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Die Gottesknechtslieder gehören zu den Texten des Alten Testaments, die sehr häufig interpretiert worden sind. Das liegt zweifelsohne an der besonderen christlichen Rezeption, aber auch an der literaturgeschichtlichen und theologischen Bedeutung der Kapitel Jes 40–55. Eine weitere Studie dazu könnte in der Tat als Zeit- und Ressourcenverschwendung gewertet werden, wäre da nicht die theologisch herausragende Bedeutung der Gottesknechtslieder über den literarischen Horizont Deuterojesaja hinaus.
Spätestens seit den Arbeiten von Ulrich Berges steht die lange Zeit angenommene Eigenständigkeit der Textgruppe Gottesknechtslieder in Frage. Diese Sichtweise eröffnet einerseits die Möglichkeit, die Funktionalität der Lieder innerhalb Deuterojesajas neu zu beschreiben, andererseits vernachlässigt sie eine genauere Beschreibung der Funktion des Gottesknechts im historischen Kontext des zu Ende gehenden babylonischen Exils.
Diese Arbeit versucht mit den Methoden der historisch-kritischen Exegese zu rekonstruieren, wie eine prophetische Figur vom exilierten Teil Israels erwartet, als Gottesknecht zu wirken, aber zur Kenntnis nehmen muss, dass ihre Zeitgenossen dazu nicht bereit sind. Nach ihrem Scheitern, das in den Gottesknechtslieder verarbeitet ist, wird das prophetische Tun dieser Figur allerdings als Verwirklichung des Knechtsauftrags gedeutet. Die Besonderheit dieser Deutung des Knechtsauftrags im Kontext des Werkes Jes 40–55 liegt in seiner Erklärung des Leidens des Knechts: Der Knecht leidet wegen der Vergehen seiner Zeitgenossen. Innerhalb des alttestamentlichen Diskurses zum Problem der Theodizee liegt somit das Modell einer synchronen Schuldverkettung vor. Diese Bedeutung, die dem Tod des Knechts zugeschrieben wird, führt sogar im klassischen Tun-Ergehen-Zusammenhang zur Vorstellung eines guten Ergehens des Knechts im Jenseits. Die erste Vorstellung von Auferstehung kann somit im 4. Gottesknechtslied verortet werden.
Die Besonderheit des Knechtsauftrags zeigt eine weitere bedeutende theologische Weichenstellung im Alten Testament: Der Knechtsauftrag beinhaltet die Etablierung der göttlichen Rechts- und Heilsordnung für alle Nationen, dessen Licht der Knecht ist. Die Gottesknechtslieder sind also auch unverzichtbarer Bestandteil in der Wende zur Vorstellung eines Heilsuniversalismus. Diese Arbeit bietet demzufolge nicht nur eine Synthese der wichtigsten Forschungsfragen in Bezug auf die Gottesknechtslieder, sondern beschreibt ausführlich die Relevanz dieser Textzeugnisse innerhalb alttestamentlicher Theologie.
In dieser nach Jahrzehnten ersten deutschsprachigen Monografie über die Thomasakten (ActThom) geht es um zentrale Themen dieser Schrift, die in das frühe dritte Jahrhundert zu datieren und im syrischen Raum zu lokalisieren ist. Nachdem die Forderung nach einem asketischen Lebensstil – vor allem nach sexueller Enthaltsamkeit – die Akten prägt, ergeben sich Fragen: Wie realisiert die Erzählung die Askeseforderung in sprachlicher Hinsicht? Welche biblischen Motive haben Einfluss auf die Thomasakten? Welche Vorstellungen können als weiterer ideologischer Hintergrund für diese radikalen Absichten reklamiert werden? Gibt es einen „Ersatz“ für den Verzicht, den die Thomaschristen üben müssen? Welche Rolle spielt in dem Kontext das schillernde Brautlied (ActThom 6f.)? Haben antike Hochzeitsrituale einen Einfluss auf die Bilderwelt der Akten, die so engagiert für die „wahre Hochzeit“ (ActThom 12,10) werben?
Die Studie orientiert sich an den etablierten Methodenschritten der historisch-kritischen Exegese und integriert auch neuere narratologische Verfahren, die sich bei einem erzählenden Text wie den ActThom anbieten. Den textlichen Schwerpunkt bildet die so genannte erste Tat der Thomasakten, die paradigmatischen Charakter für die ganze Schrift besitzt.
Ergebnisse der Untersuchung sind etwa: ein literarkritisch begründetes Textwachstum, eine christologisch begründete Sexualaskese insbesondere in den redaktionellen Textpartien, eine Kompensation des Verzichts auf eine leibliche Nachkommenschaft durch „lebendige Kinder“ (Neubekehrte), eine starke Verwobenheit von Erzähl- und Redeteilen, die den symbolisch-metaphorischen Charakter der Thomasakten betont und eine kreative Adaption antiker Hochzeitsriten mit dem Ziel der Inkulturation der eigenen Anliegen.
Lukas und die Witwen. Eine Botschaft an die Gemeinden in der hellenistisch-römischen Gesellschaft
(2009)
Die Arbeit beschäftigt sich mit der Frage der Witwen im lukanischen Doppelwerk auf dem Hintergrund der sozialgeschichtlichen Lage der Witwen in der hellenistisch-römischen Gesellschaft der Antike. Nach einem Überblick über den Forschungsstand wird die historische Lage der Witwen in der Antike untersucht. Anschließend analysiert der Verfasser die einzelnen Perikopen im Evangelium (Lk 2,36-38; 4,25f; 7,11-17; 18,1-8; 20,45-47; 21,1-4) und in der Apostelgeschichte (Apg 6,1-7; 9,36-43) zunächst abschnittsweise und dann in einem narratologischen Überblick. Dabei wird jeweils die Botschaft des Lukas an seine Gemeinden auf den Hintergrund der gesellschaftlichen Situation herausgearbeitet. Abschließend wird die Gesamtbotschaft des Lukas in Bezug auf die Witwenfrage für seine Gemeinden in der hellenistisch-römischen Gesellschaft noch einmal zusammenfassend dargestellt. Der neutestamentliche Autor Lukas möchte mit seiner häufigen Erwähnung von Witwen auf das Bedürfnis dieser sozialen Gruppe hinweisen, die oft einer prekären Lage ausgesetzt ist und für die es im hellenistisch-römischen Umfeld keine besondere Aufmerksamkeit gibt, besonders wenn es sich um arme Witwen handelt. Im Gegensatz dazu kennt die biblische Tradition eine besondere Fürsorge für die Witwen. Lukas möchte seine Gemeinden für diese biblisch-jüdische Tradition sensibilisieren, besonders da im christlichen Umfeld festgestellt wurde (Apg 6,1-7), dass diese Fürsorge und Sensibilität nicht automatisch in christliche Gemeinden Einzug gehalten hat. In dieser Hinsicht macht er durch seine Perikopen die Christen seiner Gemeinden auf die Problematik und Chancen des Witwendaseins aufmerksam.
Die Texte des Elijazyklus (1 Kön 17 - 2 Kön 2*) haben im Rahmen der Monotheismusdebatte besondere Aktualität erlangt und neue Fragestellungen hervorgerufen. Antworten auf diese weitreichenden religionsgeschichtlichen Fragen an alttestamentliche Texte sind aber ohne exakte Textanalysen nicht möglich. Ziel dieser Dissertation ist es deshalb, diese unumgängliche Basisarbeit für den Anfang des Elijazyklus 1 Kön 17 und 18 zu leisten, der von jeher der Exegese viel Schwierigkeiten bereitet und kontroverse Debatten nach sich gezogen hat. Diese konzentrieren sich auf das literarische Problem der Textfolge: Sind also diese Einzelüberlieferungen noch erkennbar und literarisch rekonstruierbar, oder liegen sie im traditionsgeschichtlichen Dunkel der Vorgeschichte der Texte verborgen? Diese Fragen der neueren Auslegungsgeschichte stehen auch am Ausgangspunkt dieser Dissertation und bilden ihren forschungsgeschichtlichen Rahmen. In der vorliegenden Studie soll bei diachroner Sichtweise der Texte ihre Primärgestalt herausgearbeitet und sprachanalytisch ausgewertet werden, wobei eine Konzentration auf die Analyse der Schichtung innerhalb der Einzeltexte erfolgt. Abschließend können drei Themenkreise benannt werden, die insgesamt sieben Einheiten kompositionell übergreifen und mögliche Ordnungsprinzipien bei redaktioneller Vereinheitlichung der Texte darstellen. Den eigentlichen Schwerpunkt der Arbeit bildet der zweite analytische Schritt der literaturwissenschaftlichen Methode, die Formkritik. Diese Untersuchung verläuft auf den klassischen vier Ebenen des Grammatikaufbaus von WOLFGANG RICHTER: Analyse der Wortebene, der Wortfügungsebene, der Satzebene und der Textebene. Hier wird das literarische Urteil formanalytisch überprüft und die Schwerpunkte und Ziele der Einzelheiten streng am Sprachbefund bestimmt. Im Gesamtergebnis der Arbeit kann als zusätzlicher Ertrag die Vielfalt des Prophetenbildes in der Textfolge von 1 Kön 17.18 gewonnen und ein kontrastreiches Elijabild beschrieben werden.
Unter der Fragestellung nach dem Umgang mit Macht in der jungen Kirche werden relevante Stellen aus der Apostelgeschichte (Apg) analysiert: die Übertragung von Macht durch die Wahl der Sieben (Apg 6,1-7); die ermaechtigende Beauftragung von Barnabas und Saulus (Apg 13,1-3); die gemeinsame Wahrnehmung von Macht durch die Jerusalemer Versammlung (Apg 15,1-41); schliesslich das Vermaechtnis des Paulus in der Miletrede (Apg 20,17-38). Synchrone Methoden (angelehnt an die narrativen Analysemethoden von G. Genette und S. Rimmon-Kenan) und die klassische historische Kritik ergaenzen sich dabei. Seitenblicke zeigen die Analogien zwischen dem Leben der christlichen Gemeinden und anderen Organisationen (bspw. Vereine, juedische Diasporasynagoge) in ihrem zeitgenoessischen Umfeld, die Lukas besonders betont. Mit Hilfe der Macht-Theorie von H. Arendt werden die Ergebnisse aus der Apg als Zeugnis für das Bewusstsein einer gemeinsamen Macht aller im Volk Gottes interpretiert, die in demokratischen Formen ihren Ausdruck fand. Auf der Basis der grundlegenden Christenrechte - Freiheit, Gleichheit und Geschwisterlichkeit -, wie sie das NT bezeugt, werden schliesslich Grundzüge einer demokratischen Reform der katholischen Kirche erarbeitet.