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Die Fanconi Anämie (FA) ist eine seltene autosomal und X-chromosomal rezessiv vererbte Krankheit, die zur Gruppe der Chromosomeninstabilitäts-Syndrome gehört. Klinisch manifestiert sich die FA durch kongenitale Fehlbildungen, progressives Knochenmarkversagen und eine Prädisposition für die Entwicklung von malignen Neoplasien in frühen Jahren. Am häufigsten ist unter FA-Patienten die Entstehung einer aplastischen Anämie zu beobachten mit einer kumulativen Inzidenz von 90% im Alter von 40 Jahren (Huck et al., 2006). Vom frühen Erwachsenenalter an stellen solide Tumoren, vornehmlich Plattenepithel-Karzinome des Oropharygeal- und Genitaltraktes, das Hauptproblem dar. Auf zellulärer Ebene ist die FA durch eine hohe spontane Chromosomenbrüchigkeit verbunden mit einer erhöhten chromosomalen Sensibilität gegenüber genotoxischen Substanzen und reaktiven Sauerstoffspezies gekennzeichnet. Seit einer stetigen Verbesserung der hämatopoietischen Stammzelltransplantation durch spezifische Konditionierungsprotokolle erreichen immer mehr FA-Patienten das Erwachsenenalter. In der Literatur häufen sich Berichte von FA-Patienten, die erstmalig im Erwachsenenalter durch ein frühes Auftreten von Malignomen oder Komplikationen in der Behandlung von Neoplasien diagnostiziert werden. Neben einer erfolgreichen HSZT können auch „ milde“ Mutationen oder die Bildung eines somatischen Mosaiks für das Überleben der FA Patienten in das Erwachsenenalter verantwortlich sein. Dies bedeutet, dass sich die FA als bisher rein pädiatrisch angesehenes Krankheitsbild mehr und mehr zu einer auch das Erwachsenenalter betreffenden Entität entwickelt. In der vorliegenden Arbeit wurden 131 FA-Patienten mit einem Alter von über 20 Jahren identifiziert und in verschiedene Gruppen eingeteilt. Damit wurde es möglich, die Verteilung der Patienten hinsichtlich ihres Geschlechts, der Komplementationsgruppe sowie der vermutlichen Ursachen für ein verlängertes Überleben dokumentieren zu können. 42 Patientenbeispiele stammen aus Literaturberichten von 1964 bis 2008, Informationen über 36 Patienten wurden dem US-amerikanischen Fanconi Anemia Research Fund („FARF“) entnommen und für 53 Patienten dienten die Krankenunterlagen des Instituts für Humangenetik an der Universität Würzburg als Grundlage. Es konnte gezeigt werden, dass etwa doppelt soviel Frauen wie Männer mit FA ein Alter jenseits des 20. Lebensjahres erreichten. Eine Zuordnung zu einer Komplementationsgruppe war bei 66 Patienten möglich. Diese ließ erkennen, dass im erwachsenen Patientenkollektiv die Komplementationsgruppen FA-A, FA-C, FA-D2, FA-G, FA-I und FA-J, jedoch keine der Gruppen FA-B, FA-D1, FA-E, FA-F, FA-L, FA-M und FA-N vertreten sind. Weiterhin wurden die erwachsenen FA-Patienten in vier verschiedene Gruppen nach der wahrscheinlichen Ursache ihres Überlebens eingeteilt werden: 26% erhielten eine erfolgreiche hämatopoietische Stammzelltransplantation, 17% entwickelten im Verlauf ein Mosaik, 4% konnten als Träger einer milden Mutation identifiziert werden. Die genaue Ursache für ein verlängertes Überleben bleibt jedoch bei 53% der FA-Patienten unbekannt, da Informationen bezüglich früherer Therapien und vor allem die Ergebnisse molekulargenetischer Untersuchungen fehlen. Bemerkenswert ist, dass der Großteil der über 50Jährigen ein Mosaik aufwies, während in dieser Altersgruppe Patienten mit erfolgreicher HSZT oder einer milden Mutation nur zu einem geringen Teil vertreten sind. Die für die FA charakteristische genetische Instabilität spiegelt sich in der hohen Anzahl (64%) von FA-Patienten wider, die auch ohne vorhergehende HSZT ein Plattenepithel-Karzinom (SCC) entwickelten. Nach HSZT manifestierte sich bei 25% der erwachsenen FA-Patienten ein SCC. Die Beachtung der medizinischen Besonderheiten des Erwachsenenalters ist von großer Bedeutung in der Prävention und Therapie von Komplikationen der FA und erfordert modifizierte Behandlungsstrategien für erwachsene FA-Patienten. Sorgfältig dokumentierte Langzeitbeobachtungen sowie die Identifizierung von Komplementationsgruppen und Mutationen bei jedem einzelnen FA-Patienten bilden die Grundlage für prognostische Aussagen, die derzeit nur beschränkt möglich sind. In zukünftigen Untersuchungen werden eine Reihe bisher ungelöster Fragen zu beantworten sein. Hierzu gehören die mögliche Rolle der Androgentherapie hinsichtlich der Förderung einer Mosaikbildung, die Faktoren, welche zu der auffälligen Geschlechterverteilung im Erwachsenenalter beitragen, sowie die Erforschung der Bedeutung „milder“ Mutationen und somatischer Reversionen. Die insgesamt sehr beeindruckenden Langzeitverläufe sowie die hohe Inzidenz von nicht-hämatologischen Komplikationen/Malignomen zeigen deutlich, dass sich die Fanconi Anämie zunehmend auch zu einer internistisch/onkologischen Krankheit entwickelt.