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Alle Retroviren prozessieren ihre Pol- und Strukturproteine mit Hilfe der viralen Protease. In dieser Arbeit wurden zentrale Mechanismen der Regulation der foamyviralen Protease untersucht und charakterisiert. Dazu wurde eine chromatographische Virusreinigungsmethode entwickelt und die relative Pol- und Env-Enkapsidierung bestimmt. Foamyviren enthalten weniger Pol als andere Retroviren aber deutlich mehr Env als humane Immunodefizienzviren. Die Pol-Inkorporation könnte durch die limitierte Prozessierung mit nur einer einzigen Schnittstelle in Gag und Pol kompensiert werden. Deshalb wurde untersucht, ob die foamyvirale Protease ein beschränktes Schnittstellenrepertoire aufweist. In Zellkulturen sind die Schnitt-stellenpositionen P2’ und P2 auf die Aminosäurereste Valin und Valin/Asparagin beschränkt. Demnach hat die foamyvirale Protease ein eingeschränkteres Schnittstellenrepertoire als die Protease des humanen Immunodefizienzvirus. Weiterhin wurde hier gezeigt, dass die vollständige reverse Transkription die Prozessierung von Gag voraussetzt und Proteaseaktivität-defiziente oder Gag-Schnittstellen-defiziente Viren keine vollständige cDNA bilden können. Demnach kompensieren Foamyviren die niedrige Proteasekonzentration, indem sie sicherstellen, dass die reverse Transkription erst nach der Gag-Maturation vollendet werden kann.
Weiterhin wird bei humanen Immunodefizienzviren durch die Gag-Maturation die essenzielle Mobilität der wenigen Env-Trimere auf der Hüllmembran getriggert. Die erstmals in dieser Arbeit bei Foamyviren quantifizierte Env-Menge ergab, dass Foamyviren 28 mal mehr Env- pro Gag-Molekül als humane Immunodefizienzviren besitzen. Wahrscheinlich dient dieser hohe Env-Gehalt der Kompensation der eingeschränkten Env-Mobilität, die durch die limitierte Gag-Prozessierung an nur einer carboxyterminalen Schnittstelle verursacht wird.
Da für die Aktivierung der foamyviralen Protease virale Ribonukleinsäure benötigt wird, wurde untersucht, welche Pol-Domänen für die Aktivierung der Protease benötigt werden. Im Gegensatz zur Integrase, deren Deletion in reduzierter Proteaseaktivität resultierte, war die funktionelle RNaseH-Domäne essenziell für die Gag-Prozessierung. Die Substitution der foamyviralen RNaseH durch RNaseH-Domänen von anderen Retroviren resultierte in genomunabhängiger Proteaseaktivität in Zellen und genomabhängiger Proteaseaktivität in den rekombinanten Viren. Demnach scheint die dimerstabilisierende Funktion der RNaseH durch direkte Protein-Protein-Interaktion oder durch unspezifische RNA-Bindung verursacht zu werden.
The SARS virus is the etiological agent of the severe acute respiratory syndrome, a deadly disease that caused more than 700 causalities in 2003. One of its viral proteins, the SARS coronavirus main protease, is considered as a potential drug target and represents an important model system for other coronaviruses. Despite extensive knowledge about this enzyme, it still lacks an effective anti-viral drug. Furthermore, it possesses some unusual features related to its active-site region. This work gives atomistic insights into the SARS coronavirus main protease and tries to reveal mechanistic aspects that control catalysis and inhibition. Thereby, it applies state-of-the-art computational methods to develop models for this enzyme that are capable to reproduce and interpreting the experimental observations. The theoretical investigations are elaborated over four main fields that assess the accuracy of the used methods, and employ them to understand the function of the active-site region, the inhibition mechanism, and the ligand binding. The testing of different quantum chemical methods reveals that their performance depends partly on the employed model. This can be a gas phase description, a continuum solvent model, or a hybrid QM/MM approach. The latter represents the preferred method for the atomistic modeling of biochemical reactions. A benchmarking uncovers some serious problems for semi-empirical methods when applied in proton transfer reactions. To understand substrate cleavage and inhibition of SARS coronavirus main protease, proton transfer reactions between the Cys/His catalytic dyad are calculated. Results show that the switching between neutral and zwitterionic state plays a central role for both mechanisms. It is demonstrated that this electrostatic trigger is remarkably influenced by substrate binding. Whereas the occupation of the active-site by the substrate leads to a fostered zwitterion formation, the inhibitor binding does not mimic this effect for the employed example. The underlying reason is related to the coverage of the active-site by the ligand, which gives new implications for rational improvements of inhibitors. More detailed insights into reversible and irreversible inhibition are derived from in silico screenings for the class of Michael acceptors that follow a conjugated addition reaction. From the comparison of several substitution patterns it becomes obvious that different inhibitor warheads follow different mechanisms. Nevertheless, the initial formation of a zwitterionic catalytic dyad is found as a common precondition for all inhibition reactions. Finally, non-covalent inhibitor binding is investigated for the case of SARS coranavirus main protease in complex with the inhibitor TS174. A novel workflow is developed that includes an interplay between theory and experiment in terms of molecular dynamic simulation, tabu search, and X-ray structure refinement. The results show that inhibitor binding is possible for multiple poses and stereoisomers of TS174.
Coronaviren können sowohl den Menschen als auch zahlreiche Tierspezies infizieren und verursachen vor allem respiratorische und enterale Erkrankungen. Die Replikation des etwa 27-32 kb großen, einzelsträngigen RNA-Genoms positiver Polarität und die Synthese zahlreicher subgenomischer RNAs erfolgt durch einen Multi-Enzym-Komplex, der bis zu 16 virale nichtstrukturelle Proteine (nsp) und einige zelluläre Proteine umfaßt. Die einzelnen nichtstrukturellen Proteine werden durch proteolytische Prozessierung der vom Replikasegen kodierten Vorläufer-Polyproteine (pp1a/pp1ab) unter Beteiligung viraler Proteasen freigesetzt. Das größte replikative Protein, nsp3, befindet sich im aminoterminalen Bereich der Polyproteine pp1a/pp1ab. Trotz des geringen Konservierungsgrades dieser Region wurden bestimmte funktionelle Domänen, die in allen coronaviralen nsp3 konserviert sind, identifiziert. Dazu gehören: eine saure Domäne, zwei Papain-ähnliche Proteasen (PL1pro und PL2pro) sowie zwei weitere konservierte Domänen (X- bzw. Y-Domäne). Frühere Studien konzentrierten sich vor allem auf die PLpro-Domänen, während die Funktionen der anderen nsp3-Domänen bisher nicht untersucht wurden. Um weitere Einblicke in die nsp3-vermittelten Aktivitäten und ihre Funktionen im coronaviralen Lebenszyklus zu gewinnen, wurden im Rahmen dieser Arbeit die enzymatischen Aktivitäten von zwei nsp3-Domänen, PLpro und X, näher charakterisiert. Coronavirale Papain-ähnliche Proteasen spalten den aminoproximalen Bereich der Polyproteine pp1a/pp1ab und sind somit an der Freisetzung von nsp1, nsp2 und nsp3 beteiligt. In der vorliegenden Arbeit wurde die durch die PLpro vermittelte proteolytische Prozessierung des N-terminalen Endes von nsp3 bei TGEV und SARS-CoV analysiert. Übereinstimmend mit früheren Vorhersagen ergaben In-vitro-Translationsexperimente und Proteinsequenzierungen, dass die TGEV-PL1pro die Peptidbindung zwischen Gly879 und Gly880 spaltet, wodurch das aminoterminale Ende von nsp3 bzw. das carboxyterminale Ende von nsp2 freigesetzt werden. Diese Schnittstelle entpricht bei SARS-CoV der Sequenz Gly818|Ala819, die jedoch bei diesem Virus von der PL2pro prozessiert wird. Mutationsanalysen ergaben weiterhin, dass die Reste Cys1093 (TGEV-PL1pro) und Cys1651 (SARS-CoV-PL2pro) für die proteolytische Aktivität essentiell sind. Diese Daten stützen Vorhersagen zu möglichen katalytischen (nukleophilen) Funktionen dieser beiden Reste. Darüber hinaus wurde das stromaufwärts gelegene nsp2 in TGEV-infizierten Zellen identifiziert. Diese Daten, zusammen mit vorherigen Studien, legen den Schluss nahe, dass die Coronavirus-PLpro-vermittelte proteolytische Prozessierung –trotz der geringen Konservierung des Polyproteinsubstrates und bestehender Unterschiede hinsichtlich der Anzahl konservierter PLpro-Domänen– weitgehend konserviert ist. Im zweiten Teil der Arbeit sollte die enzymatische Aktivität einer weiteren konservierten Domäne im coronaviralen nsp3, der sogenannten X-Domäne, untersucht werden. Für diese Domäne war eine ADP-Ribose-1"-Monophosphatase-Aktivität (Appr-1"-pase) vorhergesagt worden. Um die Eigenschaften dieser Proteine näher zu bestimmen und möglicherweise existierende Gemeinsamkeiten zwischen coronaviralen Enzymen, die den viralen Lebenszyklus steuern und/oder kontrollieren, zu identifizieren, wurden die X-Domänen von drei verschiedenen Coronaviren, HCoV-229E, TGEV und SARS-CoV, die unterschiedlichen serologischen Coronavirus-Gruppen angehören, in vitro untersucht und miteinander verglichen. Es konnte gezeigt werden, dass bakteriell (E.coli-) exprimierte X-Domänen aller drei untersuchten Viren ADP-Ribose-1"-Phosphat, ein Nebenprodukt des zellulären tRNA-Splicings, zu ADP-Ribose dephosphorylieren können. Diese Daten beweisen zweifelsfrei die Appr-1"-pase-Aktivität coronaviraler X-Domänen und lassen vermuten, dass diese Aktivität bei allen Coronaviren konserviert ist. Weitere Untersuchungen zur Substratspezifität und zu möglichen katalytischen Resten des Enzyms wurden mit Hilfe bakteriell exprimierter, mutierter Formen der HCoV-229E-X-Domäne durchgeführt. Die gewonnenen Daten legen die Vermutung nahe, dass die Phosphohydrolaseaktivität hochspezifisch für das Substrat Appr-1"-p ist und die HCoV-229E-pp1a/pp1ab-Reste Asn1302, Asn1305, His1310, Gly1312 und Gly1313 an der Ausbildung des aktiven Zentrum des Enzyms beteiligt sind. Abschließend wurde die Funktion der Appr-1"-pase-Aktivität mit Hilfe einer HCoV-229E-Mutante, in der die Appr-1"-pase-Aktivität durch ortsspezifische Mutagenese ausgeschaltet wurde, in Zellkultur analysiert. Überraschenderweise hatte die Mutation keine nachweisbare Auswirkung auf die virale RNA-Synthese oder den Virustiter, und sie erwies sich auch nach sechs Passagen in Zellkultur als stabil. Die Tatsache, dass die Appr-1"-pase-Aktivität für die Replikation und Transkription von HCoV-229E entbehrlich ist, zeigt, dass Coronavirus-Replikasegene auch nichtessentielle Funktionen kodieren, die möglicherweise akzessorische und/oder regulatorische Funktionen besitzen und nur unter bestimmten Bedingungen (z.B. im infizierten Wirt) einen Selektionsvorteil bieten bzw. essentiell sind. Weitere Studien sind erforderlich, um die biologische Funktion der X-Domäne im Detail zu bestimmen.
Die Cystein-Proteasen der Säuger und Parasiten wurden erst in den letzten zwei Jahrzehnten als pharmazeutisch/medizinisches Target erkannt. Die genauen Aufgaben der einzelnen Enzyme dieser sehr umfangreichen und ständig wachsenden Protease-Familie bleiben zwar teilweise noch unbekannt, es ist jedoch klar, dass ihre Aufgabe nicht nur der unspezifische Protein-Abbau ist. Das Ziel der vorliegenden Arbeit waren die Synthese einer Reihe peptidomimetischer Inhibitoren mit elektrophilem Aziridin-2,3-dicarbonsäure-Baustein und deren Testung an den Proteasen Cathepsin B (human), Cathepsin L (Paramecium tetraurelia), Falcipain-2 (Plasmodium falciparum) und Rhodesain (Trypanosoma brucei rhodesiense). Die Verbindungen sind als irreversible Inhibitoren der Proteasen konzipiert. Der Aziridin-Baustein als Elektrophil wird durch den Cystein-Rest des aktiven Zentrums der Proteasen angegriffen, es erfolgt eine nucleophile Ringöffnung und damit die irreversible Alkylierung der Proteasen. Die Aziridin-Bausteine wurden entweder stereoselektiv aus Tartraten oder als Racemate aus Fumaraten dargestellt. Durch NMR-spektroskopische Versuche wurde der Mechanismus der Epimerisierung der als Intermediate der stereoselektiven Synthese auftretenden Azidoalkohole aufgeklärt. Die N-Acylierung des Aziridin-Bausteins mit den Aminosäuren bzw. Dipeptiden erfolgte über Segmentkopplungen oder über eine schrittweise Anknüpfung der Aminosäuren. Es wurden dabei verschiedenste Methoden der Peptidchemie eingesetzt. Die Hemmkonstanten der synthetisierten Substanzen wurden in einem kontinuierlichen fluorimetrischen Mikrotiterplatten-Assay bei Inhibitor-Konzentrationen von 0.35 - 140 µM ermittelt. Als Substrat diente für alle Enzyme Z-Phe-Arg-AMC. Der Nachweis der Irreversibilität der Hemmung wurde durch Dialyse-Versuche und die Affinitätsmarkierung von Cathepsin L und Falcipain 2 mit Hilfe eines Biotin-markierten Inhibitors erbracht. Bei Inhibitoren, die eine zeitabhängige Hemmung aufweisen, wurden die Alkylierungskonstanten (ki –Werte) ermittelt. Diese sind im Vergleich zu den Konstanten der Epoxysuccinyl-Peptide ca. 1000x kleiner, was frühere Untersuchungen bestätigt. Aus den ermittelten Dissoziationskonstanten (Ki) ist die Selektivität für Cathepsin-L-ähnliche Proteasen eindeutig. Dabei wird die Reihenfolge RD > CL > FP >>> CB gefunden. Der beste Inhibitor für alle Enzyme ist die Substanz 116C (BOC-(S)-Leu-(S)-Azy-(S,S)-Azi(OBn)2), für die Hemmkonstanten im unteren micromolaren bzw. sogar nanomolaren Bereich gefunden werden. Unter den Substanzen finden sich auch einige, die für einzelne Enzyme selektiv sind. Für CL sind es die Verbindungen 517C, 105G, Z-023B, 023A; für CB 034A und 013B und für RD 112C, 222C, 105B, 013A. Dabei gibt es zwei Inhibitoren (105A, 517G), die selektiv nur die parasitären Enzyme FP und RD hemmen. Die Analyse der Struktur-Wirkungs-Beziehungen ergab, dass in Abhängigkeit von den Substituenten am Aziridinring (Benzylester, Ethylester, Disäure), von den Substituenten am Aziridin-Stickstoff (Phe-Ala, Leu-Xxx, Gly-Xxx, Xxx = cyclische Aminosäure) und der Stereochemie unterschiedliche Bindungsmodi vorliegen müssen. Erste Docking-Versuche, die in Kooperation mit der Arbeitsgruppe Baumann (Institut für Pharmazie und LMC, Universität Würzburg) durchgeführt wurden, bestätigen dies. Postuliert wird für Inhibitoren, die die Sequenz Leu-Pro enthalten, eine Bindung an die S`- Seite von Cathepsin L. Dies erklärt die Selektivität dieser Inhibitoren, denn innerhalb der S`-Substratbindungstaschen finden sich die größten strukturellen Unterschiede zwischen Cathepsin B und den Cathepsin-L-ähnlichen Proteasen. Im Gegensatz dazu wird für eines der Phe-Ala-Derivate eine Bindung an die S-Taschen postuliert, die zwischen den einzelnen Proteasen geringere strukturelle Unterschiede aufweisen. Dieser Inhibitor hemmt, wie fast alle Phe-Ala-Derivate, dementsprechend auch Cathepsin B besser als die Leu-Xxx-Derivate. In Rahmen einer Kooperation mit der Arbeitsgruppe Engels Institut für Organische Chemie, Universität Würzburg) wurden quantenchemische Rechnungen durchgeführt, die u.a. den Einfluss von Substituenten auf die Kinetik und Thermodynamik der nucleophilen Ringöffnung untersuchten. Vorhergesagt wurde, dass Substituenten am Aziridin-Stickstoff, die den Übergangzustand stabilisieren (N-Formyl), zu einer besseren Hemmung führen sollten. Das darauf hin synthetisierte N-Formylaziridin-2,3-dicarboxylat 008B weist eine etwa 5000x bessere Hemmung von CL auf als das nicht-formylierte Diethylaziridin-2,3-dicarboxylat. Die gezielt als "affinity label" entwickelte Biotin-markierte Verbindung 999C wurde zur Identifizierung von Cystein-Proteasen, die von Plasmodium falciparum exprimiert werden, eingesetzt (Kooperation mit der Arbeitsgruppe Gelhaus/Leippe, Institut für Zoologie, Universität Kiel).
Shiga Toxin-produzierende Escherichia coli (STEC) verursachen Diarrhöen und hämorrhagische Colitis. Als lebensbedrohliche Komplikation können sie ein hämolytisch-urämisches Syndrom auslösen. Bisher identifizierte Virulenz-faktoren der STEC sind auf Bakteriophagen, Plasmiden und Pathogenitätsinseln kodiert. Bei der Mehrzahl der klinischen STEC-Isolate konnte die Pathogen-itätsinsel LEE (locus of enterocyte effacement) nachgewiesen werden. Der LEE ist stromabwärts des Gens für eine Selenocystein-tRNA (selC) ins Chromosom integriert. Ziel der vorliegenden Arbeit war die Charakterisierung von STEC, denen der LEE fehlt und die funktionelle Analyse von potentiellen Virulenz-assoziierten Genen. Dabei wurde eine Fokussierung auf Gene vorgenommen, die im Bereich der selC-Region vorkommen. Mittels PCR wurde zunächst überprüft, ob bei den LEE-negativen STEC-Stämmen Fremd-DNA in der selC-Region integriert ist. Hierzu wurden 35 LEE-negative STEC getestet. Bei 13 Stämmen konnte eine Insertion von Fremd-DNA gezeigt werden. Von einem dieser Stämme (E. coli 4797/97, Serovar O91:H-) wurde aus einer Genbank ein die selC-Region enthaltendes DNA-Fragment identifiziert. Ein 37,7 kb großes Fragment dieses Cosmids wurde vollständig sequenziert. Die Analyse der gesamten Sequenz ergab 30 offene Leserahmen mit Längen zwischen 95 und 4092 bp. Der G+C-Gehalt betrug 47,4%. An mehreren Stellen wurden Bereiche mit hoher Homologie zu verschiedenen Insertionssequenzen, inverted repeats und Integrasen gefunden. Drei Leserahmen hatten eine hohe Homologie zu bereits bekannten Genen. Hierbei handelt es sich um die iha- , btuB- und espP-Gene von E. coli. Das iha-Gen kodiert für ein Adhärenz-vermittelndes Protein, btuB für den Vitamin B12 Rezeptor und espP für eine Serinprotease. Bei den iha-Adhäsinen und Serinproteasen handelt es sich um potentielle Pathogenitätsfaktoren. Der sequenzierte Bereich hat somit die charakteristischen Eigenschaften einer Pathogenitätsinsel: Die Präsenz von mehreren Pathogenitätsgenen und mobilen Elementen (Insertionselemente, Integrasen), die Lokalisation nahe an tRNA-Genen sowie ein veränderter G+C-Gehalt gegenüber dem Restgenom. Zur weiteren Charakterisierung des espI-Genprodukts wurde espI subkloniert. Bei der Untersuchung von Kulturüberständen zeigte sich, dass der Subklon DH5/pzh4 ein Protein von etwa 110 kDa sezernierte. In weiteren Experimenten konnte gezeigt werden, dass die Serinprotease des Stammes 4797/97 als 140,8 kDa großes Vorläuferprotein synthetisiert und während des anschließenden Exportvorganges sowohl N-terminal als auch C-terminal prozessiert wird. Das C-terminale Ende wirkt als Translokator durch die äußere Membran, wo es nach Abspaltung des reifen EspI-Proteins verbleibt. Das reife Protein weist eine Größe von 110,5 kDa auf. Der hier gezeigte Transportmechanismus ist charakteristisch für sogenannte Autotransporter-Proteine. Trotz der hohen Sequenzhomologie zur IgA1-Protease von Neisseria gonorrhoeae, die als Prototyp der Autotransporter-Proteine gilt, konnte für EspI keine Proteaseaktivität gegenüber IgA gezeigt werden. EspI weist auch hohe Sequenzhomologie zu Exoproteinen von Shigella flexneri (SepA, Mucinase und SigA), EHEC (EspP) und vogelpathogenen E. coli (Tsh) auf, allerdings konnte keines der Substrate dieser Proteasen von EspI gespalten werden. Dagegen konnte eine proteolytische Aktivität gegenüber Schweine-Pepsin A und Apolipoprotein A1 nachgewiesen werden. Die putative Virulenz und räumliche Nähe der Gene espI, btuB und iha macht diese Region zum interessantesten Stück der im Rahmen dieser Arbeit identifizierten neuen Pathogenitätsinsel. Eine PCR-Untersuchung zur Verbreitung dieser Gene zeigte, dass diese Region bei LEE-negativen STEC weit verbreitet ist. Inwieweit diese Pathogenitätsinsel einen Einfluss auf die Virulenz von STEC hat, muss in weiteren Experimenten geklärt werden.