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Zusammenfassung: Hintergrund: Mit einer Lebenszeitprävalenz von 1 % und einem Ersterkrankungsalter in der frühen Adoleszenzperiode verursachen Schizophrenien (SCZ) und bipolare Störungen (BPD) großes individuelles Leid. Die genetische Komponente beider Erkrankungen liegt mit einer Heritabilität von bis zu 80 % im Vergleich zum Anteil von Umweltfaktoren sehr hoch. Aufgrund seiner Lage auf dem Locus 12q22-24, einem Hot spot für SCZ und BPD, stellt DYNLL1 ein interessantes positionales Kandidatengen dar. Das Protein, eine 8 kD schwere leichte Dyneinkette ist ein multifunktionales Protein. Durch seine Funktion als Inhibitor von NOS-I, seiner Beteiligung am postsynaptischen NMDA-Proteinkomplex, einer möglichen Interaktion mit NUDEL/DISC1, seiner Ähnlichkeit zu KIF2 und nicht zuletzt wegen der Interaktion mit KIBRA stellt DYNLL1 auch aufgrund seiner Funktion ein relevantes funktionelles Kandidatengen für beide Erkrankungen dar. Methoden: In einer Fall-Kontrollstudie wurden daher sechs Single nucleotid polymorphismen (SNPs) und deren entsprechenden Haplotypen bei 284 Kontrollen, 246 Patienten, die an einer SCZ und 90 Patienten, die an einer BPD litten analysiert, um eine Assoziation dieses Gens mit den entsprechenden Phänotypen zu untersuchen. Ergebnisse: Es zeigte sich eine Assoziation des Markers rs787828 mit SCZ, darüber hinaus eine signifikante Assoziation eines Haplotyps (TTATAG), letztere allerdings nur mit einer Frequenz von 1%. Bei der bipolaren Störung waren dagegen sowohl zwei Polymorphismen (rs1167705 und rs580016), als auch ein Haplotyp (TTGTAG) signifikant mit der Erkrankung assoziiert. Aufgrund der kleineren Stichprobengröße ist es jedoch wichtig, diesen Befund nochmals zu replizieren, um falsch positive Befunde auszuschließen. Zusammenfassung: Sowohl SNPs als auch Haplotypen im DYNLL1 Gen zeigten Assoziationen mit Schizophrenie und der bipolaren Störung, was die These unterstützt, dass DYNLL1 ein relevantes Kandidatengen für beide Erkrankungen ist. Um die Bedeutung von DYNLL1 in der Pathophysiologie der SCZ und der bipolaren Störung weiter aufzuklären, müssen die assoziierten Varianten bezüglich möglicher Auswirkungen auf Genexpression, Proteinfunktion und physiologische Parametern hin weiter untersucht werden.
Die Melanomentstehung bei Rückkreuzungshybriden des Zahnkarpfens Xiphophorus wird durch die Überexpression des geschlechtschromosomalen Xmrk Onkogens verursacht. Im Wildtyp ist die Aktivität von Xmrk durch einen autosomalen Regulatorlocus R unterdrückt. Ziel dieser Arbeit war es, Erkenntnisse über die Expressionsregulation des Xmrk Onkogens zu gewinnen. Dazu wurden einerseits Experimente zur Kartierung von R durchgeführt, die eine Positionsklonierung des Gens erlauben würden. Zum anderen konnte durch die Analyse verschiedener Xmrk Mutanten ein genregulatorisches Element im Xmrk Onkogen identifiziert werden.
Shiga Toxin-produzierende Escherichia coli (STEC) verursachen Diarrhöen und hämorrhagische Colitis. Als lebensbedrohliche Komplikation können sie ein hämolytisch-urämisches Syndrom auslösen. Bisher identifizierte Virulenz-faktoren der STEC sind auf Bakteriophagen, Plasmiden und Pathogenitätsinseln kodiert. Bei der Mehrzahl der klinischen STEC-Isolate konnte die Pathogen-itätsinsel LEE (locus of enterocyte effacement) nachgewiesen werden. Der LEE ist stromabwärts des Gens für eine Selenocystein-tRNA (selC) ins Chromosom integriert. Ziel der vorliegenden Arbeit war die Charakterisierung von STEC, denen der LEE fehlt und die funktionelle Analyse von potentiellen Virulenz-assoziierten Genen. Dabei wurde eine Fokussierung auf Gene vorgenommen, die im Bereich der selC-Region vorkommen. Mittels PCR wurde zunächst überprüft, ob bei den LEE-negativen STEC-Stämmen Fremd-DNA in der selC-Region integriert ist. Hierzu wurden 35 LEE-negative STEC getestet. Bei 13 Stämmen konnte eine Insertion von Fremd-DNA gezeigt werden. Von einem dieser Stämme (E. coli 4797/97, Serovar O91:H-) wurde aus einer Genbank ein die selC-Region enthaltendes DNA-Fragment identifiziert. Ein 37,7 kb großes Fragment dieses Cosmids wurde vollständig sequenziert. Die Analyse der gesamten Sequenz ergab 30 offene Leserahmen mit Längen zwischen 95 und 4092 bp. Der G+C-Gehalt betrug 47,4%. An mehreren Stellen wurden Bereiche mit hoher Homologie zu verschiedenen Insertionssequenzen, inverted repeats und Integrasen gefunden. Drei Leserahmen hatten eine hohe Homologie zu bereits bekannten Genen. Hierbei handelt es sich um die iha- , btuB- und espP-Gene von E. coli. Das iha-Gen kodiert für ein Adhärenz-vermittelndes Protein, btuB für den Vitamin B12 Rezeptor und espP für eine Serinprotease. Bei den iha-Adhäsinen und Serinproteasen handelt es sich um potentielle Pathogenitätsfaktoren. Der sequenzierte Bereich hat somit die charakteristischen Eigenschaften einer Pathogenitätsinsel: Die Präsenz von mehreren Pathogenitätsgenen und mobilen Elementen (Insertionselemente, Integrasen), die Lokalisation nahe an tRNA-Genen sowie ein veränderter G+C-Gehalt gegenüber dem Restgenom. Zur weiteren Charakterisierung des espI-Genprodukts wurde espI subkloniert. Bei der Untersuchung von Kulturüberständen zeigte sich, dass der Subklon DH5/pzh4 ein Protein von etwa 110 kDa sezernierte. In weiteren Experimenten konnte gezeigt werden, dass die Serinprotease des Stammes 4797/97 als 140,8 kDa großes Vorläuferprotein synthetisiert und während des anschließenden Exportvorganges sowohl N-terminal als auch C-terminal prozessiert wird. Das C-terminale Ende wirkt als Translokator durch die äußere Membran, wo es nach Abspaltung des reifen EspI-Proteins verbleibt. Das reife Protein weist eine Größe von 110,5 kDa auf. Der hier gezeigte Transportmechanismus ist charakteristisch für sogenannte Autotransporter-Proteine. Trotz der hohen Sequenzhomologie zur IgA1-Protease von Neisseria gonorrhoeae, die als Prototyp der Autotransporter-Proteine gilt, konnte für EspI keine Proteaseaktivität gegenüber IgA gezeigt werden. EspI weist auch hohe Sequenzhomologie zu Exoproteinen von Shigella flexneri (SepA, Mucinase und SigA), EHEC (EspP) und vogelpathogenen E. coli (Tsh) auf, allerdings konnte keines der Substrate dieser Proteasen von EspI gespalten werden. Dagegen konnte eine proteolytische Aktivität gegenüber Schweine-Pepsin A und Apolipoprotein A1 nachgewiesen werden. Die putative Virulenz und räumliche Nähe der Gene espI, btuB und iha macht diese Region zum interessantesten Stück der im Rahmen dieser Arbeit identifizierten neuen Pathogenitätsinsel. Eine PCR-Untersuchung zur Verbreitung dieser Gene zeigte, dass diese Region bei LEE-negativen STEC weit verbreitet ist. Inwieweit diese Pathogenitätsinsel einen Einfluss auf die Virulenz von STEC hat, muss in weiteren Experimenten geklärt werden.
Citrobacter freundii sind Gram-negative, bewegliche, stäbchenförmige Bakterien aus der Familie der Enterobacteriaceae. Als opportunistischer Erreger kann C. freundii beispielsweise Harnwegsinfektionen und Neugeborenen-Meningitis verursachen. Die Internalisierung von C. freundii 3009 in das Endosom von Harnblasenepithelzellen (T24) erfolgt in vitro über einen ausschließlich Mikrotubuli-abhängigen Mechanismus. Als genetische Grundlage der Invasionskompetenz von C. freundii 3009 wurde in Vorarbeiten eine im Chromosom lokalisierte Invasionsdeterminante identifiziert, die eine hohe Identität zum Typ 1 Fimbrien Gencluster (fim) von Salmonella enterica serovar Typhimurium aufweist. Diese in Plasmid pTO3 klonierte Invasionsdeterminante vermittelt nicht-invasiven E. coli K12 Stämmen Invasivität. Im Gegensatz dazu sind rekombinante E. coli K12 Klone, die das fim Operon aus S. enterica serovar Typhimurium bzw. E. coli oder andere E. coli Adhäsindeterminanten tragen, nicht invasiv. Im Rahmen dieser Arbeit wurden die für die Invasionsfähigkeit von C. freundii 3009 essentiellen Gene der klonierten Invasionsdeterminante ermittelt. Dies geschah zum einen durch Subklonierung von Teilen des Plasmids pTO3. In anschließenden Invasionsassays wurden die entsprechenden E. coli K12 Klone hinsichtlich ihrer Fähigkeit zur Invasion untersucht. Die Internalisierung des Wildtyps C. freundii 3009 sowie der invasiven rekombinanten E. coli K12 Stämme konnte nicht nur, wie erwartet, mittels Mannose, sondern auch mittels Chitinhydrolysat [(GlcNAc)n] inhibiert werden. Zum anderen wurden C. freundii Wildtypmutanten konstruiert, in denen der zentrale Teil der Invasionsdeterminante deletiert ist. Diese chromosomalen Deletionsmutanten weisen im Vergleich zum Wildtyp 3009 eine deutlich reduzierte Invasionsrate in die humane Harnblasenepithelzellinie T24 auf. Für die Komplementante wurde die Wiederherstellung des invasiven Phänotyps demonstriert. Darüber hinaus ist bekannt, dass C. freundii 3009 in humane mikrovaskuläre Endothelzellen aus dem Gehirn (HBMEC) eindringen und dort replizieren kann. In der vorliegenden Arbeit wurde gezeigt, dass sowohl C. freundii 3009 als auch der, die fimCf Determinante tragende, rekombinante E. coli Stamm HB101pPH1 in der Lage sind, im Tiermodell mit neugeborenen Ratten die Blut-Hirn-Schranke zu überwinden. Neben der Analyse der Funktion der klonierten C. freundii 3009 fim Determinante in Invasionsassays und mittels Mannose-sensitiver Hefeagglutination, wurden die Genprodukte selbst ebenfalls nachgewiesen. Durch radioaktive Markierung der für die Invasivität essentiellen Proteine nach induzierter Transkription in einem T7 Phagenexpressionssystem konnten die Molekulargewichte von FimCfA, FimCfD, FimCfF und FimCfH ermittelt werden. Diese stimmen mit den von der DNA Sequenz abgeleiteten Molekulargewichten gut überein. Sowohl mit C. freundii 3009 als auch mit entsprechenden rekombinanten E. coli K12 Stämmen gelang es in Westernblots, das Adhäsin FimCfH an der Bakterienoberfläche nachzuweisen. Dies konnte auch für FimCfF in denselben rekombinanten E. coli K12 Stämmen gezeigt werden. Allerdings scheinen die FimCf Proteine nicht zu einem Pilus assembliert zu werden, da in elektronenmikroskopischen Untersuchungen von C. freundii 3009 oder die fimCf Determinante tragenden E. coli K12 Stämmen niemals Fimbrien beobachtet werden konnten. Da auch bestimmte Typ 1 Fimbrien Varianten aus E. coli über das Adhäsin FimEcH die Internalisierung der Bakterien in Blasenepithelzellen zu induzieren vermögen, wurden die fimEc Gencluster aus den beiden human pathogenen E. coli Stämmen 536 (uropathogenes Isolat) und IHE3034 (Neugeborenen-Meningitis Isolat) kloniert. Zudem wurde die Invasionsfähigkeit des E. coli K1 Stamms IHE3034 und der fim negativen Insertionsmutante IHE3034-2 charakterisiert. Typ 1 Fimbrien werden als wichtige Virulenzfaktoren von uropathogenen E. coli (UPEC) angesehen. Trotzdem konnte eine Reihe von klinischen UPEC Isolaten identifiziert werden, die diesen Adhäsintyp nicht mehr exprimieren. Genetische Untersuchungen im Rahmen dieser Arbeit ergaben, dass in 11 Isolaten das fimEc Operon vollständig aus dem Chromosom der Bakterien deletiert ist. In den übrigen 6 Isolaten ist noch ein Teil des 3´-Endes des Gens fimECH vorhanden. Außerdem ist in die Deletionsstelle dieser 6 Isolate ein IS1 Element von E. coli inseriert. In den übrigen uropathogenen Isolaten sind auch angrenzende DNA Bereiche von der Deletion betroffen. Abschließend kann festgestellt werden, dass eine fim ähnliche Determinante in C. freundii 3009 als Invasionssystem fungiert. Die Typ 1 Fimbrien der E. coli Stämme 536 und IHE3034 sind zwar notwendig, aber nicht hinreichend für die Invasivität. Obwohl Typ 1 Fimbrien als wichtige Virulenzfaktoren von uropathogenen E. coli gelten, ist dennoch in einer Reihe von klinischen UPEC Isolaten das fimEc Operon deletiert.
Eine eindeutige Unterscheidung zwischen extraintestinal pathogenen (ExPEC) und kommensalen E. coli-Stämmen zu treffen, fällt häufig schwer, da Virulenz-assoziierte Faktoren von ExPEC auch in kommensalen Stämmen gefunden werden können. Als naher Verwandter des uropathogenen Isolates E. coli CFT073 weist der apathogene, kommensale Stamm E. coli Nissle 1917 (O6:K5:H1) die Expression einer Vielzahl solcher „ExPEC-Virulenzfaktoren“ auf. Dazu gehören verschiedene Fimbrien, Siderophore und Proteine, die an der Biofilmbildung beteiligt sind. Der Vergleich des Stammes mit ExPEC-Isolaten lässt daher Rückschlüsse auf die Funktion dieser Faktoren im jeweiligen ökologischen Kontext zu. E. coli Nissle 1917 bildet den sog. rdar-Morphotyp aus, eine multizelluläre Struktur, die auf der Koexpression von Zellulose und Curli-Fimbrien beruht. Dieser findet sich bei vielen E. coli und Salmonella-Spezies, tritt aber in der Regel nur bei Temperaturen unterhalb 30 °C auf. E. coli Nissle 1917 hingegen weist diesen Phänotyp auch bei 37 °C auf, was vermutlich die Kolonisierungsfähigkeit gegenüber anderen kommensalen E. coli erhöht. Hier konnte demonstriert werden, dass die Expression des rdar-Morphotyps bei E. coli Nissle 1917 unabhängig von den bisher beschriebenen Regulatoren CsgD und YaiC ist. Mittels Mutagenese mit dem Transposon miniTn5 wurde nach rdar-negativen Klonen gesucht mit dem Ziel, einen möglichen übergeordneten Regulator dieses Phänotyps zu identifizieren. Bei dieser Untersuchung wurden einige Gene ermittelt, die bislang nicht dafür bekannt waren, die Expression von Zellulose oder Curli-Fimbrien zu beeinflussen. Während die Funktion vieler der ermittelten ORFs unbekannt war, hatte vor allem die Inaktivierung von Genen, die an der Biosynthese von Oberflächenstrukturen (Fimbrien, Kapsel, Colansäure, LPS) einen veränderten Phänotyp zur Folge. Allerdings konnte in den wenigsten Fällen ein Zusammenhang zu Curli- oder Zellulosesynthese hergestellt werden. Es zeigte sich, dass die Regulation des rdar-Morphotyps offenbar komplexer und von mehr Faktoren zumindest indirekt abhängig ist, als bislang beschrieben. Im zweiten Teil dieser Arbeit wurde eine 55 kb große genomische Insel untersucht, die im asnW-tRNA-Lokus inseriert ist und die Proteine für die Synthese eines hybriden nichtribosomalen Peptid-Polyketids kodiert. Die Insel konnte mittels PCR in extraintestinal pathogenen sowie kommensalen Isolaten der phylogenetischen Gruppe B2 nachgewiesen werden, darunter die Stämme E. coli Nissle 1917, IHE3034, CFT073 und J96. Eine Kokultivierung von HeLa-Zellen mit diesen Bakterien hatte eine Blockierung des Zellzyklus und Megalozytose (zytopathischer Effekt) zur Folge. Die Deletion der asnW-Insel führte zur Aufhebung des zytopathischen Phänotyps, der durch Einbringen des Genclusters auf einem BAC-Vektor wieder hergestellt werden konnte. Der zytopathische Effekt konnte nur nach direktem Kontakt der Bakterien mit HeLa-Zellen beobachtet werden und war weder durch Bakterienlysate, abgetötete Bakterien oder Kulturüberstände zu erzielen. Das PKS/NRPS-Gencluster umfasst 18 ORFs (clbA bis clbR), von denen 17 an der Synthese der aktiven Komponente beteiligt sind. Die Anzahl der Genprodukte und die Abfolge der putativen Domänen unterscheidet sich dabei von allen bislang beschriebenen PKS/NRPSSystemen. Untersuchungen zur Transkription ergaben drei monocistronisch und vier teilweise sehr große (bis 23 kb) polycistronisch transkribierte Einheiten aus bis zu sechs ORFs. Zudem konnte eine konstitutive Transkription aller ORFs festgestellt werden, wenngleich in unterschiedlicher Stärke. Nach Kontakt mit HeLa-Zellen wurde keine erhöhte Transkription oder Promotoraktivität einzelner ORFs festgestellt. Daher scheint die Kontaktabhängigkeit des zytopathischen Effekts nicht auf einer durch HeLa-Zellen hervorgerufenen Induktion der PKS/NRPS-Expression zu beruhen. Die Kontaktabhängigkeit konnte durch die Induktion bzw. Überexpression einer PKS/NRPS (clbB), den putativen Schlüsselenzymen Thioesterase (clbQ) und Phosphopantetheinyl-Transferase (clbA) oder dem möglichen Regulator clbR nicht überwunden werden. Mittels Luziferase-Reportergenfusionen konnte ein Einfluss unterschiedlicher Medien und Kulturbedingungen auf die Promotoraktivität einzelner Gene festgestellt werden. Dies wurde auf den Einfluss des BarA/UvrY- Zweikomponentensystems zurückgeführt, welches über CsrA/CsrBC den Kohlenstoff-Metabolismus von E. coli post-transkriptional reguliert. Die natürliche uvrY-Deletionsmutante UPEC 536 wies trotz des Besitzes des kompletten PKS/NRPS-Genclusters keinen zytopathischen Effekt auf. Dieser konnte jedoch durch Komplementation mit uvrY wieder hergestellt werden. Dies ist der erste Hinweis für einen außerhalb der asnW-Insel liegenden Regulationsmechanismus der PK/NRP-Synthese. Die Funktion des Peptid-Polyketids in vivo bleibt weiterhin unklar und könnte sowohl Fitness als auch Virulenz von E. coli beeinflussen.
Vibrio cholerae Phage K139
(2002)
Bisher sind ca. 190 verschiedene Vibriophagen beschrieben, nur 10 davon stellen filamentöse Phagen dar, der Rest gehört zu den sogenannten Caudovirales, d.h. sie weisen ein kubisches Nukleokapsid mit einem mehr oder weniger langen Schwanz auf. Der letzteren Gruppe ist auch der Phage K139 zuzurechnen. K139 ist ein temperenter Phage, dessen Wirtsspektrum sich nach bisherigen Erkenntnissen auf V. cholerae Stämme der Serogruppen O1 und O139 beschränkt. Als Rezeptor dient ihm dabei das O1 Lipopolysaccharid (LPS), Morphologisch ist er der Familie der Myoviridae zuzurechnen, innerhalb des Klassifikations-Schemas der Vibriophagen den Kappa-Phagen. Diese Phagengruppe weist eine hohe Assoziation mit epidemischen O1 El Tor Stämmen auf, es gibt aber keine Hinweise auf eine Beteiligung an der Virulenz von V. cholerae. In dieser Arbeit wurde die vollständige K139 Genomsequenz ermittelt. Diese besteht aus 33.1 kb ds DNA, die Sequenzierung deutet auf eine terminale Redundanz hin. Zusammen mit dem bereits bekannten Sequenzabschnitt ergab sich eine Zahl von insgesamt 44 offenen Leserastern (ORFs). Sowohl auf Sequenzebene als auch hinsichtlich der Organisation des Genoms konnte eine Verwandtschaft von K139 zu den P2-Phagen gefunden werden. Insgesamt weisen 26 ORFs Homologie zu P2 Genprodukten auf. Für 14 ORFs war eine Funktionszuordnung basierend auf der Homologie zu bereits bekannten Proteinen möglich. Auch über die Analyse der Sequenzmotive wurde versucht, Hinweise auf eine mögliche Funktion der putativen Proteine zu erhalten. Zur Unterstützung der bioinformatischen Auswertung wurden weiterführende Untersuchungen angestellt. So wurden die Proteine des Phagenpartikels mittels 2D SDS-PAGE und MALDI-TOF analysiert. Auf diese Weise konnten vier putative Kapsid- und drei putative Schwanz-Proteine als Bestandteil des Phagenpartikels ermittelt werden. Weiterhin wurde durch Überexpression und Restriktionsanalysen Orf8 als Adenin-spezifische Methyltransferase identifiziert. Als Methylierungssequenz wurde die Basenabfolge 5´-GATC-3´ ermittelt. Ein weiterer Schwerpunkt lag auf der Funktionszuordnung putativer Genregulatoren. Dies wurde einmal für die Proteine Orf2 und CI durch Überexpression und Konstruktion von Deletionsmutanten und deren phänotypischer Bestimmung in Plaque-Assays untersucht. Dabei konnte Orf2 eine mögliche Schutzfunktion vor superinfizierenden Phagen zugeschrieben werden. Widersprüchlich sind dagegen die Ergebnisse für die Funktion von CI, das aufgrund seiner Homologie als Repressor der Lyse dienen sollte. Zum zweiten wurde in einem Promotor-Test System der Einfluß der Proteine CI, Orf2, 8, 11, 12 und 13 auf vier verschiedene putative Promotor-Bereiche von K139 untersucht. Weiterhin wurde durch Southern Blot Analysen die Verbreitung von K139 innerhalb verschiedener V. cholerae Isolate untersucht. Dabei wurden in 50% der O1 und O139 und in 7% der Nicht-O1/O139 Stämme ein positives Hybridisierungssignal gefunden. Dabei zeigten der O1 klassische Stamm sowie zwei Nicht-O1/O139 Stämme ein verändertes Restriktionsmuster. Nähere Untersuchungen der verschiedenen Phagentypen mittels Southern-Blot und PCR zeigten eine hohe Verwandtschaft, lediglich eine Region, die der K139 Genomregion zwischen dem rep und dem orf15 Gen entspricht, zeigte auffällige Unterschiede. Die Sequenzierung ergab eine auffallend mosaikartige Struktur mit homologen und nicht-homologen Sequenzabschnitten im Vergleich der Phagen untereinander. Schließlich wurde noch eine weitere Genregion sequenziert, orf35 bis orf36, in der wirtsspezifische Sequenzunterschiede vermutet wurden. Für die Sequenz von orf35, das für das putative Schwanzfaser Protein kodiert, konnte eine mosaikartige Struktur ermittelt werden, die durch die Anwesenheit von zwei konservierten (C1 und C2) und zwei variablen (V1 und V2) Regionen zustande kommt. Die Kombination der variablen Bereiche ergab drei verschiedene Schwanzfaser-Protein Typen. Überraschenderweise korrelieren diese Typen nicht mit der Serogruppe des Wirtes. So konnte der gleiche Schwanzfaser-Typ in drei verschiedenen Serogruppen gefunden werden. Als Grund hierfür wird die Fähigkeit von V. cholerae diskutiert, durch horizontalen Gentransfer ein neues LPS Biosynthese-Cluster zu erwerben und damit die Serogruppe zu wechseln.
In dieser Arbeit wurde die systematische Suche nach krankheitsassoziierten Genen bei periodischer Katatonie fortgeführt. Für diese Erkrankung war die klinische Abgrenzbarkeit und die familiäre Häufung signifikant und ließ aufgrund der vertikalen Transmission und dem Auftreten über mehrere Generationen und hinweg auf einen Hauptgeneffekt schließen. Nach der Durchführung von Kopplungs-Analysen kristallisierten sich zwei koppelnde Regionen auf den Chromosomen 15 und 22 heraus. Mittels Haplotypanalyse konnte der Genort auf Chromosom 22q13 auf einen knapp 5 Mbp großen Bereich eingeschränkt werden. Im kodierenden Bereich des MLC1-Genes segregierte im mit periodischer Katatonie assoziierten Haplotyp eine Variante (p.Leu309Met). Da Mutationen im MLC1-Gen bereits im Zusammenhang mit Megalenzephaler Leukoenzephalopathie beschrieben worden waren, wurden in dieser Arbeit zunächst fünf Patienten mit dieser Erkrankung auf Mutationen in kodierenden Bereichen von MLC1 systematisch untersucht. Daran schloss sich eine Analyse dieses Gens bei 140 Patienten mit periodischer Katatonie an. Ein Zusammenhang zwischen Mutationen in MLC1 und dem Auftreten von Megalenzephaler Leukoenzephalopathie wurde untermauert, wohingegen die Ergebnisse eindeutig gegen eine Assoziation mit periodischer Katatonie sprachen. Ein weiteres im Gehirn exprimiertes Kandidatengen (KIAA0767/DIP) wurde in dieser Arbeit untersucht. Dabei wurden sechs SNPs im exonnahen intronischen Bereich entdeckt sowie eine Variante im Exonbereich (p.Glu156Asn). Dies ist eine seltene Normvariante, eine Assoziation zur periodischen Katatonie wurde in einer Fall-Kontroll-Studie ausgeschlossen. Insgesamt wurde durch die systematische Mutationsanalyse die Kandidatenregion auf Chromosom 22q13.3 weiter eingeengt. Gegen einen Zusammenhang zwischen MLC1 und periodischer Katatonie sprechen die vorgestellten validen Ergebnisse.
Helicobacter pylori ist ein pathogenes Bakterium, das verantwortlich gemacht wird für verschiedene Erkrankungen des Magens und Duodenums, wie beispielsweise chronische Gastritis, peptische Ulzera und maligne Lymphome. Das Bakterium zeichnet sich durch eine hohe Rekombinationsrate aus und besitzt ein hohes Maß an genetischer Allelvielfalt. Im ersten Teil dieser Arbeit wurde die Rekombinationsrate und die Länge der rekombinerten DNA-Importe anhand von sequentiellen Isolaten, die zu definierten Zeitpunkten aus dem selben Patienten isoliert wurden, untersucht. Es wurden zehn Gene, darunter sieben 'housekeeping' Gene und drei virulenzassoziierte Gene, amplifiziert und sequenziert. Die Ergebnisse zeigten eine bis dahin noch nicht für Bakterien beschriebene Fragmentlänge der DNA-Importe von durchschnittlich lediglich 417 Basenpaaren. Die Rekombinationsrate war außergewöhnlich hoch. DNA-Microarray-Analysen konnten zeigen, dass es trotz dieser hohen Rekombinationsrate nur wenige Veränderungen in der genomischen Genausstattung gab. Jedoch hing das Auftreten von Rekombinationsereignissen direkt mit Veränderungen der Genausstattung zusammen. Im zweiten Teil der Arbeit wurde ein neues in vitro-Transformationsmodell entwickelt, das die in vivo ermittelten Resultate nachvollziehen sollte. Das Modell konnte sowohl die in vivo gefundene Rekombinationsrate als auch den Import von kurzen DNA-Fragmenten bestätigen, die zu einem Allelmosaik zwischen DNA-Rezipient und Donor führten. Auffällig war eine stark verminderte Transformierbarkeit mit Donor-DNA aus asiatischen H. pylori-Stämmen. Um eine mögliche Beteiligung des Nukleotid-Excisions-Reparatur (NER) Mechanismus an der Rekombination zu ermitteln, wurden zwei Gene des Mechanismus ausgeschaltet. Die Ergebnisse der NER--Mutanten (uvrA-, uvrD-) zeigten eine starke Verminderung der Transformierbarkeit. Diese Verminderung hatte jedoch keinen Einfluss auf die Länge der rekombinierten DNA-Importe. Das Ausschalten des uvrA-Gens führte zudem zu einer erhöhten Sensibilität gegenüber UV-Licht. Der NER-Mechanismus ist bei H. pylori in einer noch nicht aufgeklärten Weise an der Rekombination beteiligt. In einem Rhesusaffen-Tiermodell wurde die initiale Besiedlung mit H. pylori untersucht. Die Tiere stellen einen natürlichen Wirt dar und zeigen ähnliche Krankheitssymptome wie menschliche Patienten. Die Rhesusaffen wurden experimentell mit zwei klinischen H. pylori-Isolaten infiziert. Die Reisolation zu bestimmten Zeitpunkten zeigte, dass sich nur einer der beiden Stämme im Affenmagen etablieren konnte und der zweite Stamm verdrängt worden war. In einem zweiten Versuchsansatz wurden die persistent infizierten Affen mit vier weiteren H. pylori-Stämmen infiziert, um eine transiente Koinfektion zu simulieren. Diese Stämme verdrängten jedoch den bereits etablierten Stamm, und es konnte keine in vivo-Rekombination festgestellt werden. Dennoch ist dieses Modell das Erste, in dem eine persistierende experimentelle H. pylori-Infektion in Rhesusaffen über einen Zeitraum von mehr als vier Jahren nachgewiesen werden konnte. Die Ergebnisse liefern wichtige Hinweise auf den beim Menschen meist unentdeckten Anfang der H. pylori-Infektion. Die Untersuchungen an weiteren Spezies des Genus Helicobacter zeigten, dass die beschriebene Spezies Heelicobacter nemestrinae keine eigene Spezies darstellt, sondern der Spezies H. pylori zugeordnet werden konnte. Den damit nächsten 'Verwandten' stellt die Spezies H. acinonychis dar, deren Stämme sich untereinander wesentlich weniger stark unterscheiden als H. pylori-Stämme. Die Ergebnisse dieser Arbeit liefern wichtige Daten zum Verständnis der Evolution und Mikroevolution innerhalb eines Wirtes von H. pylori, die zu besseren Strategien in der Bekämpfung dieses pathogenen Bakteriums führen können.
Herzinsuffizienz ist eine Krankheit mit wachsender medizinischer und ökonomischer Bedeutung. Die dilatative Kardiomyopathie (DCM) ist eine der Hauptursachen für Herzversagen und führt in den meisten Fällen zu einer Herztransplantation. 20-30 % der DCM-Erkrankungen haben einen genetischen Hintergrund. Durch die Anwendung molekulargenetischer Methoden konnte bereits eine Reihe DCM-verursachender Gene identifiziert werden. Mutationen in Zytoskelettproteinen führten zu der Hypothese, dass eine Beeinträchtigung der Kraftübertragung vom Sarkomer auf be-nachbarte Myozyten eine Ursache für die DCM sein könnte. Zusätzlich scheint auch eine reduzierte Kraftentwicklung, ausgelöst durch Mutationen in den Proteinen des Sarkomers die Entwicklung der DCM zu begünstigen. Darüber hinaus wurden Mutationen in Proteinen gefunden, wie z.B. im Lamin A/C- oder Tafazzin-Gen, deren Rolle in der Pathophysiologie der DCM noch nicht geklärt sind. Um die Komplexität der genetischen Defekte, die eine DCM verursachen, besser zu verste-hen, ist es notwendig weitere krankheitsverursachende Gene zu identifizieren. Im ersten Projekt untersuchten wir eine Familie (DCM-I) mit 16 an DCM erkrankten Familienmit-gliedern. Der Phänotyp folgte einem autosomal-dominanten Erbgang. Nach Ausschluss aller be-kannter DCM-Loci, führten wir eine genomweite genetische Suche mit den Mikrosatellitenmarkern der 10. Version des Weber-Screeningsets durch. Durch die Kopplungsanalyse war es möglich, ge-netische Kopplung für 80 % des Genoms auszuschließen. Mehrere benachbarte Marker auf dem langen Arm von Chromosom 7 zeigten hingegen Kosegregation mit dem Krankheitsstatus. Ein maximaler LOD-Score von 4,20 wurde für die Marker D7S471 und D7S501 erzielt. Die Feinkartie-rung mit zusätzlichen Markern identifizierte eine Kandidatenregion, die von den beiden Markern D7S2545 und D7S2554 begrenzt wird und ein Intervall von 9,73 Mb umschließt. In dem minima-len Intervall sind 32 Gene sowie 6 aufgrund von Sequenzvergleichen vorhergesagte Transkripte kodiert. Keines dieser Gene kodiert für ein Zytoskelett- oder Sarkomerprotein. Durch Sequenzana-lyse konnten wir eine neue DCM-verursachende Mutation (A100G) in Exon 2 des Gens DLD iden-tifizieren, das für das mitochondriale Protein Dihydrolipoamid-Dehydrogenase (E3) kodiert. Die Mutation veränderte die vorletzte Aminosäure des Signalpeptids, das den Import des Proteins in die Mitochondrien dirigiert. Daher hatten wir die Hypothese, dass möglichweise der Transport oder die Prozessierung des Signalpeptids beeinträchtigt sein könnte. Dazu haben wir das DLD-Signalpeptid mit GFP markiert und die Verteilung des Fusionsproteins in transfizierten humanen Zellen und in isolierten Mitochondrien untersucht. Die Resultate zeigten, dass die Fusionsproteine mit dem mu-tierten Signalpeptid genauso in die Mitochondrien transportiert und prozessiert wurden, wie die Fusionsproteine mit dem Wildtyp-Signalpeptid. Die Enzymaktivität der Dihydrolipoamid-Dehydrogenase in Lymphozyten mit der Mutation A100G liegt innerhalb der normalen Brandbreite und ist im Vergleich zu der Enzymaktivität in Kontroll-Lymphozyten nicht reduziert. Die Identifikation von DLD, einem Protein des Energiemetabolismus, als neues DCM-verursachendes Gen in Familie DCM-I, kann zu einem besseren Verständnis der komplexen Pa-thophysiologie der dilatativen Kardiomyopathie beitragen. Im zweiten Projekt haben wir eine Familie (DCM-II) untersucht, in der die erkrankten Familien-mitglieder eines oder meherer der folgende Symptome aufwiesen: Reizleitungsstörungen, Schlag-anfall, dilatative Kardiomyopathie, Gliedergürtel-Muskeldystrophie. Dilatative Kardiomyopathie assoziiert mit Reizleitungsstörungen und Skelettmyopathie ist mit Mutationen im Gen für Lamin A und Lamin C (LMNA) korreliert. Zusätzlich wurden Mutationen im LMNA in Zusammenhang mit der Emery-Dreifuss-Muskeldystrophie, der Gliedergürtel-Muskeldystrophie, Lipodystrophie, dem Charcot-Marie-Tooth-Syndrom und der Hutchinson-Gilford Progerie beschrieben. Da über 90 % der LMNA-Mutationen Missense-Mutationen sind, resultierte daraus die Hypothese, dass die mu-tierten Proteine über einen dominant-negativen Effekt die dreidimensionale Struktur der Lamin-Intermediärfilamente zerstören. Durch Sequenzanalyse der proteinkodierenden Exons des LMNA konnten wir einen Basenpaaraus-tausch von C nach T an Position 700 (C700T) in Exon 4 identifizieren, der mit dem Phänotyp in der Familie segregierte. Die Mutation führte zum Einbau eines vorzeitigen Stop-Codons (PTC) an Position 234 (Q234X) der Aminosäuresequenz. Bei der Sequenzanalyse der Lamintranskripte aus Lymphozyten von erkrankten Individuen konnten wir nur das Wildtyp-Allel detektieren, aber nicht das mutierte Allel, was darauf schließen ließ, dass das mutierte Allel möglicherweise durch einen Kontrollmechanismus (nonsense-mediated mRNA decay, NMD) degradiert wurde. Nach Inhibition des NMD durch Inkubation der Lymphozyten mit Cycloheximid oder Emetin, akkumulierte das mutierte Transkript wieder in der Zelle. Die Quantifizierung der Lamintranskripte durch Amplifi-kation mittels Real-Time-PCR zeigte eine deutliche Reduktion der Menge an Transkripten in Fi-broblasten von erkrankten Familienmitgliedern. Die Western-Blot-Analyse konnte eine reduzierte Expression von Lamin A und Lamin C bestätigen. Die Ergebnisse zeigen, dass das Transkript mit dem PTC durch die NMD-Maschinerie degradiert wird und eine Haploinsuffizienz von Lamin A und Lamin C die DCM in dieser Familie verursacht.
Das Studium der Nierenentwicklung gibt Einblicke in generelle entwicklungsbiologische Prozesse wie induktive Wechselwirkungen, mesenchymale Kondensation, mesenchymale-epitheliale Umformung, Determinierung von Zellschicksal sowie Differenzierung und damit auch in die Entstehung congenitaler Fehlbildungen. Nach Induktion durch die Ureterknospe entstehen aus dem metanephrogenen Mesenchym die funktionellen Einheiten der Niere - die Nephrone - und das Nierenstroma. Diesen morphogenetischen Prozessen liegen komplexe regulatorische Veränderungen in der Genexpression zugrunde, die bislang nicht im Detail aufgeklärt sind. Ziel dieser Arbeit war deshalb die Identifizierung bekannter und insbesondere neuer Gene, die durch Induktion im metanephrogenen Mesenchym reguliert werden. Mit Hilfe der ddPCR und Transfilter-Organkulturen wurde die Genexpression von induziertem versus nicht-induziertem Mesenchym aus Mäuse-Nierenanlagen untersucht. Einzelne Kandidaten wurden auf differenzielle Expression durch Northern Blot Analyse überprüft und für die weitere Charakterisierung ausgewählt. Als eines der bekannten Gene wurde sFRP2 als im metanephrogenen Mesenchym induziert bestätigt und durch in situ Hybridisierung ganzer Mäuseembryonen und Paraffinschnitte näher untersucht. Es zeigt eine spezifische und dynamische Expression während der Entwicklung der Niere und anderer Gewebe, die mit den Expressionsmustern von sFRP1 und sFRP4 verglichen wurde. Die detailierte Genexpressionsanalyse der sFRP-Familie in der murinen Embryonalentwicklung sollte als Grundlage für funktionelle Studien dieser erst kürzlich entdeckten neuen Genfamilie dienen. Erste Untersuchungen der ddPCR-Produkte C0-5, J6-3 und M2-4 zeigten, daß es sich um neue Gene handelt, die unterschiedliche Expressionsmuster in der Niere zeigen. Während C0-5 dynamisch in Epithelzellen von Ureter und Nephronvorläufern exprimiert ist, markiert J6-3 Stromazellen und M2-4 ist bereits im kondensierenden Mesenchym, später aber auch in den epithelialen Derivaten nachweisbar. Die Isolierung und Analyse der dem C0-5-ddPCR-Fragment entsprechenden cDNA zeigte, daß sie für ein kollagenartiges Protein codiert, welches beim Menschen in der Nähe des EWS-Gens auf Chromosom 22q12 liegt. Darüber hinaus wurde eine neue zu hairy und dem E(spl)-Komplex verwandte Genfamile identifiziert. Aufgrund ihrer Verwandtschaft und einem charakteristischen YRPW-Tetrapeptid wurden sie als Hey-Gene bezeichnet für: "hairy- und E(spl)-verwandt mit YRPW-Motiv". Sie zeigen gegenüber hairy/E(spl) oder den entsprechenden Vertebraten-Homologen der Hes-Genfamilie veränderte DNA- und Protein-Bindungseigenschaften. Darüber hinaus korrelieren ihre Expressionsmuster häufig mit Genen des Delta-Notch-Signaltransduktionsweg, was auf eine Beteiligung der Hey-Gene an Zelldeterminierung und Bildung von Zellgrenzen hinweist. Diese Vermutung konnte durch die Analyse von Dll1-Knockout-Mäusen für die Somitogenese ansatzweise bestätigt werden. Die Kombination von Transfilter-Organkultur mit ddPCR erwies sich als geeignet, um transkriptionell regulierte Gene des metanephrogenen Mesenchyms zu identifizieren. Expressions- und Sequenzanalyse vor allem der neuen Gene deutet auf ihre Beteiligung an der Entwicklung der Niere und anderer Gewebe hin, die nun im Einzelnen untersucht werden muß. Mehr als 50 weitere Kandidaten für neue Gene bilden eine breite Basis zur weiteren Erforschung molekularer Grundlagen der Nierenentwicklung.
Der MHC der Lewis.1F-Ratte (RT1f) stimuliert die präferentielle Expansion von CD8-T-Zellen, die das V-Segment 8.2 (AV8S2) der TCR-alpha-Kette verwenden. Sowohl als Folge der positiven thymischen Selektion in der Lewis.1F-Ratte (LEW.1F) wie auch bei der RT1f-Alloerkennung. Es war Ziel dieser Arbeit, das MHC Kl. I-Molekül der LEW.1F-Ratte, das diese präferentielle Expansion von AV8S2-Zellen induziert, zu klonieren sowie die Kontaktpunkte der Interaktion zwischen dem MHC-Molekül und AV8S2 zu kartieren. Über RT-PCR wurde ein MHC-I-Gen der LEW.1F-Ratte (RT1.Af) isoliert, sequenziert und zusammen mit einem anderen MHC-I-Gen aus der LEW.1F-Ratte (A2f) analysiert, das von einer Arbeitsgruppe aus Babraham (Cambridge, UK) gefunden worden war. Durch einen Nukleotidsequenz-Vergleich von Af und A2f mit bekannten Ratte-MHC-I-Genen konnte gezeigt werden, daß die Sequenzen beider charakteristisch für Ratte-MHC-I-Gene sind. Beide Moleküle wurden stabil in L-Zellen, rCD80-transfizierte P815-Zellen und T-Zellhybridomen (THO35/1) exprimiert. Die serologische Charakterisierung mit 19 RT1f-reaktiven Alloantikörpern ergab, daß sich die LEW.1F-Serologie alleine durch Af erklären läßt. In einem Zytotoxizitätstest mit LEW.1F-reaktiven zytotoxischen T-Lymphozyten, wurde Af spezifisch erkannt, A2f dagegen nicht. Serologie und Zytotoxizitätstest zeigen, daß die RT1f-spezifische Alloerkennung das Af-Molekül fokussiert, A2f unbedeutend scheint. Möglicherweise, da dieses Molekül in der LEW.1F-Ratte nur schwach exprimiert ist. Die Interaktion von Af und A2f mit AV8S2-Zellen wurde mittels einer MLR (gemischte Lymphozytenreaktion) in der Alloerkennung untersucht: Af, nicht aber A2f, stimuliert die präferentielle Expansion AV8S2-positiver CD8-T-Zellen in der Alloreaktion. Somit ist Af als das Molekül identifiziert, daß die Überselektion von AV8S2-Zellen vermutlich auch in der thymischen Repertoire-Selektion induziert. Zur Kartierung der Af/AV8S2-Interaktion wurden Hybridmoleküle aus Aa und Af gentechnisch hergestellt: Aa und Af unterscheiden sich extrazellulär nur in sieben Aminosäuren, die konzentriert auf zwei Regionen des MHC-Moleküls liegen: "Region I" (AS 62, 63, 65, 69, 70) und "Region II" (167, 169). Aa stimuliert keine präferentielle AV8S2-Zell-Expansion, daher muß die charakteristische Kombination dieser sieben Aminosäuren für die präferentielle Interaktion mit AV8S2-positiven CD8-T-Zellen ausschlaggebend sein. Durch MLRs mit Hybrid-exprimierenden Stimulatorzellen wurde gezeigt, daß beide Regionen zur präferentiellen Expansion AV8S2-exprimierender CD8-T-Zellen beitragen. Durch den Vergleich mit anderen Daten unseres Labors konnte dargelegt werden, daß die beta-Kette zur präferentiellen Interaktion von AV8S2-Zellen mit Af keinen spezifischen Beitrag leistet. Ebenso unbeteiligt ist die Komplementarität-bestimmende Region 2 (CDR2) der alpha-Kette. Die charakteristischen Sequenzen von CDR1alpha und CDR3alpha dagegen sind für die präferentielle Expansion von AV8S2-positiven CD8-T-Zellen durch Af essentiell.
Die primäre Gonarthrose ist ein komplexer, multifaktoriell bedingter Krankheitsprozess mit genetischer Komponente und gilt aufgrund ihrer epidemiologischen und sozioökonomischen Bedeutung als Volkskrankheit. Die Gene bzw. Proteine der Wnt- Familie spielen eine wichtige Rolle in der komplexen Regulation der Morphogenese, der Zelldifferenzierung , -proliferation und der Homöostase von Knochen und Knorpel. LRP 1 und LRP 5 fungieren als Co-rezeptoren des Wnt- Signalweges. In der vorliegenden Untersuchung wurden der A217V Polymorphismus des LRP 1 Gens und der A1330V Polymorphismus des LRP 5 Gens auf eine signifikante Assoziation mit dem Auftreten primärer Gonarthrose in einem arthroskopisch definierten Patientenkollektiv untersucht. Ziel der Studie war es, klar definierte Kollektive mit möglichst extremen Zuständen gegenüberzustellen und eine hochspezifische und hochsensitive Diagnostik zu verwenden. Junge, bereits in frühen Jahren an Gonarthrose erkrankte Patienten (<45 Jahre, Gruppe 1, n= 100) wurden älteren Patienten (>55 Jahre, Gruppe 3, n= 103), die nicht an Gonarthrose erkrankt waren, gegenübergestellt. Als weitere Gruppe dienten Patienten, welche eine endoprothetische Versorgung bei fortgeschrittener Gonarthrose erhielten (>55 Jahre, Gruppe 2, n= 86). Die Diagnose der primären Gonarthrose wurde anhand anamnestischer Daten sowie arthroskopischer bzw. direkt visuell erhobender Befunde im Rahmen der Arthrotomie bei Prothesenimplantation gestellt. Der Arthroseausschluss (Gruppe 3) erfolgte ebenfalls arthroskopisch. Methodisch wurden der WOMAC- Score, die Restriktions- Fragment- Längen- Polymorphismus (RFLP) Analyse sowie die Gensequenzierung angewendet. Die Allelverteilung der untersuchten Polymorphismen von LRP 1 und LRP 5 konnte zwischen den beiden gegenübergestellten Gruppen 1 und 3 keinen signifikanten Unterschied aufweisen. Für den LRP 5 A1330V Polymorphismus ergab sich ein signifikanter Unterschied (p< 0,05) zwischen den Gruppen 2 und 3. Dies kann als Hinweis auf eine mögliche arthrosefördernde oder auch protektive Funktion dieses Polymorphismus gewertet werden. Im Vergleich der Extremkollektive (Gruppe 1 vs. Gruppe 3) deutet sich lediglich ein Trend an (p= 0,067), so dass eine Assoziation des A1330V Polymorphismus des LRP 5 Gens mit primärer Gonarthrose erst durch weitere Untersuchungen mit höherer Fallzahl eindeutig bestätigt bzw. widerlegt werden kann.
Die c-Jun-N-terminale Kinase (JNK), ein Mitglied der Familie der MAP-Kinasen (Mi-togen Activated Protein Kinases), wirkt als signalübertragender Effektor, der den klei-nen GTPasen der Rho–Familie Rac und Cdc42 nachgeschaltet ist. Rho-GTPasen spielen eine Schlüsselrolle in der Regulation von zellulären Aktinstrukturen und steuern Prozesse in der Zelle, die Änderungen der Aktinstruktur erfordern, wie z.B. Änderungen der Zellmorphologie, Zellmigration, Wachstum und Differenzierung. Genetische Studien an der Fruchtfliege Drosophila melanogaster konnten eine Rolle des Drosophila-JNK-Homologs DJNK(basket) in der Regulation von Zellbewegungen und Zellmorphologieänderungen während der Drosophila-Embryogenese zeigen. Inhibierung der Funktion von DJNK auf allen Stufen der DJNK-Signaltransduktions-kaskade führt zum sogenannten dorsal closure-Phänotyp der Embryonen mit fehlender Zellstreckung und fehlender Migration dorsaler Epithelzellen. Der molekulare Mechanismus, mit dessen Hilfe Rho-GTPasen Aktinstrukturen regu-lieren und wie JNK Einfluss auf Zellmorphologie und Zellbewegung nimmt, ist bisher nicht bekannt. Die Identifizierung neuer, mit JNK interagierender Proteine könnte zum besseren Verständnis der Funktion und Regulation von JNK führen. In dieser Arbeit wurde ein Yeast-Two-Hybrid-Screen mit dem Drosophila-Homolog DJNK/basket durchgeführt, der zur Entdeckung des Drosophila-Proteins p150-Spir als Interaktionspartner von DJNK führte. Der C-terminus des p150-Spir-Proteins enthält eine JNK-Interaktionsdomäne, ein DEJL-Motiv (Docking Site for Erk and JNK, LxL) und wird von aktivierten JNK-Proteinkinasen phosphoryliert. p150-Spir ist ein Multi-Domänen-Protein, das in seiner aminoterminalen Hälfte eine Aufeinanderfolge von vier WH2-Domänen (Wiskott Aldrich Homology Domain 2) enthält. WH2-Domänen binden monomeres Aktin, Proteine mit WH2 Domänen, wie z.B. WASP oder WAVE sind Aktinreorganisatoren. Die transiente Überexpression von p150-Spir in NIH3T3-Mausfibroblasten führt ebenfalls zu einer Aktinreorganisation. Eine weitere Domäne in p150-Spir ist eine modifizierte FYVE-Zinkfinger-Struktur (mFYVE) im zentralen Bereich des Proteins, die für die subzelluläre Lokalisation von p150-Spir von Bedeutung ist. Mutationen, welche die Zinkfingerstruktur zerstören, führen bei Überexpression in NIH3T3-Zellen zu einer zytoplasmatischen Lokalisation der mutierten p150-Spir-Proteine, während Wildtyp-p150-Spir perinukleär akkumuliert. Spir-Proteine sind evolutionär hoch konserviert. Es konnten Spir-ähnliche Sequenzen auf den humanen Chromosomen 16 und 18, in der Maus und in der Seescheide Ciona savignyi gefunden werden. Der höchste Grad an Konservierung besteht im Bereich der funktionellen Proteindomänen. Ein in allen Spir-Proteinen ent-haltenes, als Spir-Box bezeichnetes hoch konserviertes Sequenzmotiv befindet sich unmittelbar vor dem mFYVE-Zinkfinger. Die Spir-Box zeigt Strukturverwandschaft zur Rab-GTPase-Bindungsregion in Rabphilin 3A, einem Protein, das ebenfalls eine FYVE-Domäne besitzt. Rab-GTPasen sind wie FYVE-Domänenproteine in die Regulation zellulärer Vesikeltransportprozesse involviert. Das Vorhandensein beider Do-mänen in p150-Spir deutet auf eine Rolle des Proteins in zellulären Transportprozes-sen hin. Ein denkbares Modell wäre, daß p150-Spir unter der Kontrolle von JNK-Signalen zelluläre Aktinstrukturen reguliert, die für Transportprozessse in der Zelle von Bedeutung sind; p150-Spir fungiert damit möglicherweise als direktes Bindeglied zwischen MAPK-Signaltransduktionskaskaden und dem Aktinzytoskelett.
RS1 ist ein 67-68 kD großes, ubiquitär exprimiertes Protein, das sich an der Innenseite der Plasmamembran befindet und in den Zellkern wandern kann. Durch immunhistochemischen Untersuchungen an Dünndarmschnitten der Maus konnte RS1 das erste Mal in dieser Arbeit im Kern und an der Membran von Enterozyten gezeigt werden. RS1 wird von einem intronlosen Single Copy Gen kodiert und ist fähig Ubiquitin über eine Ubiquitin-assoziierte (UBA) Domäne zu binden. Es reduziert die Konzentration einiger Proteine in der Plasmamembran. Durch Expressionsversuche in Xenopus Oozyten wurde gezeigt, dass RS1 die Menge des Na+-D-Glukosekotransporters SGLT1 in der Plasmamembran transkriptionsunabhängig reduziert. Entsprechend seiner dualen Lokalisation beteiligt sich RS1 aber auch an der Transkriptionsregulation im Zellkern. In der vorliegenden Arbeit konnten Informationen über die physiologische Funktion des membranassoziierten Regulatorproteins RS1 gewonnen werden. Nach Erstellung einer RS1-knock-out Maus wurde sichergestellt, dass ein erfolgreiches Rekombinationsereignis stattgefunden hatte und RS1 tatsächlich nicht mehr exprimiert wurde. Die RS1-knock-out Mäuse waren postnatal lebensfähig, vermehrten sich gut und entwickelten eine Fettsucht mit 30 % mehr Körpergewicht, 80 % mehr Fett und um 40 % vergrößerten Fettzellen. Bei den transgenen Mäusen war weder die Nahrungsaufnahme gesteigert, noch die motorische Aktivität verringert. In der Bürstensaummembran des Dünndarmepithels konnte bei den RS1-knock-out Mäusen die siebenfache Menge an Protein des Na+-abhängigen D-Glukosekotransporters SGLT1 detektiert werden, während die Konzentration des passiven Glukosetransporters GLUT2 in der basolateralen Membran nicht verändert war. Die Zunahme der SGLT1-Proteinmenge war posttranskriptional bedingt. Bei der RS1-knock-out Maus wirkt sich der in Oozyten beobachtete Effekt an der Plasmamembran aus, während der an konfluenten LLCPK1 Zellen gezeigte Effekt im Zellkern nicht zum Tragen kommt. Die transgenen Tiere resorbierten die doppelte Menge an D-Glukose im Dünndarm. Das spricht dafür, dass bei der RS1-knock-out Maus der „turnover“ des SGLT1 beeinflusst sein muss, da die siebenfache SGLT1-Proteinmenge einem verdoppelten Transport über den SGLT1 gegenübersteht. Die RS1-knock-out Mäuse zeigten normale Insulinspiegel und reguläre oralen Glukosebelastungstests. Bei gefütterten Mäusen waren die Serumleptinspiegel ähnlich wie bei Wildtypmäusen, die typische Reduzierung des Serumleptinspiegel konnte bei den Mäusen ohne RS1 aber nicht beobachtet werden. Untersuchungen an Fettzellexplantaten ergaben, dass die Sekretion von Leptin bei RS1- knock-out-Explantaten erhöht war, während die Leptinsynthese und die insulinabhängige Regulation der Leptinsekretion nicht verändert waren. Mit der RS1-knock-out Maus wurde ein neues Fettsuchtmodell geschaffen. RS1 spielt eine physiologisch wichtige Rolle bei der Regulation der D-Glukoseaufnahme im Darm. Der visceralen Adipositas liegt wahrscheinlich eine gesteigerte Nahrungsutilisation durch die verbesserte Glukoseaufnahme über den SGLT1 im Darm zugrunde. Die gesteigerte Glukoseabsorption ist ursächlich für den Anstieg der Fettmasse. Die Fettzellen vergrößern sich und sezernieren dann mehr Leptin. Es ist davon auszugehen, dass die RS1-knock-out Mäuse eine veränderte Nahrungsutilisation aufgrund der verbesserten Glukoseaufnahme im Dünndarm aufweisen. Die Adipositas demzufolge ein sekundärer Effekt. Gleichzeitig kann aber nicht ausgeschlossen werden, dass RS1 direkt auf die Zellen des weißen Fettgewebes wirkt und bei Wildtypmäusen die Sekretion des Leptins aus Vesikeln hemmt.
Der vWF ist ein sehr großes Protein, das im Plasma als Multimer vorliegt und an der Blutgerinnung beteiligt ist. Der Größe entsprechend handelt es sich um ein Protein, das zahlreiche Funktionen bei diesem Prozess übernimmt. Genauso vielfältig können sich auch unterschiedliche Defekte des vWF auf die Hämostase auswirken. Die genetische Analyse der zu Grunde liegenden Defekte kann bei der Diagnose der von-Willebrand-Erkrankung aber auch bei der Therapie zusätzliche Informationen liefern. Ziel dieser Arbeit war es, die Mutationen im vWF-Gen zweier Patienten auf cDNA-Ebene nachzuweisen und diese in Zusammenhang mit ihrem klinischen Erscheinungsbild und den Laborparametern zu stellen. Zu diesem Zweck wurde Thrombozyten-RNA der Patienten isoliert, durch RT-PCR in cDNA umgeschrieben und sequenziert. Bei Patient 1, der eine milde Klinik aufweist, fanden sich die nicht-gekoppelten Mutationen p.R760C und p.R854Q, die bereits von Casonato und Mitarbeitern 2007 beschriebenen wurden. Im Gegensatz zu den dort festgestellten quantitativen und funktionellen Veränderungen des vWF resultiert bei unserem Patienten ein rein quantitativer Defekt. Eine de novo Mutation könnte bei Patient 1 Ursache eines somatischen Mosaiks und damit des milden Phänotyps sein. Bei Patientin 2 fand sich ein Basenaustausch von Adenin nach Thymin an der Transkript-Position 3437 (c.3437A>G). Im Gegensatz zu dem von Goodeve et al. 2007 beschriebenen Patienten mit der von-Willebrand-Erkrankung vom Typ 1, der genau diese Mutation zeigte 51, konnte bei unserer Patientin keine weitere Mutation im vWF-Gen festgestellt werden. Diese Mutation alleine führt jedoch auch zu der von-Willebrand-Erkrankung vom Typ 1, die sich in einer Verringerung der vWF-Menge, also einem quantitativen Defekt, äußert. Die Etablierung der RNA-Isolation und cDNA-Synthese aus Plättchen konnte darüber hinaus eingesetzt werden, um spezifische Transkripte in Plättchen nachzuweisen. In dieser Arbeit wurde gezeigt, dass für die massenspektrometrisch in Plättchen nachgewiesene Metalloendopeptidase Nardilysin auch das Transkript detektiert werden kann. Durch RT-PCR konnte belegt werden, dass die mRNA der beiden Isoformen NRD1-001 und NRD1-002 in Thrombozyten vorkommt.
Die Positionsklonierung hat sich als erfolgreiche Strategie zur Identifizierung und Isolierung von Genen erwiesen. Da ihre Anwendung im Allgemeinen keine Informationen über den zugrundeliegenden Pathomechanismus einer Erkrankung voraussetzt, eignen sich die Methoden der Positionsklonierung in besonderem Maße für die Erforschung hereditärer Netzhauterkrankungen. Im Rahmen der hier vorliegenden Arbeit wurden sie zur Untersuchung ausgewählter retinaler Degenerationen eingesetzt. Dabei konnten wichtige Beiträge für die Aufklärung der genetische Ursachen dieser Erkrankungen geleistet werden. Die autosomal dominante North Carolina Makuladystrophie (NCMD) oder die zentral areoläre Pigmentepitheldystrophie (CAPED) sind allelische Erkrankungen mit allenfalls gering progredientem Verlauf. Ihr Genlokus liegt in einem etwa 7,2 cM großen Bereich auf 6q14-q16.2 zwischen den DNA-Markern D6S424 und D6S1671. Mit Hilfe von 21 polymorphen DNA-Markern welche den NCMD-Lokus (MCDR1) flankieren, wurden Kopplungsanalysen in drei deutschen NCMD-Familien durchgeführt. Die Analyse der krankheitsassoziierten Haplotypen erbrachte Hinweise auf einen gemeinsamen Vorfahren aller drei Familien. Darüber hinaus konnte der MCDR1-Lokus auf 3,2 cM eingeengt werden und wird von den Markern D6S249 und D6S475 flankiert. Dies bedeutet einen wichtigen Schritt auf dem Weg zur Klonierung des zugrundeliegenden Krankheitsgens. Eine häufige Ursache für den frühzeitigen Verlust der zentralen Sehschärfe bei Jungen ist die X-gebundene juvenile Retinoschisis (RS). Ihr Genlokus wurde in einen etwa 900 kb großen Bereich auf dem kurzen Arm des X-Chromosoms (Xp22.2) kartiert, wo er von den DNA-Markern DXS418 und DXS999/DXS7161 flankiert wird. Die Analyse von EST-Sequenzen aus dieser Region ermöglichte die Isolierung eines neuen retinaspezifischen Transkriptes, welches als RS1 bezeichnet wurde. Das RS1-Gen besteht aus sechs Exonen und codiert ein Protein, welches eine in der Evolution hoch konservierte Discoidin-Domäne enthält. Diese Domäne ist in anderen Proteinen u.a. an der Ausbildung von Zell-Zell-Interaktionen beteiligt. Mutationsanalysen in betroffenen Personen aus neun nicht-verwandten RS-Familien ergaben neun verschiedene Sequenzveränderungen die mit dem Krankheitsbild der jeweiligen Familie segregierten. Einen ersten Einblick in die zeitliche und räumliche Expression ergab die Untersuchung des murinen Orthologs Rs1h mit Hilfe von Northern Blot, RT-PCR und RNA in situ-Hybridisierungen. Rs1h wird in der Maus hauptsächlich in den Photorezeptoren exprimiert. Die Expression beginnt erst postnatal und ist mit der Entwicklung der Photorezeptoren korreliert. Das Auftreten zahlreicher weißlich-gelber Flecken, sogenannter Drusen, in radiärer Anordung am hinteren Augenpol ist das charakteristische Merkmal einer Gruppe von Netzhauterkrankungen mit gemeinsamer Ätiologie, die unter dem Begriffen Doynsche Honigwaben Dystrophie (DHRD), Malattia Leventinese (MLVT) oder radiäre Drusen zusammengefasst werden. Der Genlokus dieser Erkrankung wurde auf den kurzen Arm von Chromosom 2 in den Bereich 2p16 kartiert. Die Durchsuchung von EST-Datenbanken führte zur Identifizierung des neuronal exprimerten Gens pNEU60. Dieses besteht aus zwei Exonen, wobei der vollständige codierende Bereich im zweiten Exon liegt. Die Analyse des pNEU60-Proteins ergab eine Struktur aus sieben Transmembrandomänen, dem gemeinsamen Merkmal G-Protein gekoppelter Rezeptoren, wie z.B. Rhodopsin. Patienten mit radiären Drusen zeigten keinerlei Sequenzveränderungen in pNEU60. Die Untersuchung von fast 200 Patienten mit der phänotypisch sehr ähnlichen altersbedingten Makuladegeneration (AMD), führte zur Identifizierung von drei potentiellen Mutationen, darunter eine nonsense-Mutation, sowie zwei polymorphen Veränderungen. Die Assoziation einer einzigen missense-Mutation (R345W) im ubiquitär exprimierten Gen EFEMP1 (EGF-containing fibulin-like extracellular matrix protein 1) mit der DHRD und MLVT wurde von einer amerikanischen Arbeitsgruppe nachgewiesen. Die R345W Mutation in diesem proximal zu pNEU60 liegenden Gen wurde in den zur Verfügung stehenden zwei MLVT-Familien sowie einer DHRD-Familie nachgewiesen. Bei der Analyse von 14 Patienten mit sporadischen radiären Drusen konnte weder die R345W Mutation, noch irgendeine andere krankheitsassoziierte Mutation nachgewiesen werden. Es wurden jedoch drei polymorphe Sequenzvarianten, sowie zwei polymorphe Di- bzw. Trinukleotidsequenzen identifiziert. Die Klonierung des orthologen EFEMP1-Gens des Rinds diente als Voraussetzung zur Untersuchung der Interaktionsfähigkeit von EFEMP1 mit anderen Proteinen. Mit der Anwendung des Hefe Zwei-Hybrid Systems konnte gezeigt werden, dass die EGF-Domänen von EFEMP1 eine Interaktion mit sich selbst ermöglichen. Die Einführung der R345W Mutation hatte dabei keinen Einfluss auf diese Wechselwirkungen. Die beschriebene Interaktion mit dem zur Familie der Ubiquiline gehörenden Protein DA41 konnte nicht reproduziert werden. Das Gen welches mit der inkompletten Form der X-gebundenen kongenitalen stationären Nachtblindheit (CSNB2) assoziiert ist, codiert die a1-Untereinheit des retinaspezifischen spannungsabhängigen L-Typ Kalziumkanals (CACNA1F). Mit Hilfe von RT-PCR Analysen und RNA in situ-Hybridisierungen wurde die räumliche Expression dieses Gens in der Netzhaut untersucht. Dabei wurde das CACNA1F-Transkript in der äußeren und inneren Körnerschicht, sowie in der Ganglienzellschicht nachgewiesen.
Seit der Entdeckung des ersten Gens für den Vitamin K Epoxid-Reduktase-Komplex (VKORC1), dem Schlüssel-Enzym für die Regenerierung von Vitamin K, sind keine zusätzlichen Komponenten des Komplexes beschrieben worden. Die einzige bekannte Funktion von VKORC1 ist bislang die Reduktion von Vitamin K-2,3-Epoxid, welches bei der post-translationalen Carboxylierung von Proteinen als oxidierter Kofaktor anfällt, und im sogenannten Vitamin K-Zyklus regeneriert wird. VKORC1 ist zugleich das Zielprotein antikoagulativer Medikamente der Coumarin-Gruppe, wie Warfarin oder Marcumar. Mutationen im VKORC1-Gen führen zu einem signifikanten Effekt auf die benötigte Coumarin-Dosis und die Stabilität der Hämostase in der Thrombosebehandlung mit Antikoagulanzien. Gleichzeitig mit VKORC1 wurde ein stark sequenz-homologes Protein identifiziert, das „VKORC1-like1“ (VKORC1L1) genannt wurde und dessen physiologische Funktion zu Beginn dieser Arbeit völlig unbekannt war. Die vorliegende Arbeit beschäftigte sich mit zwei Aspekten des Vitamin K-Stoffwechsels: A. Den enzym-kinetischen Eigenschaften und der subzellulären Lokalisation des VKORC1L1-Proteins sowie B. der Identifizierung und Charakterisierung von Proteinen, die Interaktionspartner der beiden VKOR-Proteine sein können. Die Ergebnisse können wie folgt zusammengefasst werden: A.1. Die enzym-kinetischen Untersuchungen zeigen starke Ähnlichkeiten zwischen VKORC1 und VKORC1L1: Beide Enzyme haben eine Vitamin K-Epoxidase- und -Reduktase-Aktivität, wobei die Affinitäten zu Vitamin K2-Epoxid deutlich höher sind als die zu Vitamin K1-Epoxid. Beide Enzyme sind durch Warfarin hemmbar und der Austausch der vermutlich am Elektronentransfer beteiligten Cysteine an homologen Positionen führt in beiden Proteinen zu einem fast vollständigen Verlust der Aktivität. A.2. Mittels Ko-Lokalisation konnte VKORC1L1 – wie VKORC1 – in der ER-Membran lokalisiert werden. Folglich schließen wir, dass VKORC1L1 eine ähnliche Struktur, die gleiche zelluläre Lokalisation und zumindest in vitro auch eine VKOR-Aktivität hat und daher eventuell eine weitere Komponente des VKOR-Komplexes darstellen könnte. Allerdings sprechen gewichtige Argumente dagegen, dass beide Proteine funktionell austauschbar sind: Sowohl bei Patienten mit Mutationen in VKORC1 (VKCDF2-Erkrankung), als auch bei VKORC1-Knock-out Mäusen kann das intaktes VKORC1L1-Protein die inaktivierende Mutation im C1-Gen nicht kompensieren. B.1. Mit einem für Membranproteine adaptierten, modifizierten Yeast-Two-Hybrid Screen (Split-Ubiquitin-System) konnten mit VKORC1 und VKORC1L1 als Köder 114 Proteine aus einer Leber-cDNA-Bank als potentielle Interaktionspartner identifiziert werden. Davon wurden 6 Proteine aufgrund ihrer Trefferhäufigkeit und funktioneller Überlegungen mit Hilfe von Ko-Immunpräzipitationsexperimenten und Ko-Immunlokalisation näher untersucht. Interessanterweise zeigen die beiden Trefferlisten starke Überschneidungen. B.2. Es konnte eine in vitro- Interaktion von VKORC1 mit sich selbst und mit VKORC1L1 nachgewiesen werden, die bisher nicht bekannt war. Dies könnte auf der hohen Sequenz- und Struktur-Homologie der beiden Proteine beruhen, führt aber auch zu neuen Hypothesen bezüglich des Vitamin K-Stoffwechsels. B.3. Die Interaktion von VKORC1 und dem „stress-associated endoplasmic reticulum protein 1“ (SERP1) bringt Vitamin K in Zusammenhang mit oxidativem Stress. Dazu passen auch die neuesten Ergebnisse aus der Arbeitsgruppe von Johannes Oldenburg (vormals Würzburg, jetzt Bonn) zur Funktion von VKORC1L1, die eine protektive Rolle von Vitamin K beim Schutz der Zelle vor reaktiven Sauerstoffverbindungen nahe legen. Ob und wie Vitamin K und VKORC1L1 einen neuen Schutzmechanismus gegen Sauerstoffradikale bilden bedarf weiterer Untersuchungen. B.4. Ferner wurde eine Interaktion zwischen VKORC1 und dem „Emopamil-binding-protein“ (EBP) nachgewiesen. Mutationen in EBP führen zu der seltenen genetischen Krankheit Chondrodysplasia punctata. Die Ähnlichkeit der Symptomatik zwischen Chondrodysplasia punctata und der sogenannten Warfarin-Embryopathie, die durch überhöhte Dosierung von Coumarinen während der Schwangerschaft verursacht wird, legt einen Zusammenhang zwischen Vitamin K- und dem Kalziumstoffwechsel nahe. B5. In den Ko-Immunpräzipitationsexperimenten nicht bestätigt haben sich die initial positiven Proteine Protein-Disulfid-Isomerase (PDIA6), CD63, und Fibrinogen-Gamma (FGG). Die Ergebnisse geben Hinweise auf neue Funktionen der VKOR-Proteine beim Schutz vor oxidativem Stress und in der Verbindung zum Kalzium-Stoffwechsel. Beide Aspekte bedürfen weiterführender Untersuchungen. Im Hinblick auf diese neuen Funktionen wäre auch eine kritische Betrachtung der übrigen 85 primären Treffer des Split-Ubiquitin-Screens sinnvoll.
Caretaker-Gen-Syndrome
(2001)
Ataxia telangiectasia: Identifizierung und Charakterisierung nicht-konservativer Spleißmutationen und deren Auswirkungen im ATM-Gen. Ein hoher Anteil der bisher im ATM-Gen identifizierten Mutationen (>350, www.vmresearch.org/atm.htm) stellt Deletionen oder Insertionen direkt an den Exongrenzen dar; viele dieser Aberrationen wurden allerdings nur auf cDNA-Ebene detektiert. Sollte es sich hierbei in den meisten Fällen um Mutationen an den Spleiß-Konsensussequenzen handeln, läge der Anteil der Spleißmutationen im ATM-Gen beträchtlich höher (~35 Prozent) als in anderen betroffenen Genen (~15 Prozent). Um der Frage nachzugehen, ob im ATM-Primärtranskript aufgrund einer erhöhten Labilität gegenüber Spleißmutationen auch Veränderungen weniger konservierter Positionen innerhalb der Donor- oder Akzeptor-Spleißstellen zu aberrantem Spleißen führen, wurden 20 AT-Zellinien mittels „Protein Truncation Test“ nach Deletionen oder Insertionen an den Exongrenzen durchsucht. Die 7 neu identifizierten Spleißmutationen wurden anschließend unter Verwendung eines „Splice Scoring“- Systems näher charakterisiert, die Penetranz der jeweiligen Mutation durch semiquantitative PCR evaluiert und die Auswirkungen auf Proteinebene durch Western Blotting überprüft. Obwohl nur eine der 7 neu identifizierten Spleißmutationen eine schwächer konservierte Position der Spleißsequenzen betraf, konnten im Rahmen einer Kooperation mit der Medizinischen Hochschule Hannover (Arbeitsgruppe Dr. T. Dörk) weitere Spleißmutationen an den Intronpositionen +3, +5 und -6 identifiziert werden, die ebenfalls in völlig aberrantem Spleißen resultieren. Daten weiterer Arbeitsgruppen lassen vermuten, daß tatsächlich ~ 50 Prozent aller Spleißaberrationen im ATM-Gen auf Mutationen außerhalb der konservierten Dinukleotidbereiche (gt und ag) zurückführen sind. Nijmegen Breakage Syndrom (NBS): Suche nach Genen, die einen NBS-ähnlichen Phänotyp auslösen. Über 90 Prozent aller NBS-Patienten tragen Mutationen im NBS1-Gen, dessen Translationsprodukt im Komplex mit MRE11 und RAD50 eine zentrale Rolle in DNA-DSB-Reparatur und Zellzykluskontrolle spielt. Weitere Mutationen bei Patienten mit NBS-ähnlichem Phänotyp wurden im Gen der DNA-Ligase IV identifiziert, die zusammen mit weiteren Angehörigen des NHEJ-Reparaturweges (XRCC4, DNA-PKcs, Ku70, Ku80) ebenfalls in DNA-DSB-Reparatur involviert ist. Zellen von Patienten mit NBS-ähnlichem Phänotyp wurden daher durch direkte Sequenzierung und/oder Western Blotting auf Defekte in den oben genannten Genen/Proteinen untersucht. In einem parallel durchgeführten unabhängigen Mutationsscreening (Medizinische Hochschule Hannover, Arbeitsgruppe Dr. T. Dörk) wurden in Fibroblasten einer Patientin mit NBS-ähnlichem Phänotyp Mutationen im RAD50-Gen identifiziert. Die Auswirkungen der RAD50-Defizienz auf die zelluläre Lokalisation der beiden Komplexpartner NBS1 und MRE11 sowie deren Fähigkeit zur Focibildung nach DNA-Schädigung wurde im Rahmen dieser Arbeit durch Immunfluoreszenzstudien untersucht: während NBS1 vorwiegend nukleäre Lokalisation aufwies, war MRE11 zu etwa gleichen Anteilen zwischen Nukleus und Zytoplasma verteilt; beide Proteine waren nach Bestrahlung der Zellen nicht mehr zur Focibildung fähig. Da in MRE11-defizienten Zellen keine nukleäre NBS1-Lokalisation beobachtet wird, scheint der Kerntransport des NBS1 von funktionellem MRE11, nicht aber von RAD50 abhängig zu sein. Fanconi Anämie (FA): Untersuchung einer möglichen Verbindung zwischen den FA-Proteinen und der RAD51-Familie. FA-Zellen aller bisher bekannter Komplementationsgruppen zeichnen sich durch Hypersensitivität gegenüber DNA-„interstrand crosslinks“ (ICLs) aus, zu deren Behebung u.a. die homologe Rekombinationsreparatur (HRR) eingesetzt wird, bei der das RAD51(A)-Protein eine zentrale Rolle spielt. Aufgrund schwacher Homologien werden 5 weitere Proteine (RAD51B, C, D, XRCC2 und 3) der RAD51-Familie zugeordnet. Da Knockout-Zellinien aller RAD51-Familienmitglieder ebenfalls hohe Sensitivität gegenüber ICLs aufweisen, wurde eine mögliche Verbindung zwischen den FA-Proteinen FANCA, C, G und der RAD51-Familie getestet. Unter Verwendung des "Yeast Two Hybrid" (Y2H)-Systems konnten zunächst mehrere Interaktionen zwischen FA- und RAD51-Proteinen detektiert werden. Zur Bestätigung einer funktionellen Verbindung wurden die FA- und RAD51-Proteine in humanen 293-Zellen überexprimiert. Aufgrund der focibildenden Eigenschaften des RAD51-Proteins wurden die FA-Proteine und die RAD51-Familie auf Focibildung nach DNA-Schädigung sowie etwaige Kolokalisationen getestet; mögliche physikalische Interaktionen wurden durch Koimmunpräzipitationsstudien überprüft. Die RAD51-Familie zeigten keinerlei Focibildung nach DNA-Schädigung während die FA-Proteine in einigen Experimenten eine Lokalisation in nukleäre Foci zeigten, die sich jedoch in Größe und Homogenität deutlich von denen klassischer DNA-Reparaturfoci unterschieden und nicht mit RAD51 kolokalisierten. Die häufige Beschränkung der FA-Foci auf Bereiche besonders dicht gepackten Chromatins kann möglicherweise als weiterer Hinweis auf die postulierte Rolle der FA-Proteine bei Chromatin Remodelling Mechanismen interpretiert werden. Bei Überexpression in HEK293-Zellen konnte keine der im Y2H-System identifizierten Interaktionen zwischen FA- und RAD51-Proteinen durch Koimmunpräzipitationen detektiert werden. Dennoch erscheinen seit der Identifizierung des FANCD2, das durch den FA-Komplex aktiviert wird und mit dem RAD51-Interaktor BRCA1 in nukleäre Foci kolokalisiert, weitere Untersuchungen einer Verknüpfung der FA-Proteine mit den Angehörigen des HRR-Weges durchaus sinnvoll.
Central Core Disease (CCD) ist eine neuromuskuläre Erkrankung aus dem Formenkreis der kongenitalen Myopathien. Die Symptomatik umfaßt eine verzögerte motorische Entwicklung, eine nicht bis schwach progrediente Schwäche der Extremitätenmuskulatur mit Betonung der distalen, unteren Gliedmaßen sowie Defekte des Skelettapparates wie Kyphoskoliosen, Kontrakturen und Fußanomalien. Die Zentralfibrillen-Myopathie, wie man die Erkrankung im Deutschen nennt, imponiert durch eine mehr oder minder regelmäßige Assoziation mit der Veranlagung zur Malignen Hyperthermie (MHS), die wiederum von Mutationen im Ryanodinrezeptorgen (RYR1), einem sarkoplasmatischen Calciumkanal, verursacht wird. In genetischen Familienanalysen wurde die CCD ebenfalls zum RYR1-Gen auf dem Humanchromosom 19q13.1 kartiert, womit dieses Gen zum Kandidatengen für CCD avancierte. Es wurden in einigen wenigen Familien Mutationen im RYR1-Gen gefunden, die man für ursächlich für die Ausprägung der CCD hält. Mittlerweile häuften sich aber Hinweise, daß die CCD, ebenso wie die MHS heterogene Ursachen haben kann und damit die Rolle des RYR1-Gens als Kandidat für das CCD-Gen zunehmend in Frage gestellt wird. In der vorliegenden Arbeit wurde die Feinkartierung von CCD-Familien vorangetrieben, indem neue Familien gesammelt wurden und ein neuer, zusammengesetzter Mini-/ Mikrosatelliten-Marker charakterisiert wurde, der für die Feinkartierung an CCD-Familien eingesetzt werden konnte. Des weiteren wurden neuere Mikrosatelliten-Marker des Genethon-Konsortiums angewendet und die Koppelung der CCD-Familien zu Chromosom 19q13.1 konnte bestätigt werden, allerdings mit einigen Ausnahmen, so daß bei CCD ebenfalls heterogene Ursachen angenommen werden können. Ein weiteres Kandidatengen wurde mit dem MYH7-Gen für die beta-Kette des schweren Myosins auf Chromosom 14 vorgeschlagen, dies konnte aber weder bestätigt noch ausgeschlossen werden. Um die Rolle des RYR1-Gens für die CCD zu eruieren wurden die häufigsten bisher bei MHS-Familien gefundenen RYR1-Mutationen an CCD-Patienten untersucht. Lediglich in einer CCD/MHS-Familie konnte eine bereits bekannte Mutation bestätigt werden, das RYR1-Gen konnte nicht als verursachendes Gen der CCD bestätigt werden, allerdings konnte nicht das komplette Gen untersucht werden, aufgrund der großen Anzahl von Exons und der Größe des Gens. Ein zweiter Teil der Arbeit bestand in der Suche nach neuen Transkripten aus Muskelgewebe in der genomischen Region 19q13.1 mit dem Endziel der Erstellung einer Transkriptionskarte dieser Region. Hier kam die cDNA-Selektion zur Anwendung mit einer PCR-amplifizierten cDNA-Bibliothek aus Muskelgewebe sowie ein gut charakterisiertes Cosmid-Contig aus dem Bereich des RYR1-Gens. Es konnte lediglich ein kurzes Transkript isoliert werden, das auf den genomischen Ursprung zurückkartiert, aber es konnte nicht näher charakterisiert werden. Der dritte Teil der Arbeit stand im Zeichen der Kandidatengensuche im betreffenden Abschnitt q13.1 des Chromosoms 19. Anhand von genetischen Karten und Gendatenbanken sollten Gene gesucht werden, die in diesen Bereich kartieren und eine Expression im Skelettmuskel aufweisen und damit als Kandidat für die CCD in Frage kommen. Es wurden zwei Gene für nukleär codierte Untereinheiten der mitochondrialen Cytochrom c Oxidase untersucht. Von dem Gen, das die muskelspezifische Isoform von COX VIIa codiert, konnte die genomische Sequenz und die Exon-Intron Struktur ermittelt werden sowie eine Promotor-Analyse anhand einer Datenbanksuche durchgeführt werden. Der Vergleich mit der Sequenz des homologen Gen des Rindes ergab, daß es sich um ein evolutionär konserviertes Gen handelt mit dem typischen Eigenschaften eines Haushaltsgens. Ein weiteres Kandidatengen stellt das Gen für die kleine Untereinheit des Calpains dar, das möglicherweise direkt in die elektromechanische Koppelung zwischen Nerv und Muskel involviert ist und mit dem Ryanodinrezeptor interagiert. CCD-Patienten wurden mit der SSCP-Methode (Single-stranded conformation polymorphism) auf Mutationen in den Exons sowohl des COX7A1-Gens als auch des CANPS-Gens untersucht. In beiden Fällen konnten keine Mutationen gefunden werden. Die Suche nach dem CCD-Gen ist also nach wie vor offen.
Erweiterte Diagnostik bei neuromuskulären Erkrankungen: vom Genpanel zum Whole Genome Sequencing
(2019)
Muskeln und Nerven bilden eine essentielle funktionelle Einheit für den Bewegungsapparat. Neuromuskuläre Erkrankungen lassen sich unterteilen in Krankheiten, denen ein muskuläres Problem zu Grunde liegt, wie zum Beispiel Muskeldystrophien (Muskeldystrophie Duchenne, DMD) und Myopathien (Myofibrilläre Myopathie, MFM), und in Erkrankungen aufgrund von Nervenschädigungen, wie zum Beispiel Neuropathien und spastische Paraplegien (SPG).
In den vier Teilen der vorliegenden Arbeit konnte sowohl das genetische wie auch das phänotypische Spektrum von neuromuskulären Krankheiten erweitert werden. Die dafür verwendeten Methoden reichen von der Sanger-Sequenzierung einzelner Gene über Next-Generation Sequencing (NGS)-Panel-Diagnostik, zu Whole Exome Sequencing (WES) und schließlich zu Whole Genome Sequencing (WGS). Zusätzlich wurde cDNA zur Detektion von Veränderungen im Transkriptom sequenziert.
Im ersten Teil wurde der klinische Phänotyp der Seipinopathien erweitert, der jetzt auch amyotrophe Lateralsklerose (ALS) und multifokale motorische Neuropathie (MMN) beinhaltet. Dafür wurde eine Panel-Analyse durchgeführt, die eine bekannte Mutation in BSCL2 aufdeckte. Aufgrund des hiermit erweiterten Phänotyps der Seipinopathien sollten Mutationen in BSCL2 auch bei anderen Verdachtsdiagnosen, wie ALS oder MMN, berücksichtigt werden. Außerdem wurde gezeigt, dass in der Diagnostik SPGs und Charcot-Marie-Tooth Erkrankungen (CMTs) eine Überlappung zeigen und bei der Diagnose von Verdachtsfällen Gene aus beiden Krankheitsbereichen berücksichtigt werden sollten. Die Suche mit Hilfe eines Phänotyp-Filters hat sich dabei als erfolgreich erwiesen. Ungelöste Fälle sollten aber in regelmäßigen Abständen neu analysiert werden, da immer neue Gene mit den Phänotypen assoziiert werden.
Der zweite Teil befasst sich mit der Untersuchung von DMD-Patienten mit bisher ungeklärtem Genotyp. Durch eine RNA-Analyse des gesamten DMD-Transkripts wurden tief-intronische Mutationen aufgedeckt, die Einfluss auf das Spleißen haben. Durch diese Mutationen wurden intronische Sequenzen als Pseudoexons in die mRNA eingefügt. Diese Mutationsart scheint häufig unter ungeklärten DMD-Fällen zu sein, in unserer Kohorte von 5 DMD-Patienten wurden in zwei Fällen Pseudoexons entdeckt. Eine Besonderheit besteht darin, dass in der RNA-Analyse immer noch ein Rest Wildtyp-Transkript vorhanden war, wodurch die Patienten vermutlich einen milderen Becker-Phänotyp aufweisen. Ein weiterer ungeklärter DMD-Fall konnte durch die Sequenzierung der gesamten genomischen Sequenz aufgeklärt werden. Es wurde eine perizentrische Inversion entdeckt (46,Y,inv(X)(p21.1q13.3). Dies zeigt, dass WGS auch zur Detektion von großen Strukturvariationen geeignet ist.
Im dritten Teil wurden Spleißmutationen untersucht. Spleißmutationen wurden bisher nicht in TMEM5-assoziierter alpha-Dystroglykanopathie beschrieben und somit als neue Mutationsart für diese Erkrankung nachgewiesen. Dabei wurde auch die funktionelle Exostosin-Domäne in TMEM5 bestätigt. Eine RNA-Untersuchung verschiedener Spleißmutationen zeigte, dass Spleißmutationen häufig zu einem veränderten Transkript führen, auch wenn diese Mutationen weiter von der Konsensussequenz entfernt sind. Spleißmutation sollten daher häufiger in der Diagnostik berücksichtig und überprüft werden.
Im letzten Teil wurde eine strukturierte Diagnostik von MFM-Patienten beschrieben und neue Kandidaten-Gene für MFM vorgestellt. Es ist zu vermuten, dass auch Mutationen in Genen, die bisher für Kardiomyopathien, Kollagen Typ VI-Myopathien und Neuropathien beschrieben sind, einen MFM-Phänotyp verursachen können. Diese Ergebnisse erweitern das genetische Spektrum der MFM, was sich auf die Diagnostik dieser Erkrankungen auswirken sollte.
Im Laufe dieser Arbeit konnten damit die neuromuskulären Erkrankungen vieler Patienten genetisch geklärt werden. Neue Phänotypen und genetische Ursachen wurden beschrieben und es wurde gezeigt, dass sich WGS technisch für die Diagnostik, auch zur Detektion von großen Strukturvarianten, eignet.