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Die Infektion mit MV Wildtypvirus führt zu einer starken Immunsuppression und Sekundärinfektionen, die bei der Immunisierung mit einem attenuierten Vakzinestamm nicht auftreten. In vitro Studien zeigen, dass sowohl MV Wildtyp- als auch Impfstamminfizierte Zellen die Mitogen-induzierte Proliferation von humanen Blutlymphozyten inhibieren. Zur Bestätigung dieser Befunde im Baumwollrattenmodell wurde gezeigt, dass in vitro MV-infizierte Zellen die Proliferation der naiven Milzzellen hemmen und keine Unterschiede zwischen Wildtypen und Impfstämmen bestehen. Im Gegensatz dazu wurden nach intranasaler Infektion von Baumwollratten Unterschiede hinsichtlich der Proliferationsinhibition, Virusreplikation und Ausbreitung zwischen Wildtypvirus WTF und Impfstamm Edm gefunden. Nach intranasaler Infektion mit 105 TCID50 WTF war am Tag 4 die Proliferation bis zu 40% inhibiert. Bis zu 20 Tagen nach Infektion mit WTF wurde eine Proliferationsinhibition gemessen und das Virus in den drainierenden Lymphknoten bis Tag 4 nachgewiesen. Die intranasale Infektion mit Dosen von 103 TCID50 WTF bzw. mit 2-4x106 TCID50 Edm konnten im gleichem Maße die T-Zell- Proliferation hemmen. Somit war eine 1000fach niedrigere Dosis an WTF ausreichend, die gleiche hemmende Wirkung zu erzielen. Der gleiche Effekt wurde bei weiteren Wildtypstämmen (Bilthoven, ICB) und Impfstämmen gefunden. Eine Ursache für den unterschiedlich immunsuppressiven Effekt zwischen Wildtypen und Impfstämmen könnte die unterschiedliche Rezeptornutzung sein. Wildtypviren benutzen CD150 als Rezeptor und Impfstämme sowohl CD150 als auch CD46. Die Impfstämme wurden ursprünglich von Edm Wildtyp durch Passagierung auf Fibroblasten-Zellinien attenuiert und adaptierten an die CD46-Rezeptornutzung. Durch die dabei erfolgte Adaptation an CD46 wurde der Virus attenuiert. Dieses Phänomen konnte auch nach Passagierung eines Wildtypvirus auf verschiedenen Zelllinien gezeigt werden. Der auf lymphoiden Zellen passagierte Wildtyp WTFb und der auf Fibroblasten-Zellen WTFv passagierte haben unterschiedliches immunsuppressives Potential. Interessanterweise zeigte Edm-Wildtyp nach 9 Passagen auf Fibroblasten- Zellinien einen attenuierten Phänotyp im Baumwollrattenmodell. Allerdings revertierte dieser Virus bereits nach 3 Passagen in der Baumwollratte zu einem immunsuppressiven, sich ausbreitenden Virus. Die Untersuchung der rekombinanten Viren Edm (WTF H), Edm (WTF F) und Edm (WTF H+F) zeigte, dass Impfstämme, welche das Oberflächenprotein H von WTF anstelle des H-Proteins von Edm tragen, proliferationshemmend sind und sich im Organismus ausbreiten. Das F-Protein von Edm oder WTF hatte keinen Einfluß auf Immunsuppression und Virusausbreitung, Die Rückmutation in dem WTF H-Protein an der Aminosäure-Position 481 von Aspargin zu Tyrosin (N481Y) veränderte die Rezeptornutzung von CD46 auf CD150 und den Phänotyp von einem immunsuppressiven, sich ausbreitenden Virus zu einem nichtimmunsuppressiven, nicht-ausbreitenden Virus. Da die Aminosäureposition 481 einen starken Einfluß auf die Benutzung von CD46 oder CD150 ausübt, scheint somit das HProtein von WTF die immunsuppressive Wirkung und Virusausbreitung maßgeblich zu beeinflussen. Wie beim Menschen konnten in der Baumwollratte MV-infizierte Makrophagen nachgewiesen werden. Durch die Infektion mit einem GFP-MV wurde die Virusreplikation nachgewiesen, das Virus wurde aus Makrophagen rückisoliert und durch Kokultivierung mit Indikatorzellen die Ausprägung des zytopathischen Effektes fluoreszenzmikroskopisch beobachtet. Weitere Untersuchungen zeigten Unterschiede zwischen WTF und Edm-infizierten Makrophagen hinsichtlich der Proliferationsinhibition von Milzzellen. Der direkte Kontakt von Wildtyp WTFinfizierten Makrophagen hemmte die T-Zell-Proliferation. Dagegen wurde durch Edminfizierte Makrophagen keine T-Zell-Proliferationinhibition ausgelöst. Erklären läßt sich das möglicherweise mit dem unterschiedlichen Sekretionsprofil verschiedener Interleukine von WTF und Edm-infizierten Makrophagen, da bei WTF-infizierten Makrophagen eine Unterdrückung der Produktion von IL-12 gefunden wurde. In der vorliegenden Arbeit konnte gezeigt werden, dass die im Menschen beobachteten Unterschiede hinsichtlich Virusausbreitung und Immunsuppression zwischen Wildtypenund Impfstämmen mit den Befunden in der Baumwollratte übereinstimmen. Außerdem konnte festgestellt werden, dass die Interaktion von MV H-Protein und den Rezeptoren mit der Immunsuppression und Virusausbreitung korreliert. Die Unterdrückung der Sekretion von IL-12 in Makrophagen aus der Baumwollratte könnte die Hypothese unterstützen, dass die Immunsuppression während der MV-Infektion durch eine fehlgeleitete Th2-Antwort begünstig wird.
Das Masernvirus (MV) gehört zu den negativ-strängigen RNA-Viren der Familie der Paramyxoviridae und verursacht beim Menschen akute und subakute Enzephalitiden. Es wurde beschrieben, dass sich MV-RNA in den Endothelzellen von SSPE (subakute sklerosierende Panenzephalitis)-Gehirnen nachweisen lässt (Cosby & Brankin, 1995). In dieser Arbeit konnte ich eine CD46- und CD150-unabhängige Infektion von Endothelzellen durch Wildtyp-MV nachweisen. Ferner wurde beschrieben, dass das Typ II-Interferon (IFN-g) im Serum von Patienten mit akuten Masern und nach einer Masernimpfung erhöht ist (Okada et al., 2001; Ovsyannikova et al., 2003) und dieses Zytokin lässt sich auch in Gehirnläsionen von SSPE-Patienten detektieren (Nagano et al., 1994). Basierend auf diesen Erkenntnissen, konnte ich eine durch das Enzym Indolamin 2,3-Dioxygenase (IDO) vermittelte antivirale Aktivität von IFN-g gegen MV nachweisen. Endothelzellen (EZ) sind bei der akuten Masernerkrankung oder nachfolgenden Komplikationen, die auf einer persistierenden Infektion basieren, wichtige Zielzellen. CD46 und CD150 (signalling lymphocytic activation molecule, SLAM) wurden als zelluläre Rezeptoren für MV beschrieben (Dörig et al., 1993; Naniche et al., 1993; Tatsuo et al., 2000). Es konnte gezeigt werden, dass humane EZ aus dem Gehirn und aus der Nabelschnurvene (HBMECs und HUVECs) zwar CD46, aber auf RNA- und auf Proteinebene kein SLAM exprimieren. Diese Zellen konnten jedoch mit den Wildtyp-MV, die CD46 nicht als Rezeptor benutzen, infiziert werden. Diese Untersuchungen deuten auf die Präsenz eines zusätzlichen Rezeptors für die Aufnahme und Verbreitung von MV in humanen EZ hin. Der antivirale Effekt von Interferonen spielt bei der MV-Vermehrung eine entscheidende Rolle und variiert jedoch in Abhängigkeit von der Wirtszelle (Schnorr et al., 1993). Im Gegensatz zu den attenuierten MV-Impfstämmen können Wildtyp-MV den antiviralen Effekt von Typ I-IFN blockieren, indem sie die Induktion von IFNa/b hemmen und die Sensivität gegenüber dem antiviralen Effekt vermindern. Dabei spielen die V- und C-Proteine des MV eine Rolle (Naniche et al., 2000; Patterson et al., 2000; Shaffer et al., 2003), die mit zellulären STAT-Proteinen und IRF-9 interagieren (Palosaari et al., 2003; Takeuchi et al., 2003; Yokota et al., 2003). In dieser Arbeit konnte gezeigt werden, dass IFN-g die Replikation aller MV-Stämme vorwiegend in Endo- und Epithelzellen hemmen kann und, dass diese durch IFN-g induzierte, antivirale Aktivität mit der Induktion der Indolamin 2,3-Dioxygenase (IDO) korreliert. IDO ist ein Enzym, welches in Anwesenheit von Sauerstoff den Abbau von Tryptophan zu Kynurenin katalysiert (Hirata et al., 1975) und hauptsächlich antiparasitäre, antibakterielle und antivirale (Bodaghi et al., 1999; Adams et al., 2004) Effekte vermittelt. Im Zusammenhang mit Masern wurde beschrieben, dass die Tryptophan Katabolite in SSPE-Patienten erhöht sind (Kurup & Kurup, 2002). Die Daten in dieser Arbeit zeigen, dass die durch IFN-g-induzierte antivirale Aktivität durch Zugabe von L-Tryptophan nahezu aufgehoben werden kann und daher IDO im Zuge der anti-MV Aktivität eine entscheidende Rolle spielt.
Der Kontakt humaner T-Zellen mit dem MV Glykoproteinkomplex interferiert mit der CD3/CD28 stimulierten Aktivierung von PI3/Akt-Kinase Signalwegen. Damit verbunden ist der ineffiziente Transport PH-Domänen-enthaltender Proteine in Membran-rafts, wie der Akt-Kinase und Vav, den Guaninnukleotid-Austauschfaktor von Rho GTPasen. Es konnte gezeigt werden, dass infolge des MV-Kontaktes die CD3/CD28 stimulierte Aktivität der Rho GTPasen Cdc42 und Rac1 inhibiert ist. Dagegen war in MV-behandelten Zellen eine leichte RhoA Aktivierung festzustellen. Rho GTPasen spielen eine kritische Rolle in der Regulation von Zytoskelettorganisation von T-Lymphozyten. Übereinstimmend damit wurde gezeigt, dass der Kontakt mit MV die CD3/CD28 costimulierte Aktivierung und Polymerisation des F-Aktins inhibiert. Damit verbunden ist die reduzierte Fähigkeit MV-behandelter T-Zellen auf Fibronektin- und mit CD3/CD28 Antikörpern-beschichteten Objektträgern zu polarisieren. Die Ausbildung F-Aktin-getriebener morphologischer Veränderungen, wie Filopodien, Lamellipodien und Uropodien, ist drastisch reduziert. Rasterelektronenmikroskopische Auf-nahmen zeigten in nicht-stimulierten und CD3/CD28 costimulierten MV-behandelten T-Zellen einen nahezu kompletten Verlust an Mikrovilli und Lamellipodien. Die Bindung von MV induziert die Dephosphorylierung des F-Aktin–bindenden Proteins Cofilin und der ERM-Proteine. Es konnte demonstriert werden, dass der MV-Kontakt die Ausbildung einer reifen immunologischen Synapse stört. Trotz der morphologischen Veränderungen konjugieren MV-behandelte T-Zellen mit DCs. Die Anzahl MV-behandelter T-Zellen, die mit DCs inter-agieren, ist vergleichbar mit der mock-behandelter T-Zellen. Allerdings zeigt die 3-dimensionale Rekonstruktion der DC/T-Zell-Kontaktzone, dass in MV-behandelten T-Zellen die zentrale Akkumulation und Clusterbildung des CD3-Moleküls gestört ist und keine monozentrische Synapse ausbildet wird. Desweiteren erfolgt die Relokalisation des MTOC in T-Zellen in Richtung der DC unvollständig. Zusammenfassend kann gesagt werden, dass der MV Glykoproteinkomplex mit essentiellen Schritten einer erfolgreichen T-Zell-Aktivierung während der APC/T-Zell-Interaktion interferiert.
Masernvirus (MV) ist ein negativ-strängiges RNA-Virus, das im Menschen und im Nagermodell zu akuten und subakuten Enzephalitiden führen kann. Es wurde beschrieben, dass bestimmte Antikörperescape-Mutanten des MV neurovirulent, andere nicht neurovirulent sind (Liebert et al., 1994). Mit Hilfe von rekombinanten Masernviren, konnte ich diejenigen Aminosäuren charakterisieren, die einerseits für die Bindung monoklonaler, neutralisierender anti-MV-H-Antikörper (K29, K71, Nc32 und L77) und andererseits für die Neurovirulenz verantwortlich sind. Bei den rekombinanten MV wurde das von Duprex et al. (1999) als Neurovirulenz vermittelnd beschriebene H-Gen des nagerhirnadaptierten neurovirulenten CAM/RB-Stammes in das Grundgerüst des nicht neurovirulenten Edtag (molekularer Klon des Vakzinestammes Edm) kloniert. Über gerichtete Mutagenese wurden die jeweiligen Mutationen in dieses CAM/RB H-Gen eingefügt. Mittels der FACS-Analyse konnten die Aminosäureänderungen identifiziert werden, die für die Bindung der jeweiligen Antikörper verantwortlich sind. Sie befinden sich nach einem Strukturmodell der H-Proteine (Langedijk et al., 1997) im Membran-distalen Teil, den so genannten Propellern. Im Einzelnen sind folgende Aminosäureänderungen im Hämagglutinin-Protein für den Escape verantwortlich: L77 – 377 Arg -> Gln und 378 Met -> Lys; Nc32 – 388 Gly -> Ser; K71 – 492 Glu -> Lys und 550 Ser -> Pro; K29 – 535 Glu -> Gly. Es konnte ferner gezeigt werden, dass die beiden Aminosäureveränderungen an den Positionen 195 und 200 gemeinsam für die Neurovirulenz verantwortlich sind und nicht assoziiert sind mit den Mutationen für den Antikörperescape. Der Aminosäureaustausch an Position 200 bei neurovirulenten Viren führt zum Verlust einer benutzten Glykosylierungsstelle. Diese Mutation ist jedoch nicht alleine für das unterschiedliche Neurovirulenzverhalten der Viren verantwortlich, sondern es muss gleichzeitig der Austausch an Position 195 vorhanden sein, der eine positive Ladung im H-Molekül entfernt. Diese beiden Mutationen sind nach dem Strukturmodell nach Langedijk im Stamm2-Bereich angesiedelt. Sind im H-Protein an Stelle 195 und 200 die Aminosäuren Gly und Ser vorhanden, so findet im Gehirn neugeborener Lewis-Ratten eine verstärkte Virusvermehrung und Ausbreitung statt, die die akute Enzephalitis mit Expression typischer proinflammatorischer Zytokine zur Folge hat. Werden an Stelle 195 und 200 die Aminosäuren Arg und Asn exprimiert, so ist der Verlauf der Infektion inapparent. In dieser Arbeit wurde auch ein Zellkultursystem gemischter Hirnzellen neugeborener Lewis-Ratten etabliert, das die Unterschiede der Virusausbreitung in vivo reflektiert und mit dem weitere Untersuchungen zum Mechanismus der Neurovirulenz durchgeführt werden könnten. Anhand der durchgeführten Untersuchungen mit Ratten des CD46 transgenen Lewis-Modells konnte gezeigt werden, dass die Anwesenheit des Rezeptors CD46 das Virulenzverhalten der getesteten Viren nicht beeinflusst. Weder mit dem Vakzinestamm Edm noch mit einem nicht an Nager adaptierten Wildtypstamm, konnte nach intracerebraler Injektion eine akute Enzephalitis induziert werden. Die Untersuchungen zeigen, dass die Neurovirulenz des an Nager-adaptierte MV-Stammes CAM/RB essentiell von den Aminosäuren Gly und Ser an Position 195 und 200 im H-Protein abhängt und nicht durch die transgene Expression zellulärer Rezeptoren für MV vermittelt werden kann.
Die Infektion mit dem Masernvirus (MV) stellt weltweit immer noch ein großes Problem dar. Trotz des vorhandenen Lebendimpfstoffs, der eine Erkrankung sicher zu verhindern vermag, haben nicht nur die Entwicklungsländer, in denen ein flächendeckender Impfschutz schwieriger zu erreichen ist, mit der Erkrankung und ihren Komplikationen zu kämpfen. Hat sich die Erkrankung klinisch manifestiert gibt es keine kausalen Therapiemöglichkeiten und es kann nur noch symptomatisch behandelt werden. Dies ist v.a. auch in Hinblick auf die schweren Komplikationen der Maserninfektion von Bedeutung. Bei Erstkontakt mit dem Masernvirus ist die Suszeptibilität nicht geimpfter Menschen sehr hoch. Das bedeutet, dass es in 95-98 % der Fälle nach einer Infektion mit dem Masernvirus auch zum klinischen Bild der Masern kommt, unabhängig von Alter und Geschlecht. Das Ziel dieser Arbeit war es daher, potentielle Hemmstoffe der Maserninfektion auf ihre Wirkung zu testen und zu verstehen, wo im Infektions- und Replikationszyklus des MV sie eingreifen. Es wurden eine Reihe Substanzen mit potentiell-inhibitorischen Eigenschaften in Infektions-Hemmtests und im Zytotoxizitätstest untersucht, von denen im Anschluss die drei besten Inhibitoren (JK80, QD6-8 und Droseron) weiter untersucht wurden. JK80 und QD6-8 waren beide mit IC50-Werten um 30 µM und SI-Werten von über 2 nur mäßig spezifisch antiviral wirksam. Während JK80 vermutlich den Eintritt des MV in die Zellen verhindert, hemmt QD6-8 die intrazelluläre Virusreplikation und wäre im Hinblick auf die Entwicklung neuartiger, spezifischer Medikamente gegen die Maserninfektion von grossem Interesse. Eine Zielmolekülanalyse der Substanz und die Testung anderer Derivate könnten Aufschluss darüber geben, wie Substanzen aussehen müssten, die eine spezifische Hemmung der intrazellulären Replikation bewirken können. Der Naturstoff Droseron könnte mit einer spezifischen Hemmung (IC50 ca. 10 µM; SIWert 6 im Fluoreszenzreader, bzw. IC50 ca. 2 µM; SI-Wert 30 in der Titration) eine mögliche Leitsubstanz für einen neuen MV-Inhibitor darstellen. Allerdings waren alle bisher getesteten Droseron-Derivate entweder weniger inhibitorisch wirksam oder deutlich zytotoxischer als Droseron selbst. Die Ergebnisse der Infektionshemmversuche mit Zugabe von Droseron vor, während oder nach der Infektion mit MV sprechen dafür, dass Droseron den Eintritt des Virus in die Zelle stört.
Die Morphogenese von Viruspartikeln und deren Freisetzung aus infizierten Zellen sind späte Schritte im viralen Lebenszyklus. Matrix-Proteine (M) negativsträngiger RNA-Viren und Retroviren, bei denen es sich um periphere Membran-assoziierte Proteine handelt, spielen für diese Prozesse eine besonders wichtige Rolle. Im Verlauf der Masernvirus (MV)-Infektion interagiert das M-Protein mit dem viralen Nukleoproteinkomplex im Innern der Viruspartikel einerseits und mit den viralen Glykoproteinen auf der Oberfläche andererseits. Die Bedeutung des MV M-Proteins für die Partikelproduktion und sein intrazellulärer Transport wurden bislang wenig untersucht. In dieser Arbeit konnte gezeigt werden, dass das MV M-Protein in höhermolekularen Komplexe oligomerisiert und transient mono-ubiquitiniert vorliegt. Beide biochemischen Eigenschaften des M-Proteins sind wahrscheinlich für die Partikelentstehung von Bedeutung, wie durch Studien an M-Protein-Orthologen anderer Viren bereits belegt wurde. Das MV M-Protein assoziierte mit Membranen und speziellen Membranmikrodomänen, sogenannten Detergenz-resistenten Membranfraktionen (DRMs), und vermittelte nach transienter Expression in Fibroblasten die Produktion Virus-ähnlicher Partikel (virus-like particles, VLPs). Es ist beschrieben, dass umhüllte Viren präferenziell aus DRMs freigesetzt werden. Die Koexpression des MV-Glykoproteins F erhöhte den Anteil mit DRM-assoziierten M-Proteins um ein Vierfaches, steigerte jedoch, wie auch das H-Protein, die Effizienz der VLP-Freisetzung nicht. Überraschenderweise waren beide jedoch selbst in der Lage VLPs zu induzieren. Die Effizienz der VLP-Produktion war gering und entsprach der der Viruspartikelfreisetzung. Dendritische Zellen (DCs) sind für MV semipermissiv. Obwohl alle viralen Proteine synthetisiert werden, wird kein infektiöses Virus freigesetzt. In dieser Arbeit konnte gezeigt werden, dass die intrazelluläre Lokalisation der M-, H- und N-Proteine dramatisch von der in der produktiv infizierbaren Fibroblastenzelllinie HeLa abweicht. Während in infizierten HeLa-Zellen das M-Protein mit Lamp-1-positiven späten Endosomen kolokalisierte, akkumulierten in DCs alle untersuchten viralen Proteine in einem spät endosomalen Kompartiment, das das Tetraspanin CD81, aber nicht Lamp-1, enthielt und möglicherweise an der MHC-Klasse-II-abhängigen Antigenpräsentation beteiligt ist.
Dendritische Zellen (DCs) sind Antigen-präsentierende Zellen, die Pathogene erkennen und nach erfolgreicher Reifung spezifische adaptive Immunität induzieren. Die Infektion unreifer DCs durch Masernviren (MV) erfolgt CD150-abhängig und DC-SIGN-unterstützt. Infizierte DCs vermitteln wahrscheinlich den MV-Transport vom Respirationstrakt in sekundäre lym-phatische Gewebe, wo die MV-spezifische Immunität und die generalisierte Immunsuppressi-on initiiert werden sowie die MV-Transmission an T-Zellen stattfinden kann, die wesentlich für die Dissemination des Virus ist. Die MV-Infektion von iDCs initiierte deren Ausreifung begleitet von der moderaten Hochre-gulierung der CD150-Oberflächenexpression. Die Akkumulation viraler Proteine als auch die Freisetzung viraler Partikel waren in DCs im Vergleich zu Virus-produzierenden B-Zelllinie B95a beeinträchtigt. Diese Arbeit verglich die subzelluläre Verteilung der viralen Proteine in DCs und B95a-Zellen. In DC wiesen Matrix (M)-Proteine eine prominente Assoziation mit den Komponenten des Ribonukleoprotein (RNP)-Komplexes auf. Die ausgeprägte Relokali-sierung des Tetraspanins CD81 zu Phospho (P)-Protein-Kompartimenten und die Inhibition der räumliche Interaktion der untersuchten Tetraspanine waren spezifisch für B95a-Zellen. Weder in B95a-Zellen noch für DC konnte für MV ein virus-containing compartment (VCC) detektiert werden, das für HIV-1 zuvor beschrieben wurde. Um den zellulären Transport des M-Proteins in infizierten, lebenden DCs untersuchen zu können, wurde das Protein carboxyterminal mit dem Tetracystein (TC)-Tag fusioniert. Das M-TC Fusionsprotein zeigte alle untersuchten biologischen Eigenschaften des Wildtyp-Proteins bezüglich seiner subzellulären Verteilung, der Assoziation mit DRMs sowie der Generierung und Freisetzung von virus-like particles (VPLs). Innerhalb des Viruskontextes interferierte der TC-Tag allerdings stark mit der Virusreplikation bzw. Freisetzung. Durch die Verminderung der Partikelproduktion in DCs wird eine spezielle MV-Transmissionsstruktur für die effiziente Übertragung an T-Zellen benötigt. Die MV-Transmission an autologe T-Zellen basierte vorwiegend auf Infektion von DCs (cis-Infektion) und weniger auf DC-SIGN-gebundenen Virus (trans-Infektion). Die Interaktion zwischen dem MV-Glykoprotein H mit seinem Rezeptor CD150 war wichtig für die Transmission. Die Transmission von MV erfolgte hauptsächlich durch die Bildung von Kontaktflächen, entspre-chend den beschriebenen virologischen Synapsen, wo virale Proteine akkumulierten und CD150 aktinabhängig rekrutiert wurde, und seltener über aktinreiche Filopodien. Die HIV-VS Markerproteine ICAM-1, aktiviertes LFA-1, CD81, DC-SIGN und der phosphorylierte Ezrin / Radixin / Moesin (ERM)-Proteinkomplex polarisierten zur MV-VS. Moesin und der Substanz P Rezeptor (SPR), die Prozesse des MV-Eintritts oder der Aufnahme unterstützen, akkumulierten ebenfalls in den Transmissionsstrukturen. Zusammengefasst zeigte diese Arbeit, dass die gebildete Plattform für MV-Transmission (MV-VS) wichtige Gemeinsamkeiten mit der HIV-VS teilt. In der MV-VS akkumulierten Proteine, die Aktindynamiken regulieren, die die Konjugatstabilität verstärken und die die Membranfusion unterstützen, die einen effizienten Eintritt des MV in T-Zellen ermöglichen.
Das Masernvirus ist ein Mitglied der Familie der Paramyxoviridae. Obwohl eine wirksame attenuierte Lebendvakzine erhältlich ist, bleiben Masern eine bedeutende virale Infektionserkrankung, die jährlich ca. eine Millionen Opfer fordert. Trotz einer während der Infektion induzierten protektiven und MV-spezifischen Immunantwort, ruft MV eine generelle Immunsuppression hervor, die zu einer Störung der zellulären Immunantwort führt. Diese Immunsuppression begünstigt bakterielle und virale Superinfektionen, was vor allem in unterentwickelten Ländern begleitet von mangelhafter ärztlicher Versorgung und Unternährung zu einem fatalen Ausgang einer MV-Infektion führt. Die molekularen Grundlagen der MV-assoziierten Immunsuppression sind noch nicht ausreichend verstanden. Dendritische Zellen (DC) gelten als ein Bindeglied zwischen der angeborenen und der adaptiven Immunantwort. Sie sind entscheidend an der Auslösung einer primären, adaptiven T-Zellantwort beteiligt und könnten im Falle einer MV-Infektion somit sowohl eine Rolle in der Induktion der protektiven Immunantwort als auch in der Etablierung der MV-assoziierten Immunsuppression spielen. Tatsächlich sind DC, die in vitro aus humanen Monozyten des peripheren Bluts (MoDC) generiert wurden, durch MV-Stämme infizierbar. Dabei zeigten sogenannte Wildtypstämme im Vergleich mit Vakzinestämmen eine schnellere Inektionskinetik einhergehend mit einem stärkeren zytopathischen Effekt (CPE) in den MoDC-Kulturen. Zudem konnte festgestellt werden, dass eine Infektion der MoDC-Kulturen zu einer Aktivierung und Ausreifung der Zellen führte, wobei es zur Sekretion von proinflammatorischen Zytokinen kam. Neben Tumornekrosefaktor alpha (TNF-a) konnte Typ I-Interferon (IFN) nachgewiesen werden, das die Expression des kostimulatorischen Oberflächenmoleküls CD86 induzierte. MV-Infektionen beeinflussten zudem die Sekretion von Interleukin 12 (IL-12), das als ein Schlüsselzytokin für die Polarisierung von T-Zellantworten angesehen wird. Infektionen mit einem prototypischen MV-Vakzinestamm (ED-B) führten unter allen Stimulationsbedingungen zu einer Hemmung oder deutlichen Reduktion der sezernierten Mengen IL-12. Eine Infektion mit dem Wildtypstamm WTF hingegen induzierte bereits ohne weitere Stimulation der MoDC IL-12 und verstärkte die Sekretion an IL-12 nach Stimulation mit Lipopolysaccharid (LPS). Trotz der zu beobachtenden Aktivierung der MoDC nach Infektion mit MV zeigten diese MoDC-Kulturen in einem funktionellen Test, einer allogenen mixed leukocyte reaction (MLR), keine Stimulation der T-Zellproliferation. Es zeigte sich, dass das Ausbleiben der T-Zellproliferation mit der Zahl an MV-infizierten MoDC korrelierte. MV-infizierte MoDC-Kulturen hemmten zudem die Proliferation von T-Zellkulturen, die mit Phytohämagglutinin (PHA) oder mit Staphylococcusenterotoxin A (SEA) aktiviert worden waren. Diese dominant hemmende Wirkung MV-infizierter MoDC-Kulturen unterblieb, wenn rekombinante MV eingesetzt wurden, denen die MV-spezifischen Glykoproteine H und F fehlten.
Das Multiple Myelom ist trotz deutlicher Fortschritte in der Therapie meist eine unheilbare Erkrankung, so dass der Erforschung neuer therapeutischer Optionen mit dem Ziel, eine möglichst langfristige krankheitsfreie Zeit für den betroffenen Patienten zu erreichen, eine wichtige Bedeutung zukommt. Hierbei erweist sich der Ansatz, maligne Plasmazellen spezifisch mit onkolytischen Viren zu infizieren und zu eliminieren, als zunehmend vielversprechend. Im Rahmen dieser Arbeit wurde ein neues rekombinantes Masernvirus kloniert, das selektiv primäre MM-Zellen infiziert und abtötet. Diese Fähigkeit basiert auf der Verwendung eines mutierten H-Proteins, das nicht mehr mit den natürlichen Rezeptoren CD46 oder CD150 interagiert und das zusätzlich mit einem single chain Antikörper (scFvWue) verknüpft ist, der MM-Zellen spezifisch bindet. Unter Verwendung eines etablierten Rescuesystems aus cDNA konnten in vitro replikationskompetente Virionen von MV-Wue erstellt werden. Diese vorgenommenen Veränderungen beeinflussten die Fähigkeit zur effizienten Replikation und Produktion infektiöser Viren in vitro nicht. Zur funktionellen Testung des neuen rekombinanten Virus MV-Wue wurde die Spezifität des Virus für primäre maligne Plasmazellen in Infektionsexperimenten gezeigt sowie der Mechanismus der Ablation als Apoptose definiert.