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Veränderungen der Herzratenvariabilität unter auditorischer Belastung ohne und mit Störgeräusch
(2014)
Einleitung: Die Messung der Herzratenvariabilität (HRV), d.h. der ständigen Variation des Herzschlags, ermöglicht eine Beurteilung der autonomen Funktion des Herzens und die Erfassung physischer und psychischer Belastungszustände. In der Audiologie werden Patienten anhand ihrer Leistung in audiometrischen Testverfahren beurteilt, vermehrte Höranstrengung kommt hier jedoch unzureichend zum Ausdruck. Die folgende Studie sollte klären, ob auditorische Belastung in Form eines Sprachverständnistests mit der HRV sensitiv erfasst werden kann und ob Hörsituationen mit Störgeräuschen eine höhere Stressantwort hervorrufen.
Methoden: Die Datenerhebung erfolgte an 24 jungen hörgesunden Probanden, wobei diese während der HRV-Aufzeichnung Wortlisten des Freiburger Sprachtests in Ruhe und unter Zuschaltung eines Störgeräusches (Rauschen) schriftlich wiedergeben sollten. Vor und nach der Testung erfolgten jeweils Ruhemessungen.
Ergebnisse: Auditorische Belastungen konnten mithilfe der HRV zuverlässig erfasst und von Ruhebedingungen unterschieden werden. Die Testanforderungen riefen Parameterveränderungen im Sinne einer Koaktivierung von Sympathikus und Parasympathikus hervor, wobei dieses Muster Ausdruck erhöhter Aufmerksamkeit zu sein scheint. Ein signifikanter HRV-Unterschied zwischen den beiden Schwierigkeitsgraden zeigte sich nicht. Geschlecht der Probanden und Reihenfolge der Testphasen spielten eine untergeordnete Rolle.
Schlussfolgerungen: Die HRV-Aufzeichnung scheint geeignet, Höranstrengung bei gesunden Personen objektiv zu messen. Weitere Studien an größeren Kontroll- und Patientenstichproben sollten klären, ob diese zur Verbesserung der Diagnostik und Therapie von Hörbeeinträchtigten beitragen kann.
Neben Stimmungsschwankungen leiden viele bipolare Patienten unter kognitiven Beeinträchtigungen. Dies ist von hoher Relevanz, da neuropsychologische Defizite zur Aufrechterhaltung der bipolaren Störung beitragen können. Unsere Studie widmete sich zum einen der Untersuchung verzerrter Aufmerksamkeitsprozesse als auch der Erfassung dysfunktionaler Emotionsregulationsstrategien in der bipolaren Störung. Da es uns besonders interessierte, ob diese dysfunktionalen Prozesse im euthymen Intervall bestehen bleiben, rekrutierten wir akut depressive als auch euthyme bipolare Patienten. Weiterhin untersuchten wir, ob der Aspekt der prädominanten Polarität einen Einfluss auf die Informationsverarbeitung und Emotionsregulation haben könnte.
Zur Erfassung selektiver Aufmerksamkeitsprozesse verwendeten wir eine Dot-Probe-Aufgabe. In der vorliegenden Arbeit konnte gezeigt werden, dass bei den akut depressiven bipolaren Patienten deutliche Defizite im Reaktionsvermögen vorlagen. Bei den euthymen Patienten mit manischer Polarität fand sich überraschenderweise ein Bias weg von positiven Stimuli, was möglicherweise als Schutzmechanismus vor potentiellen Triggern einer Manie interpretiert werden kann.
Um zu testen, ob sich bipolare Patienten in den Emotionsregulationsstrategien von gesunden Kontrollpersonen unterscheiden, wurden zwei verschiedene Fragebögen eingesetzt. In der Auswertung zeigte sich, dass nicht nur akut depressive Patienten, sondern auch remittierte Patienten zu dysfunktionalen Emotionsregulationsstrategien neigten und dass die euthymen Probanden mit depressiver bzw. manischer Polarität in unterschiedlichen Emotionsregulationsstrategien von gesunden Probanden abwichen.
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass Defizite in der selektiven Aufmerksamkeit und in der Emotionsregulation nicht nur in der akuten Krankheitsphase, sondern auch im „gesunden Intervall“ vorhanden sind. Darüber hinaus liefert die Studie erste Hinweise darauf, dass sich Patienten mit depressiver und manischer Polarität in der Informationsverarbeitung emotionaler Stimuli als auch in Emotionsregulationsstrategien unterscheiden.
Das Enzym Catechol-O- Methyltransferase (COMT) spielt eine wichtige Rolle beim Abbau der Neurotransmitter Dopamin, Noradrenalin und Adrenalin. In dessen Gen befindet sich ein Polymorphismus (SNP), der einen Aminosäureaustausch von Valin zu Methionin an Position 158 der membrangebundenden Isoform bewirkt.. In früheren Studien zeigen die verschiedenen Genotypen des Polymorphismus Unterschiede in der emotionalen Verarbeitung, bei der die COMT Einfluss auf die Verarbeitung von negativen, aber nicht von positiven Stimuli zeigt. Neben emotionalen werden durch die COMT aber auch kognitive präfrontale Prozesse beeinflusst. Eine Aufmerksamkeitslenkung auf Bilder führt im Zeitfenster der EPN und LPP zu ähnlichen Effekten wie beim Betrachten emotionaler Bilder In dieser Studie sollte daher untersucht werden, ob die COMT- Effekte auf die Emotionsverarbeitung durch Aufmerksamkeitsprozesse begründet sind und diese unabhängig vom emotionalen Inhalt durch die Aufmerksamkeitsinstruktion auslösbar sind.
Dafür wurden bei 48 gesunden und entweder Val/Val oder Met/Met- Homozygoten Probanden während der Präsentation von IAPS Bildern mit positiven, negativen und neutralen Bildern ein EEG abgeleitet. Und es wurde die neuronale Aktivierung bei emotionalen Stimuli, in Interaktion mit der Instruktion, die Aufmerksamkeit auf eine bestimmte emotionale Kategorie zu richten, untersucht. Dabei zeigten sich die erwarteten Emotions- und Aufmerksamkeitseffekte auf EPN und LPP. Keinen Einfluss hatte der COMT-Genotyp. Dies könnte an der Interferenz der Emotionseffekte mit kognitiven Effekten des COMT- Polymorphismus liegen.
Adapting defensive behavior to the characteristics of a threatening situation is a fundamental function of the brain. Particularly, threat imminence plays a major role for the organization of defensive responses. Acute threat prompts phasic physiological responses, which are usually associated with an intense feeling of fear. In contrast, diffuse and potentially threatening situations elicit a sustained state of anxious apprehension. Detection of the threatening stimulus defines the key event in this framework, initiating the transition from potential to acute threat. Consequently, attention to threat is crucial for supporting defensive behavior. The functions of attention are finely tuned to the characteristics of a threatening situation. Potential threat is associated with hypervigilance, in order to facilitate threat detection. Once a threatening stimulus has been identified, attention is selectively focused on the source of danger. Even though the concepts of selective attention and hypervigilance to threat are well established, evidence for their neural correlates remain scarce. Therefore, a major goal of this thesis is to elucidate the neural correlates of selective attention to acute threat and hypervigilance during potential threat. A second aim of this thesis is to provide a mechanistic account for the interaction of fear and anxiety. While contemporary models view fear and anxiety as mutually exclusive, recent findings for the neural networks of fear and anxiety suggest potential interactions. In four studies, aversive cue conditioning was used to induce acute threat, while context conditioning served as a laboratory model of potential threat. To quantify neural correlates of selective attention and hypervigilance, steady-state visual evoked potentials (ssVEPs) were measured as an index of visuocortical responding. Study 1 compared visuocortical responses to acute and potential threat for high versus low trait-anxious individuals. All individuals demonstrated enhanced electrocortical responses to the central cue in the acute threat condition, suggesting evidence for the neural correlate of selective attention. However, only low anxious individuals revealed facilitated processing of the contexts in the potential threat condition, reflecting a neural correlate of hypervigilance. High anxious individuals did not discriminate among contexts. These findings contribute to the notion of aberrational processing of potential threat for high anxious individuals. Study 2 and 3 realized orthogonal combinations of cue and context conditioning to investigate potential interactions of fear and anxiety. In contrast to Study 1 and 2, Study 3 used verbal instructions to induce potentially threatening contexts. Besides ssVEPs, threat ratings and skin conductance responses (SCRs) were recorded as efferent indices of defensive responding. None of these studies found further evidence for the neural correlates of hypervigilance and selective attention. However, results for ratings and SCRs revealed additive effects of fear and anxiety, suggesting that fear and anxiety are not mutually exclusive, but interact linearly to organize and facilitate defensive behavior. Study 4 tested ssVEPs to more ecologically valid forms of context conditioning, using flickering video stimuli of virtual offices to establish context representations. Contrary to expectations, results revealed decreased visuocortical responses during sustained presentations of anxiety compared to neutral contexts. A disruption of ssVEP signals eventually suggests interferences by continuously changing video streams which are enhanced as a function of motivational relevance. In summary, this thesis provided evidence for the neural correlates of attention only for isolated forms of fear and anxiety, but not for their interaction. In contrast, an additive interaction model of fear and anxiety for measures of defensive responding offers a new perspective on the topography of defensive behavior.
Im vorliegenden Beitrag wird der Versuch gemacht, neuere Befunde der kognitiven Psychologie, insbesondere der Expertiseforschung, zur Entwicklung außergewöhnlicher Fertigkeiten und Kenntnisse auf den Bereich des Sports zu übertragen und damit deren Generalisierungsmöglichkeiten zu prüfen. In einem ersten Schritt werden dabei die Grundannahmen der traditionellen fähigkeitsorientierten Leistungsprognose mit denen der neueren Expertiseforschung verglichen und im Hinblick auf ihre empirische Bewährung untersucht. Der zweite Schritt besteht darin, daß mögliche Parallelen zwischen der Entwicklung kognitiver und sportlicher Expertise aufgezeigt und an Fallbeispielen demonstriert werden. Dies leitet zum Schwerpunkt des vorliegenden Beitrags über, der in einer Reanalyse von Daten besteht, die im Rahmen einer fünfjährigen Längsschnittstudie an jugendlichen deutschen Tennistalenten gewonnen wurden (vgl. Rieder, Krahl, Sommer, Weicker & Weiss, 1983). Da in dieser Untersuchung sowohl Daten zur Entwicklung allgemeiner motorischer Basisfähigkeiten wie auch zur Entwicklung sportartspezifischer Fertigkeiten erhoben worden waren, ließ sich die Bedeutsamkeit dieser beiden Komponenten für den sportlichen Erfolg relativ genau bestimmen. Weiterhin waren Informationen zu Hintergrundmerkmalen wie z.B. der elterlichen Unterstützung, der Trainingsintensität sowie Merkmalen der Motivation und Konzentration verfügbar, von denen anzunehmen war, daß sie zusätzlich dazu geeignet sein sollten, individuelle Unterschiede in den beobachteten Entwicklungsverläufen zu erklären.
Humans in our environment are of special importance to us. Even if our minds are
fixated on tasks unrelated to their presence, our attention will likely be drawn
towards other people’s appearances and their actions.
While we might remain unaware of this attentional bias at times, various studies have demonstrated the preferred visual scanning of other humans by recording eye movements in laboratory settings. The present thesis aims to investigate the circumstances under and the mechanisms by which this so-called social attention operates.
The first study demonstrates that social features in complex naturalistic scenes are prioritized in an automatic fashion. After 200 milliseconds of stimulus presentation, which is too brief for top-down processing to intervene, participants targeted image areas depicting humans significantly more often than would be expected from a chance distribution of saccades. Additionally, saccades towards these areas occurred earlier in time than saccades towards non-social image regions. In the second study, we show that human features receive most fixations even when bottom-up information is restricted; that is, even when only the fixated region was visible and the remaining parts of the image masked, participants still fixated on social image regions longer than on regions without social cues. The third study compares the influence of real and artificial faces on gaze patterns during the observation of dynamic naturalistic videos. Here we find that artificial faces, belonging to humanlike statues or machines, significantly predicted gaze allocation but to a lesser extent than real faces. In the fourth study, we employed functional magnetic resonance imaging to investigate the neural correlates of reflexive social attention. Analyses of the evoked blood-oxygenation level dependent responses pointed to an involvement of striate and extrastriate visual cortices in the encoding of social feature space.
Collectively, these studies help to elucidate under which circumstances social
features are prioritized in a laboratory setting and how this prioritization might be achieved on a neuronal level. The final experimental chapter addresses the question whether these laboratory findings can be generalized to the real world. In this study, participants were introduced to a waiting room scenario in which they interacted with a confederate. Eye movement analyses revealed that gaze behavior heavily depended on the social context and were influenced by whether an interaction is currently desired. We further did not find any evidence for altered gaze behavior in socially anxious participants. Alleged gaze avoidance or hypervigilance in social
anxiety might thus represent a laboratory phenomenon that occurs only under very specific real-life conditions. Altogether the experiments described in the present
thesis thus refine our understanding of social attention and simultaneously
challenge the inferences we can draw from laboratory research.
Social attention is a ubiquitous, but also enigmatic and sometimes elusive phenomenon.
We direct our gaze at other human beings to see what they are doing
and to guess their intentions, but we may also absorb social events en passant as
they unfold in the corner of the eye. We use our gaze as a discrete communication
channel, sometimes conveying pieces of information which would be difficult
to explicate, but we may also find ourselves avoiding eye-contact with others in
moments when self-disclosure is fear-laden. We experience our gaze as the most
genuine expression of our will, but research also suggests considerable levels of
predictability and automaticity in our gaze behavior. The phenomenon’s complexity
has hindered researchers from developing a unified framework which can
conclusively accommodate all of its aspects, or from even agreeing on the most
promising research methodologies.
The present work follows a multi-methods approach, taking on several aspects
of the phenomenon from various directions. Participants in study 1 viewed dynamic
social scenes on a computer screen. Here, low-level physical saliency (i.e.
color, contrast, or motion) and human heads both attracted gaze to a similar extent,
providing a comparison of two vastly different classes of gaze predictors in
direct juxtaposition. In study 2, participants with varying degrees of social anxiety
walked in a public train station while their eye movements were tracked. With
increasing levels of social anxiety, participants showed a relative avoidance of gaze
at near compared to distant people. When replicating the experiment in a laboratory
situation with a matched participant group, social anxiety did not modulate
gaze behavior, fueling the debate around appropriate experimental designs in the
field. Study 3 employed virtual reality (VR) to investigate social gaze in a complex
and immersive, but still highly controlled situation. In this situation, participants
exhibited a gaze behavior which may be more typical for real-life compared to laboratory situations as they avoided gaze contact with a virtual conspecific unless
she gazed at them. This study provided important insights into gaze behavior in
virtual social situations, helping to better estimate the possible benefits of this
new research approach. Throughout all three experiments, participants showed
consistent inter-individual differences in their gaze behavior. However, the present
work could not resolve if these differences are linked to psychologically meaningful
traits or if they instead have an epiphenomenal character.
Biologische Marker für Aufmerksamkeitsverzerrungen bei sozialer Ängstlichkeit und deren Modifikation
(2019)
Diese Dissertationsschrift beschäftigt sich mit biologischen Korrelaten von Aufmerksamkeits-verzerrungen und eruiert deren Modifikation in einem längsschnittlich angelegten Experiment. Hierfür wurden über 100 sozial-ängstliche Teilnehmer mit Hilfe einer Screening-Prozedur gewonnen und hinsichtlich der Ausprägung einer ereigniskorrelierten Lateralisation namens „N2pc“ untersucht.
Während der ersten Labormessung indizierte die N2pc bei der Bearbeitung eines Dot Probe Paradigmas einen mittelgroßen, statistisch hochbedeutsamen Attentional Bias hin zu wütenden Gesichtern im Vergleich zu neutralen. Das hierfür klassischerweise verwendete Maß von Reaktionszeitunterschieden hingegen konnte diese Verzerrung der Aufmerksamkeit nicht abbilden. Ferner zeigten weder die elektrophysiologische noch die behaviorale Messgröße einen Zusammenhang mit Fragebögen sozialer Angst, was teilweise auf ein Fehlen interner Konsistenz zurückgeführt werden kann.
Im weiteren Verlauf absolvierten die überwiegend weiblichen Teilnehmer an acht unterschiedlichen Terminen über zwei bis vier Wochen fast 7000 Durchgänge eines Aufmerksamkeitsverzerrungsmodifikationstrainings oder einer aktiven Kontrollprozedur. Daraufhin zeigte sich eine Auslöschung der ereigniskorrelierten Lateralisation, allerdings in einem späteren Zeitfenster als erwartet. Dieses Verschwinden des Attentional Bias blieb bis elf Wochen nach Ende der Trainingsprozedur stabil. Außerdem trat dieselbe Modifikation ebenfalls für die Kontrollgruppe auf. Die selbstberichtete Schwere der Symptomausprägung veränderte sich zwar nicht, allerdings konnte eine Reduktion des Persönlichkeitsmerkmals Neurotizismus verzeichnet werden, welches konzeptuell mit dem Begriff der Ängstlichkeit eng verwoben ist.
Durch explorative Folgeanalysen konnte eine stärkere Modulation der rechten Großhirnhälfte, also durch Reize im linken visuellen Halbfeld aufgedeckt werden. Eine Neuberechnung des Attentional Bias separat für jede Hemisphäre scheint daher auch für künftige Untersuchungen angebracht. Ferner wurde als Träger der Modifikation über die Zeit eine Veränderung der Hyperpolarisation nach der N2-Komponente identifiziert. Ob durch eine Anpassung der Prozedur eine Modulation einer früheren ereigniskorrelierten Komponente erzielt werden kann, bleibt zum aktuellen Zeitpunkt unbeantwortet.
Das Ziel der vorliegenden Arbeit war die Untersuchung der Reaktionen von Migränepatientinnen mit episodischer (EM) und häufiger Migräne (HM) auf verschiedene Aspekte des Triggerfaktors „Negativer Affekt“ wie Stress und negative Emotionen. Die Ergebnisse der beiden Gruppen wurden mit denen gesunder Kontrollpersonen verglichen (KG). Zur Ermittlung des Aufmerksamkeitsverhaltens gegenüber emotionalen Reizen wurden zwei Emotionale Stroop Tests (EST) durchgeführt. Erwartet wurde ein Aufmerksamkeitsbias der Patientinnen hinsichtlich negativer emotionaler Reize. Im EST 1 wurden allgemeine affektive Wörter der Valenzen positiv, neutral und negativ verwendet. Die Probandinnen sollten auf die Wortfarbe mit Tastendruck reagieren und den Wortinhalt ignorieren. Im EST 2 wurden emotionale Gesichtsausdrücke (ärgerlich, freundlich, neutral) als Reize verwendet. Dabei sollte die Rahmenfarbe der Bilder per Tastendruck bestimmt werden und der Inhalt ignoriert werden. Zur Auswertung wurden Emotionale Stroop Interferenzen (ESI) zum Vergleich Reaktionszeitdifferenzen negativ-neutral und negativ-positiv berechnet. Der erwartete Aufmerksamkeitsbias der HM für negative emotionale Reize wurde dabei nicht gefunden. Dafür zeigten im EST 2 die KG einen Aufmerksamkeitsbias für ärgerliche Gesichter. Ein signifikanter Gruppenunterschied in EST 2 mit sehr niedrigen, im Vergleich negativ-positiv sogar negativen ESI der HM ließ auf ein Vermeidungsverhalten dieser Gruppe ärgerlichen Gesichtern gegenüber schließen. Dieses wurde als Vermeidung negativer sozialer Reize interpretiert und zum gelernten, möglicherweise dysfunktionalen Vermeidungsverhalten von Migränepatienten potentiellen Triggersituationen gegenüber in Bezug gesetzt. Weiterhin wurden die Probandinnen mit dem „Paradigma der Öffentlichen Rede“ psychosozialem Stress ausgesetzt, indem sie vor einer Videokamera unter Beobachtung eine Rede halten sowie eine Kopfrechenaufgabe lösen sollten. Vorher und nachher wurden insgesamt vier Speichelproben zur Bestimmung des Stresshormons Kortisol genommen. Zudem wurden die Druckschmerzschwellen vor und nach dem Experimentalteil gemessen. Die erwartete Kortisolreaktion als Antwort auf die psychosoziale Stressaufgabe blieb aus. Ursache dafür kann die Stichprobenzusammensetzung mit 98% Frauen sein, deren Kortisolreaktion auf Stress durch hormonelle Schwankungen im Experiment nur unzuverlässig stimulierbar ist. Bei der Berechnung der Gesamtkortisolausschüttung über die Zeit zeigte sich im Gegensatz zu dem erwarteten erhöhten Kortisolspiegel der Migränepatientinnen ein linearer Abfall des Spiegels von KG, über EM zu HM, mit den niedrigsten Werten der HM. Diese Ergebnisse könnten auf Veränderungen der Hypophysen-Nebennieren (HHN)-Achse im Sinne eines Hypokortisolismus bei Migränepatientinnen widerspiegeln, der weiterer Klärung bedarf, z.B. durch die Bestimmung eines Kortisoltagesprofils bei Patientinnen. Eine veränderte Funktion der HHN-Achse könnte außerdem zu einer inadäquaten Reaktion auf Stresssituationen beitragen. Die bei Patientinnen ausbleibende Veränderung der Druckschmerzschwelle in Reaktion auf Stress lässt ebenfalls auf eine ungenügende Stressreaktion der Patientinnen schließen. Am Ende der Untersuchung, nach einer Entspannungsphase von 50 Minuten, wurde den Probandinnen Blut abgenommen, in dem die mRNA- und Proteinkonzentrationen ausgewählter pro- und antiinflammatorischer Zytokine bestimmt wurden. Die Analyse der Zytokinkonzentrationen mit Luminex ergab für die Proteindaten aufgrund zu geringer verwertbarer Daten kein interpretierbares Bild. Die mittels Real Time Quantitativer PCR erhaltenen mRNA-Konzentrationen spiegelten die Schmerzfreiheit der Patienten wieder, mit im Vergleich zu KG verringerten proinflammatorischen Zytokinen (TNF-alpha, IL-1beta, IL-2, IL-6) und dem ebenfalls verringerten antiinflammatorischen Zytokin IL-10, sowie dem deutlich erhöhten antiinflammatorischen IL-4. Die im Vergleich zur KG überregulierten Zytokine im schmerzfreien Intervall weisen auf veränderte Regulierungsmechanismen des Immunsystems für die Schmerzmediatoren Zytokine hin. Weitere Schmerzmediatoren könnten ebenfalls verändert sein, was weiterer Klärung in nachfolgenden Studien bedarf. Alles in allem konnten verschiedene Veränderungen in den psychologischen und endokrinen Reaktionen der Migränepatientinnen auf Bestandteile des Triggers „Negativer Affekt“ sowie in der Schmerzregulierung gefunden werden, wobei die Veränderungen bei Patientinnen mit Häufiger Migräne stärker auftraten. Dies weist auf eine mögliche Rolle der einzelnen untersuchten Komponenten bei der Migränechronifizierung hin, was in weiteren Studien vertiefend untersucht werden sollte.
Der präfrontale Kortex wird im Allgemeinen mit exekutiven Funktionen in Verbindung gebracht, die unter anderem Aufmerksamkeitskontrolle, Inhibition, Arbeitsgedächtnis oder die Erkennung und Bewertung neuartiger Reize beinhalten. Für die situationsgerechte Anpassung der verschiedenen Kontrollmechanismen ist in dieser Hirnregion, wie sich in zahlreichen Studien gezeigt hat, der Neurotransmitter Dopamin entscheidend. Dieser liegt, u.a. bedingt durch den Val108/158Met-Polymorphismus der Catechol-O-Methyl-Transferase, interindividuell in verschiedenem Ausmaß vor und sollte dadurch Unterschiede in präfrontalen Funktionen zwischen einzelnen Individuen maßgeblich beeinflussen. Ziel dieser Arbeit war es, diesen Einfluss mittels EEG und ereigniskorrelierten Potenzialen genauer zu bestimmen und zusätzlich herauszuarbeiten, welche kognitiven Prozesse genau durch den COMT-Genotyp beeinflusst werden. 60 gesunde Probanden absolvierten hierzu unter EEG-Ableitung eine Aufgabe mit variablem Aufmerksamkeitsbedarf. Es wurde zunächst der Zusammenhang zwischen den ereigniskorrelierten Potenzialen N200 und P300 mit präfrontalen Funktionen wie Aufmerksamkeitskontrolle, Inhibition und Konfliktdetektion bzw. –verarbeitung untersucht. Zusätzlich wurden sowohl das Verhalten als auch die elektrophysiologische Aktivität zwischen den sorgfältig gematchten Genotyp-Gruppen Val/Val, Val/Met und Met/Met (je 11 Probanden) verglichen. Es zeigte sich, dass die N200 v.a. durch eine Veränderung der Aufmerksamkeitsrichtung zwischen globalen und lokalen Stimuluseigenschaften beeinflusst wurde. Die P300 wurde dagegen sowohl von der Aufmerksamkeitsrichtung als auch der Konfliktstärke (lokale im Vergleich zu globalen Stimuluseigenschaften sowie erhöhter Konflikt mit vermehrter Beanspruchung von Aufmerksamkeitsressourcen) beeinflusst. Wir konnten keine Auswirkungen der COMT-Ausprägung auf die Performanz (Korrektheit und Reaktionsgeschwindigkeit) im VAC-Test feststellen. Die hirnelektrische Aktivität (N200 und P300) unterlag dagegen einem deutlichen Einfluss des COMT-Genotyps: Met-Allel-Homozygote zeigten ein effizienteres Arbeiten - es lag eine bessere Aktivierung des Kortex (höhere P300) sowie ein geringerer Bedarf an Inhibition bei gleicher Leistung wie bei Val-Allel-Trägern vor (niedrigere N200- Amplitude). Es zeigte sich zudem bei den Met-Allel-Homozygoten kaum Variabilität der Hirnaktivierung über alle Schwierigkeitsstufen hinweg, was möglicherweise Ausdruck einer geringeren kognitiven Flexibilität im Vergleich zu Val-Allel-Trägern ist.