Gebieten nahezu ausnahmslos die Integration des Biosphärenreservates als Akteur, Attraktion und Angebotsfamilie und verbindende Thematik auf Destinationsebene als verbesserungswürdig eingestuft. Im Rahmen der Arbeit können dafür relevante Faktoren abgeleitet werden, die somit Ansatzpunkte darstellen, den noch ausbaufähigen Beitrag des Tourismus zur nachhaltigen Regionalentwicklung in Biosphärenreservaten im Sinne tangibler und intangibler Effekte zu steigern.
Der demographische Wandel stellt in den meisten entwickelten Ländern einen externen Treiber dar, der die Entwicklung in und um Nationalparke in Zukunft maßgeblich mitbestimmen wird. Die Alterung der Besucher, die in den nächsten beiden Jahrzehnten die dominante Komponente des demographischen Wandels in Deutschland darstellen dürfte, erfordert von Seiten der Nationalparke eine Anpassung ihrer Besuchermanagementaktivitäten auch im Bereich der Infrastruktur. Hierfür muss jedoch zunächst grundlegendes Wissen über die Altersabhängigkeit raumzeitlichen Verhaltens vorhanden sein. Die zentrale forschungsleitende Frage der vorliegenden Arbeit ist in diesem Kontext angesiedelt und versucht herauszuarbeiten, in welcher Art auftretende Alterseffekte bei der körperlichen Leistungsfähigkeit sowohl die Tourenoptionen im Raum als auch das tatsächliche raumzeitliche Verhalten beeinflussen. Als Untersuchungsgebiet wurde mit dem Nationalpark Berchtesgaden der einzige alpine Nationalpark Deutschlands gewählt. Dieser besitzt aufgrund seiner Topographie ein breites Spektrum an Tourenmöglichkeiten mit unterschiedlichsten Anforderungen an die körperliche Leistungsfähigkeit. Aufbauend auf den theoretischen Erklärungszugängen der Time-Geography und des Constraints-Konzeptes der Freizeitforschung wurde zur Beantwortung der Forschungsfragen ein Methodenmix aus standardisierter Befragung und GPS-Logging zur Aufnahme des Tourenwahlverhaltens eingesetzt. Die gewonnenen Trajektorien wurden mit weiteren Informationen zur Ausstattung des Raumes versehen, um eine detailliertere Beschreibung des raumzeitlichen Verhaltens zu ermöglichen.
Die Analysen zeigen, dass im Nationalpark Berchtesgaden vier Aktivitätstypen mit abweichendem raumzeitlichem Verhalten unterschieden werden können. Nur eine Minderheit von ca. einem Drittel der Besucher wählt dabei Touren, die mit größerer körperlicher Anstrengung verbunden sind. Die restlichen Besucher wandern nur halbtags oder kürzer im Gebiet und überwinden dabei nur wenige Höhenmeter. Im Altersverlauf konnten klare Brüche im raumzeitlichen Verhalten identifiziert werden. So verliert der Aktivitätstypus des Bergsteigers, der sich durch die Begehung alpiner Wege mit Absturzgefahr auszeichnet, bereits ab einem Alter von 50 Jahren stark an Bedeutung. Ab 60 Jahren steigt der Anteil sehr kurzer Touren sprunghaft. Ursachen dieser Veränderungen liegen primär in der Wahrnehmung von eingeschränkter körperlicher Leistungsfähigkeit, sowie einer veränderten Motivationsstruktur.
Diese abweichenden Muster raumzeitlichen Verhaltens sind jedoch auch das Resultat divergierender Tourenoptionen. So konnte gezeigt werden, dass ältere Besucher aufgrund der niedrigen Fortbewegungsgeschwindigkeit nur einen geringeren Anteil der Wege im Nationalpark innerhalb eines bestimmten Zeitbudgets erreichen können.
Wird die Verteilung der Aktivitätstypen unter der Annahme eines ausschließlich wirkenden Alterseffektes in die Zukunft übertragen, bedeutet dies eine Steigerung der Besucherkonzentration in der Managementzone des Nationalparks und eine Bedeutungszunahme von stationären Aktivitäten.
Schutzgebiete und insbesondere Nationalparke haben nach den Richtlinien der IUCN ein Doppelmandat bzw. eine doppelte Funktion: Sie sollen zum einen Räume für Natur- und Artenschutz und zum anderen für Erholung, Umweltbildung und Tourismus bieten und durch letztgenanntes zur Stärkung der Regionalökonomie beitragen. Um diesen Spagat zu meistern, sollten sich Schutzgebiete bzw. deren Verwaltungen und kooperierende Destinationsmarketingorganisationen darüber im Klaren sein, welche Besuchersegmente bzw. Tourismusprodukte im Schutzgebiet anzutreffen sind, bzw. angeboten werden und welchen Einfluss diese auf die Erfüllung des Doppelmandates haben. Die deduktiv entworfene Product-based Typology for Nature-based Tourism von ARNEGGER et al. (2010) bietet hierfür einen zweidimensionalen Analyserahmen, der die Angebots- und Nachfrageperspektive auf den Tourismus und dessen Produkte vereint und bisher noch nicht empirisch angewendet wurde, was das vorrangige Ziel dieser Studie ist.
Hierfür wurde von Theorien und empirischen Studien aus dem Kontext von Natur- und Ökotourismus eine Operationalisierung der Typologie abgeleitet, die am Beispiel des Nationalparks Berchtesgaden eingesetzt wurde. Dabei wurden zwei Ansätze verfolgt, eine angebotsseitige und eine nachfrageseitige Abgrenzung von Tourismusprodukten. Zur empirischen Erfassung von Tourismusprodukten wurde eine umfassende Besucherbefragung in der Sommersaison 2014 durchgeführt, bei der Informationen von rund 1.400 Besuchern des Nationalparks gesammelt werden konnten.
Aus Sicht der Nachfrager wurden sechs Produkt-Cluster identifiziert, die sich bezüglich Reiseaktivitäten und Motiven unterscheiden. Das mit der höchsten Naturaffinität ist das Produkt-Cluster der „Naturbildungsurlauber“ bzw. der „Ökotouristen“. Auf der anderen Seite des Spektrums stehen die „Passiven Erholungsurlauber“ mit einer geringen Nationalparkaffinität. Des Weiteren wurden spezifische Tourismusprodukte aus der Angebotsperspektive, wie Exkursionen der Nationalparkverwaltung oder mehrtägige geführte Wanderungen von spezialisierten Nischenreiseveranstaltern, identifiziert.
Nach der empirischen Abgrenzung der Produkte wurden diese dahingehend überprüft, ob sie sich bezüglich ökonomischer und ökologischer Indikatoren unterscheiden, um zu eruieren, inwieweit die Segmente aus Sicht einer nachhaltigen Regionalentwicklung bzw. aus Sicht des Doppelmandats zu beurteilen sind. Auch hier schneiden etwa die Naturbildungsurlauber relativ gut ab, da sie Muster von structured ecotourism aufweisen und sich durch eine hohe Naturaffinität, positive Einstellungen zu nachhaltigem Tourismus und relativ hohe Reiseausgaben auszeichnen. Bei drei Clustern zeigt sich ein gewisser trade-off: Während die Bergsteiger aus ökologischer jedoch nicht aus ökonomischer Perspektive interessant sind, ist dies bei den allgemeinen Vergnügungs- und Naturerlebnisurlaubern und den passiven Erholungsurlaubern genau umgekehrt.
Basierend auf den Ergebnissen werden mögliche Adaptionen der Typologie diskutiert und darauf aufbauend ein Analyserahmen für eine „Typologie für Nachhaltige Park-Tourismus Produkte“ erarbeitet. Zudem werden theoretische und erste praktische Implikationen für das Management von Schutzgebiets-Destinationen diskutiert, um unter Berücksichtigung der trade-offs das Produktportfolio weiterzuentwickeln, das eine Destination auf den Pfad des sogenannten enlightened mass tourism bringen kann.