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Sorbitol fermentierende (SF) Shiga Toxin-Produzierende Escherichia coli (STEC)-Stämme des Serotyps O157:H- stellen bedeutsame Auslöser für Durchfallerkrankungen und des lebensbedrohlichen Hämolytisch-Urämischen Syndroms (HUS) in Mitteleuropa dar. Die Virulenzfaktoren und Krankheitsbilder solcher Stämme ähneln denen von STEC O157:H7-Stämmen, welche weltweit am häufigsten innerhalb der O157-Serogruppe isoliert werden. Für zwei STEC O157:H7-Stämme ist die komplette Genomsequenz bereits veröffentlicht. Über SF STEC O157:H- sind hingegen nur einige genetische Unterschiede mit STEC O157:H7 bezüglich der Ausstattung an Virulenzfaktoren bekannt. Diese sind vorwiegend auf den Plasmiden beider Serotypen kodiert. In einem Modell, das die Entstehungsweise des O157-Komplexes zu erklären versucht, wird der nicht begeißelte, Sorbit fermentierende O157:H- -Serotyp als eigene phylogenetische Linie angesehen. Um einen tieferen Einblick in die genomische Diversität dieser beiden O157-Linien zu erhalten, wurden verschiedene molekularbiologische Methoden eingesetzt. Als Modellstamm für SF STEC O157:H- diente der Stamm 493/89, welcher von einem HUS-Patienten aus Deutschland isoliert wurde. Zum einen wurde eine Cosmid-Genbank des Stamms 493/89 sequenziert und mit dem STEC O157:H7-Referenzstamm EDL933 verglichen. Des weiteren wurde eine subtraktive suppressive Hybridisierung (SSH) mit beiden Stämmen des gleichen Serotyps durchgeführt. Ein Vergleich beider Genome mit dem kompletten Genom des apathogenen Laborstammes E. coli K-12 erfolgte über die Makroarraytechnik. Schließlich wurde der Stamm 493/89 mit Hilfe eines Makroarrays, auf dem bekannte Virulenz-assoziierte DNA-Sequenzen untergebracht sind (Pathoarray) untersucht. Nach Anwendung dieser Techniken konnten zwei weitere Gene in SF STEC O157:H- identifiziert werden, die für potentielle Virulenzfaktoren kodieren. Mit dem Gen für den ?EHEC factor for adherence? (Efa1), welcher gleichzeitig auch als Lymphostatin (LifA) beschrieben wird, ist in SF O157:H- ein multifunktionelles Gen vorhanden, welches nur fragmentiert in O157:H7 präsent ist. In 90 % der getesteten SF O157:H- -Stämme wurden außerdem die Gene für das ?Cytolethal Distending Toxin? (CDT) detektiert. Diese weisen die größte Ähnlichkeit zu cdt-III des E. coli O15:H21-Stammes S5 auf, welche dort auf einem Plasmid kodiert vorliegen. Im Gegensatz dazu sprechen die flankierenden Sequenzen von cdt in E. coli 493/89 für ein Gen, das durch einen temperenten Phagen aufgenommen wurde. So konnte cdt, wenn auch nur in geringem Ausmaß in STEC O157:H7-Stämmen durch PCR-Analyse gefunden werden. Die beiden Makroarrays lieferten für beide Serovare eine bemerkenswerte Anzahl spezifischer Sequenzen. Der E. coli K-12 Makroarray bekräftigt zudem die größere Ähnlichkeit des nicht pathogenen E. coli K-12 Genoms mit SF STEC O157:H- als mit STEC O157:H7. Mit Hilfe der Cosmid-Genbank wurde in SF STEC O157:H- eine 8,8 Kb große Sequenz ermittelt, die phagenhomologe Bestandteile der Shigella-Resistance Locus (SRL)-Pathogenitätsinsel (PAI) von Shigella flexneri 2a enthält. Diese Sequenz fehlt in STEC O157:H7 und deutet Gemeinsamkeiten für SF STEC O157:H- und Shigella flexneri 2a bezüglich ihrer Phagentransduktion an. Die Präsenz von efa1/lifA, cdt und der 8,8 Kb großen SRL-homologen Sequenz wurde auch bei E. coli O55:H- -Stämmen durch PCR überprüft. Diese werden als vermutliche Vorstufe des O157-Komplexes angesehen. Die Ergebnisse lassen erkennen, dass efa1/lifA bereits in diesem E. coli O55-Vorläufer vorhanden war, die SRL-homologe Sequenz aber erst vor und cdt nach der Abzweigung in die O157:H- -Linie erhalten wurde. In O157:H7 wurden efa1/lifA und der SRL-homologe Genbereich teilweise oder vollständig deletiert. Die Ergebnisse bestätigen in ihrer Gesamtheit SF STEC O157:H- als ein eigenständig entwickeltes Pathogen mit klar erkennbaren Unterschieden zu STEC O157:H7 und bekräftigen damit seine bedeutsame Position innerhalb der epidemiologisch relevanten STEC-Serogruppen.
Shiga Toxin-produzierende Escherichia coli (STEC) verursachen Diarrhöen und hämorrhagische Colitis. Als lebensbedrohliche Komplikation können sie ein hämolytisch-urämisches Syndrom auslösen. Bisher identifizierte Virulenz-faktoren der STEC sind auf Bakteriophagen, Plasmiden und Pathogenitätsinseln kodiert. Bei der Mehrzahl der klinischen STEC-Isolate konnte die Pathogen-itätsinsel LEE (locus of enterocyte effacement) nachgewiesen werden. Der LEE ist stromabwärts des Gens für eine Selenocystein-tRNA (selC) ins Chromosom integriert. Ziel der vorliegenden Arbeit war die Charakterisierung von STEC, denen der LEE fehlt und die funktionelle Analyse von potentiellen Virulenz-assoziierten Genen. Dabei wurde eine Fokussierung auf Gene vorgenommen, die im Bereich der selC-Region vorkommen. Mittels PCR wurde zunächst überprüft, ob bei den LEE-negativen STEC-Stämmen Fremd-DNA in der selC-Region integriert ist. Hierzu wurden 35 LEE-negative STEC getestet. Bei 13 Stämmen konnte eine Insertion von Fremd-DNA gezeigt werden. Von einem dieser Stämme (E. coli 4797/97, Serovar O91:H-) wurde aus einer Genbank ein die selC-Region enthaltendes DNA-Fragment identifiziert. Ein 37,7 kb großes Fragment dieses Cosmids wurde vollständig sequenziert. Die Analyse der gesamten Sequenz ergab 30 offene Leserahmen mit Längen zwischen 95 und 4092 bp. Der G+C-Gehalt betrug 47,4%. An mehreren Stellen wurden Bereiche mit hoher Homologie zu verschiedenen Insertionssequenzen, inverted repeats und Integrasen gefunden. Drei Leserahmen hatten eine hohe Homologie zu bereits bekannten Genen. Hierbei handelt es sich um die iha- , btuB- und espP-Gene von E. coli. Das iha-Gen kodiert für ein Adhärenz-vermittelndes Protein, btuB für den Vitamin B12 Rezeptor und espP für eine Serinprotease. Bei den iha-Adhäsinen und Serinproteasen handelt es sich um potentielle Pathogenitätsfaktoren. Der sequenzierte Bereich hat somit die charakteristischen Eigenschaften einer Pathogenitätsinsel: Die Präsenz von mehreren Pathogenitätsgenen und mobilen Elementen (Insertionselemente, Integrasen), die Lokalisation nahe an tRNA-Genen sowie ein veränderter G+C-Gehalt gegenüber dem Restgenom. Zur weiteren Charakterisierung des espI-Genprodukts wurde espI subkloniert. Bei der Untersuchung von Kulturüberständen zeigte sich, dass der Subklon DH5/pzh4 ein Protein von etwa 110 kDa sezernierte. In weiteren Experimenten konnte gezeigt werden, dass die Serinprotease des Stammes 4797/97 als 140,8 kDa großes Vorläuferprotein synthetisiert und während des anschließenden Exportvorganges sowohl N-terminal als auch C-terminal prozessiert wird. Das C-terminale Ende wirkt als Translokator durch die äußere Membran, wo es nach Abspaltung des reifen EspI-Proteins verbleibt. Das reife Protein weist eine Größe von 110,5 kDa auf. Der hier gezeigte Transportmechanismus ist charakteristisch für sogenannte Autotransporter-Proteine. Trotz der hohen Sequenzhomologie zur IgA1-Protease von Neisseria gonorrhoeae, die als Prototyp der Autotransporter-Proteine gilt, konnte für EspI keine Proteaseaktivität gegenüber IgA gezeigt werden. EspI weist auch hohe Sequenzhomologie zu Exoproteinen von Shigella flexneri (SepA, Mucinase und SigA), EHEC (EspP) und vogelpathogenen E. coli (Tsh) auf, allerdings konnte keines der Substrate dieser Proteasen von EspI gespalten werden. Dagegen konnte eine proteolytische Aktivität gegenüber Schweine-Pepsin A und Apolipoprotein A1 nachgewiesen werden. Die putative Virulenz und räumliche Nähe der Gene espI, btuB und iha macht diese Region zum interessantesten Stück der im Rahmen dieser Arbeit identifizierten neuen Pathogenitätsinsel. Eine PCR-Untersuchung zur Verbreitung dieser Gene zeigte, dass diese Region bei LEE-negativen STEC weit verbreitet ist. Inwieweit diese Pathogenitätsinsel einen Einfluss auf die Virulenz von STEC hat, muss in weiteren Experimenten geklärt werden.