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Einfluss einer Prednisolon-Behandlung auf B-Zell-Populationen bei Patienten mit HIV-Infektion
(2021)
Die HIV-Infektion wird von einer Hyperimmunaktivierung begleitet, die vermutlich eine treibende Kraft in der Pathogenese der Entwicklung von AIDS darstellt. Die Rolle der B-Zellen im Rahmen dieser Veränderungen und dem Einfluss einer Prednisolontherapie wird durch die ProCort-Studie genauer beschrieben. Diese stellt eine zweijährige, Placebo-kontrollierte, randomisierte Doppelblindstudie dar, bei der die Patienten 5mg Prednisolon täglich einnahmen. Mittels durchflusszytometrischen Messungen wurden bestimmte B-Zellpopulationen differenziert und quantifiziert. Die resultierenden Ergebnisse wurden weiterhin mit bekannten Immunaktivierungsmarkern korreliert.
In der Arbeit konnte gezeigt werden, dass Studienteilnehmerinnen durch eine Prednisolontherapie signifikant mehr Memory-B-Zellen bzw. resting Memory-B-Zellen im Vergleich zur Placebogruppe aufweisen.
Ferner konnte die Bedeutung der B-Zellen als prognostischer Marker der HIV-Infektion dadurch unterstützt werden, dass die genannten B-Zellreihen signifikant negative Korrelationen zu anderen, bereits etablierten Progressionsmarkern (CD4/CD8-Ratio, CD8/CD38/HLADR-Aktivierung, suPAR, sCD14) vorlagen.
Zusammenfassend zeigt die Arbeit, dass die Veränderungen im B-Zellkompartment Teil des Immunaktiverungsprozesses im Rahmen der HIV- Infektion sind und Prednisolon modulierende Einflüsse darauf hat.
Background: HIV-associated general immune activation is a strong predictor for HIV disease progression, suggesting that chronic immune activation may drive HIV pathogenesis. Consequently, immunomodulating agents may decelerate HIV disease progression. Methods: In an observational study, we determined immune activation in HIV patients receiving low-dose (5 mg/day) prednisolone with or without highly-active antiretroviral therapy (HAART) compared to patients without prednisolone treatment. Lymphocyte activation was determined by flow cytometry detecting expression of CD38 on CD8(+) T cells. The monocyte activation markers sCD14 and LPS binding protein (LBP) as well as inflammation markers soluble urokinase plasminogen activated receptor (suPAR) and sCD40L were determined from plasma by ELISA. Results: CD38-expression on CD8+ T lymphocytes was significantly lower in prednisolone-treated patients compared to untreated patients (median 55.40% [percentile range 48.76-67.70] versus 73.34% [65.21-78.92], p = 0.0011, Mann-Whitney test). Similarly, we detected lower levels of sCD14 (3.6 μg/ml [2.78-5.12] vs. 6.11 μg/ml [4.58-7.70]; p = 0.0048), LBP (2.18 ng/ml [1.59-2.87] vs. 3.45 ng/ml [1.84-5.03]; p = 0.0386), suPAR antigen (2.17 μg/ml [1.65-2.81] vs. 2.56 μg/ml [2.24-4.26]; p = 0.0351) and a trend towards lower levels of sCD40L (2.70 pg/ml [1.90-4.00] vs. 3.60 pg/ml [2.95-5.30]; p = 0.0782). Viral load in both groups was similar (0.8 × 105 ng/ml [0.2-42.4 × 105] vs. 1.1 × 105 [0.5-12.2 × 105]; p = 0.3806). No effects attributable to prednisolone were observed when patients receiving HAART in combination with prednisolone were compared to patients who received HAART alone. Conclusions: Patients treated with low-dose prednisolone display significantly lower general immune activation than untreated patients. Further longitudinal studies are required to assess whether treatment with low-dose prednisolone translates into differences in HIV disease progression.
Die Progression der HIV Infektion ist vermutlich bedingt von einer unspezifischen generalisierten Immunaktivierung des Patienten (Sousa, Carneiro et al. 2002; Hazenberg, Otto et al. 2003). Somit könnte ein immunsuppressives Medikament wie das Kortisonpräparat Prednisolon die Progression der Erkrankung verlangsamen. Im Rahmen nicht-kontrollierter Studien konnte die Stabilisierung der CD4+ T-Lymphozyten in HIV-Patienten durch den Einsatz von Kortison beobachtet werden (Andrieu, Lu et al. 1995; Lu, Salerno-Goncalves et al. 1995). Dieser Effekt konnte auch mit niedrig dosiertem Prednisolon (5 mg/Tag) nachgewiesen werden (Ulmer, Muller et al. 2005). Jedoch zeigen neuere Ergebnisse, dass der CD4+ T-Lymphozytenwert bei Studien zu Immunmodulatoren kein verlässlicher Surrogatmarker für die Progression ist (Abrams, Levy et al. 2009). In der vorliegenden Arbeit sollte untersucht werden, ob sich zum Einen der stabilisierende Effekt von niedrig dosiertem Prednisolon (5 mg pro Tag) auf CD4+ T-Lymphozyten in einer kontrollierten Studie bestätigt, ob zum Zweiten die CD4+ T-Lymphozytenstabilisierung auf eine Senkung der Immunaktivierung zurückgeführt werden kann und ob zum Dritten die CD4+ TLymphozytenstabilisierung die klinische Krankheitsprogression verlangsamt. Im Rahmen der ProCort-Studie sollte außerdem eine Bestimmung der Prävalenz medikamentenresistenter HIV-Infektionen bei ART unbehandelten Patienten erfolgen. Hierbei wurden die WHO Kriterien überprüft, die als Einschlusskriterien für Patienten in Resistenz-Überwachungsstudien ein Höchstalter von 25 Jahren festgelegt hat. In unserer Untersuchung wurden demgegenüber Proben von Patienten mit höherem Alter und bereits therapierten Partnern analysiert.Methoden: Im Rahmen einer doppelblinden randomisierten klinischen Studie (ProCort1) im Bugando Medical Center (BMC) in Mwanza, Tansania, wurden 326 HIV-Patienten eingeschlossen, die zuvor noch nie mit ART behandelt wurden und einen CD4+ TLymphozytenwert von mindestens 300/μl aufwiesen. In 14 Visiten wurden, während einer zweijährigen Behandlungsdauer entweder mit 5mg Prednisolon täglich oder mit Placebo, die CD4+ T-Lymphozytenwerte und das Auftreten von Progression der HIV-Infektion bestimmt. Primärer Studienendpunkt war die Krankheitsprogression, definiert als ein Unterschreiten von 200 CD4-Zellen/μl oder dem Auftreten AIDS-definierender Erkrankungen. Um die immunologische Wirkungsweise von Prednisolon in HIV-infizierten Patienten zu untersuchen wurden sowohl in den tansanischen Studienpatienten als auch in einer mit 5 mg Prednisolon behandelten deutschen Kohorte die Lymphozytenaktivierungsmarker CD38/HLADR auf CD3/CD8-Zellen, der Monozytenaktivierungsmarker sCD14 und der Entzündungsmarker suPAR bestimmt. Um die Prävalenz der HIV Medikamentenresistenz (HIVDR) in der ProCort Studienpopulation zu ermitteln wurden 88 Proben der ART unbehandelten Patienten sequenziert. Ergebnisse: Die Ergebnisse der ProCort Studie zeigten eine statistisch signifikante Stabilisierung der CD4+ T-Lymphozytenwerte im Vergleich zum Ausgangswert durch Einsatz einer niedrig dosierten Prednisolonbehandlung (5 mg täglich). In der Intent to treat Analyse wurde ein Zugewinn von +20,1 Zellen/μl pro Jahr für den Prednisolonarm (p < 0.0001) im Vergleich zu -54,2 Zellen/μl pro Jahr für den Placeboarm (p < 0.0001) bestimmt. Die CD4+ T-Lymphozytenwerte zum Zeitpunkt der Startvisite waren im Prednisolonarm statistisch signifikant niedriger (Mean 512.14 Zellen/μl ± S.E.M. 13.39) als im Placeboarm (Mean 554.40 ± S.E.M 15.75; p = 0.042). Dies bedeutet eine schlechtere Ausgangslage für die mit Prednisolon behandelten Patienten. Trotzdem entwickelten nur vier Patienten mit Prednisolonbehandlung im Vergleich zu 11 Patienten mit Placebobehandlung AIDS, was eine statistisch signifikante Verringerung der Progressionsrate bedeutet (p=0.0196). In 16 Patienten versus 18 Patienten fielen die CD4+ T-Lymphozytenwerte unter die Werte von 200 Zellen/μl. Die Behandlung mit Prednisolon war nicht mit einer höheren Rate von unerwünschten Ereignissen oder höherer Viruslast assoziiert.
Hintergrund: Die HIV-Infektion wird von einer allgemeinen Hyperimmunaktivierung begleitet, die wahrscheinlich eine treibende Kraft in der Pathogenese der Entwicklung von AIDS darstellt. Im Rahmen einer 24-monatigen, Placebo-kontrollierten, randomisierten Doppelblindstudie wurde in unserer Arbeitsgruppe der Einfluss von gering-dosiertem Prednisolon (5 mg/Tag) auf die Progression der Erkrankung untersucht (ProCort-Studie, clinicaltrials.gov NCT01299948). Es konnte gezeigt werden, dass gering-dosiertes Prednisolon bei weiblichen Studienteilnehmerinnen zu einer signifikant verlangsamten Progression hin zum Studienendpunkt AIDS geführt hat. Die immunologischen Grundlagen dieses Effektes sind noch nicht ausreichend verstanden. Es ist bekannt, dass die HIV-Infektion zu einer Zunahme der aktivierten T-Zellen im Blut führt und dass der Anteil dieser aktivierten T-Zellen mit der Krankheitsprogression korreliert. Diese T-Zell Hyperaktivierung wird unter antiretroviraler Behandlung wieder normalisiert. In der vorliegenden Arbeit sollte der Einfluss der Prednisolon-Behandlung auf die T-Zell-Aktivierung untersucht werden, um zu verstehen, ob die Prenisolon-Behandlung ähnliche positive Effekte auf das Immunsystem hat, wie die antiretrovirale Therapie.
Methoden: In dieser Studie wurden insgesamt 154 PBMC-Proben (77 Placebo, 77 Prednisolon) des Studienzeitpunktes 12 Monate untersucht. Die PBMC wurden mit Fluorochrom-markierten Antikörpern gegen CD3 (PerCP-Cy 5.5), CD8 (FITC), CD38 (PE) und HLA-DR (APC) gefärbt und durchflusszytometrisch analysiert. Folgende Populationen wurden definiert: T-Zellen (CD3+), CD8-positive T Zellen (CD3+/CD8+), CD4-positive T Zellen (CD3+/CD8-), aktivierte T Zellen (CD38+/HLA-DR+). Eine statistische Analyse der Daten erfolgte mit Hilfe der GraphPad Prism Software.
Ergebnisse: Patienten mit Prednisolon-Behandlung zeigten im Vergleich zu Patienten mit Placebo-Behandlung eine geringere Aktivierung der CD8+ T Zellen (median 8.04 % [CI95% 8.158-11.54]) vs. median 9.74 % [CI95% 9.71-13.05] sowie der CD4+ T Zellen (median 6.910% [CI95% 6.862-8.721] vs. median 8.185 % [CI95% 8.088-10.49]). Die Unterschiede sind jedoch statistisch nicht signifikant (p=0.1250 bzw. p=0.1032, U test). Bei einer Stratifizierung der Daten nach Geschlecht erreichten die festgestellten Unterschiede zwischen Placebo- und Prednisolonbehandlung bei weiblichen Studienteilnehmern statistische Signifikanz (CD8+ Aktivierung: median 7.3 % [CI95% 7.413-10.26] vs. median 10.3 % [CI95% 9.927-13.69], p = 0.0248, U-test), sowie der CD4+ T Zellen (median 6.735% [CI95% 6.448-8.476] vs. (median 8.36% [CI95% 8.274-10.72], p = 0.0158, U-test), während bei männlichen Studienteilnehmern kein Unterschied auftrat. Die Lymphozytenaktivierung zeigte eine positive Korrelation zur HIV-Viruslast (p = 0.0521 für CD8+ und p = 0.0078 für CD4+, lineare Regression) und zum Immunaktivierungsmarker sCD14 (p = 0.0075 für CD8+ und p < 0.0085 für CD4+, lineare Regression) und zum Aktivierungsmarker supar (p = 0.0261 für CD8+ und p < 0.0001 für CD4+, lineare Regression). Aktivierte CD4+ Zellen zeigten eine positive, aktivierte CD8+ Zellen eine negative Korrelation zum Anteil an memory-B-Zellen (p = 0.0080 für CD8+ und p < 0.0001 für CD4+, lineare Regression). In einer Kaplan-Meyer-Analyse innerhalb des Placebo-Arms zeigten Patienten mit einer höherne Immunaktivierung bei CD8+ T-Lymphozyten (Quartilen Q1 und Q2) eine signifikant schnellere Progression zu AIDS als Patienten mit einer niedrigen Immunaktivierung (Quartilen Q3 und G4, p = 0.0176).
Diskussion: In dieser Arbeit konnte gezeigt werden, dass Studienteilnehmerinnen mit Prednisolon-Behandlung zum Zeitpunkt 12 Monate eine signifikant niedrigere Lymphozytenaktivierung zeigen als Studienteilnehmerinnen mit Placebo-Behandlung. Die Prednisolon-vermittelte Reduktion der Immunaktivierung korrelierte mit verlangsamter Krankheitsprogression. Die HIV-induzierte Immunaktivierung ist damit ein treibender Faktor in der Progression der Erkrankung. Immunmodulatorische Therapien bei Patienten mit ungenügender Immunrekonstitution unter antiretroviraler Behandlung könnten daher möglicherweise einen positiven Behandlungseffekt erzielen.
Zielsetzung dieser Arbeit ist die Bestimmung der Aktivierung von CD8+ und CD4+ T-Lymphozyten bei Teilnehmern eines RCT, in dem der Effekt von niedrig-dosiertem Prednisolon auf die Progression der HIV-Infektion untersucht werden sollte. Die Ergebnisse sollten mit der Art der Behandlung (Placebo oder Prednisolon), weiteren Markern der Immunaktivierung sowie der Viruslast korreliert werden und der Effekt auf die Krankheitsprogression untersucht werden. Aus diesen Ergebnissen sollten Rückschlüsse auf die Effekte von Prednisolon auf das Immunsystem, sowie ein besseres Verständnis der Immunpathogenese der Infektion gewonnen werden.