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- Fachgebiet für Populationsgenomik bei Nutztieren, Universität Hohenheim (1)
- Fraunhofer IGB - Institutsteil Würzburg Translationszentrum Regenerative Therapien für Krebs- und Muskuloskelettale Erkrankungen (1)
ResearcherID
- J-8841-2015 (1)
- N-2030-2015 (1)
EU-Project number / Contract (GA) number
- 311781 (1)
Zinkoxid-Nanopartikel (ZnO-NP) finden in vielen Produkten des täglichen Verbrauchs Verwendung. Daten über die toxikologischen Eigenschaften von ZnO-NP werden kontrovers diskutiert. Die menschliche Haut ist in Bezug auf die ZnO-NP Exposition das wichtigste Kontakt-Organ. Intakte Haut stellt eine suffiziente Barriere gegenüber NP dar. Bei defekter Haut ist ein Kontakt zu den proliferierenden Stammzellen möglich, sodass diese als wichtiges toxikologische Ziel für NP darstellen. Das Ziel dieser Dissertation war die Bewertung der genotoxischen und zytotoxischen Effekte an humanen mesenchymalen Stammzellen (hMSC) durch niedrig dosierte ZnO-NP nach 24 stündiger Exposition, repetitiven Expositionen und im Langzeitversuch bis zu 6 Wochen. Zytotoxische Wirkungen von ZnO-NP wurden mit 3-(4,5-Dimethylthiazol-2-yl)-2,5-diphenyltetrazoliumbromid-Test (MTT) gemessen. Darüber hinaus wurde die Genotoxizität durch den Comet-Assay bewertet. Zur Langzeitbeobachtung bis zu 6 Wochen wurde die Transmissionselektronenmikroskopie (TEM) verwendet. Zytotoxizität nach 24-stündiger ZnO-NP-Exposition war ab einer Konzentration von 50 µg/ml nachweisbar. Genotoxizität konnten bereits bei Konzentrationen von 1 und 10 µg/ml ZnO-NP beschrieben werden. Wiederholte Exposition verstärkte die Zyto-, aber nicht die Genotoxizität. Eine intrazelluläre NP-Akkumulation mit Penetration der Zellorganelle wurde bei einer Exposition bis zu 6 Wochen beobachtet. Die Ergebnisse deuten auf zytotoxische und genotoxisches Effekte von ZnO-NP hin. Bereits geringe Dosen von ZnO-NP können bei wiederholter Exposition toxische Wirkungen hervorrufen sowie eine langfristige Zellakkumulation. Diese Daten sollten bei der Verwendung von ZnO-NP an geschädigter Haut berücksichtigt werden.
Die vier Crz-Neurone des ventralen Nervensystems von Drosophila melanogaster sammeln Evidenz, wann im Rahmen eines Paarungsakts zirka 6 Minuten vergangen sind. Diese Entscheidung ist für die männliche Fliege von Bedeutung, da das Männchen vor Ablauf dieser ~6 Minuten, welche den Zeitpunkt der Ejakulation darstellen, eher das eigene Leben opfern würde, als dass es die Paarung beenden würde. Nach Ablauf der ~6 Minuten fällt die Motivation des Männchens dagegen dramatisch ab. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wurde zunächst mittels optogenetischer neuronaler Inhibitionsprotokolle sowie Verhaltensanalysen das Phänomen der Evidenz-akkumulation in den Crz-Neuronen genauer charakterisiert. Dabei zeigte sich, dass die akkumulierte Evidenz auch während einer elektrischen Inhibition der Crz-Neurone persistierte. Dieses Ergebnis warf die Hypothese auf, dass das Äquivalent der akkumulierten Evidenz in den Crz-Neuronen biochemischer Natur sein könnte. Es wurde daraufhin ein Hochdurchsatzscreening-Verfahren entwickelt, mittels dessen 1388 genetische Manipulationen der Crz-Neurone durchgeführt und auf eine Änderung der Evidenzakkumulation getestet wurden. Nur ~30 genetische Manipulationen zeigten eine veränderte Evidenzakkumulation, wobei die meisten dieser Manipulationen den cAMP-Signalweg betrafen. Mittels der optogenetischen Photoadenylatzyklase bPAC, einer Reihe weiterer genetischer Manipulationen des cAMP-Signalwegs sowie der ex vivo Kalzium-Bildgebung und Fluoreszenzlebensdauer-Mikroskopie konnte bestätigt werden, dass cAMP das Äquivalent der in den Crz-Neuronen spannungsabhängig akkumulierten Evidenz darstellt, wobei die Kombination dieser Methoden nahelegte, dass der Schwellenwert der Evidenzakkumulation durch die cAMP-Bindungsaffinität der regulatorischen PKA-Untereinheiten festgelegt sein könnte. Mittels genetischer Mosaikexperimente sowie bildgebenden Verfahren konnte darüber hinaus gezeigt werden, dass innerhalb des Crz-Netzwerks eine positive Rückkopplungsschleife aus rekurrenter Aktivität sowie der cAMP-Akkumulation besteht, welche, sobald die cAMP-Spiegel den Schwellenwert erreichen, zu einem netzwerkweit synchronisierten massiven Kalziumeinstrom führt, was die Abgabe des Crz-Signals an nachgeschaltete Netzwerke triggert. Dieses Phänomen könnte ein Analogon des Aktionspotenzials auf Netzwerkebene sowie auf Intervallzeitskalen darstellen und wurde als „Eruption“ bezeichnet. Genetische, optogenetische sowie Bildgebungsexperimente konnten zeigen, dass die CaMKII derartige Eruptionen durch Niedrighalten der cAMP-Spiegel unterdrückt, was den Zeitmessmechanismus des ersten beschriebenen Intervallzeitmessers CaMKII offenlegt.
Die klinische Symptomatik verschiedener erblicher Muskelerkrankungen verläuft oft erstaunlich ähnlich mit Muskelschwäche und -schwund als den hervorstechenden Alltagsproblemen. Dem gegenüber sind die genetischen Grundlagen sehr vielfältig mit > 250 bisher identifizierten Genen (musclegenetable.org). Auch innerhalb eines definierten Krankheitsbildes werden verschiedene genetische Ursachen nebeneinander gefunden, was durch die Verknüpfung in einem gemeinsamen Pathomechanismus begründet sein kann. Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit verschiedenen Aspekten dieser genetischen Heterogenität am Beispiel der beiden häufigen Muskelerkrankungen Myotone Dystrophie (DM) und Facioscapulohumerale Muskeldystrophie (FSHD), bei denen alternative genetische Ursachen, sowie anknüpfende Fragestellungen untersucht wurden.
Das erste Projekt dieser Arbeit beschäftigt sich mit Fragestellungen, welche die DM betreffen. Die DM Typ 1 und Typ 2 (DM1 und DM2) bilden zusammen die häufigste Muskelerkrankung im Erwachsenenalter. Sie ist durch die gemeinsamen Symptome Myotonie, Muskelschwäche und Katarakt sowie die Beteiligung weiterer Organsysteme gekennzeichnet, was sie zu einer multisystemischen Erkrankung macht. Die genetische Ursache liegt für beide Formen in einer Repeatexpansion eines Mikrosatelliten in der untranslatierten Region zweier Gene (DMPK in DM1, CNBP in DM2). Dem gemeinsamen Pathomechanismus liegt eine toxische Funktionsgewinn-Mutation des expandierten RNA-Transkripts zugrunde.
Die beiden bekannten Formen der DM sind phänotypisch häufig nicht unterscheidbar, weshalb in vielen Fällen beide Erkrankungen molekulargenetisch untersucht werden müssen. Dabei ist die Diagnostik der DM durch die Notwendigkeit des Nachweises von sehr großen Repeatexpansionen recht aufwändig und die Bestimmung der Repeatlänge im Fall der DM2 nur eingeschränkt möglich. Im Rahmen dieser Arbeit wurde ein Test zum Nachweis der Repeatexpansionen auf der Basis der Methode des Molecular Combing entwickelt, welche den gleichzeitigen Nachweis der beiden Loci von DM1 und DM2 erlaubt und zusätzlich eine direkte Messung der Repeatlänge ermöglicht. Das Molecular Combing ist eine fluoreszenz-mikroskopische Einzelmolekül-Analysemethode, durch die es erstmals möglich wurde, die vermutete somatische Instabilität bei DM2 darzustellen.
Das zweite DM-Teilprojekt beschäftigt sich mit der Identifikation möglicher alternativer genetischer Ursachen für die Erkrankung. Dies wurde anhand einer Kohorte von 138 DM1- und DM2-negativen Indexpatienten mit dem typischen DM-Phänotyp untersucht. Ausgehend von dem gemeinsamen Pathomechanismus wurden die primären Krankheitsgene DMPK und CNBP, sowie CELF1 und MBNL1, welche wichtige Rollen auf sekundärer Ebene des Pathomechanismus spielen, mittels Next Generation Sequencing untersucht. Dabei wurde eine auffällige Variante in DMPK gefunden, keine Varianten in CNBP oder CELF1 und drei Varianten in MBNL1, was auf MBNL1 als Kandidatengen einer alternativen Ursache für DM hinweist. MBNL1 ist ein gewebespezifischer Spleißregulator, welcher einen Wechsel von einem fetalen zu einem adulten Spleißmuster im Muskel steuert. Die Pathogenität einer der Varianten wurde in einem RNA-Spleißassay mit MBNL1-Targetgenen untersucht. Dabei konnten keine spezifischen Spleiß-Effekte festgestellt werden, aber eine Verminderung des Expressionsniveaus im Sinne einer Haploinsuffizienz. Die 3D-Modellierung dieser Variante deutet auf Änderungen der Oberflächenladungen in MBNL1 hin. Der Nachweis der Pathogenität der Varianten und somit die Ursächlichkeit von MBNL1-Mutationen für DM konnte hiermit nicht abschließend geklärt werden. Die gefundenen Ergebnisse regen jedoch hoffentlich zu nachfolgenden Studien an.
Das zweite Projekt dieser Arbeit beschäftigt sich mit Fragestellungen um die FSHD. Diese bildet die dritthäufigste Muskelerkrankung, charakterisiert durch eine oft asymmetrische Schwäche der Muskulatur von Gesicht, Schultergürtel und Oberarmen. Genetisch ist die FSHD Typ 1 (FSHD1) mit einer Kontraktion des Makrosatelliten D4Z4 verknüpft, was eine Relaxation der Chromatinstruktur der Region mit sich bringt und damit die ektopische Expression des apoptotisch wirkenden Proteins DUX4 ermöglicht. Die pathogene Ausprägung dieser Funktionsgewinn-Mutation findet dabei nur in Verbindung mit einem FSHD-permissiven Haplotyp statt.
Auf der Grundlage des gleichen Pathomechanismus wurde eine zweite Form der FSHD (FSHD2) vorgestellt, bei der die Chromatinrelaxation unabhängig von der Länge von D4Z4 durch einen Defekt in dem an der DNA-Methylierung beteiligten Gen SMCHD1 assoziiert sein soll. Die Vererbung von FSHD2 verläuft digenisch mit Mutationen in SMCHD1 und dem FSHD-permissiven Haplotyp auf zwei unabhängigen Loci. Im Rahmen dieser Arbeit wurde eine Kohorte von 55 FSHD1-negativen Patienten mit dem typischen FSHD-Phänotyp untersucht. Dabei wurden der Haplotyp, die Methylierung von D4Z4 sowie das SMCHD1-Gen analysiert. Es konnten neun Patienten mit einem Defekt in SMCHD1 identifiziert werden. In einer zweiten Kohorte von 45 FSHD1-positiven Patienten wurde untersucht, ob SMCHD1-Mutationen auch in Kombination mit einer Kontraktion von D4Z4 vorkommen. Dieser Fall von FSHD1+2 konnte für drei Patienten gezeigt werden, welche außerdem einen auffällig schweren Phänotyp zeigten. SMCHD1 kann also als Modifier-Gen für die Schwere der Erkrankung bei FSHD1 angesehen werden. Damit wurden insgesamt zwölf SMCHD1-Mutationsträger identifiziert, davon sind zehn der Varianten noch nicht beschrieben worden. Für alle erkrankten Mutationsträger konnte eine Methylierung von D4Z4 ≤ 20 % ermittelt werden, was als diagnostisches Kriterium verwendet werden kann. Mit einem Anteil von 16,3 % Mutationsträger in der FSHD1-negetiven Kohorte bildet FSHD2 einen bedeutenden Anteil an dem Krankheitsbild der FSHD, weshalb die entwickelten Analysen in die Routinediagnostik eingegliedert wurden.
Das zweite Teilprojekt der FSHD beschäftigt sich mit der Funktion des SMCHD1-Gens bei der X-Inaktivierung (XI). Es ist bekannt, dass SMCHD1 bei weiblichen Mäusen an der Aufrechterhaltung der XI mitwirkt. Die Untersuchung der XI bei FSHD2-Frauen ergab eine extreme Verschiebung der erwarteten XI von 50:50 auf 0:100 oder 100:0 bei sechs von 13 Patientinnen. Die übrigen sieben zeigten eine XI im Normalbereich von > 20:80 oder < 80:20. Der Befund der einseitigen Verschiebung könnte auf einen negativen Selektionsdruck gegenüber Zellen mit unvollständiger XI hindeuten. Es wäre interessant zu untersuchen, ob sich der gleiche Effekt auch in einer größeren Kohorte wiederfindet und ob er sich mit der Art der Mutation korrelieren lässt.
In der vorliegenden Arbeit wurden Fusionsprodukte aus verschiedenen nukleolären Proteinen mit fluoreszierenden Proteinen (GFP und dsRed: rot fluoreszierendes Protein) in lebenden Zellen von Säugern und Xenopus laevis exprimiert und lokalisiert. Dadurch standen "Marker" für die drei Hauptkomponenten des Nukleolus zur Verfügung. Die dynamischen Eigenschaften dieser Fusionsproteine wurden quantitativ mit Hilfe von "Photobleaching"-Experimenten analysiert (FRAP: fluorescence recovery after photobleaching). Im einzelnen wurde durch die Untersuchung von RNA-Polymerase I der rDNA Transkriptionsort im fibrillären Zentrum des Nukleolus bestätigt. Die kinetischen Analysen von zwei pol I-Untereinheiten (RPA194 und RPA53) durch FRAP in transkriptionell aktiven und inaktiven Nukleoli erlaubten direkte Rückschlüsse auf die Transkriptionsdauer der rRNA-Gene in vivo. Die individuellen pol I-Untereinheiten bewegen sich rasch zwischen Nukleoplasma und Nukleolus und interagieren in den fibrillären Zentren mit dem rDNA-Promoter. Dann werden sie in produktive Transkriptionskomplexe integriert, die während der Elongationsphase, die bei Raumtemperatur etwa fünf Minuten dauert, stabil bleiben und erst nach der Termination dissoziieren. Zumindest ein Teil der Untereinheiten wandert anschließend in das Nukleoplasma. Die Ergebnisse widersprechen Modellen, welche die dichte fibrilläre Komponente als Transkriptionsort ansehen oder immobile RNA Polymerase I-Moleküle postulieren. Die Identifizierung des fibrillären Zentrums als rDNA-Transkriptionsort wurde durch die Koexpression der pol I-Untereinheiten mit Fibrillarin, einem Leitprotein der dichten fibrillären Komponente, ermöglicht. Durch die Expression der beiden Proteine als unterschiedlich fluoreszierende Fusionsproteine konnten die Orte der Transkription (die fibrillären Zentren) und die Orte der ersten Prozessierungsschritte, an denen Fibrillarin beteiligt ist (die dichte fibrilläre Komponente), in lebenden Zellen als direkt benachbarte, aber räumlich getrennte Kompartimente identifiziert werden. Die Rolle der granulären Komponente als Ort späterer Prozessierungschritte und Integration ribosomaler Proteine wurde durch die Expression von B23 und der ribosomalen Proteine L4, L5 und L10 verdeutlicht. Dabei wurde die nukleoläre Lokalisation von L10 erstmals belegt. In der Literatur wurde bisher angenommen, L10 würde erst im Cytoplasma mit Ribosomen assoziieren. Dies ist nicht der Fall, wie insbesondere Experimente mit Leptomycin B gezeigt haben. Diese Droge hemmt den CRM1-abhängigen Kernexport und führte zu einer deutlichen Akkumulation von L10-haltigen Präribosomen im Nukleoplasma von menschlichen Zellen. Schließlich sollte ein neues nukleoläres Protein von Xenopus laevis molekular charakterisiert werden, das mit verschiedenen Antikörpern in der granulären Komponente des Nukleolus lokalisiert wurde. Durch massenspektrometrische Analysen nach zweidimensionaler Gelelektrophorese wurden die Antigene überraschenderweise als Cytokeratin-Homologe identifiziert. Im Verlauf dieser Arbeit wurden drei bisher unveröffentlichte Cytokeratin 19 Isoformen von Xenopus kloniert, sequenziert und als GFP-Fusionsproteine exprimiert. Diese wurden allerdings wie reguläre Cytokeratine in cytoplasmatische Intermediärfilamente integriert und konnten, auch nach Translokation in den Zellkern durch ein experimentell eingefügtes Lokalisationssignal, nicht im Nukleolus nachgewiesen werden. Nach der Kotransfektion mit verschiedenen Zellkern-Proteinen wurde Cytokeratin 19 mit diesen in den Zellkern und mit nukleolären Proteinen in den Nukleolus transportiert. Obwohl diese Versuche auf einen "Huckepack"-Transportmechanismus für ein normalerweise cytoplasmatisches Protein hinweisen, konnte Cytokeratin 19 nicht spezifisch in der granulären Komponente des Nukleolus lokalisiert werden. Daher konnte bisher, trotz intensiver Bemühungen, die Identität des in der Immunfluoreszenz nachgewiesenen nukleolären Proteins leider nicht aufgeklärt werden.
Trypanosomen sind Protozoen, die Krankheiten bei Mensch und Tier verursachen, die unbehandelt infaust verlaufen. Die Zellen sind hoch motil, angetrieben von einem einzelständigen Flagellum, welches entlang des Zellkörpers angeheftet ist. Selbst in Zellkultur hören Trypanosomen niemals auf sich zu bewegen und eine Ablation funktioneller Bestandteile des Flagellarapparates ist letal für Blutstromformen. Es wurde gezeigt, dass Motilität notwendig ist für die Zellteilung, Organellenpositionierung und Infektiosität. Dies macht Trypanosomen zu besonders geeigneten Modellorganismen für die Untersuchung der Motilität. Dennoch ist erstaunlich wenig über die Motilität bei Trypanosomen bekannt. Dies gilt auch noch genereller für die Protozoen. Unlängst ist dieses Gebiet allerdings in den Fokus vieler Arbeiten gerückt, was bereits erstaunliche, neue Erkenntnisse hervorgebracht hat. Doch Vieles ist noch nicht abschliessend geklärt, so z.B. wie der Flagellarschlag genau reguliert wird, oder wie sich der Schlag des Flagellums entlang des Zellkörpers ausbreitet. Die vorliegende Arbeit befasst sich besonders mit den Einflüssen, die die Mikroumgebung auf die Motilität von Blutstromform-Trypanosomen ausübt. In ihrem natürlichen Lebensraum finden sich Trypanosomen in einer hoch komplexen Umgebung wieder. Dies gilt sowohl für den Blutkreislauf, als auch für den Gewebezwischenraum in ihrem Säugerwirt. Die hohe Konzentration von Zellen, Gewebeverbänden und extrazellulären Netzwerken könnte man als Ansammlung von Hindernissen für die Fortbewegung auffassen. Diese Arbeit zeigt dagegen, dass der Mechanismus der Bewegung eine Adaptation an genau diese Umweltbedingungen darstellt, so z.B. an die Viskosität von Blut. Es wird auch ein Bewegungsmodell vorgestellt, das erläutert, worin diese Adaption besteht. Dies erklärt auch, warum die Mehrheit der Zellen einer Trypanosomenkultur eine ungerichtete Taumel-Bewegung aufweist in nieder-viskosem Medium, das keine solchen “Hindernisse” enthält. Die Zugabe von Methylcellulose in einer Konzentration von ca. 0,5% (w/v) erwies sich als geeigneter Ersatz von Blut, um optimale Bedingungen für gerichtetes Schwimmen von Blutstromform Trypanosomen zu erreichen. Zusätzlich wurden in dieser Arbeit unterschiedliche Arten von Hindernissen, wie Mikroperlen (Beads) oder molekulare Netzwerke, sowie artifizielle, geordnete Mikrostrukturen verwendet, um die Interaktion mit einer festen Matrix zu untersuchen. In deren Anwesenheit war sowohl die Schwimmgeschwindigkeit, als auch der Anteil an persistent schwimmenden Trypanosomen erhöht. Zellen, die frei schwimmend in Flüssigkeiten vorkommen (wie Euglena oder Chlamydomonas), werden effizient durch einen planaren Schlag des Flagellums angetrieben. Trypanosomen hingegen mussten sich evolutionär an eine komplexe Umgebung anpassen, die mit einer zu raumgreifenden Welle interferieren würde. Der dreidimensionale Flagellarschlag des, an die Zelloberfläche angehefteten, Flagellums erlaubt den Trypanosomen eine effiziente Fortbewegung durch die Interaktion mit Objekten in jedweder Richtung gleichermassen. Trypanosomen erreichen dies durch eine hydrodynamisch verursachte Rotation ihres Zellkörpers entlang ihrer Längsachse, entgegen dem Uhrzeigersinn. Der Einfluss der Mikroumgebung wurde in früheren Untersuchungen bisher vernachlässigt, ist zum Verständnis der Motilität von T. brucei jedoch unerlässlich. Ein weiterer, bisher nicht untersuchter Aspekt der Beeinflussung der Motilität durch die Umwelt sind hydrodynamische Strömungseffekte, denen Trypanosomen im kardiovaskulären System ausgesetzt sind. Diese wurden in dieser Arbeit mittels Mikrofluidik untersucht. Um unser Verständnis der Motilität von Trypanosomen von 2D, wie üblich in der Motilitätsanalyse mittels Lebend-Zell-Mikroskopie, auf drei Dimensionen auszudehnen, wurde als bildgebendes Verfahren auch die Holographie eingesetzt. Mikrofluidik und Holographie sind beides aufkommende Techniken mit großem Anwendungspotential in der Biologie, die zuvor noch nie für die Motilitätsanalyse von Trypanosomen eingesetzt worden waren. Dies erforderte daher interdisziplinäre Kooperationen. Zusätzlich wurde in dieser Arbeit auch ein vollständig automatisiertes und Software-gesteuertes Fluoreszenzmikroskopiesystem entwickelt, das in der Lage ist, einzelne Zellen durch entsprechende Steuerung des Mikroskoptisches autonom zu verfolgen und somit eine Bewegungsanalyse in Echtzeit ermöglicht, ohne weitere Benutzerinteraktion. Letztendlich konnte dadurch auch die Bewegung der schlagenden Flagelle und des gesamten Zellkörpers mit hoher zeitlicher und räumlicher Auflösung mittels Hochgeschwindigkeits-Fluoreszenzmikroskopie aufgeklärt werden.
In dieser Arbeit untersuche ich das Verhalten von Arbeiterbienen beim Brutwärmen, die Wärmeübertragung von den Bienen auf die gedeckelte Brut, die thermophysikalischen Eigenschaften des Brutnests und spezielle Aspekte des Brutnestaufbaus, die für dieses Thema relevant sind und bisher nicht untersucht wurden. Meine Arbeit umfasst Verhaltensbeobachtungen und thermografische Messungen an individuellen Bienen, die Simulation des Heizverhaltens von Arbeiterinnen und das Messen der Temperaturänderungen in der Wabe, die Messung der thermophysikalischen Eigenschaften der Brutwabe und der Zellwände (Wärmeleitfähigkeit und Durchlässigkeit für Wärmestrahlung), die Auswertung von Brutzelltemperaturen als Ergebnis des Verhaltens von Arbeiterbienen, die Analyse der Anzahl und der räumlichen Verteilung von Brutlücken (Auswertung in 2-D und 3-D bezüglich beider Wabenseiten) und die Entwicklung spezifischer Computersoftware, die zur Erarbeitung dieser Ergebnisse unverzichtbar ist. Ein wichtiges Ergebnis dieser Arbeit ist die Entdeckung und Beschreibung eines bemerkenswerten, bislang unbekannten Verhaltens der Honigbiene: Die Aufrechterhaltung hoher Thoraxtemperaturen (TTh) bei Langzeitbesuchen in offenen Zellen („Lücken“) die verstreut in der gedeckelten Brutfläche vorkommen. Hier zeige ich, dass die Aufrechterhaltung der hohen TTh nicht auf den Zellinhalt (z. B. offene Brut) bezogen ist - in den meisten Fällen waren die besuchten Zellen ohnehin leer - sondern auf die direkt benachbarte gedeckelte Brut, mit der diese Zellen über gemeinsame Zellwände in Kontakt stehen. Dieses Verhalten liefert eine Erklärung für Langzeitzellbesuche von sehr langer Dauer ohne erkennbare Aktivität, die in früheren Arbeiten beschrieben aber nicht völlig verstanden wurden, und es rehabilitiert die scheinbar „faulen“ Bienen im Zellinnern. Diesem Verhalten kommt eine große Bedeutung für das Brutwärmen zu, da sich der aufgeheizte Thorax tief in der Wabe (fast an der Mittelwand) befindet wo der Wärmeverlust an die Luft minimiert ist und von wo bis zu 6 umliegende Puppenzellen gleichzeitig gewärmt werden können. Im Vergleich zum Brutwärmeverhalten an der Wabenoberfläche (Andrücken des Thorax an die Brutdeckel), wo nur 1 oder Teile von 3 Brutdeckeln mit dem Thorax in Berührung stehen, ist das Wärmen im Zellinnern mit derselben TTh bis zu 2,6-fach effizienter. Die Messung der thermophysikalischen Eigenschaften der Brutwabe und die Simulation des Brutwärmeverhaltens unter kontrollierten Bedingungen zeigen, dass sich die Wabe langsam aufwärmt und eher ein lokal begrenztes Wärmen als eine rasche Wärmeausbreitung über eine große Fläche begünstigt. Der Einflussbereich eines einzelnen Zellbesuchers hängt von seiner TTh und der Dauer des Zellbesuchs ab. Anstiege der Bruttemperatur in bis zu 3 Zellen Abstand zum Zellbesucher sind nachweisbar. Das hier beschriebene Brutwärmeverhalten im Innern von Lücken (offenen Zellen) bietet nicht nur neue Einsichten in das Bienenverhalten. Es ermöglicht auch eine Neubewertung der Lücken und ihrer Nützlichkeit für die Bienen. Eine von mir entwickelte Computersoftware („CombUse 2.0“) ermöglicht es, das Vorkommen und die räumliche Verteilung von Lücken mit hoher Genauigkeit auf der Ebene einzelner Zellen zu erfassen und auszuwerten. Die räumliche Verteilung der Lücken in der gedeckelten Brutfläche zeigt, dass schon bei geringen Lückenhäufigkeiten von ca. 4 bis 10 %, die in gesunden Kolonien normal sind, eine überraschend große Zahl gedeckelter Brutzellen (88 % bis 99 %, wenn die dreidimensionale Verteilung berücksichtigt wird) im Einflussbereich von Brut wärmenden Zellbesuchern sind. Obwohl das Brutwärmeverhalten im Zellinnern schwer zu entdecken und zu beobachten ist, führen die in dieser Arbeit präsentierten Daten zu dem Schluss, dass es sich dabei um einen wichtigen Bestandteil der Nestklimatisierung bei Honigbienen handelt.
Der Wilms Tumor (WT), auch Nephroblastom genannt, ist einer der häufigsten bösartigen Tumoren im Kindesalter. Er entsteht aus embryonalem undifferenziertem Nierengewebe und tritt meist als unilateraler und sporadischer Tumor auf. In 10-15% der Wilms Tumoren finden sich WT1- und/oder CTNNB1-Mutationen. Während diese schon länger als genetische Ursachen des Nephroblastoms bekannt sind, wurde erst kürzlich WTX als drittes Gen beschrieben, welches eine Rolle in der Tumorentstehung spielt. Für einen Großteil der WT ist die genetische Ursache jedoch unklar. Da die bisher publizierten WTX-Mutationsraten auf Untersuchungen kleiner Gruppen basieren und sich stark unterscheiden, sollten in dieser Arbeit WTX-, CTNNB1- und WT1-Mutationen in einem großen WT-Set bestimmt werden. Verluste genetischen Materials in der WTX-Region traten in 17% der Fälle auf und waren zwischen den Geschlechtern gleich verteilt. Die Sequenzierung von WT-Proben zeigte, dass nur 2% von WTX-Punktmutationen betroffen sind. In weiteren 11,5% der Proben konnte keine WTX-Expression nachgewiesen werden. Die WTX-Veränderungen traten z. T. gemeinsam mit WT1- und/oder CTNNB1-Mutationen auf. Die unvollständige WTX-Deletion in einigen WT legte die Vermutung nahe, dass innerhalb eines Tumors eine Heterogenität in Bezug auf den WTX-Status möglich ist. Dieser Verdacht konnte durch die detaillierte Untersuchung verschiedener Regionen solcher Tumoren erhärtet werden: Hierzu wurden histologisch unterschiedliche Bereiche auf den Anteil einer WTX-Mutation bzw. eines WTX-LOH hin untersucht. Obwohl alle Regionen des jeweiligen Tumors einen kompletten LOH auf Chromosom 11 aufwiesen, waren die WTX-Veränderungen unterschiedlich stark ausgeprägt. Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass WTX-Veränderungen keine notwendigen und frühen Ereignisse in der Tumorentstehung sind, sondern erst später auftreten und nur einen Teil der Tumorzellen betreffen können. Die Vermutung, dass WTX-Mutationen keinen direkten Einfluss auf die Tumorentwicklung und prognose haben, wird durch das Fehlen eines signifikanten Zusammenhangs zwischen WTX-Deletion bzw. WTX-Expression und den klinischen Eigenschaften der WT gestützt. Um die Rolle von Genen, die potentiell an der Entstehung und Entwicklung des Nephroblastoms beteiligt sind, zu untersuchen oder mögliche neue Therapiestrategien zu überprüfen, sind in vitro-Modelle nötig. Da ein solches für Wilms Tumoren nicht etabliert ist, wurden Primärkulturen aus verschiedenen WT-Proben angelegt. Kulturen aus Tumorgewebe von 12 Patienten mit unterschiedlichen genetischen Veränderungen konnten als echte Tumorzellen validiert werden. Zwei Zelltypen ließen sich morphologisch und immunhistochemisch unterscheiden: Zum einen runde, langsam wachsende Zellen mit Epithelcharakter und zum anderen fibroblastenähnliche Zellen, welche weniger differenziert waren und häufig für viele Passagen kultiviert werden konnten. Somit wurde ein Set verschiedener WT-Primärkulturen etabliert, welches nun für in vitro-Experimente zur Untersuchung grundlegender Mechanismen der WT-Entstehung oder zum Test neuer Therapieansätze eingesetzt werden kann. Frühere Microarray-Analysen deuteten auf eine Deregulation des Retinsäure (RA)-Signalwegs in fortgeschrittenen Wilms Tumoren hin. Diese Ergebnisse sollten in einem großen unabhängigen Proben-Set mittels Realtime-RT-PCR validiert werden. Eine Deregulation des RA-Signalwegs und die Überexpression von NMYC wurden für Tumoren der Hochrisikogruppe im Vergleich zu Tumoren mit geringem/mittlerem Risiko nachgewiesen. So stellte sich die Frage, ob Patienten mit fortgeschrittenem WT von einem Retinsäure-Einsatz in der Therapie profitieren könnten. Um dies zu beantworten, wurde der Effekt von verschiedenen Retinoiden auf WT-Primärkulturen untersucht. Die WT-Zellen wurden mit all-trans RA (ATRA), 9cisRA, dem synthetischen Retinoid Fenretinid (4HPR) und Kombinationen von ATRA bzw. 4HPR und einem HDAC-Inhibitor (SAHA) behandelt. Gene, welche in Hochrisiko-WT differenziell reguliert waren, wurden untersucht und zeigten nach RA-Behandlung eine entgegengesetzte Expression. In sechs der sieben verwendeten Primärkulturen wurde eine RA-vermittelte Proliferationsreduktion nachgewiesen. Für die Kombinationen von Retinoiden mit SAHA wurden keine synergistischen Effekte beobachtet. Während Fenretinid in den meisten Kulturen Apoptose induzierte, verursachten ATRA und 9cisRA morphologische Veränderungen, welche auf Differenzierungsvorgänge hindeuteten. Eine Microarray-Analyse ATRA-behandelter WT-Zellen zeigte die differenzielle Regulation vieler Gene, welche eine Rolle in der Bildung der extrazellulären Matrix oder bei Differenzierungsvorgängen von Knochen-, Knorpel-, Nerven- oder Muskelgewebe spielen. Diese Befunde bieten einen weiteren Hinweis darauf, dass Retinoide für den Einsatz in der Therapie des Nephroblastoms geeignet sein könnten.
This thesis explores the influence of social and environmental cues on the nest building behavior of leaf-cutting ants. Especially, the investigations are aimed at evaluating the mechanisms of nest building and how the nest environment can spatially guide building responses that lead to an adaptive nest architecture. The emergence of nest chambers in the nest of the leaf-cutting ant Acromyrmex lundi were evaluated. Rather than excavating nest chambers in advance, at places where workers encounter suitable environmental conditions for brood and fungus rearing, these items have to be present at a site. When presented in the laboratory with a choice between two otherwise identical digging sites, offering suitable environmental conditions, but one containing brood, the workers displayed a higher excavation activity at the site where they encountered the putative content of a chamber. The shape of the excavated cavity was also more round and chamber-like. It is concluded that leaf-cutting ants respond to social cues during nest building. Excavation is a costly process and colonies have to spend a part of their energy stores on nest building, so that regulatory responses for the control of nest excavation are expected to occur. Worker density at the beginning of the digging process influenced digging activity while the presence of in-nest stores did not. Stored brood and fungus did however influence the architecture of the excavated nest, leading to the excavation of larger chambers and smaller tunnels. While self-organized mechanisms appear to be involved in the nest building process, the social cues of the ants’ environment during building clearly influence the nest architecture and lead to an adjustment of the nest size to the current space needs of the colony. Workers secondarily regulated nest size by the opportunistic refilling of unused space with excavated soil pellets. As the ants should provide suitable conditions for brood and fungus rearing, they should show a behavioral response to CO2 concentrations, as the gas is known to hinder fungus respiration. Workers of A. lundi did indeed avoid high CO2-levels for fungus rearing but actually preferred CO2-values in the range encountered close to the soil surface, where this species excavates their nests. However, different CO2-levels did not affect their excavation behavior. While fungus chambers make up part of a leaf-cutting ant nest, most leaf-cutting ants of the genus Atta also spent part of the colony’s energy on excavating large, voluminous chambers for waste disposal, rather than scattering the material aboveground. It is expected that leaf-cutting ants also show environmental preferences for waste management. In experiments Atta laevigata workers preferred deposition in a warm and dry environment and showed no preference for specific CO2-levels. The continued accumulation of waste particles in a waste chamber seems to be based on the use of volatiles. These originate from the waste itself, and seem to be used as an orientation cue by workers relocating the material. The ensuing large accumulation of waste at one site should result in the emergence of more voluminous chambers for waste disposal.
Wegener'sche Granulomatose
(2002)
Die Wegener'sche Granulomatose (WG) ist eine Autoimmunerkrankung, die sich typischerweise als chronische Entzündung des oberen Respirationstraktes, Vaskulitis und Glomerulonephritis manifestiert. WG gehört zur Gruppe der sog. “pauci-immunen” Vaskulitiden, die mit Anti-Neutrophilen-Antikörpern (ANCA, anti neutrophil cytoplasmic antibody) assoziiert sind. Mit Hilfe der indirekten Immunfluoreszenz lassen sich ANCA im Serum der meisten WG-Patienten nachweisen. Die mit WG assoziierten sog. “klassischen” ANCA (c-ANCA) erkennen spezifisch Konformationsepitope der Serinprotease Proteinase 3 (PR3), die in den azurophilen Granula neutrophiler Granulozyten gespeichert wird. Die enge Korrelation PR3-spezifischer Antikörperspiegel mit dem Krankheitsverlauf läßt vermuten, daß sie bei der Pathogenese eine zentrale Rolle spielen könnten. Diese Hypothese wird von Daten aus in vitro Experimenten gestützt: werden Zytokin-stimulierte neutrophile Granulozyten mit Patientenserum oder isolierten c-ANCA inkubiert, erfolgt eine Aktivierung der Neutrophilen, die sich durch Degranulation und Freisetzung von Sauerstoffradikalen äußert. c-ANCA können so indirekt - aber vermutlich auch direkt - zur Endothelschädigung beitragen. Jedoch konnte bisher kein direkter Beweis des pathogenen Potentials von c-ANCA am Tiermodell erbracht werden. Um die Wirkung von c-ANCA an einem Mausmodell zu testen, war zunächst ein murines Maus-PR3- (mPR3) spezifisches Antiserum notwendig. Da humane c-ANCA nicht mit mPR3 kreuzreagieren, wurde für die Immunisierung von PR3/Neutrophilen-Elastase (NE)-defizienten Mäusen ein mPR3-Zymogen rekombinant in E. coli als Einschlußkörpermaterial (IB, inclusion bodies) hergestellt. Nach Renaturierung des IB-Materials in vitro wurde mit der Dipeptidylaminopeptidase Cathepsin C das N-terminale Propeptid abgespalten. Das gewonnene Enzym besaß die für PR3 und NE spezifische katalytische Aktivität, die durch den physiologischen Inhibitor humaner PR3, a1-Antitrypsin, inhibiert werden konnte. Es ist daher anzunehmen, daß das gewonnene rekombinante Material die korrekte Konformation durch Renaturierung in vitro erhalten hatte. Um nun die pathologische Wirkung von Anti-rmPR3-Antikörpern zu testen, wurden PR3/NE-defiziente Mäuse mit dem rekombinanten Zymogen (pro-rmPR3) oder der N-terminal prozessierten Form (rmPR3) immunisiert. Die Spezifität der gewonnenen Antiseren wurde durch Festphasenimmunoassay, Western Blotting und indirekte Immunfluoreszenzfärbung überprüft. Weiterhin konnte fluoreszenzzytometrisch die Bindung von Anti-mPR3-IgG an die Plasmamembran Zytokin-stimulierter Granulozyten nachgewiesen werden. Die hergestellten Antiseren erfüllten somit die für c-ANCA-positive Seren von WG-Patienten typischen Eigenschaften hinsichtlich der Antigenspezifität. Wenn c-ANCA alleine hinreichend für die Induktion der für WG charakteristischen Symptome sind, sollte der Antiserumtransfer auf Wildtyp-Mäuse WG-ähnliche Symptome in den Rezipienten hervorrufen. Nach wiederholter intravenöser Injektion von Serum pro-rmPR3-immunisierter Mäuse ließ sich ein signifikanter Antikörperspiegel bei Verdünnungen von 1:2000 über den gesamten Behandlungszeitraum von 10 Wochen in den Rezipienten nachweisen. Der anschließende histologische Befund von Niere und Lunge ergab jedoch keine pathologischen Veränderungen. Dieses Ergebnis legt nahe, daß c-ANCA alleine keine Krankheitssymptome hervorrufen. In dem gegenwärtigen Modell für c-ANCA-vermittelte Vaskulitis entfaltet sich die pathogene Wirkung von c-ANCA vor allem dann, wenn neutrophile Granulozyten zusätzlich durch proinflammatorische Zytokine wie Tumornekrosefaktor alpha (TNF alpha) stimuliert werden. Erst die Stimulation der Granulozyten ermöglicht die Bindung von c-ANCA an die Plasmamembran und deren anschließende Aktivierung. Deshalb wurde dieses Modell, das vorwiegend aus Ergebnissen von Experimenten in vitro abgeleitet ist, auf ein lokales Entzündungsmodell der Maus übertragen: Durch wiederholte Injektion von TNF alpha in die Haut wurde eine leichte Entzündungsreaktion ausgelöst. Diese Entzündungsreaktion ließ sich schließlich durch intravenöse Verabreichung von pro-rmPR3- oder rmPR3-Antiserum verstärken. Dieser Befund ist ein wichtiger Beweis für die verbreitete Ansicht, daß c-ANCA nicht nur ein Epihänomen der WG darstellen, sondern selbst ein pathogenes Potential besitzen. Im zweiten Teil der vorliegenden Arbeit wurde die Beteiligung der beiden Serinproteasen NE und PR3 an der Entstehung inflammatorischer Prozesse untersucht. Im Hinblick auf die bei der Pathogenese der WG beteiligten Mechanismen könnten PR3 und NE eine wichtige Rolle spielen. PR3 und NE können Proteine der extrazellulären Matrix abbauen, Apoptose in Endothelzellen induzieren und sind an der Regulation entzündlicher Prozesse über verschiedene Wirkmechanismen beteiligt. Um quantitative Unterschiede bei Entzündungsreaktionen zwischen NE/PR3-defizienten Mäusen und kongenen Wildtyp-Tieren zu untersuchen, wurde als Modell einer Typ III Hypersensitivitätsreaktion eine lokale passive Arthus-Reaktion induziert. Wildtyp-Mäuse entwickelten dabei eine deutlich stärkere lokale Entzündung als NE/PR3-defiziente Mäuse. Weitere Studien sind nötig um die Frage zu klären, ob eine der beiden Serinproteasen alleine oder in Kooperation mit der anderen diesen Phänotyp hervorruft. Für einen direkten synergistischen Effekt sprechen indes die Ergebnisse eines in vitro Experiments mit pro-rmPR3 und humaner NE: Bei Inkubation von pro-rmPR3 mit hNE wurde eine Spaltung des Proenzyms beobachtet, die mit einer Verstärkung der enzymatischen Bruttoaktivität einherging. Die physiologische Relevanz dieser Beobachtung muß allerdings noch geklärt werden. Die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit stehen im Einklang mit den neuesten Erkenntnissen über die Rolle der PR3 bei der Wegener’schen Granulomatose: PR3 dürfte sowohl aufgrund pleiotroper Effekte auf entzündliche Reaktionen als auch wegen seiner lytischen Eigenschaften zur Gewebeschädigung beitragen. Darüberhinaus konnte eine pathogene Wirkung von mPR3-spezifischen Antikörpern in der Maus nachgewiesen werden.
Volumenregulatorische Transportwege von anorganischen und organischen Osmolyten in Säugetierzellen
(2014)
Die Aufrechterhaltung des Zellvolumens unter variablen osmotischen Bedingungen stellt für nahezu alle tierischen Zellen eine essenzielle Aufgabe dar. Um regulatorische Volumenanpassungen vorzunehmen besitzen sie daher effektive Mechanismen, mit deren Hilfe der zelluläre Gehalt an organischen und anorganischen Osmolyten erhöht (= regulatorische Volumenzunahme; RVI) oder gesenkt (= regulatorische Volumenabnahme; RVD) werden kann. Trotz langjähriger Forschung auf diesem Gebiet konnten die hieran beteiligten Transportwege für Osmolyte bisher nur unvollständig aufgeklärt werden.
Insbesondere bei T-Lymphozyten sind wichtige Zellfunktionen wie die Proliferation, Migration und die T-Zell-Aktivierung eng mit volumenregulatorischen Mechanismen verbunden. Bei all diesen Prozessen sind u. a. unterschiedliche Kaliumkanäle beteiligt, die insbesondere für die pharmakologische Manipulation von Immunsystemprozessen von wissenschaftlichem Interesse sind. Bisherige Modelle der hypotonen Volumenregulation von T-Lymphozyten berücksichtigen lediglich den spannungsabhängigen KV1.3 sowie den Ca2+-aktivierten IKCa1-Kanal, die zur Klasse der 6TM/P-K+-Kanäle gehören.
Im ersten Teil der vorliegenden Arbeit wurde eine potentielle Rolle von kürzlich entdeckten Zwei-Poren Domänen Kaliumkanälen (K2P) am RVD von murinen und humanen primären CD4+-T-Lymphozyten untersucht. In einem kombinierten genetischen und pharmakologischen Ansatz mittels knockout-Tiermodellen und dem Einsatz kanalspezifischer Inhibitoren konnte mithilfe zellvolumetrischer Analysen gezeigt werden, dass die K2P-Vertreter TASK1, TASK2, TASK3 und TRESK maßgeblich am schwellungsaktivierten Efflux von K+ beteiligt sind. Beurteilt an den Ergebnissen dieser Untersuchung sind der spannungsabhängige TASK2- und der Ca2+-aktivierte TRESK-Kanal für die hypotone Volumenregulation in T-Zellen deutlich bedeutender als TASK1 und TASK3. Der Beitrag der Kanäle TASK2 und TRESK am RVD-Prozess war über dies vergleichbar mit dessen des bisher bekannten KV1.3-Kanals. In dieser Arbeit wurde damit erstmals eine Beteiligung der K2P-Kanäle am RVD muriner und humaner CD4+-Lymphozyten identifiziert. Aufgrund der engen Verbindung zwischen T-Zell-Funktion und der Volumenregulation können Zwei-Poren Domänen K+-Kanäle damit in den engeren Kreis potentieller immunmodulierende Angriffspunkte aufgefasst werden.
Im zweiten und umfangreicheren Teil dieser Arbeit wurden darüber hinaus die schwellungsaktivierten Transportwege für organische Osmolyte (small organic osmolytes; SOOs) untersucht. SOOs stellen chemisch inerte Verbindungen dar, zu denen vor allem Polyole (Sorbitol, myo-Inositol), Methylamine (Betain, α-Glycerophosphocholin) sowie Aminosäuren (α- bzw. β-Alanin und Prolin) und deren Derivate (Taurin) zählen. Da SOOs weder die zelluläre Struktur noch die Funktion von Makromolekülen beeinträchtigen, sind sie wichtige Instrumente der Volumenregulation, die sich in hohen Konzentrationen im Zytosol nahezu aller Zellen wiederfinden. Werden tierische Zellen mit hypotonen Bedingungen konfrontiert, dann ist bei nahezu allen Zellen die Freisetzung organischer Osmolyte zu beobachten, wodurch die zelluläre Osmolarität unabhängig von Elektrolyten angepasst werden kann. Trotz der wichtigen Funktion der SOOs in der Osmoregulation tierischer Zellen konnte die molekulare Identität beteiligter Effluxwege (Kanäle bzw. Transporter) bisher nicht aufgeklärt werden.
Ungeachtet der molekularen Identität der SOO-Effluxwege war es aus zahlreichen biotechnologischen Anwendungen zu Beginn dieser Arbeit bekannt, dass die schwellungsaktivierten Transportwege für organische Osmolyte eine größenselektive Permeabilität für eine Reihe monomerer Zucker und verwandter Verbindungen aufweisen. Um diese Größenselektivität näher zu charakterisieren, wurde im ersten Schritt die schwellungsaktivierte Membranpermeabilität für eine Reihe strukturell homogener Polyethylenglykole unterschiedlicher Polymerlänge (PEG200–1500; hydrodynamische Radien zwischen ~0,5-1,5 nm) unter iso- und hypotonen Bedingungen in Jurkat-Lymphozyten untersucht. Unter milden hypotonen Bedingungen (200 mOsm) war die Plasmamembran der untersuchten Lymphozyten für PEG300-1500 undurchlässig, was aus der Fähigkeit der Zellen zur hypotonen Volumenregulation geschlossen werden konnte. Darüber hinaus wurde RVD in stark hypotonen Lösungen (100 mOsm) mit PEG600-1500 beobachtet, während PEG300-400 unter vergleichbaren osmotischen Bedingungen die Volumenregulation der Zellen inhibierten. Dieses Ergebnis deutet darauf hin, dass starkes hypotones Zellschwellen der Lymphozyten zur Permeabilisierung der Plasmamembran für PEG300-400, nicht jedoch für PEG600-1500, führt. Anhand der hydrodynamischen Radien Rh der verwendeten PEGs konnte ein cutoff-Radius von ~0,74 nm für schwellungsaktivierte Transportwege organischer Osmolyte bestimmt werden. Da diese schwellungsaktivierten Transportwege vielfältig für Zellbeladungstechniken verwendet werden, könnte dieses Ergebnis für zahlreiche biotechnologische und biomedizinische Anwendungen von Interesse sein.
Im zweiten Schritt wurde der Versuch unternommen, potentielle Transportwege für organische Osmolyte im RVD-Prozess molekular zu identifizieren. Da es grundlegend ungeklärt war, wie viele unterschiedliche Transporter bzw. Kanäle am Efflux der zahlreichen organischen Osmolyte beteiligt sind, erfolgte zunächst die vergleichende Analyse des schwellungsaktivierten Membrantransports strukturell verschiedener SOOs einschließlich der Aminosulfonsäure Taurin und des Polyols myo-Inositol. Hierbei wurde erstmals gezeigt, dass die schwellungsaktivierten Transportwege für Taurin und myo-Inositol deutlich unterschiedliche Aktivitätsprofile aufweisen. Während der Taurintransport bereits unter milden hypotonen Bedingungen, d.h. nach einer geringen Absenkung der Osmolalität von 300 auf ~230 mOsm, aktiviert wurde, erfolgte die Aktivierung der Membranpermeabilität für myo-Inositol bei einer viel niedrigeren Osmolalität von ~150 mOsm. Darüber hinaus wiesen die beiden Transportwege unter vergleichbarem hypotonen Stress von 100 mOsm deutlich unterschiedliche Aktivitätsdauern auf (Transport von Taurin ~95 min und myo-Inositol ~40 min). Somit deuteten diese Ergebnisse erstmals auf substrat-spezifische Transportwege für SOOs hin, die voneinander stark abweichende osmotische Aktivierungsprofile besitzen.
Als aussichtsreiche Kandidaten für diese Transportwege wurden zwei Mitglieder der Gruppe der Solute Carrier (SLC) untersucht, die klare Übereinstimmungen mit den gesuchten Transportern für SOOs aufweisen. Daher wurde im Weiteren eine RVD-Beteiligung dieser Transportergruppe mit einer Kombination aus molekularbiologischer und konventioneller bzw. hochaufgelöster mikroskopischen Techniken überprüft. Die semiqantitativen RT-PCR-Ergebnisse dieser Arbeit zeigen dabei, dass die Gentranskription der potentiellen SOO-Transporter SLC5A3 und SLC6A6 in den untersuchten Zelllinien Jurkat, HEK wie auch HepG2-Zellen durch hypotone Bedingungen deutlich verstärkt wird. Hierbei nimmt der zelluläre mRNA-Gehalt der Gene SLC5A3 zwischen 20-60% und SLC6A6 um 30-100% innerhalb von 10-20 min zu, was auf eine potentielle RVD-Beteiligung von SLC-Transportern hindeutet. Ausgehend von diesem Ergebnis wurde daraufhin die zelluläre Lokalisation des SLC5A3-Transporters unter isotonen und hypotonen Bedingungen mikroskopisch untersucht. Wie anhand der konfokalen lasermikroskopischen Untersuchung zu erkennen ist, findet unter hypotoner Stimulation eine zelluläre Umverteilung des mit EGFP fluoreszenzmarkierten Proteins SLC5A3 statt. Innerhalb von 10 min wird der Transporter dabei von intrazellulären Regionen in Richtung Plasmamembran verlagert. Darüber hinaus konnte mit Hilfe der hochauflösenden Mikroskopie-Technik dSTORM gezeigt werden, dass der Transporter SLC5A3 unter hypotoner Stimulation verstärkt mit der Plasmamembran assoziiert vorliegt. Diese verstärkte Membranassoziation des SLC5A3-Proteins deutet damit auf einen schwellungsinduzierten exozytotischen Einbau des Transporters hin.
Die Ergebnisse dieser Arbeit zeigen damit erstmals, dass SLC-Transporter wie SLC5A3, SLC6A6 und vermutlich andere Vertreter der SLC-Superfamilie potentiell am Mechanismus der hypotonen Volumenregulation beteiligt sind. Da SLC-Transporter als wichtige Transportsysteme für Therapeutika angesehen werden und die Mechanismen der Volumenregulation bereits in zahlreichen biotechnologischen Anwendungen implementiert sind, könnte der hier aufgedeckte Zusammenhang einen Erkenntnisgewinn für zahlreiche biomedizinische Forschungsgebiete darstellen.