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In der vorliegenden Studie wurden gesunde Neugeborene mit unterschiedlichen Hörscreeningbefunden in den Eigenschaften der Grundfrequenzkontur ihrer spontanen Weinlaute untersucht.
Ziel der vorliegenden Studie war es zu ermitteln, ob sich spontane Lautäußerungen von gesunden Neugeborenen mit einem unauffälligen Neugeborenenhörscreening (NHS) im Vergleich zu einem auffälligen NHS in den modellierten Grundfrequenzeigenschaften und der Melodielänge unterscheiden.
Im Rahmen des Projektes wurden 82 gesunde Neugeborene (2.-4. Lebenstag) rekrutiert und je nach Ergebnis des routinemäßig durchgeführten NHS in zwei Gruppen eingeteilt. Diese waren Neugeborene mit unauffälligem NHS (Gruppe NHS_TU) und Neugeborene mit auffälligem NHS (Gruppe NHS_TA). In einer Nachkontrolle nach 3 Monaten wurde überprüft, ob die Neugeborene mit einem auffälligem NHS auch alle hörgesund waren.
Es wurden insgesamt 2.330 spontane Lautäußerungen aufgenommen und quantitativ analysiert. Hierbei wurden die Melodielänge, das Minimum, das Maximum, die mittlere Grundfrequenz und der Grundfrequenzhub für jede Lautäußerung berechnet. Für jedes Neugeborene wurde ein arithmetischer Mittelwert für die analysierten Variablen gebildet und anschließend zwischen beiden Gruppen verglichen.
Die Ergebnisse der vorliegenden Studie belegen, dass sich gesunde Neugeborene mit unterschiedlichen Hörscreeningbefunden nicht signifikant in ihren Grundfrequenzeigenschaften unterscheiden. Somit konnte bestätigt werden, dass sich gesunde Neugeborene mit auffälligem NHS, welche in der Nachuntersuchung hörgesund sind (Falsch-Positiv-Getestete), die gleichen Lauteigenschaften wie Neugeborene mit unauffälligem NHS aufweisen.
Insgesamt konnte die vorliegende Studie erstmalig Eigenschaften der Grundfrequenzkontur spontaner Lautäußerungen von Neugeborenen mit einem unauffälligen NHS-Befund im Vergleich zu einem auffälligen NHS-Befund objektiv analysieren und entsprechende Referenzwerte für gesunde Neugeborene liefern. Somit wäre eine wichtige Voraussetzung dafür geschaffen, in nachfolgenden Studien zu untersuchen, ob die Melodiekontur ein potenzieller Frühindikator für eine sensorineurale Hörstörung bei Neugeborenen sein könnte.
Temporale Eigenschaften ingressiver und egressiver Phonationsleistungen gesunder Neugeborener
(2019)
In der vorliegenden Studie wurden temporale Eigenschaften zeitlich aufeinanderfolgender ingressiver Laute und egressiver Phonationsleistungen in spontanen Neugeborenenvokalisationen untersucht.
Ziel der vorliegenden Arbeit war es, den Atemrhythmus Neugeborener während der Vokalisation (spontanes Weinen) objektiv zu analysieren und Referenzwerte für die einzelnen Segmente des Atemzyklus zu erarbeiten. Zur Berücksichtigung vermuteter relevanter Einflussfaktoren sollten geschlechts- und altersspezifische Unterschiede sowie Hörleistungen im Neugeborenen-Hörscreening (NHS) berücksichtigt werden.
Dazu wurden spontan geäußerte Lautproduktionen von 82 Neugeborenen (2. – 4. Lebenstag) analysiert. Um die Ergebnisse des NHS-Tests zu berücksichtigen, wurden die Probanden in 2 Untergruppen eingeteilt. Diese waren (1) Neugeborene mit unauffälligem Hörscreening-Test und (2) Neugeborene mit auffälligem Hörscreening-Test. Mit Hilfe der Sprachanalysesoftware Praat wurden 1545 Tonaufnahmen der Probanden vermessen. Der Autor vorliegender Arbeit hat ein Praat – Textscript erstellt, um die Segmente des Atemzyklus manuell durch Cursor festzulegen und die Messgrößen automatisch zu berechnen und anschließend in das am ZVES vorliegende Routinesystem einzubetten.
Die Ergebnisse der vorliegenden Studie belegen, dass schon in den ersten Schreien Neugeborener ein regelhaft segmentierter Atemrhythmus mit einer kurzen Inspirationsphase und nachfolgender längerer Exspirationsphase, die den Hauptanteil des ganzen Atemzyklus ausmacht, zu beobachten ist.
Das Verhältnis zwischen Inspirations- und Exspirationslänge zeigt sich variabel in Abhängigkeit von der Gesamtlänge des Atemzyklus.
Signifikante geschlechts- und altersspezifische Unterschiede könnten für eine schnellere Adaptation (Reifung) des Atemsystems bei weiblichen Neugeborenen sprechen und damit für eine reduzierte respiratorische Kontrollfähigkeit bei Jungen. Ursächlich dafür könnten anatomisch-somatische Differenzen sowie nachwirkende intrauterine hormonelle Einflüsse sein.
Auch der signifikante Einfluss des Gestationsalters lässt möglicherweise auf Reifungsprozesse des Atemapparats schließen, die mit dem Gestationsalter voranschreiten.
Weitere Faktoren wie der Geburtsmodus oder das Ergebnis des Neugeborenen-Hörscreening-Tests wirkten sich hier nicht auf die temporalen Eigenschaften inspiratorischer und exspiratorischer Laute der Neugeborenen aus.
Insgesamt konnte die vorliegende Arbeit erstmalig temporale Eigenschaften ingressiver Laute und spontaner egressiver Phonationsleistungen Neugeborener im Alter von 2 bis 4 Lebenstagen objektiv analysieren und entsprechende Referenzwerte für gesunde Neugeborene liefern. Diese können in zukünftigen Studien mit größerer Probandenanzahl und einem längerem Untersuchungszeitraum (Einschluss der Minipubertät) als Vergleichswerte dienen. Ein Beleg für den angeborenen respiratorischen Mechanismus für die Sprech- und Sprachentwicklung konnte mit der vorliegenden Arbeit ebenfalls geliefert werden. Die Arbeit betont aus respiratorischer Perspektive die Bedeutung der frühen vorsprachlichen Entwicklung für den Spracherwerbsprozess.