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Die organischen Kationentransporter der SLC22-Familie spielen eine Schlüsselrolle bei der Aufnahme, Ausscheidung und Verteilung vieler kationischer Medikamente und endogener Substanzen. Der erste klonierte organische Kationentransporter rOCT1 (OCT1 aus der Ratte) wurde bisher eingehend funktionell charakterisiert. rOCT1 ist elektrogen, transportiert organische Kationen unterschiedlicher Struktur wie z.B. Cholin, Tetraethylammonium (TEA) oder das Neurotoxin 1 Methyl-4-Phenylpyridinium (MPP) und wird durch verschiedene Substanzen wie beispielsweise Tetrabutylammonium (TBuA) inhibiert. Für die Entwicklung und Optimierung von Medikamenten ist ein besseres Verständnis der strukturellen Grundlage der polyspezifischen Substraterkennung und des Transportprozesses von entscheidender Bedeutung. Durch modellgestützte Mutagenese konnte für rOCT1 ein großer Spalt identifiziert werden, der von acht Transmembranhelices (TMHs) geformt wird und die putative Substratbindungstasche mit überlappenden Bindungsdomänen beinhaltet. Mittels der „Voltage-Clamp-Fluorometrie“ können Konformationsänderungen von rOCT1 während des Transportzyklus sichtbar gemacht werden. Unter Verwendung dieser Methode wurden spannungsabhängige Fluoreszenzänderungen in den Positionen 260, 380 und 483 der TMHs 5, 8 und 11 nachgewiesen. Interaktionen mit den Substraten Cholin und MPP sowie dem nicht transportierten Inhibitor TBuA von außen wirkten sich unterschiedlich auf die Bewegungen in den drei Positionen aus. Diese Ergebnisse demonstrieren, dass rOCT1 spannungsabhängige Konformationen einnimmt, bei deren Änderungen sich mindestens drei Transmembrandomänen (TMH 5, TMH 8 und TMH 11) bewegen und dass in Gegenwart von organischen Kationen die Spannungsabhängigkeit der Transporterkonformation beeinflusst wird. Des Weiteren wurde eine kritische Position innerhalb oder nahe der Substratbindungstasche von rOCT1 identifiziert, mit deren Hilfe der Transportweg irreversibel blockiert werden kann. In Position 478 wurde das Glycin durch ein Cystein ersetzt, das mittels des SH Gruppenreagenzes [2-(Trimethylammonium)ethyl] methanethiosulfonat Bromid (MTSET) kovalent modifiziert werden konnte. Diese Modifikation bewirkte eine starke Hemmung des Transports verschiedener Substrate wie z.B. Cholin, TEA oder MPP. Anhand von Bindungsstudien konnte gezeigt werden, dass die Bindung von MPP durch die MTSET Modifizierung in der nach außen gerichteten Konformation verhindert wurde. Die Einführung des Cysteins in Position 478 erhöhte die Affinität von TBuA und beeinflusste außerdem die substrat- und spannungsabhängigen Konformationsänderungen. Hierbei zeigte sich, dass in zwei der drei Positionen (260 und 483) die Fluoreszenzantwort des leeren Transporters verändert wurde. Neben den Fluoreszenzen im Gleichgewichtszustand wurden auch die Zeitkonstanten der Fluoreszenzantworten durch die Position 478 beeinflusst. Durch die Einführung eines Serins oder Threonins in diese Position konnten die Effekte des Cysteins 478 in Position 483 nachgeahmt werden. Die Blockierung des Transportwegs durch MTSET veränderte die Bewegungen des leeren Transporters in Position 260 und 483 kaum, während in Position 380 eine deutliche Reduktion der Fluoreszenzantwort gemessen wurde. Auch die substratabhängigen Fluoreszenzänderungen wurden in der Position 483 deutlich reduziert. Insgesamt weisen diese Daten darauf hin, dass rOCT1 Konformationsänderungen durchläuft, die spannungs- und substratabhängig sind und durch die Position 478 beeinflusst werden.
Transportrelevante Substratinteraktionen des organischen Kationentransporters 1 der Ratte (rOCT1)
(2011)
Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wurde das mechanistische Funktionsprinzip des Rat Organic Cation Transporter 1, stellvertretend für die Gruppe der organischen Kationentransporter, im Hinblick auf die Beteiligung einzelner Aminosäuren der mutmaßlichen Bindungstasche am Transportprozess (Tyr222, Asp475) untersucht. Hierbei stand insbesondere die Frage nach einer gleichzeitigen oder sequentiellen Interaktion der o. g. Aminosäuren mit dem jeweils gewählten Transportliganden im Vordergrund. Bei Mutation der untersuchten Interaktionsstellen (Einzelmutanten Y222F, D475E, Doppelmutante Y222F/D475E) konnten Km-Änderungen für die zelluläre Aufnahme von MPP und TEA sowie IC50-Änderungen für die Hemmung des MPP-Transportes durch TEA bzw. TBuA im Xenopus-laevis-Oozytenmodell mittels radioaktiver Aufnahmemessungen erzielt werden. Trotz eines signifikant additiven Effektes der Doppelmutation auf die TEA-Affinität des Transporters im Vergleich zu den Einzelmutanten erschien ein sequentieller Transportmechanismus aufgrund der nicht additiven IC50(TEA)-Verminderung für den MPP-Transport und der Sicherung der Lokalisation von Tyr222 und Asp475 auf unterschiedlichen Seiten der Plasmamembran durch TBuA-Inhibitionsversuche der MPP-Aufnahme wahrscheinlich. Gestützt wurden diese Ergebnisse durch die analoge Modellierung dreidimensionaler Darstellungen des doppelmutierten rOCT1(Y222F/D475E) anhand bereits kristallographisch vermessener Prokaryotentransporter. Diese Modelle bestätigten eine interaktionsrelevante räumliche Position der modifizierten Aminosäurereste innerhalb der Bindungstasche, welche eine metachrone Substrat- bzw. Inhibitorbindung nahelegte. Demnach interagiert in Kongruenz beider Untersuchungsansätze zunächst Tyr222 auf extrazellulärer Seite mit dem Liganden, während der intramembranären Konformationsänderung des Transporters erfolgt dann eine Transposition des Substrates respektive Inhibitors auf Asp475 auf der Zytosolseite.