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Die Erforschung viraler Proteine ist wichtig, um virale Infektionen besser verstehen und
damit therapieren zu können. Die Aufklärung der DUB-Funktion auf dem viralen
Herpesprotein pUL36 ermöglicht ein besseres Verständnis des Infektionshergangs und
könnte zur Entwicklung eines Enzyminhibitors führen, der nur an diesem Enzym ansetzt,
nachdem es sich von den zellulären DUBs unterscheidet (Kattenhorn et al., 2005). In
dieser Arbeit konnten die vorherigen Daten, die eine stärkere Hemmung der DUB-
Mutante unter Interferoneinfluss zeigten, in unterschiedlichen Assay-Designs bestätigt
werden. Auch Versuche mit einem anderen Herpes simplex Virus Strang, bestätigten die
vorherigen Daten. Die Ergebnisse zeigen, dass die DUB-Funktion für HSV-1 wichtig ist für
die virale Evasion der zellulären Immunantwort. Die genaue Funktion der DUB in der
Infektion ist jedoch unklar. Aufgrund der vorbestehenden Datenlage erschien am
wahrscheinlichsten, dass die DUB-Funktion vor Eindringen des Herpes Simplex Virus in
den Zellkern zum Tragen kommt, womit es nach Abnahme des Interferons nicht zu einer
viralen Reaktivierung käme. Deshalb wurden Untersuchungen unternommen, um eine
mögliche Reaktivierung nach Abnahme des Interferons näher zu untersuchen. Hierfür
wurden zwei verschiedene Experimente entwickelt. Einmal wurde das Interferon direkt
nach Infektion und einmal 3 Tage nach Infektion (3dpi) abgenommen. Die Ergebnisse
zeigten beide eine stärkere Hemmung der DUB-HSV-1-Mutante unter Interferoneinfluss.
Bei Abnahme des Interferons direkt nach Infektion lag bei Wildtyp und Mutante ein
leichter Anstieg der Plaquezahlen vor, wobei dieser Effekt von der Dosis des Interferons
abhängig war. Eine hohe Interferondosis begünstigte bei beiden eine stärkere Hemmung,
allerdings bei beiden auch eine leichte Erhöhung der Plaquezahl nach Abnahme. Bei
einer niedrigen Dosis konnte nur eine stärkere Hemmung der DUB-Mutante, jedoch
keine Reaktivierung bei Wildtyp und Mutante nach Abnahme des Interferons gezeigt
werden. Bei Abnahme drei Tage nach Infektion zeigte sich sowohl bei dem Wildtyp-Virus
als auch der DUB- Mutante kein Anstieg in den Plaquezahlen. Es sind, nachdem
Deubiquitinierung nicht nur eine Rolle in der Verhinderung des proteosomalen Abbaus
von in die Zelle eingedrungenem Virus spielt, sondern auch der Zellregulation, mehrere
Szenarien denkbar, die diesen Phänotyp erklären könnten. Die DUB-Funktion könnte
zwar den proteosomalen Abbau durch Deubiqutinierung und damit Verhinderung der
Markierung des Virus zum zellulären Abbau verhindern. Allerdings könnten sich durch
einen langsameren Transport aus der Zelle oder in den Nucleus auch weniger Plaques
bei der Mutante als wie beim Wildtyp unter Interferoneinfluss bilden, nachdem das Virus
dann leichter Ziel antiviraler Proteine werden könnte. Oder die DUB-Funktion spielt eine
Rolle beim Eintritt in den Kern durch Modifikationen anderer Proteine. Virengenome
könnten auch durch eine fehlende DUB-Funktion reprimiert werden oder die Zelle durch
Apoptose absterben. Interessanterweise konnte keine Hemmung der DUB-Mutante in
Interferon behandelten U-2 OS Zellen gezeigt werden, von denen ein Defekt im STING-
vermittelten Signalweg bekannt ist. Vielleicht zeigt dies, dass das STING-Protein an dem
gezeigten DUB-Phänotyp beteiligt ist. Nachgewiesen ist außerdem bereits eine Funktion
des Enzyms bei der zweiten Umhüllung der Kapside bei Pseudorabiesvirus (Möhl, 2011).
Weitere Untersuchungen unter Einsatz bspw. von Immunfluoreszenz,
Proteasominhibitoren oder weiteren Zelllinien wie Saos-2, sind nötig, um die genaue
Funktion zu klären.
Obwohl es in den letzten 10-15 Jahren gelang, multiple MM-Genome mittels NGS auf eine kosteneffiziente Art und mit geringem Zeit- und Materialaufwand zu sequenzieren und hierdurch zum Teil bahnbrechende Erkenntnisse gewonnen werden konnten, sind molekulargenetische Untersuchungen im diagnostischen Workflow des MMs bisher nicht ausreichend implementiert, um eine personalisierte Therapieentscheidung zu ermöglichen.
Vor diesem Hintergrund wurde in der vorliegenden Arbeit eine Gruppe an Patienten mit NDMM und RRMM anhand klinischer Parameter charakterisiert und durch Verwendung des M³P-Panels auf das Vorliegen bestimmter molekulargenetischer Veränderungen untersucht. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass unsere Analyse die bisher veröffentliche M³P-Prävalenz in MM-Tumorproben bestätigt. Zu den am häufigsten mutierten Genen gehörten KRAS, NRAS, DIS3, ATM und BRAF. In der Gruppe der Patienten mit NRAS-Mutation oder del17p war die Zahl der relevanten Mutationen deutlich höher als ohne Vorliegen der entsprechenden Veränderung. Der Nachweis eines Double-Hit-Myeloms war erwartungsgemäß der stärkste ungünstige Faktor in unserer Kohorte. Unter den Patienten mit CRBN-Mutation waren alle IMiD-vorbehandelt und zeigten im Verlauf eine Refraktärität gegenüber dieser Substanzgruppe auf. Bezüglich der Überlebensanalysen bestätigten unsere Ergebnisse bereits bekannte prognostische Risikofaktoren wie Hochrisikozytogenetik, insbesondere del17p und gain1q, eine TP53-Mutation sowie ISS- und R-ISS-Stadium III.
Die Ergebnisse der Mutationsanalysen dieser Arbeit verdeutlichen den großen wissenschaftlichen und therapeutischen Nutzen, der von molekulargenetischen Untersuchungen ausgeht. Zukünftig werden auch beim MM Therapieentscheidungen auf Grundlage genetischer Diagnostik getroffen werden, mit dem Ziel die Behandlung für MM-Patienten weiter zu verbessern.
Arrhythmogene Kardiomyopathie (ACM) ist eine genetische Herzerkrankung, die durch Herzinsuffizienz, ventrikuläre Arrhythmien und plötzlichen Herztod gekennzeichnet ist. Mutationen in desmosomalen Proteinen der Zelladhäsion, wie Plakophilin 2 (PKP2) und Plakoglobin (PG), sind die häufigste Ursache der familiären ACM. Wie gestörte Zelladhäsion zum ACM-Phänotyp führt, ist jedoch nur teilweise geklärt. Potentielle Mechanismen sind eine gestörte Kalzium-(Ca2+)-Homöostase, mitochondrialer oxidativer Stress und metabolische Störungen. Ziel dieser Studie ist es, die mitochondriale Energetik und die Ca2+ -Homöostase in kardio-restriktiven PKP2-Knockout-Mäusen (KO) im Alter von 4, 8 und 12 Wochen sowie in PG-Knockout- Mäusen im Alter von 6 Wochen zu untersuchen. Vier Wochen alte PKP2-KO-Mäuse zeigten frühe Anzeichen von ACM, während alle anderen Altersgruppen typische Kennzeichen von ACM rekapitulierten. Kontraktilität, die damit verbundenen Ca2+ - Transienten, der Redoxstatus und das mitochondriale Membranpotenzial (ΔΨm) isolierter Kardiomyozyten wurden mit einem IonOptix-System bei elektrischer und β- adrenerger Stimulation untersucht. Alle desmosomalen KO-Kardiomyozyten zeigten eine verringerte diastolische Sarkomerlänge, was auf eine diastolische Dysfunktion hinwies. In allen PKP2 KO Kardiomyozyten lag außerdem ein erhöhter intrazellulärer Ca2+ -Spiegel vor, während in den PG KO-Kardiomyozyten das intrazellulärer Ca2+ unverändert war. PKP2 KO- und PG KO-Kardiomyozyten wiesen keine Ca2+ - Sensibilisierung der Myofilamente auf. Zur weiteren Bewertung der mitochondrialen Funktion wurde eine hochauflösende Respirometrie in isolierten Herzmitochondrien bei gleichzeitiger Überwachung von ΔΨm in PKP2 KO und PG KO Mäusen durchgeführt, welche in allen Versuchs- und Kontrollgruppen vergleichbar war. Im Verlauf der Versuche blieb der Redoxstatus stabil und es konnte kein Exzess reaktiver Sauerstoffspezies (ROS) festgestellt werden. Daraus konnte gefolgert werden, dass weder PKP2 KO noch PG KO-Mäuse eine beeinträchtigte mitochondriale Atmung aufwiesen. Diese Studie zeigt, dass isolierte PKP2 KO- oder PG KO-Kardiomyozyten EC-Kopplungsdefekte ohne mitochondriale Dysfunktion aufwiesen. Eine mitochondriale Dysfunktion konnte als treibender Faktor für die Progression des ACM- Phänotyps in den vorgestellten Mausmodellen ausgeschlossen werden. Weitere Studien sind erforderlich, um die mitochondriale Funktion im Zusammenhang mit ACM zu entschlüsseln.
Eine Dysbalance zwischen regulatorischen und proinflammatorischen T-Helferzellen kann zu Autoimmunerkrankungen führen. In dieser methodischen Arbeit wurde die Polarisierbarkeit von peripheren T-Lymphozyten durch verschiedene Zytokin-Stimuli untersucht. Hauptziel war es, CD4+CD25-CD127- Lymphozyten durch Stimulation mit einem IL-2 und TGFβ-beinhaltenden Zytokin-Cocktail (Treg-Cocktail) zu iTregs zu polarisieren und deren Suppressionsfunktion auf autologe Effektor-Leukozyten zu untersuchen.
Es erfolgte eine Phänotypisierung der PBMCs gesunder Probanden, insbesondere im Hinblick auf die Verteilung der T-Lymphozyten-Subpopulationen, deren Zytokinproduktion und FoxP3-Expression. Zudem wurden aus den PBMCs der Probanden Tregs (CD4+CD25+CD127low/-) sowie CD4+CD25-CD127- Zellen isoliert und deren Funktionsfähigkeit durch die Untersuchung ihrer Suppressionsfunktion auf autologe Effektor-Lymphozyten analysiert. Die Zellen wurden mittels verschiedener Zytokin-Cocktails in Richtung Treg sowie in Richtung Th17-Zellen polarisiert; anschließend wurde die Funktionsfähigkeit der polarisierten Zellen in Suppression-Assays gemessen.
Wir konnten zeigen, dass die CD4+CD25+CD127low/- Zellen Tregs mit der Fähigkeit zur Suppression der Proliferation autologer Effektor-Lymphozyten waren. Bei den CD4+CD25-CD127-Zellen handelte es sich um T-Lymphozyten ohne Suppressionsfunktion. Nach Stimulation der CD4+CD25-CD127-Zellen mit dem Treg-Cocktail zeigten die Zellen eine mit den Tregs vergleichbare Suppressionsfunktion.
Mit dieser Studie haben wir eine aktuelle methodische Quelle für die Untersuchung von Phänotyp und Funktion regulatorischer T-Zellen sowie für die Stimulation peripherer T-Lymphozyten hin zu Tregs geschaffen, die als Basis für Folgeversuche dienen soll, in denen Zellen von Patienten mit Autoimmunkrankheiten untersucht werden sollen. Da sich die Inflammation bei Autoimmunerkrankungen insbesondere in den betroffenen Geweben abspielt, wäre eine Studie anzustreben, in der aus dem Blut isolierte T-Lymphozyten den Zellen aus den entzündeten Geweben gegenübergestellt werden. Ergänzend sollte eine Phänotypisierung der Tregs und der CD4+CD25-CD127- Zellen nach der Zytokin-Stimulation erfolgen.
Zusammenfassend konnte die Plastizität peripherer T-Lymphozyten in Richtung Treg gezeigt werden. Besonders hervorzuheben ist die bislang wenig untersuchte Zellpopulation der CD4+CD25-CD127- Zellen, die eine vielversprechende Zellpopulation für die in vitro Induktion von Tregs darstellt.
Es erfolgte eine Evaluierung von Bestrahlungsdaten aus der Strahlentherapie der Universitätsklinik Würzburg von 435 Patienten mit biochemischen oder klinischen Rezidiv des Prostatakarzinoms. Der primäre Endpunkt war das biochemisch rezidivfreie Überleben. Sekundäre Endpunkte waren das Auftreten von Fernmetastasen und das Versterben der Patienten. Zudem wurde der Einfluss patienten-, tumor-, und behandlungsspezifischer Faktoren überprüft.
Die tumorbedingte Mangelernährung und Kachexie ist ein Syndrom mit sowohl medizinischer als auch gesundheitsökonomischer Relevanz. In den letzten Jahren wurde ein besseres Verständnis für die komplexe Pathophysiologie, bestehend aus Stoffwechselstörungen, verminderter Energiezufuhr und Entzündungsprozessen, die zum fortschreitenden Muskel- und Fettmassenverlust führen, erreicht. Dieses Verständnis dient bis heute der Entwicklung möglicher präventiver und therapeutischer Ansätze. Geeignete Screening-Tests tragen dazu bei, das Syndrom rechtzeitig zu erkennen und weitere Maßnahmen einzuleiten. Da der Muskel- und Fettmassenverlust nicht immer durch einen reinen Gewichtsverlust gekennzeichnet ist, ist die Erfassung der Körperzusammensetzung ein wesentlicher Bestandteil in der Betreuung onkologisch Erkrankter. Die BIA ist ein hierfür geeignetes Verfahren, welches leicht in den klinischen Alltag zu integrieren ist und besonders zur interindividuellen Verlaufskontrolle herangezogen werden könnte. Ernährungsmedizinische und bewegungstherapeutische Maßnahmen sind bereits fester Bestandteil internationaler Leitlinien. Für pharmakologische Therapiekonzepte besteht noch weiterer Forschungsbedarf, um eine Arzneimittelzulassung zu erreichen. Eine alleinige Intervention ist in der Behandlung der onkologischen Mangelernährung und Kachexie wenig effektiv. Deshalb müssen die Bedeutung und der potentielle Nutzen einer Kombination der einzelnen Behandlungsbausteine näher betrachtet werden, um eine bessere Evidenz zu erhalten. Der nachweisliche Mangel an Ernährungsstrukturen und ernährungsmedizinischer Fachkompetenz, Schwierigkeiten der Definitionsentwicklung und Gestaltung von Studien sowie finanzierungstechnische Fragen stellen ein zentrales Problem in der angemessenen Betreuung der Erkrankten dar. Jedoch bestehen klare Handlungsempfehlungen und Strategien, durch die entsprechende Herausforderungen reduziert oder beseitigt werden könnten. Dadurch profitieren sowohl Erkrankte als auch das Gesundheitssystem. Dies kann durch eine verbesserte Versorgung mittels Prävention, frühzeitiger Erfassung, Diagnose und Einleitung angebrachter Therapiemaßnahmen auf dem Gebiet der tumorbedingten Mangelernährung und Kachexie erreicht werden.
Das frühzeitige Erkennen psychoonkologischer Belastungen ist Bestandteil des optimalen therapeutischen Managements von Tumorpatienten. Nur wenige, widersprüchliche Studien untersuchten bisher das psychische Befinden im Verlauf einer PET/CT. Bezogen auf das Prostatakarzinom gibt es bislang keine spezifische Studie, obwohl es die häufigste onkologische Erkrankung des Mannes darstellt. Aufgrund der insgesamt guten Prognose wird von einer geringeren psychischen Belastung ausgegangen. Mithilfe dieser Studie sollte durch Kombination etablierter Fragebögen das psychische Befinden im Verlauf der PET/CT explorativ untersucht werden.
Von Oktober 2018 bis Februar 2020 wurde 531 männlichen Patienten der Nuklearmedizin des Universitätsklinikums Würzburg die Teilnahme angeboten. N = 85 Patienten (n = 38 Patienten mit Prostatakarzinom sowie n = 47 Patienten mit anderen malignen Erkrankungen) stimmten einer vollständigen Teilnahme zu. Es wurden zwei Messzeitpunkte (T1 nach Durchführung der PET/CT; T2 nach Ergebnismitteilung) festgelegt. Als Messinstrumente wurden der PA-F-KF, QUICC, DT, STAI-X1, PANAS und ein Selbsteinschätzungsbogen verwendet.
24 % (T1) bzw. 35 % (T2) der Patienten mit Prostatakarzinom gaben eine dysfunktionale Progredienzangst an, 55 % (T1+T2) eine pathologische psychische Belastung. 53 % (T1) bzw. 50 % (T2) der Patienten zeigten eine relevant erhöhte Zustandsangst.
Die Progredienzangst stieg nach Ergebnismitteilung an (p = 0,048; η² = 0,106), die Ungewissheit über den Stand der Erkrankung (p = 0,014; η² = 0,165) und Bewältigbarkeit des Alltags (p = 0,016; η² = 0,163) reduzierten sich. Allgemeine Ängste wie die Zustandsangst, der Distress und negative Affekte veränderten sich nicht. PSA-Werte ohne bildmorphologisches Korrelat lösten eine größere Unsicherheit bezüglich des aktuellen Krankheitszustandes aus (p = 0,029; η² = 0,128). Jüngere Patienten zeigten vor (p = 0,005; η² = 0,207) und nach (p = 0,001; η² = 0,290) Ergebnismitteilung eine höhere Angst um ihre Berufstätigkeit und gaben eine geringere Erleichterung nach Ergebnismitteilung (p = 0,016; η² = 0,165) an.
Als Limitationen sind die geringe Fallzahl und Teilnahmequote, multiple Testung und fehlende Erfragung psychischer Erkrankungen zu beachten.
Insgesamt zeigen sich eine hohe psychische Belastung und Ängste im Verlauf der PET/CT. Patienten mit Prostatakarzinom sind zu diesem Zeitpunkt nicht weniger belastet als Patienten mit anderen malignen Erkrankungen.
Sepsis ist ein häufiges und akut lebensbedrohliches Syndrom, das eine Organfunktionsstörung in Folge einer dysregulierten Immunantwort auf eine Infektion beschreibt. Eine frühzeitige Diagnosestellung und Therapieeinleitung sind von zentraler Bedeutung für das Überleben der Patient:innen. In einer Pilotstudie konnte unsere Forschungsgruppe mittels Durchflusszytometrie eine ausgeprägte Hyporeaktivität der Thrombozyten bei Sepsis nachweisen, die einen potenziell neuen Biomarker zur Sepsis-Früherkennung darstellt. Zur Evaluation des Ausmaßes und Entstehungszeitpunktes der detektierten Thrombozytenfunktionsstörung wurden im Rahmen der vorliegenden Arbeit zusätzlich zu Patient:innen mit Sepsis (SOFA-Score ≥ 2; n=13) auch hospitalisierte Patient:innen mit einer Infektion ohne Sepsis (SOFA-Score < 2; n=12) rekrutiert. Beide Kohorten wurden zu zwei Zeitpunkten (t1: <24h; t2: Tag 5-7) im Krankheitsverlauf mittels Durchflusszytometrie und PFA-200 untersucht und mit einer gesunden Kontrollgruppe (n=28) verglichen.
Phänotypische Auffälligkeiten der Thrombozyten bei Sepsis umfassten: (i) eine veränderte Expression verschiedener Untereinheiten des GPIb-IX-V-Rezeptorkomplexes, die auf ein verstärktes Rezeptor-Shedding hindeutet; (ii) ein ausgeprägtes Mepacrin-Beladungsdefizit, das auf eine zunehmend reduzierte Anzahl von δ-Granula entlang des Infektion-Sepsis Kontinuums hinweist; (iii) eine Reduktion endständig gebundener Sialinsäure im Sinne einer verstärkten Desialylierung. Die funktionelle Analyse der Thrombozyten bei Sepsis ergab bei durchflusszytometrischer Messung der Integrin αIIbβ3-Aktivierung (PAC-1-Bindung) eine ausgeprägte generalisierte Hyporeaktivität gegenüber multiplen Agonisten, die abgeschwächt bereits bei Infektion nachweisbar war und gemäß ROC-Analysen gut zwischen Infektion und Sepsis diskriminierte (AUC >0.80 für alle Agonisten). Im Gegensatz dazu zeigten Thrombozyten bei Sepsis und Analyse mittels PFA-200 unter Einfluss physiologischer Scherkräfte eine normale bis gar beschleunigte Aggregation.
Die Reaktivitätsmessung von Thrombozyten mittels Durchflusszytometrie stellt weiterhin einen vielversprechenden Biomarker für die Sepsis-Früherkennung dar. Für weitere Schlussfolgerungen ist jedoch eine größere Kohorte erforderlich. In nachfolgenden Untersuchungen sollten zudem mechanistische Ursachen der beschriebenen phänotypischen und funktionellen Auffälligkeiten von Thrombozyten bei Infektion und Sepsis z.B. mittels Koinkubationsexperimenten untersucht werden.
Temporale Vokalisationseigenschaften von Neugeborenen mit intrauteriner Wachstumsretardierung
(2024)
Die Zielstellung der vorliegenden Arbeit bestand in der Reflektion möglicher Einflüsse intrauteriner Wachstumsretardierungen auf die temporalen Vokalisationseigenschaften von Neugeborenen in den ersten fünf Lebenstagen. Unter der Annahme, dass das Gehirn des Neugeborenen das Schreiverhalten steuert, können die spezifischen Merkmale des Schreiens Aufschluss über die zugrunde liegende neuronale Integrität des Säuglings und eine eventuelle Prädisposition für Sprachanomalien geben. Zusätzlich wurden mögliche Einflüsse des Geburtsmodus, des Geschlechts und des Probanden- und Gestationsalters auf die temporalen Vokalisationseigenschaften untersucht. Dazu wurden spontane Lautäußerungen von 55 reifgeborenen, gesunden, neurologisch unbeeinträchtigten Neugeborenen mit einem Gestationsalter von 36-41 Wochen untersucht. Der Atemzyklus wurde gesamt und spezifisch für jedes Intervall betrachtet. 1605 Lautaufnahmen wurden vermessen und analysiert. Anhand standardisierter Wachstumskurven des Geburtsgewichtes erfolgte die somatische Klassifikation in SGA und AGA. Die Analysen ergaben signifikant verlängerte Zeitwerte der SGA-Neugeborenen für die Inspirationslänge, die Exspirationslänge und das Messintervall. Die hier berichteten Ergebnisse zeigen, dass signifikante Unterschiede bezüglich der Dauer einzelner zeitlicher Intervalle spontaner Vokalisationen zwischen SGA- und AGA-Neugeborenen bestehen. Das Verhältnis zwischen Inspirationslänge und Exspirationslänge hingegen erweist sich als robuste Größe, die sich nicht signifikant unterschied. Ein signifikanter Einfluss des Geburtsmodus auf die zeitliche Organisation von spontanen Lauten konnte in den Analysen nicht festgestellt werden. Jedoch waren die Zeitwerte der Messgrößen bei per Sectionem entbundenen Neugeborenen im Vergleich zu Spontangeburten tendenziell erhöht. Auch ein Einfluss des Geschlechts, des Probanden- oder Gestationsalters wurde für die temporalen Charakteristika nicht beobachtet.