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Bei einem kleinen Prozentsatz (2–3 %) aller molekulargenetisch untersuchten Hä-mophilie-A-Fälle konnte bislang keine kausale Mutation innerhalb der F8-Gen-Region aufgedeckt werden. Die molekularen Ursachen der Hämophilie dieser Patienten sollten im ersten Teil der vorliegenden Doktorarbeit mittels zusätzlicher Methoden aufgeklärt werden. Bei zwei Patienten mit milder Hämophilie A konnte je ein Basenaustausch im Promotorbereich des F8-Gens identifiziert werden. Um die Kausalität dieser Austausche zu überprüfen, wurden für diese und zwei weitere bereits publizierte Promotor-Mutationen Luciferase-Assays durchgeführt. Diese Ergebnisse machten deutlich, dass die nachgewiesenen Promotor-Mutationen die Aktivität des Promotors deutlich herabsetzen und daher als ursächlich einzustufen sind. Weiterhin wurden die übrigen Patienten auf epigenetische Veränderungen in fünf CpG-Inseln im 5’UTR und Intron 1 des F8-Gens untersucht. Hierbei konnten bei drei Patienten auffällige Methylierungsmuster nachgewiesen werden, wobei diese auf ein Klinefelter-Syndrom und genomische Veränderungen im Intron 1 zurückzuführen sind, nicht jedoch auf einen aberranten Methylierungsstatus, der die FVIII-Expression beeinflussen könnte. Mit Hilfe von mRNA-Untersuchungen konnten bei vier Patienten mit mutmaßlichen F8-Spleißmutationen aberrante F8-Transkripte nachgewiesen werden und somit die Kausalität der Mutationen geklärt werden. Des Weiteren wurden aus der Literatur alle bisher als kausal identifizierten stillen Mutationen und Spleißmutationen zusammengestellt, um mit diesen Ergebnissen die Spleißvorhersage-Software Alamut zu validieren. Die große Mehrzahl (78 %) der Spleißvorhersagen stimmte mit den Resultaten der mRNA-Untersuchungen (zumindest im Trend) überein, während es bei 22 % der Vorhersagen und mRNA-Analysen zu unterschiedlichen Resultaten kam. Innerhalb einer vorangegangenen Diplomarbeit konnten zehn Duplikationsbruch-punkte im F8-Gen von nicht verwandten Hämophilie-A-Patienten aufgeklärt werden. Diese wurden nun mit verschiedenen in-silico-Programmen analysiert, um die Sequenzumgebung der Bruchpunkt genauer zu beschreiben. Die Untersuchung ergab, dass verschiedene Mechanismen zur Entstehung von Duplikationen führen können und vermutlich mehrere Sequenzmotive in direkter Nähe der Bruchpunkte hierzu beitragen. Im Rahmen der molekulargenetischen Hämophilie-A-Diagnostik zum Nachweis von Intron-1- bzw. Intron-22-Inversionen sind einige Patienten mit schwerer Hämophilie A aufgefallen, welche ungewöhnliche Bandenmuster in den analytischen PCRs bzw. Southern-Blots aufwiesen. Mittels MLPA-Analysen wurden bei diesen Patienten Deletionen oder Duplikationen (CNVs) aufgedeckt, die meist allein die auffälligen Bandenmuster nicht erklären konnten. Weitere Long-Range-PCR-Untersuchungen belegten dagegen, dass fünf der untersuchten Fälle auf ein kombiniertes Inversions- und Duplikations- bzw. Deletionsereignis zurückzuführen sind. Als zweiter Teil der Arbeit wurden Transkriptions- und Translationsuntersuchungen von Nonsense-Mutationen des F8-Gens in einem zellulären Expressionssystem durchgeführt. Es konnte nachgewiesen werden, dass trotz Nonsense-Mutation eine komplette F8-Tran¬skrip¬tion stattfindet. Antigenanalysen konnten die Expression von trunkierten Proteinen nachweisen, wenn die Nonsense-Mutationen in der leichten Kette, d.h. den distalen Domänen A3, C1 oder C2, lag. Bei Nonsense-Mutationen in der schweren Kette (den proximalen Domänen A1, A2 oder B) war keine Proteinexpression nachweisbar. Diese Daten konnte durch intrazelluläre Immunlokalisation der trunkierten Proteine bestätigt werden. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass die B-Domäne eine wichtige Rolle bei der Proteinprozessierung spielt, vermutlich indem sie die Bindung von Chaperonen ermöglicht und das FVIII-Protein vor Degradation schützt.