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Hintergrund
Intensiv- und Beatmungskapazitäten sind für die Behandlung COVID-19-erkrankter Patienten essenziell. Unabhängig davon beanspruchen auch schwer verletzte Patienten häufig Intensiv- und Beatmungskapazitäten. Daraus ergibt sich folgende Fragestellung: Führt eine Ausgangsbeschränkung zu einer Reduktion schwer verletzter Patienten, und kann hierdurch mit frei werdenden Intensivkapazitäten gerechnet werden?
Material und Methoden
Es erfolgte eine retrospektive Auswertung schwer verletzter Patienten mit einem Injury Severity Score (ISS) ≥16 zwischen dem 17.03.2020 und 30.04.2020 (landesweiter Shutdown) an einem überregionalen Traumazentrum. Erfasst wurden der Unfallmechanismus, ISS, Versicherungsträger (BG vs. GKV/PKV), ob es sich um einen dokumentierten Suizidversuch handelte, und ob eine operative Intervention innerhalb der ersten 24 h erforderlich war. Als Kontrollgruppe wurden die Daten des gleichen Zeitraums der Jahre 2018 und 2019 ausgewertet.
Ergebnisse
Es konnte keine wesentliche Veränderung bezüglich der Anzahl an schwer verletzten Patienten festgestellt werden (2018 n = 30, 2019 n = 23, 2020 n = 27). Es zeigten sich insgesamt keine deutlichen Veränderungen der absoluten Zahlen bezüglich der Intensivpflichtigkeit in den ersten 24 h und der Beatmungspflichtigkeit beim Verlassen des Schockraums. Die Anzahl an Patienten, die eine Operation innerhalb der ersten 24 h nach Eintreffen im Schockraum benötigten, war 2020 sogar leicht erhöht, jedoch nicht statistisch signifikant. Der durchschnittliche ISS blieb konstant. Bezüglich der Unfallursache zeigte sich 2020 kein Motorradfahrer, der einen nicht berufsgenossenschaftlich versicherten Unfall erlitt (2018 n = 5, 2019 n = 4, 2020 n = 0). Es wurde 2020 ein erhöhter Anteil an Arbeitsunfällen mit einem ISS ≥16 festgestellt (2018: 10 %, 2019: 26,1 %, 2020: 44,4 %).
Diskussion
Eine Ausgangsbeschränkung führte zu keiner Reduktion verletzter- und intensivpflichtiger Patienten am untersuchten Zentrum. Auch unter einer landesweiten Ausgangsbeschränkung muss für dieses Patientenkollektiv eine ausreichende Menge an Intensiv- und OP-Kapazitäten vorgehalten werden. Die Bestätigung dieser Ergebnisse durch Auswertung nationaler Register steht noch aus.
Hintergrund
Intensiv- und Beatmungskapazitäten sind für die Behandlung COVID-19-erkrankter Patienten essenziell. Unabhängig davon beanspruchen auch schwer verletzte Patienten häufig Intensiv- und Beatmungskapazitäten. Daraus ergibt sich folgende Fragestellung: Führt eine Ausgangsbeschränkung zu einer Reduktion schwer verletzter Patienten, und kann hierdurch mit frei werdenden Intensivkapazitäten gerechnet werden?
Material und Methoden
Es erfolgte eine retrospektive Auswertung schwer verletzter Patienten mit einem Injury Severity Score (ISS) ≥16 zwischen dem 17.03.2020 und 30.04.2020 (landesweiter Shutdown) an einem überregionalen Traumazentrum. Erfasst wurden der Unfallmechanismus, ISS, Versicherungsträger (BG vs. GKV/PKV), ob es sich um einen dokumentierten Suizidversuch handelte, und ob eine operative Intervention innerhalb der ersten 24 h erforderlich war. Als Kontrollgruppe wurden die Daten des gleichen Zeitraums der Jahre 2018 und 2019 ausgewertet.
Ergebnisse
Es konnte keine wesentliche Veränderung bezüglich der Anzahl an schwer verletzten Patienten festgestellt werden (2018 n = 30, 2019 n = 23, 2020 n = 27). Es zeigten sich insgesamt keine deutlichen Veränderungen der absoluten Zahlen bezüglich der Intensivpflichtigkeit in den ersten 24 h und der Beatmungspflichtigkeit beim Verlassen des Schockraums. Die Anzahl an Patienten, die eine Operation innerhalb der ersten 24 h nach Eintreffen im Schockraum benötigten, war 2020 sogar leicht erhöht, jedoch nicht statistisch signifikant. Der durchschnittliche ISS blieb konstant. Bezüglich der Unfallursache zeigte sich 2020 kein Motorradfahrer, der einen nicht berufsgenossenschaftlich versicherten Unfall erlitt (2018 n = 5, 2019 n = 4, 2020 n = 0). Es wurde 2020 ein erhöhter Anteil an Arbeitsunfällen mit einem ISS ≥16 festgestellt (2018: 10 %, 2019: 26,1 %, 2020: 44,4 %).
Diskussion
Eine Ausgangsbeschränkung führte zu keiner Reduktion verletzter- und intensivpflichtiger Patienten am untersuchten Zentrum. Auch unter einer landesweiten Ausgangsbeschränkung muss für dieses Patientenkollektiv eine ausreichende Menge an Intensiv- und OP-Kapazitäten vorgehalten werden. Die Bestätigung dieser Ergebnisse durch Auswertung nationaler Register steht noch aus.
Coronaviren besitzen mit etwa 30 kb das größte Genom aller bisher bekannten RNA-Viren. Die Synthese der subgenomischen RNAs findet durch einen einzigartigen Mechanismus, die sog. diskontinuierliche Transkription, statt. Diese beiden Besonderheiten erfordern einen leistungsfähigen Replikationskomplex, der sich aus den Prozessierungsprodukten der Polyproteine 1a und 1ab und einigen zellulären Proteinen zusammensetzt. Die Aktivitäten und die Expression der beteiligten Proteine werden auf co- und posttranslationeller Ebene reguliert. Dazu gehört eine ribosomale Leserasterverschiebung, die das Verhältnis zwischen den ORF1aund ORF1b-kodierten Proteinen festlegt, sowie eine umfangreiche proteolytische Prozessierung durch virale Proteasen. Während die hochkonservierten ORF1b-kodierten Proteine vor allem RNA-synthetisierende und -prozessierende Funktionen besitzen, übernehmen die weniger konservierten ORF1a-kodierten Proteine vor allem organisierende oder regulierende Funktionen. So sind sie beispielsweise maßgeblich an der intrazellulären Lokalisation, strukturellen Organisation und proteolytischen Regulation des Replikationskomplexes beteiligt und haben darüber hinaus nichtessentielle Aufgaben, die möglicherweise bei spezifischen Interaktionen des Virus mit seinem Wirt von Bedeutung sind. Die meisten der bisher charakterisierten ORF1bkodierten Proteine besitzen essentielle Enzymfunktionen im viralen RNA-Metabolismus. Einige dieser Enzyme, wie die NendoU oder ExoN, sind spezifisch für die Nidovirales oder nur bestimmte Nidovirusfamilien. In der vorliegenden Arbeit wurde mittels eines revers-genetischen Ansatzes versucht, die Funktion und Bedeutung verschiedener viraler Proteine im Replikationszyklus von HCoV-229E zu untersuchen. Dazu wurden Transkripte von HCoV-229E-cDNAs genomischer Länge, in die entsprechende Substitutionen eingeführt worden waren, in Zellen transfiziert und anschließend analysiert, inwieweit eine virale RNA-Synthese stattfand. Sofern sich infektiöse Viren im Zellkulturüberstand befanden, wurde diese näher charakterisiert, insbesondere um mögliche Defekte in der Virusreplikation und Veränderungen in der Sequenz zu identifizieren. Es wurde gezeigt, dass die Nichtstrukturproteine 13, 14, 15 und 16 wichtige Funktionen innerhalb der viralen RNA-Synthese besitzen, wobei die Aktivitäten von nsp13 und nsp16 essentiell waren. Als besonders kritisch erwiesen sich auch die zinkbindenden Reste der Nterminalen Subdomäne (ZBD) des Nichtstrukturproteins 13. Das Nichtstrukturprotein 14 besitzt ebenfalls eine zentrale Rolle innerhalb der viralen RNA-Synthese und scheint darüber hinaus an der Synthese der subgenomischen RNAs beteiligt zu sein. Die Bedeutung von nsp15 für die Lebensfähigkeit von HCoV-229E konnte anhand entsprechender Mutanten zweifelsfrei nachgewiesen werden, wobei die maßgeblichen Defekte wohl nicht ausschießlich in der RNASynthese, sondern eher in einem späteren Schritt des Replikationszyklus zu suchen sind. Mittels verschiedener Mutanten, die Substitutionen an Spaltstellen der MPRO trugen, konnte die essentielle Bedeutung der posttranslationellen Regulation der Replikaseaktivität durch die Hauptprotease gezeigt werden. In den allermeisten Fällen führten Mutationen, die die Spaltungseffizienz reduzierten, zu einem Abfall in der RNA-Synthese und lebensfähige Viren konnten nicht isoliert werden. Im Rahmen dieser Arbeit wurde ein Replikon auf der Basis des HCoV-229E hergestellt, das über Monate in Zellkultur gehalten und dessen Reportergenexpression durch Fluoreszenz- Mikroskopie beobachtet werden konnte. Es zeigte sich, dass für eine dauerhafte Koexistenz von Wirtszelle und Replikon-RNA nur wenige Veränderungen im viralen Genom notwendig waren. Mit Hilfe eines mutierten Derivats dieses Replikons gelang es, den Defekt einer viralen nsp15- Mutante näher zu charakterisieren. Der Hauptteil der Arbeit widmete sich der Charakterisierung von chimären HCoV-229E-Klonen, deren Nichtstrukturproteine 7 und 8 bzw. 7 bis 9 gegen die entsprechenden Proteine des HCoVNL63 ausgetauscht wurden. Es konnte gezeigt werden, dass die Nichtstrukturproteine 7 und 8 von derselben Spezies stammen müssen, damit RNA-Synthese stattfindet, was auf eine essentielle Interaktion zwischen diesen beiden Proteinen schließen ließ. Die Identifizierung und Analyse adaptiver Mutationen in allen hier untersuchten chimären Klonen zeigte, dass offenbar neben der nsp7-nsp8-Interaktion noch weitere Interaktionen dieser Proteine mit anderen Proteinen, wie zum Beispiel nsp12 und nsp13, auf funktioneller und/oder struktureller Ebene von Bedeutung sind. Darüber hinaus ließen eine Reihe von Mutationen im Bereich des Leserasterverschiebungselements darauf schließen, dass sich bei diesen Viren die Leserasterverschiebungsrate geändert haben könnte. Diese Hypothese konnte durch In-vitro- Translationsexperimente bestätigt werden. Es zeigte sich, dass durch diese Mutationen die Leserasterverschiebungsrate von 50 % in der wildtypischen Situation auf 65 - 70 % angehoben wurde. Diese relative Überexpression von ORF1b-Proteinen scheint zur Kompensation funktioneller Defekte, die durch die Fremdproteine nsp7 und nsp8 verursacht wurden, beizutragen. Obwohl bei den meisten chimären Klonen eine RNA-Synthese auf nahezu wildtypischem Niveau beobachtet werden konnte, wiesen Reduktionen im Virustiter um 60 - 90 % auf verbliebene funktionelle Defekte im Replikationszyklus dieser Viren hin.
Humane Coronaviren sind wichtige Pathogene, die vor allem mit respiratorischen (z.B. SARS) und enteralen Erkrankungen assoziiert sind. Coronaviren besitzen das größte gegenwärtig bekannte RNA-Genom aller Viren (ca. 30 Kilobasen). Die Replikation des Genoms und die Synthese zahlreicher subgenomischer RNAs, die die viralen Strukturproteine und einige akzessorische, vermutlich virulenzassoziierte, Proteine kodieren, erfolgt durch die virale Replikase. Die coronavirale Replikase ist ein Multienzym-Komplex, der durch die proteolytische Prozessierung großer Vorläuferproteine (Polyproteine pp1a und pp1ab) entsteht und 16 virale Nichtstrukturproteine (nsp), aber auch einige zelluläre Proteine, beinhaltet. Obwohl die Charakterisierung der Funktionen der einzelnen Proteine und das Verständnis der molekularen Grundlagen der coronaviralen Replikation noch in ihren Anfängen stecken, ist bereits jetzt klar, dass die an der Replikation beteiligten Mechanismen deutlich komplexer sind als bei den meisten anderen RNA-Viren. Man hofft, dass aus der Untersuchung der einzelnen an der Replikation beteiligten Proteine Erkenntnisse zu den Besonderheiten des Lebenszyklus dieser ungewöhnlich großen RNA-Viren abgeleitet werden können und dass sich daraus auch Ansatzpunkte für die Entwicklung von Inhibitoren einzelner Proteine/Enzyme ergeben, die für eine zukünftige antivirale Therapie genutzt werden könnten. In der vorliegenden Arbeit wurden zwei enzymatische Aktivitäten von Coronaviren, eine Helikase und eine Endonuklease, die Teil der coronaviralen Nichtstrukturproteine nsp13 bzw. nsp15 sind, in vitro untersucht. Zur Etablierung allgemeingültiger Prinzipien coronaviraler Enzymaktivitäten wurden die homologen Proteine von HCoV-229E und SARS-CoV, also von Vertretern unterschiedlicher serologischer und genetischer Coronavirus-Gruppen, parallel untersucht und ihre Eigenschaften miteinander verglichen. Die nsp13-Helikase des SARSCoronavirus wurde als bakterielles Fusionsprotein exprimiert, und die nsp13-Helikase des humanen Coronavirus 229E wurde in Insektenzellen mittels baculoviraler Vektoren exprimiert. Beide Proteine zeigten Polynukleotid-stimulierbare NTPase- und 5'-3'-Helikase-Aktivitäten. Darüber hinaus besaßen sie vergleichbare Hydrolyseaktivitäten gegenüber den 8 getesteten Ribound Desoxyribonukleosidtriphosphaten. Die Anwesenheit von poly(U) führte zu einer 3-fachen Erhöhung der katalytischen Effizienz (kcat/Km) und einer etwa 100-fachen Steigerung der Hydrolysegeschwindigkeit (kcat). Es wurde am Beispiel von HCoV-229E-nsp13 gezeigt, dass Nukleinsäuresubstrate mit hoher Affinität (K50 ≈ 10-8 M), jedoch ohne erkennbare Präferenz für einzel- oder doppelsträngige DNA- oder RNA-Substrate gebunden werden. Solch eine feste Bindung ist typisch für Enzyme, die prozessiv mit Nukleinsäuren interagieren. Sie korreliert darüber hinaus mit der beobachteten effizienten Entwindung (Trennung) von RNA- und DNADuplexen mit langen, doppelsträngigen Bereichen von 500 Basenpaaren und mehr. Dies legt eine Funktion als replikative Helikase nahe, wie sie beispielweise bei der effektiven Entwindung doppelsträngiger replikativer Intermediate benötigt werden könnte. In dieser Arbeit wurde darüber hinaus eine neue enzymatische Aktivität coronaviraler Helikasen entdeckt. Die gefundene RNA-5'-Triphosphatase-Aktivität nutzt das aktive Zentrum der NTPase-Aktivität und katalysiert wahrscheinlich die erste Reaktion innerhalb der Synthese der Cap-Struktur am 5’- Ende viraler RNAs. Die sehr ähnlichen biochemischen Eigenschaften der HCoV-229E- und SARS-CoV-Helikasen lassen vermuten, dass die Enzymologie der viralen RNA-Synthese (trotz relativ geringer Sequenzidentität der beteiligten Enzyme) unter den Vertretern unterschiedlicher Gruppen von Coronaviren konserviert ist. Der zweite Teil der Arbeit beschäftigte sich mit der biochemischen Charakterisierung des Nichtstrukturproteins nsp15, für das eine Endonuklease-Aktivität vorhergesagt worden war. Auch in diesem Fall wurden die entsprechenden Proteine von HCoV-229E und SARS-CoV charakterisiert. Beide (bakteriell exprimierten) Enzyme zeigten identische enzymatische Eigenschaften. In-vitro-Experimente bestätigten, dass diese Proteine eine Mn2+-abhängige RNA- (jedoch nicht DNA-) Endonukleaseaktivität besitzen. Sie spalten doppelsträngige RNA deutlich effektiver und spezifischer als einzelsträngige RNA. Die Enzyme spalten an Uridylat-Resten und erzeugen Produkte mit 2', 3'-Zyklophosphat-Enden. Bei doppelsträngigen RNA-Substraten wurde eine Spezifität für 5'-GU(U)-3' gefunden. Die Tatsache, dass diese Sequenz in den nidoviralen transkriptionsregulierenden Sequenzen (TRS) der Minusstränge konserviert ist und auch die Endonuklease bei allen Nidoviren konserviert ist, unterstützt die Hypothese, dass die Endonukleaseaktivität eine spezifische Funktion innerhalb der coronaviralen (nidoviralen) diskontinuierlichen Transkription besitzt.
This article deals with discursive and argumentative strategies used by Brazilian President Jair Bolsonaro to bring science in discredit during the 2020’s COVID-19-pandemic. Based on official statements and Tweets launched over the crisis the Discourse-Historical Approach is applied to make strategies brought into play by Bolsonaro visible. While the President declares scientific advice such as distancing and quarantine as ineffective, he recommends the use of hydroxychloroquine as well as old fashioned prayers for staying safe and healthy. He evokes that there are «fake news» and «partners of paralysis», to which he responds by demasking and bringing the one and only truth towards «the people». The analysis points out that Bolsonaro is downplaying the virus and the risk of transmission and puts the economy ahead of health. His supporters as a consequence tend to ignore the
WHO recommendations how to behave during the pandemic.
Coronaviren können sowohl den Menschen als auch zahlreiche Tierspezies infizieren und verursachen vor allem respiratorische und enterale Erkrankungen. Die Replikation des etwa 27-32 kb großen, einzelsträngigen RNA-Genoms positiver Polarität und die Synthese zahlreicher subgenomischer RNAs erfolgt durch einen Multi-Enzym-Komplex, der bis zu 16 virale nichtstrukturelle Proteine (nsp) und einige zelluläre Proteine umfaßt. Die einzelnen nichtstrukturellen Proteine werden durch proteolytische Prozessierung der vom Replikasegen kodierten Vorläufer-Polyproteine (pp1a/pp1ab) unter Beteiligung viraler Proteasen freigesetzt. Das größte replikative Protein, nsp3, befindet sich im aminoterminalen Bereich der Polyproteine pp1a/pp1ab. Trotz des geringen Konservierungsgrades dieser Region wurden bestimmte funktionelle Domänen, die in allen coronaviralen nsp3 konserviert sind, identifiziert. Dazu gehören: eine saure Domäne, zwei Papain-ähnliche Proteasen (PL1pro und PL2pro) sowie zwei weitere konservierte Domänen (X- bzw. Y-Domäne). Frühere Studien konzentrierten sich vor allem auf die PLpro-Domänen, während die Funktionen der anderen nsp3-Domänen bisher nicht untersucht wurden. Um weitere Einblicke in die nsp3-vermittelten Aktivitäten und ihre Funktionen im coronaviralen Lebenszyklus zu gewinnen, wurden im Rahmen dieser Arbeit die enzymatischen Aktivitäten von zwei nsp3-Domänen, PLpro und X, näher charakterisiert. Coronavirale Papain-ähnliche Proteasen spalten den aminoproximalen Bereich der Polyproteine pp1a/pp1ab und sind somit an der Freisetzung von nsp1, nsp2 und nsp3 beteiligt. In der vorliegenden Arbeit wurde die durch die PLpro vermittelte proteolytische Prozessierung des N-terminalen Endes von nsp3 bei TGEV und SARS-CoV analysiert. Übereinstimmend mit früheren Vorhersagen ergaben In-vitro-Translationsexperimente und Proteinsequenzierungen, dass die TGEV-PL1pro die Peptidbindung zwischen Gly879 und Gly880 spaltet, wodurch das aminoterminale Ende von nsp3 bzw. das carboxyterminale Ende von nsp2 freigesetzt werden. Diese Schnittstelle entpricht bei SARS-CoV der Sequenz Gly818|Ala819, die jedoch bei diesem Virus von der PL2pro prozessiert wird. Mutationsanalysen ergaben weiterhin, dass die Reste Cys1093 (TGEV-PL1pro) und Cys1651 (SARS-CoV-PL2pro) für die proteolytische Aktivität essentiell sind. Diese Daten stützen Vorhersagen zu möglichen katalytischen (nukleophilen) Funktionen dieser beiden Reste. Darüber hinaus wurde das stromaufwärts gelegene nsp2 in TGEV-infizierten Zellen identifiziert. Diese Daten, zusammen mit vorherigen Studien, legen den Schluss nahe, dass die Coronavirus-PLpro-vermittelte proteolytische Prozessierung –trotz der geringen Konservierung des Polyproteinsubstrates und bestehender Unterschiede hinsichtlich der Anzahl konservierter PLpro-Domänen– weitgehend konserviert ist. Im zweiten Teil der Arbeit sollte die enzymatische Aktivität einer weiteren konservierten Domäne im coronaviralen nsp3, der sogenannten X-Domäne, untersucht werden. Für diese Domäne war eine ADP-Ribose-1"-Monophosphatase-Aktivität (Appr-1"-pase) vorhergesagt worden. Um die Eigenschaften dieser Proteine näher zu bestimmen und möglicherweise existierende Gemeinsamkeiten zwischen coronaviralen Enzymen, die den viralen Lebenszyklus steuern und/oder kontrollieren, zu identifizieren, wurden die X-Domänen von drei verschiedenen Coronaviren, HCoV-229E, TGEV und SARS-CoV, die unterschiedlichen serologischen Coronavirus-Gruppen angehören, in vitro untersucht und miteinander verglichen. Es konnte gezeigt werden, dass bakteriell (E.coli-) exprimierte X-Domänen aller drei untersuchten Viren ADP-Ribose-1"-Phosphat, ein Nebenprodukt des zellulären tRNA-Splicings, zu ADP-Ribose dephosphorylieren können. Diese Daten beweisen zweifelsfrei die Appr-1"-pase-Aktivität coronaviraler X-Domänen und lassen vermuten, dass diese Aktivität bei allen Coronaviren konserviert ist. Weitere Untersuchungen zur Substratspezifität und zu möglichen katalytischen Resten des Enzyms wurden mit Hilfe bakteriell exprimierter, mutierter Formen der HCoV-229E-X-Domäne durchgeführt. Die gewonnenen Daten legen die Vermutung nahe, dass die Phosphohydrolaseaktivität hochspezifisch für das Substrat Appr-1"-p ist und die HCoV-229E-pp1a/pp1ab-Reste Asn1302, Asn1305, His1310, Gly1312 und Gly1313 an der Ausbildung des aktiven Zentrum des Enzyms beteiligt sind. Abschließend wurde die Funktion der Appr-1"-pase-Aktivität mit Hilfe einer HCoV-229E-Mutante, in der die Appr-1"-pase-Aktivität durch ortsspezifische Mutagenese ausgeschaltet wurde, in Zellkultur analysiert. Überraschenderweise hatte die Mutation keine nachweisbare Auswirkung auf die virale RNA-Synthese oder den Virustiter, und sie erwies sich auch nach sechs Passagen in Zellkultur als stabil. Die Tatsache, dass die Appr-1"-pase-Aktivität für die Replikation und Transkription von HCoV-229E entbehrlich ist, zeigt, dass Coronavirus-Replikasegene auch nichtessentielle Funktionen kodieren, die möglicherweise akzessorische und/oder regulatorische Funktionen besitzen und nur unter bestimmten Bedingungen (z.B. im infizierten Wirt) einen Selektionsvorteil bieten bzw. essentiell sind. Weitere Studien sind erforderlich, um die biologische Funktion der X-Domäne im Detail zu bestimmen.
Bei SARS („Schweres akutes respiratorisches Syndrom“) handelt es sich um eine Infektionskrankheit des Menschen, welche im November 2002 erstmalig auftrat. Als Erreger dieser Krankheit wurde das SARS-assoziierte Coronavirus identifiziert. Dessen viruseigene Reproduktionsmaschinerie wird vor allem durch die katalytische Aktivität einer Cysteinprotease, der SARS-Coronavirus-Hauptprotease (SARS-CoV-Mpro), und die damit verbundene Prozessierung von viralen Polyproteinen, aufrechterhalten. Diese Schlüsselfunktion der SARS-CoV-Mpro macht sie zu einem vielversprechenden Zielobjekt bei der Entwicklung von spezifischen Inhibitoren für diese Protease, welche somit eine Vermehrung des Virus verhindern. In dieser Arbeit wurde die SARS-CoV-Mpro mit optimierten Methoden exprimiert und gereinigt. Mit der Methode der ESI-MS-Analyse konnte ein kovalentes, irreversibles Bindungsverhalten verschiedener Inhibitoren gezeigt werden und erstmals auch die Bindung von Fragmenten von Inhibitormolekülen an die Protease. So zeigten die SARS-CoV-Mpro-Inhibitoren MH211A und UK-VI-1g eine kovalente Bindung des kompletten Moleküls pro Enzym-Monomer: überraschenderweise hatten bis zu vier Moleküle MH211A bzw. zwei Moleküle UK-VI-1g an ein Proteasemolekül gebunden. Die Bindung von UK-VI-1g an die Protease wurde an zwei Peptiden im Bereich von den Aminosäuren 62 bis 76 bzw. 280 bis 298 nachgewiesen, wobei beide nicht in der Nähe der active site lokalisiert sind. Im Falle des Inhibitors Lit1 bindet der 2,6-Dinitro-4-trifluoromethyl-phenyl-Rest, bei TS48 das Zimtsäure-Thioester-Fragment kovalent an jedes Monomer im dimeren Enzym. Die SARS-CoV-Mpro wurde erstmals ohne Abtrennung des C-terminalen His-tag mit spezifischen Inhibitoren co-kristallisiert. Drei mögliche Orientierungen des Inhibitors TS174 wurden in der active site der Protease identifiziert. Aufgrund der schwachen Elektronendichte des Inhibitors konnten diese nicht weiter untersucht werden. Das Iod-Isatin-Derivat IISBT wurde ebenfalls mit der SARS-CoV-Mpro zusammen co-kristallisiert und es konnte erstmalig eine kovalente Bindung eines Isatin-Derivats an die SARS-CoV-Mpro anhand einer Röntgenstruktur klar gezeigt werden. Diese Struktur zeigte dann, dass früher veröffentlichte molekulare docking-Studien, die eine nicht-kovalente Bindung von IISBT und anderen Isatin-Derivaten veranschaulichen, nochmal überdacht werden sollten. Basierend auf einer ESI-MS-Analyse und früheren Ergebnissen von MALDI- und Dialyse-Experimenten, kann man sicher annehmen, dass IISBT in einer kombinierten kovalent-reversiblen Art und Weise an die SARS-CoV-Mpro bindet.