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Im sechsten Semester des Medizinstudiums an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg findet das verpflichtende Praktikum „Impfkurs“ statt. Im Rahmen dieses Kurses wurde vom Sommersemester 2020 bis zum Sommersemester 2021 ein standardisierter online Fragebogen erhoben, der unter anderem demographische Daten sowie Expositionsmöglichkeiten gegenüber SARS-CoV-2 im privaten, beruflichen und universitären Umfeld erfragte. Zusätzlich wurde im gleichen Zeitraum der SARS-CoV-2 Serostatus der Medizinstudierenden erhoben und ausgewertet und dieser mit den Daten des Fragebogens zusammengeführt. Dafür wurden Blutproben entnommen, welche im Labor des Instituts für Virologie der Universität Würzburg mittels Western Blot auf IgG/IgM/IgA Antikörper gegen SARS-CoV-2 untersucht wurden.
Einleitung: Mehr als 4000 Studierende der Humanmedizin in Deutschland stammen aus den Kontinenten Asien, Afrika und Süd- / Mittelamerika. Häufig sind das Krankheitsspektrum und das Gesundheitssystem in diesen Ländern im Vergleich zur Situation in Deutschland sehr verschieden. Wie bewerten Studierende aus Entwicklungsländern das Studium der Humanmedizin in Deutschland? Befähigt das Studium in Deutschland Studierende aus Entwicklungsländern die in ihrer Heimat vorherrschenden Gesundheitsprobleme zu bewältigen? Methoden: Es erfolgte mittels Fragebögen eine schriftliche Befragung von Studierenden und ehemaligen Studierenden der Humanmedizin aus Entwicklungsländern zur Bewertung des Studiums in Deutschland und zur Vorbereitung auf die Bewältigung von Gesundheitsproblemen in Entwicklungsländern. Die zurückgesandten Fragebögen wurden statistisch ausgewertet. Ergebnisse: A) Erwartungen der Studierenden an das Studium in Deutschland Ein Großteil der Studierenden aus Entwicklungsländern stellte folgende Erwartungen an das Medizinsudium in Deutschland: zu 91% wurde eine fundierte praktische Ausbildung für die spätere ärztliche Tätigkeit erwartet. Auch die Vermittlung der technischen Möglichkeiten in Diagnostik und Therapie (76%) und der grundlegenden theoretischen Kenntnisse (61%) in den wesentlichen Gebieten der Medizin gehörte für die meisten Studierenden zur Ausbildung. Eine Vorbereitung für eine Tätigkeit im Heimatland wünschten sich 55% der Studierenden. Die ÄrztInnen (ehemalige Studierende aus der Retrospektive) erwarteten sich zu 86% eine fundierte praktische Ausbildung und zu 66% eine Vorbereitung auf die Tätigkeit im Heimatland. 63% wollten in den technischen Möglichkeiten der Diagnostik und Therapie ausgebildet werden, 63% das grundlegende theoretische Wissen in den verschiedenen Gebieten der Medizin erlernen und 63% unterschiedliche Gesundheitssysteme im Vergleich kennenlernen. Zu 54% forderten sie eine Weiterbildung auf dem neuesten wissenschaftlichen Stand in den verschiedenen Gebieten der Medizin. B) Beurteilung des Medizinstudiums Das Urteil über das Ausbildungssystem im Medizinstudium in Deutschland fiel bei 78% der Studierenden „mässig“ oder „schlecht“ aus. Dabei wurde der Mangel an praktischer Erfahrung und die Struktur der Ausbildung (Trennung von Theorie und Praxis, lange Dauer des Studiums) kritisiert. Eine Vorbereitung für die Tätigkeit in der Heimat erfolgte laut 91% der Studierenden und laut 74% der ehemaligen Studierenden (ÄrztInnen) nicht. C) Verbesserungsvorschläge für das Medizinstudium in Deutschland Zur Verbesserung dieser Missstände plädierten 85% der Studierenden für mehr Praxisbezug in der Ausbildung, 51% wünschten sich eine intensivere Kopplung von theoretischer und praktischer Ausbildung. Aus der Retrospektive forderten die ÄrztInnen zu 77% mehr und frühere praktische Erfahrung, 36% erwarteten mehr Praxisbezug in der Lehre.
Das Verständnis der Beziehung zwischen Arzt und Patient befindet sich im Wandel. Die Patientenorientiertheit gewinnt an Relevanz, wobei insbesondere die Arzt-Patienten-Kommunikation in den Fokus rückt. Es ist belegt, dass eine effektive Kommunikation einen positiven Einfluss auf den emotionalen und den physiologischen Zustand des Patienten hat. Folglich wurde in den letzten Jahren auch hierzulande der Bereich Kommunikation in der universitären Ausbildung von Ärzten zunehmend thematisiert - seit der Änderung der Approbationsordnung 2012 ist die Gesprächsführung offiziell Gegenstand der ärztlichen Ausbildung. Das Studium ist jedoch nach wie vor stark vom technisch-naturwissenschaftlichen Paradigma der Medizin geprägt.
Die Fähigkeit, sich selbst hinsichtlich seiner kommunikativen Fähigkeiten einzuschätzen, stellt ein wichtiges Merkmal angehender Ärzte dar. Bestehende Studien zeigen auf, dass bei Medizinstudenten Diskrepanzen zwischen der Selbst- und der Fremdeinschätzung in unterschiedlichen Kompetenzfeldern bestehen. Um aus Fehlern lernen zu können, benötigt es zum einen die Fähigkeit zur Eigenreflexion. Ergänzend wird ein regelmäßiger Abgleich der Selbsteinschätzung mit einer Fremdeinschätzung im Sinne einer „Realitätskonfrontation“ benötigt. Durch das Feedback können individuelle Differenzen hinsichtlich der kommunikativen Fähigkeiten aufgezeigt, um dadurch dem Studenten den Anreiz zu geben, eine fortwährende Weiterbildung der eigenen kommunikativen Fähigkeiten bereits im Studium zu etablieren.
In der vorliegenden Studie wurde daher untersucht, inwieweit die Selbsteinschätzung von einem Studenten nach einem Anamnesegespräch mit der Fremdeinschätzung übereinstimmt. Hierfür wurde ein Anamnesegespräch mit einem Schauspielpatienten durch den Studenten, einen Experten sowie den betroffenen Schauspielpatienten bewertet. Mittels Cohens Kappa wurde die Übereinstimmung zwischen den Raterpaaren Student und Experte, Student und Schauspielpatient sowie der Fremdeinschätzung zwischen Schauspielpatient und Experte berechnet. Ergänzend wurde der Einfluss der Variablen Selbstwirksamkeit (allgemein und spezifisch hinsichtlich der Anamneseerhebung), Empathie, Geschlecht, Alter und berufliche Vorerfahrung auf die Übereinstimmung von Selbst- und Fremdeinschätzung untersucht. Es konnte eine geringe Übereinstimmung zwischen allen drei Raterpaaren (Student & Experte, Student & Schauspielpatient sowie Schauspielpatient & Experte) nachgewiesen werden. Die geringste Übereinstimmung zeigte sich zwischen der Selbst- und Fremdeinschätzung von Student und Experte, die größte Übereinstimmung in der Fremdeinschätzung zwischen Schauspielpatient und Experte. Die Hypothese bezüglich der Überschätzung der Studenten im Vergleich zur Fremdeinschätzung wurde nicht bestätigt. Weiter konnte eine höhere Übereinstimmung zwischen Selbst- und Fremdeinschätzung des Schauspielpatienten bei Studenten mit einem höheren Maß an Empathie gezeigt werden. Bezüglich des Geschlechterunterschiedes konnte nachgewiesen werden, dass weibliche Studenten eine höhere Übereinstimmung zwischen Selbst- und Fremdeinschätzung mit Schauspielpatienten aufweisen. Auch in der Fremdeinschätzung durch Schauspielpatienten und Experten ist bei weiblichen Studenten eine höhere Übereinstimmung zu finden. Die Variablen Selbstwirksamkeit, Alter, berufliche Vorerfahrung sowie Selbstwirksamkeit hinsichtlich der Anamneseerhebung zeigen keine statistisch signifikanten Zusammenhänge mit der Übereinstimmung zwischen Selbst- und Fremdeinschätzung. Der Vergleich zwischen der Gruppe, die ein Anamnesegespräch führte, und derjenigen, die kein Anamnesegespräch führte, zeigte, dass Studenten mit einer höheren Selbstwirksamkeit eher ein Gespräch führten.
Die Ergebnisse dieser Arbeit verdeutlichen, dass angehende Ärzte Rückmeldung bezüglich ihrer kommunikativen Kompetenz benötigen, um durch die Fremdeinschätzung das Selbstbild ihrer Kompetenz erweitern zu können. Über etwaige Diskrepanzen zwischen Fremdeinschätzung und Selbsteinschätzung erhalten sie konkretes Feedback, so dass das Kommunikationstraining an ihre individuellen Lernbedarfe angepasst werden kann. Hierfür ist der Vergleich der Selbsteinschätzung eines Schauspielpatientengespräches mit der Fremdeinschätzung eine gut in der Ausbildungspraxis einzusetzende Methode.