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Die Fanconi-Anämie ist eine autosomal-rezessiv vererbte Krankheit, die mit progredientem Knochenmarksversagen, Fehlbildungen und Tumoren einhergeht. Diagnostiziert wird diese Krankheit durch eine vermehrte Chromosomenbrüchigkeit nach Behandlung mit Diepoxybutan oder Mitomycin C oder durch einen erhöhten Anteil von Zellen in der G2-Phase in der Durchflußzytometrie. Bei einigen Patienten wurden Verläufe mit stabilen Blutbildern beschrieben. Als Erklärung wurde das Vorhandensein einer Mosaikkonstellation bei diesen Patienten diskutiert. Hier wird ein FA-Patient der Komplementationsgruppe A beschrieben, bei dem es im Alter von 2 Jahren zu einer Thrombozytopenie kam und ein dysplastisches Knochenmark vorlag. Zusätzlich liegt bei dem Patienten noch ein Wachstumshormonmangel bei dysplastischer Hypophyse vor. Im Alter von 3 ½ Jahren kam es zu einer deutlichen Stabilisierung des Blutbildes; auch fand sich bei wiederholten Knochenmarkspunktionen ein normozelluläres Mark. Nachdem zuvor die Diagnose FA mittels Chromosomenbruchanalyse und Durchflußzytometrie gestellt und später durch Untersuchung von Fibroblasten bestätigt worden war, stellte sich jetzt die Frage eines Mosaiks. Weitere Zellzyklusanalysen ergaben annähernd normale Befunde. Bei einer weiteren, im Alter von 6 Jahren durchgeführten Chromosomenbruchanalyse zeigte sich eine bimodale Verteilung der MMC-Sensitivität. Auf Grund dieser Bimodalität, also der Koexistenz von defekten und intakten Zellen, kann von der Existenz einer Mosaikkonstellation ausgegangen werden, die für das Auftreten intakter Zellen verantwortlich ist und dadurch zu einer Stabilisierung des Blutbildes geführt hat. Die erste Mutation des Patienten wurde auf Exon 10 gefunden, wo anstelle von Glutaminsäure ein Stopcodon gebildet wird. Ob die Mosaikkonstellation im vorliegenden Fall durch intragenes Crossover oder Genkonversion entstanden ist, kann erst nach der Identifizierung der Mutation auf dem zweiten Allel des Patienten abgeklärt werden.
Das Nijmegen Breakage Syndrom ist eine seltene autosomal- rezessive Erkrankung, die durch ein typisches Erscheinungsbild mit Mikrozephalie, Wachstumsretardierung, Immundefizienz sowie durch eine erhöhte Empfindlichkeit gegenüber ionisierender Strahlung und eine erhöhte Prädisposition gegenüber malignen Tumoren charakterisiert wird. Die Erkrankung wird durch Mutationen im NBS1-Gen verursacht, welches auf Chromosom 8q21 lokalisiert werden konnte. Das NBS1-Gen Produkt, Nibrin, ist Teil des MRE11-RAD50-Nibrin Proteinkomplexes, welcher eine zentrale Rolle bei der Erkennung und der Reparatur von DNA-Doppelstrangbrüchen spielt. Das Fehlen von Nibrin führt zu einer fehlerhaften DNA-Reparatur und erklärt die verschiedenen klinischen und zellulären Symptome bei NBS-Patienten. Im Rahmen dieser Arbeit wurden die Daten von 40 Patienten ausgewertet, die im Rahmen der Verdachtsdiagnose eines Nijmegen Breakage Syndroms mit der Durchflusszytometrie untersucht wurden. Für die Unterscheidung zwischen NBS-positiven und NBS-negativen Fällen sind folgende Parameter von diagnostischer Relevanz: 1) der Anteil nichtproliferierender Zellen (G0/G1-Phase-Zelle), welcher bei NBS-Patienten meist deutlich höher sind als bei gesunden Kontrollen. Sie spiegeln bei erhöhten Werten die herabgesetzte Mitogenantwort wider. 2) die G2/GF-Ratio als Maß für Strahlensensitivität, welche bei NBS-Patienten charakteristischerweise erhöht ist. Die Auswertung der Daten erlaubte es in 22 Fällen die Verdachtsdiagnose NBS auszuschließen, da diese für beide Parameter Werte im Normalbereich zeigten. In 16 Fällen ergab sich ein positives Ergebnis mit erhöhtem Anteil nichtproliferierender Zellen und erhöhter Strahlensensitivität. Unter den positiven Fällen konnte bei 9 Patienten die Diagnose des Nijmegen Breakage Syndroms mittels Mutationsanalyse bestätigt werden. Bei 7 Patienten konnte jedoch trotz erhöhter Strahlensensitivität keine Mutation im NBS1-Gen nachgewiesen werden. Zusammenfassend zeigen die Ergebnisse, dass die Durchflusszytometrie das Vorliegen einer erhöhten Strahlensensitivität eindeutig nachweisen kann. Eine erhöhte Strahlensensitivität ist wiederum ein charakteristisches Merkmal des Nijmegen Breakage Syndroms, da es in direkten Zusammenhang mit dem verursachenden Gendefekt steht. Die Durchflusszytometrie kann daher als ein sinnvolles diagnostisches Verfahren von hoher Sensitivität bei Patienten mit der Verdachtsdiagnose NBS angesehen und erfolgreich eingesetzt werden. Allerdings ist die Spezifität des Verfahrens sehr viel geringer. Die Methode der Wahl für die Primärdiagnostik des Nijmegen Breakage Syndroms wird in Zukunft daher die Mutationsanalyse sein.