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Als Systemsprenger menschlicher Ordnungen und Wissenschaftstraditionen finden sich Flechten auf der ganzen Welt und bleiben doch oft unbemerkt. Das macht den Symbionten aus Pilz und Alge in urbanen, ländlichen und digitalen Räumen interessant für eine alltagswissenschaftliche Untersuchung.
Menschliche Geschichten über Flechten sind gefüllt mit Vermutungen, Hörensagen und Assoziationen. Denn augenscheinlich sind Flechten in Deutschland wieder auf dem Vormarsch, sitzen vermehrt in den geliebten Obstbäumen, erobern Denkmäler oder die heimischen Terrassen. Der Pilz im Symbionten wird als Gefahr für Leib und Leben erzählt, die pflanzliche Alge hingegen als Schmuck und natürliches Heilmittel. Ihre Auf- und Abwertung gibt viel über die Ordnungen des Anthropozäns preis.
Kommen die Flechten selbst zu Wort, verfliegen diese kurzweiligen Narrative. Unbemerkt schaffen sie es durch das Bewachsen und Einfärben von Oberflächen, dass Menschen Räume anders lesen. Flechten geben uns nicht nur ein Gefühl von Zeit, die schon vergangen ist, sondern formen redundante Wege von Wasser, Licht und Berührung nach. Anhand der Flechte als ästhetischer Erfahrung wird hier ihre enorme Wirkmacht auf menschliche Alltage herausgearbeitet.
Sprachideologien als zugrundeliegende Annahmen über Sprachstrukturen und Sprachgebrauch schlagen sich häufig in metasprachlichen Diskursen und vor allem im laienlinguistischen Austausch über Sprache nieder. Die einschlägige Forschung zu derartigen Metasprachdiskursen hat sich bislang nur vereinzelt dem laienlinguistischen Austausch in den Sozialen Medien gewidmet.
Um Einblicke in laienlinguistische Metasprachdiskurse jüngerer Generationen zu geben, untersucht die vorliegende Studie die Beiträge sowie die dazugehörigen Kommentare zweier Instagram-Profile, die regelmäßig sprachliches Wissen vermitteln, hinsichtlich ihrer sprachideologischen Standpunkte. Hierzu wurde das stancetaking der Nutzenden untersucht, d.h. es wurde nachvollzogen, wie sich Sprachteilnehmende lexikalisch, grammatisch, aber auch im Rahmen multimodaler Möglichkeiten der Plattform (z.B. Farben, Emojis, Likes) zu Sprache und zu anderen Sprachteilnehmenden positionieren.
Es zeigt sich, dass vor allem sprachrichtigkeitsideologische Einstellungen in den untersuchten Beiträgen vorzufinden sind. Varianten werden hier explizit sprachlich als richtig oder falsch oder auch implizit mittels farblicher Markierungen gekennzeichnet. Standardideologische Annahmen kommen in den Beiträgen häufig in der Orientierung an kodifizierenden Institutionen und in der Abgrenzung zu einer Umgangssprache zum Tragen, wobei die Beiträge von einer Thematisierung des Standardbegriffs absehen. Vereinzelt werden die Sprachrichtigkeits- und die Standardideologie in den Kommentaren durch Nutzende in Frage gestellt; insbesondere, wenn diese sich als linguistisch Sachkundige positionieren.
Die Repräsentation queerer Menschen in den Medien nimmt zu. Dennoch ist noch viel Luft nach oben, wie die
Statistiken zeigen. Aber was denken queere Menschen eigentlich über ihre eigene Darstellung im Mainstream? Im Zentrum dieser Rezeptionsstudie stehen 14 junge queere Frauen – also Menschen, die sich als Frauen fühlen, und sich dem queeren Spektrum zu ordnen. Wie schaut diese Gruppe Filme und Serien? Wie erzählen sie ihre Rezeptionserfahrungen? Wie bewerten sie ihre eigene Darstellung und was wünschen sie sich von zukünftigen Darstellungen? Mit Hilfe der Narrationsanalyse von Einzelgesprächen und Gruppeninterviews im Rahmen von selbstorganisierten Filmabenden macht die Arbeit eine besondere Art des Sehens dieser mehrfach marginalisierten Gruppe aus: nämlich den queer female gaze.
Die vorliegende Arbeit nimmt das sprachliche Phänomen Unterbrechung in Gesprächssituationen und seine Realisation in authentischen Gesprächen der drei Gesprächssorten Polittalk, Tischgespräch und Studienberatungsgespräch in den Blick. Unterbrechungen werden dabei in Auseinandersetzung mit der Forschungsliteratur als eine spezifische Form des Sprecherwechsels in Gesprächen von anderen Sprecherwechselformen abgegrenzt. Die Analyse kann 22 Typen von Unterbrechungen strukturell und quantitativ differenzieren und in einem Schema voneinander abgrenzen. Diese Typen werden mit Korpusbeispielen belegt. Es kann gezeigt werden, dass die Verteilung der unterschiedlichen Typen von Unterbrechungen in unterschiedlichen Gesprächssorten variiert. Dieser Befund lässt Rückschüsse auf unterschiedliche Faktoren und Funktionen der einzelnen Typen zu.
This paper deals with the importance of music lessons in Bavarian special needs schools. It is based on three hypotheses and develops various possible reasons regarding the above-mentioned concern in relation to the focus on schools working with students' challenging behaviour.
For this purpose, literature and an expert interview are used to derive special conditions of these schools. Moreover, this paper examines the circumstances of musical education and possible ways of dealing with them at schools.
The aim of this paper is to derive general possibilities for teaching. The concept of 'music education units' (Musikvermittlungseinheiten) is used as a basis for suggesting a concrete way of integrating music education into everyday school life. These are short, approximately 10-minute units in which music is used and taught as part of structuring and rhythmising phases. Chances and limits of these music education units as well as recommendations for action and exemplary suggestions for their design are elaborated at the end of the paper.
Ressourcenbezogene Lernstrategien von Schüler:innen während des Covid-19 bedingten Fernunterrichts.
(2023)
Die vorliegende Studie befasst sich mit internen bzw. externen ressourcenbezogenen Lernstrategien als Moderatoren zwischen Stresserleben und Lernerfolg während des durch die Covid-19-Pandemie bedingten Fernunterrichts im Jahr 2020. Theoretisch wird angenommen, dass interne ressourcenbezogene Lernstrategien (intrinsische und extrinsische Motivation, Zeitmanagement und Aufmerksamkeit) bzw. externe ressourcenbezogene Lernstrategien (Lernumgebung, nicht-personale Hilfen und personale Hilfen) den negativen Zusammenhang zwischen Stresserleben und Lernerfolg während des durch Covid-19 bedingten Fernunterrichts moderieren. Die Ergebnisse der moderierten Regressionsanalysen bei N = 96 Schüler:innen sind nicht signifikant. Folgerungen der Befunde werden diskutiert.
Schafe leben seit einigen Jahrtausenden mit Menschen zusammen und mit ihnen durchwandert ihre Wolle unsere Kulturen und Gesellschaften. Ausgangspunkt der vorliegenden Arbeit ist der gegenwärtig geringe monetäre Wert von Schafwolle, der in den letzten dreißig Jahren in Deutschland stark gesunken ist.
Basierend auf ethnografischen Methoden der Feldforschung, teilnehmende Beobachtung und Interviews, verfolgt die vorliegende Arbeit Spuren von Schafwolle und fragt dabei nach den Berührungs- und Kontaktpunkten, die im Alltag zwischen Schafen, Menschen und Wolle entstehen. Menschen, die mit Schafen leben, werfen verschiedene Perspektiven auf die sogenannte Nutztierhaltung sowie auf ländliches Wirtschaften und Leben.
Schafe und Schafwolle werden hier als Miterzählende und Mitgestaltende im Prozess der Entstehung von Schaf-Woll-Geschichten betrachtet. Besonders die Perspektiven auf Schafwolle regen an, tierliche Materialitäten im Allgemeinen neu zu denken und zu reflektieren. So lädt die vorliegende Arbeit dazu ein, Menschen, Tiere und Materialitäten stärker in den Wissensgenerierungsprozess zu integrieren sowie nach dem besonderen Wissen zu suchen, das eben jene mehr-als-menschliche Akteur*innen mit uns teilen.
Tiefgreifender und dauerhafter als der Krieg sollte die erschriebene Liebe von Anna und Gustav sein, deren Re-/Konstruktion im Zentrum dieser Arbeit steht. Die qualitativ-hermeneutische Analyse der mehr als 745 Briefe, die sie zwischen 1942 und 1955 austauschten, lässt die Entwicklung ihrer Beziehung von einer flüchtigen Briefbekanntschaft zu einer tiefen Freundschaft nachvollziehen, die schließlich in der Gründung einer ehelichen Gemeinschaft münden sollte. In der Verbindung vielfältiger Lesarten als Alltags-, Liebes- Feldpost- und Jugendbriefe, wird der textuelle Beziehungsraum des Paares erkundet und in den Kontext des Schreibens in der Zeit des Nationalsozialismus eingebettet. Durch die kriegsbedingte Trennung auf das Schreiben angewiesen, fixieren sie ausführliche Erzählungen über gelebte Alltage, ihren katholischen Glauben, die sozialen Gefüge, in denen sie sich bewegen und (gemeinsam) verorten sowie ihre entstehende Liebe und Zukunftsvorstellungen. Für diese im Kontext einer interdisziplinären Anthropologie des Schreibens zu verstehende Arbeit gewähren sie damit tiefe Einblicke in den Prozess des Erschreibens ihrer Beziehung und die Frage, wie sie sich das Medium Brief für ihre Zwecke aneigneten. Die in ähnlichen Forschungen selten einbezogene Frauenstimme gibt dabei zusätzliche Informationen preis – über die Alltagskultur der Zeit, die Wirkmächtigkeit der (Selbst-) Zensur und darüber, wie sie beide im Schreiben ungewollt die Kriegsführung des NS-Regimes unterstützten.
Innovative Software kann die Position eines Unternehmens im Wettbewerb sichern. Die Einführung innovativer Software ist aber alles andere als einfach. Denn obgleich die technischen Aspekte offensichtlicher sind, dominieren organisationale Aspekte. Zu viele Softwareprojekte schlagen fehl, da die Einführung nicht gelingt, trotz Erfüllung technischer Anforderungen. Vor diesem Hintergrund ist das Forschungsziel der Masterarbeit, Risiken und Erfolgsfaktoren für die Einführung innovativer Software in Unternehmen zu finden, eine Strategie zu formulieren und dabei die Bedeutung von Schlüsselpersonen zu bestimmen.
Deutschland will die Kohleverstromung bis spätestens 2038 endgültig beenden. Die vorliegende Arbeit widmet sich den dadurch aufgeworfenen europarechtlichen Problemen. Behandelt werden zunächst kompetenzrechtliche Fragestellungen, bevor sich umfassend dem EU-Beihilferecht gewidmet wird. Der Fokus liegt hierbei auf den Entschädigungen für die Kohlekraftwerksbetreiber. Während die Europäische Kommission das Ausschreibungssystem für den Steinkohleausstieg bereits als mit den beihilferechtlichen Vorgaben und dem europäischen Binnenmarkt vereinbar erklärt hat, steht eine entsprechende Genehmigung für die Stilllegung der Braunkohlekraftwerke noch aus. Auch Fragen betreffend den unions- und völkerrechtlichen Investitionsschutz werden geprüft. Wegen gedrosselter Gaslieferungen aus Russland sollen insbesondere Kohlekraftwerke befristet wieder stärker zum Einsatz kommen. Dies betrifft auch Steinkohlekraftwerke, für die infolge des Kohleausstiegs in den Jahren 2022 und 2023 ein Verbot der Kohleverfeuerung wirksam werden würde und unterliegt aus beihilferechtlicher Perspektive der fortlaufenden Überprüfung durch die Kommission.
Im Zeitalter des Anthropozäns rückt die Klimakrise ins Zentrum einer Betrachtung der vielschichtigen Beziehung zwischen Mensch und Wald. Die Auswirkungen des Klimawandels beeinflussen und verändern das Leben von Pflanzen und Tieren ebenso wie den menschlichen Blick auf den Wald und das forstliche Handeln in ihm. Angesichts der menschengemachten Klimaveränderungen geht die Autorin in der vorliegenden Multispezies-Ethnografie der Frage nach, wie der komplexe Wirtschafts-, Lebens- und Arbeitsort Wald speziesübergreifend geformt und gestaltet wird. Mit dem Verweis auf die Rolle tierlicher sowie pflanzlicher Agency werden dabei die Verflechtungen und gegenseitigen Abhängigkeiten der im Wald lebenden und mit dem Wald arbeitenden menschlichen wie mehr-als-menschlichen Akteur*innen in den Mittelpunkt gestellt. Zwischen klimawandelbedingten (Un)ordnungen, Störungen und Unsicherheiten ergeben sich Fragen nach dem Verhältnis zwischen menschlicher Nutzung und Bewahrung ebenso wie nach dem konkreten Umgang mit der Krise im Wald. Dabei eröffnet sich ein Blick auf die erforschten unterfränkischen Wälder als historisch und speziesübergreifend geprägte NaturenKulturen-Räume, in denen mögliche Zukünfte des gemeinsamen Lebens und Werdens ausgehandelt und gestaltet werden.
Damit Kindern und Jugendlichen mit geringen Kompetenzen im Bereich der Schriftsprache die Teilhabe am Literaturunterricht ermöglicht werden kann, sind häufig Anpassungen der Klassenlektüre notwendig. Deshalb wird in dieser Arbeit ein Überblick über die aktuelle Situation der Lesefähigkeiten von Schüler:innen mit kognitiver Beeinträchtigung, den Erweiterten Lesebegriff sowie über Literatur und Literacy gegeben. Weiterhin werden die Möglichkeiten der Vereinfachung von Sprache bis hin zur unterstützten Kommunikation dargestellt. Die theoretischen Auseinandersetzungen münden dann in einer Anleitung mit konkreten Beispielen zur selbstständigen Differenzierung eines Ausgangstextes an die individuellen Bedürfnisse von Schüler:innen mit geringer Schriftlesefähigkeit.
Ob alleine, gemeinsam, virtuell oder analog: Spielen ist eine wohl universelle Erfahrung und eine Konstante im menschlichen Leben. Und doch scheinen zweckfreie Aktivitäten mit zunehmendem Alter an Stellenwert zu verlieren und in ein diametrales Verhältnis zu produktiven, zweckgerichteten Aktivitäten zu geraten. Wenn erwachsene Menschen verkleidet auf dem Boden herumtollen, bellen und auf allen Vieren gehen, kann dies zunächst irritieren. Das gemeinsame Interesse der Akteur:innen dieser empirischen Studie ist ein solches Rollenspiel: als Puppies imitieren sie das Verhalten von (Jung-)Hunden und versuchen, sich auch gedanklich in das als unbeschwert empfundene (Er-)Leben der Tiere hineinzuversetzen.
Anhand dieses ganz konkreten Spiels mit eigenen Regeln und Praktiken fragt der Autor nach dem Verhältnis von Arbeit und Spiel in spätkapitalistischen Gesellschaften. Das Forschungsfeld Pup Play mit seinen spezifischen Räumen und Akteur:innen zeigt dabei anschaulich, wie spielerisch Werte ausgehandelt und kuratiert werden, Familien (neu) entstehen und die Perspektive auf eine Welt abseits von Leistungsdruck und Wettbewerb geschaffen wird.
Im Rahmen eines selbst-konsistenten Outer-Gap-Modells der Pulsar-Magnetosphäre wurde die elektromagnetische sehr hochenergetische Strahlung des Crab-Pulsars simuliert. Dies wurde parallel anhand zweier verschiedener Fälle getan, die sich in den angenommenen Gleichungen für die elektrische Feldstärke und für den Krümmungsradius der magnetischen Feldlinien unterscheiden. Die Kinetik der geladenen Teilchen bei ihrer Propagation durch die Outer Gap wurde unter Einbeziehung von Krümmungsstrahlung, inverser Compton-Streuung und Triple Paarbildung betrachtet. Das theoretisch simulierte Spektrum wird mit von Fermi-LAT und von den MAGIC Teleskopen gemessenen Daten verglichen.
Das Ziel dieser Arbeit besteht darin, anhand von theoretischen Inhalten der Handmotorik bei Schülerinnen und Schülern (SuS) mit einer Cerebralparese, Kriterien abzuleiten, um die Handhabbarkeit von Erstrechenmaterialien feststellen zu können. Weiterhin werden theoretische Grundlagen des Erstrechenunterrichts, bezogen auf die mathematische Entwicklung, erläutert. Diese Inhalte werden verknüpft, indem die Bedeutung der Handmotorik für die Entwicklung mathematischer Kompetenzen für den Erstrechenunterricht im Kontext empirischer Studien erläutert wird. Die Verbindung der mathematischen Entwicklung mit der Handmotorik bei SuS mit einer Cerebralparese wird in der Folge erläutert.
Es werden geeignete Kriterien erstellt, um ausgewählte Arbeitsmittel des Erstrechenunterrichts der didaktischen Lern- und Forschungsstelle der Universität Würzburg dahingehend zu bewerten, ob sie für SuS mit einer Beeinträchtigung der Handmotorik in Folge einer Cerebralparese handhabbar und somit eigenständig verwendbar sind. Daher richtet sich diese Arbeit speziell an Studierende des Lehramts und (angehende) Lehrkräfte.
Diese Magisterarbeit untersucht die althebräischen biblischen und epigraphischen Personennamen unter dem Gesichtspunkt des Geschlechts. Nach einem Durchgang durch die Forschungsgeschichte zu Frauennamen werden verschiedene Definitionsmöglichkeiten für den Begriff „Frauenname“ diskutiert. Die Spezifika von Frauennamen werden mithilfe der Datenbank ,Althebräische Personennamen‘ (DAHPN) ermittelt und gedeutet, abschließend wird auf die Geburt und Namengebung von Töchtern in der Hebräischen Bibel eingegangen.
Menschen und Rabenvögel teilen eine lange gemeinsame Kulturgeschichte. Wer hierbei den Anfang gemacht hat, ist schwer zu sagen. Fest steht aber, dass beide Spezies einander in mancherlei Hinsicht verblüffend ähnlich sind, und dass nicht nur Menschen Vögel beobachten, sondern auch umgekehrt.
Über teilnehmende Beobachtung und zahlreiche Interviews mit Menschen, die regelmäßig Rabenvögel beobachten oder sie im Rahmen der Wildvogelhilfe pflegen, werden die unterschiedlichen Beschaffenheiten von Mensch-Rabenvogel-Beziehungen aufgezeigt.
Dabei wird nach speziesübergreifenden Fürsorgepraktiken, Wissensaushandlungen und ethischen Diskursen gleichermaßen gefragt. Wie wichtig sind haptische und emotionale Berührungen bei der Pflege verletzter Krähen? Wie sind historisch-mythologische Bilder über Raben und Krähen in den Diskurs um Multispezies-Gemeinschaften zwischen Menschen und Rabenvögeln einzuordnen? Welches Potenzial könnten Mensch-Rabenvogel-Beziehungen für die verhaltensbiologische Forschung haben?
Vor dem Hintergrund der Multispecies Studies werden Raben und Krähen als Akteur*innen verstanden, die mit Handlungs- und Wirkmacht (agency) ausgestattet sind. Ebenso wie die menschlichen Individuen sind sie dazu fähig, sich in andere Lebewesen, in Dinge und Orte einzuschreiben.
Ziel der Studie ist es, Rabenvögel neu zu denken und ebenso Menschen in Verbindung mit Rabenvögeln neu zu denken, um dadurch den Tieren letztlich auf eine neue Art und Weise zu begegnen.
Die Textfunktion beschreibt den vom Emittenten intendierten Effekt eines Textes auf den Rezipienten. Sachbücher etwa sind in erster Linie informativ, Werbeanzeigen appellativ, Testamente deklarativ, Verträge erfüllen eine Obligationsfunktion und Danksagungen eine Kontaktfunktion. Wie sieht es aber mit Computerspielen aus? Können diese als Texte auf ihre Textfunktion untersucht werden? Laut den Game Studies ist Immersion das erklärte Ziel der Spielentwickler, wobei Aufmerksamkeitslenkung eine bedeutende Rolle einnimmt. Ist denn Immersion auch linguistisch als Textfunktion nachweisbar?
Um dies herauszufinden, werden Computerspiele – gemäß dem Textanalyseschema von Brinker, Cölfen und Pappert \(^8\)2014 – zunächst als Texte definiert. Im Rahmen dieser Analyse werden auch Kohärenz und Kohäsion untersucht und sprachliche Mittel werden als Indizien betrachtet, die auf die Funktion hinweisen. Im Fokus stehen dabei Mündlichkeit und Schriftlichkeit, emotionale Sprache, die Kodierung von Regeln und Herausforderungen sowie Referenzen auf das Interface.
Im Speziellen werden Adventure und Role Playing Games (im Offline- und Single Player Modus) als Textsorten untersucht, weil diese Spiele üblicherweise viel Text enthalten. Zur Textsortenabgrenzung wird zunächst ein Spiel genauestens mittels AntConc untersucht, um anschließend das gesamte Korpus (23 Spiele, 70.060 Types, 1.183.536 Tokens) unter Verwendung von LancsBox vergleichend zu analysieren.
Zusammenfassend kann diese Masterarbeit als eine der ersten Studien eines vernachlässigten, aber gegenwärtigen und an Bedeutung gewinnenden Bereichs linguistischer Forschung betrachtet werden, der Linguistik, Computerspiele und Immersion zu verbinden versucht. Die Hypothese, dass es gewisse sprachliche Praktiken in Computerspiel-Texten gibt, anhand derer der Rezipient beeinflusst und gelenkt wird, um in das Spiel hineinzutauchen, konnte auf Basis des Korpus bestätigt werden.
Ratten sind in urbanen Räumen allgegenwärtig. Sie leben hier zumeist im Untergrund oder doch gut verborgen vor menschlichem Blick. Von hier aus gestalten sie ohne bewusstes menschliches Zutun oder gar Akzeptanz bereits seit Jahrhunderten Stadträume eifrig mit. Dies Zusammenspiel von Ratten und Menschen wird in der vorliegenden Studie ausgehend von der unterfränkischen Stadt Würzburg untersucht. Die Autorin fragt nach Aushandlungsprozessen innerhalb alltäglicher Begegnungen von Menschen und Ratten, den damit verbundenen historischen Bezügen, Kontinuitäten und Brüchen sowie nach den hier wirksamen Narrationen. Mit den Multispecies Studies werden dabei Ratten als wirk- und handlungsmächtige Akteur*innen gesehen, die durch ihre Agency unter anderem Missstände in menschlichen Gesellschaften offenbaren.
Dass Kinder unsere Zukunft sind, ist ein Allgemeinplatz. Diese vermeintliche Selbstverständlichkeit nimmt die vorliegende Arbeit zum Anlass, um danach zu fragen, wo und wie Zukünftiges tatsächlich eine Rolle für kindliche und elterliche Alltage spielt. So geht diese ethnografische Studie zweier Krabbelgruppen der Frage nach, wie sowohl Kindheiten als auch Zukünfte innerhalb konkreter Praktiken erst als solche hervorgebracht werden, und zeichnet hierfür unterschiedliche Relationen zwischen diesen beiden Phänomenen nach.
Welchen Anteil haben neben den elterlichen auch die kindlichen Akteur*innen sowie nicht-menschliche Andere an diesen Prozessen? Wann und wie werden in der Auseinandersetzung mit Kindheiten neben Zukünften auch Vergangenheiten und Gegenwarten (relevant) gemacht – wann von wem wie Zeitlichkeit hervorgebracht? Ein Zusammendenken von praxistheoretischen Perspektiven der Future Studies mit Konzepten der NaturenKulturenforschung und der Neuen Kindheitsforschung erlaubt es Alexandra Hammer, kleinkindliche Entwicklung als immer auch non-lineares, lebendiges und situatives Unterfangen sichtbar zu machen und zugleich die produktive Rolle dieser jungen Akteur*innen und nichtmenschlicher Anderer aufzuzeigen.
Nach aktuellem Stand der Forschung ist die Dachbegrünung eine geeignete Klimaanpassungsmaßnahme, mit der die Folgen des rezenten Klimawandels in verdichteten und versiegelten Stadtgebieten abgeschwächt werden können. Vor dem Hintergrund schrumpfender Flächenreserven und wachsender Flächenkonkurrenz können auf Dächern alternative Flächenressourcen zur Expansion urbanen Grüns erschlossen werden. Zudem besitzt diese Begrünungsart vielfältige ökologische und ökonomische Vorteile (Kühlwirkung, Biodiversität, Wasserrückhaltung, Gebäudedämmung und -schutz). Mit Bebauungsplänen und Innenbereichssatzungen sowie Förderprogrammen und indirekter Förderung (gesplittete Abwassergebühren) stehen den Kommunen harte und weiche Instrumente zur Verfügung, um Gebäudeeigentümer für Dachbegrünungsmaßnahmen im Neubau, aber auch im Bestandsbau zu mobilisieren. Für eine Aktivierung bereits bestehender Dachflächen eignet sich besonders die Extensivbegrünung dank ihrer anspruchslosen Vegetation, des minimalen Pflegeaufwands sowie den geringeren statischen und formspezifischen Anforderungen an die Dachkonstruktion gegenüber der Intensivbegrünung. Auf Basis von Untersuchungen mit Fernerkundungsdaten und amtlichen Geodaten konnten für deutsche Groß- und Mittelstädte enorme Flächenpotentiale für die nachträgliche Dachbegrünung festgestellt werden. Zur Stadt Würzburg, in der als Hotspot des Klimawandels eine hohe Dringlichkeit für Klimaanpassungsmaßnahmen besteht, lagen bis dato keine Daten zu diesem Potential vor. Im Rahmen dieser Arbeit wurden Luftbilder, Höhendaten (LiDAR) und amtliche Gebäudeumriss-Daten in einem Geoinformationssystem (GIS) zu einer dreidimensionalen Dachlandschaft verarbeitet, hinsichtlich relevanter Begrünungskriterien (Neigung, Homogenität, Größe, Funktion) analysiert und in Form von Karten, Bildern und Statistiken ausgegeben. Für das konkrete Untersuchungsgebiet der stadtklimatisch besonders kritischen Stadtbezirke Altstadt und Sanderau konnte eine empirische Grundlage zur Quantifizierung der Potentialfläche geschaffen werden. Rund ein Drittel der über 5.000 untersuchten innerstädtischen Dächer kommen mit einer Fläche von über 300.000 m² für eine nachträgliche Begrünung in Betracht. Zudem wurden Aussagen zur städtebaulichen Qualifizierung (Denkmalschutz) dieser Flächen getroffen und die Aktivierbarkeit mit dem einschlägigen stadtplanerischem Begrünungsinstrumentarium (Förderprogramm, Satzung bzw. Bebauungsplan) bewertet. So konnten die für die Umsetzung der geeigneten Dachflächen nötigen Förderkosten auf Basis der geltenden Förderrichtlinie approximiert werden. Zudem wurde unter Verwendung amtlicher Baustatistik und einschlägiger Bebauungspläne ein zeitlicher Horizont geschätzt, bis zu welchem sich Eigentümer an die Vorgaben einer hypothetischen Dachbegrünungssatzung anpassen würden. Die Arbeit bietet Anreize für die Methodik geoinformatischer Analysen sowie für städteplanerische Analyse- und Handlungsmöglichkeiten. Natürlich kann die fernerkundliche Messung keine bautechnische Begutachtung vor Ort ersetzen, sie kann aber im Vorfeld einen Eindruck der teils versteckten Flächenreserven kostengünstig und flächendeckend verschaffen und zudem die Möglichkeit darauf aufbauender Untersuchungen der ökologischen oder städtebaulichen Wirkung eröffnen.
Produkte aus Kunststoff gehören heutzutage wie selbstverständlich zu unserem Alltag. Mit dem vermehrten Einsatz von Verpackungen und Wegwerfprodukten aus Plastik wachsen aber auch die Herausforderungen, die mit der Entsorgung dieses Materials verbunden sind. Umweltverschmutzung durch Plastikabfälle, Strategien zur Plastikvermeidung und die Notwendigkeit des Recyclings werden in den Medien in den letzten Jahren verstärkt diskutiert.
Schon in den 1990er-Jahren wurde in der Bundesrepublik Deutschland mit der Einführung des Dualen Systems die Schaffung einer umfassenden Infrastruktur zur Sammlung, Sortierung und Wiederverwertung von Verpackungsabfällen in die Wege geleitet. Seitdem sammeln Millionen deutsche Haushalte ihre gebrauchten Verpackungen getrennt vom restlichen Müll in Gelben Säcken.
Am Beispiel der Stadt Würzburg gibt die vorliegende Arbeit Einblicke in die Funktionsweise des Dualen Systems und zeigt die Verknüpfungen zwischen den einzelnen beteiligten Akteur*innen auf. Zudem wird untersucht, inwiefern der Gelbe Sack den Umgang mit Verpackungsabfällen im alltäglichen Leben mitbestimmt und welche Rolle seine eigene Materialität hierbei spielt.
Die Magisterarbeit stellt die Frühzeit der Fotografie in Würzburg dar, erarbeitet auf der Basis archivalischer Quellen wie Zeitungen, Adressbücher und Einwohnermeldebögen. Ausgehend vom ersten nachweisbaren Wanderfotografen im Jahr 1843 und den frühen ansässigen Fotografen ab 1849 wird ein Überblick über die Fotografiegeschichte in Würzburg bis 1933 gegeben. Für diesen Zeitraum sind mehr als 150 Fotografen nachweisbar, die alle in Kurzbiografien beschrieben werden, sowie etliche Fotoalteliers und Fotogeschäfte. Es werden kultur- und sozialgeschichtliche Aspekte beleuchtet, so etwa, dass die Fotografie zunächst von außen ins katholische Würzubrg gebracht worden war, oder die Berufsherkunft der frühen Fotografen sowie die die Bedeutung von Fotografinnen. Die Weitereentwicklung von Techniken und Verfahren sowie die Preisentwicklung bestimmten den Weg der Personenfotografie zum kommerziellen Mengenprodukt.
In dieser Arbeit wird ein Verfahren zur Modellierung der Bodenerosion auf Ackerflächen in einem Untersuchungsgebiet im UNESCO-Biosphärenreservat Rhön vorgestellt. Als Grundlage dienen flächendeckend verfügbare, hochauflösende Datensätzen zu allen relevanten Faktoren. Ziel ist es die Sensitivität des Modells gegenüber verschiedenen Faktoren sowie die Übertragbarkeit des Verfahrens auf größere Untersuchungsgebiete zu testen. Die Modellierung findet dabei in ArcView 3.2 über die Extension AVErosion von SCHÄUBLE (2005) statt, während die Vorprozessierung in ArcMap von ESRI durchgeführt wird. Zunächst werden grundlegende Begriffe zu den Prozessen, Einflussfaktoren und Messmethoden von Bodenerosion erläutert. Die von Bodenerosion verursachten Schäden und mögliche Schutzmaßnahmen werden aufgrund ihrer Relevanz, unter anderem für die betroffenen Landwirte, geschildert. Nach dem Überblick über die wichtigsten Erosionsmodelle werden die hier verwendete Allgemeine Bodenabtragsgleichung (ABAG) und ihre einzelnen Berechnungsschritte vorgestellt. Das Modellierungstool AVErosion verwendet zusätzlich Elemente der Modified Universal Soil Loss Equation (MUSLE87). Zur Bodenerosionsmodellierung stehen hochauflösende Datensätze aus dem Untersuchungsgebiet zur Verfügung, aus denen in der Vorprozessierung die Raster der Faktoren errechnet werden. Insgesamt werden zehn Szenarien mit verschiedenen C-Faktoren und zwei Szenarien mit variierendem R-Faktor modelliert. Daraufhin wird das Untersuchungsgebiet nach physisch-geographischen Gesichtspunkten beschrieben und die landwirtschaftliche Nutzung in der Region charakterisiert. Die Ergebnisse der Modellierung zeigen, dass neben den Reliefeigenschaften die Bodenbewirtschaftung auf den Ackerflächen den größten Einfluss auf den Bodenabtrag hat. Die Variationen der Niederschlagssumme in den R-Faktor-Szenarien hat hingegen vergleichsweise wenig Auswirkungen auf das Modellierungsergebnis. Zwar konnte durch das Fehlen von aktuellen Bewirtschaftungsdaten keine Modellierung der tatsächlichen Bodenerosion erzielt werden, jedoch zeigen die verschiedenen C-Faktor-Szenarien den potentiellen Bodenabtrag bei unterschiedlicher Bewirtschaftung. Es wird deutlich, dass auf erosionsgefährdeten Flächen durch eine angepasste Form der landwirtschaftlichen Nutzung geringere Abtragswerte in der Modellierung erreicht werden können. Die Methode lässt sich gut auf das Untersuchungsgebiet im Biosphärenreservat Rhön anwenden und zeigt Potential zur Übertragung auf größere Untersuchungsgebiete
Recht ist ein sehr weiter Begriff. Ob als formaljuristische Normierung oder als Gesamtheit verschieden definierbarer Ordnungssysteme, wie Sitten, Ehre oder Anstand verstanden – wir treten täglich und überall mit dem Recht ins Verhältnis. Doch nehmen wir dies auch wahr? Machen wir es uns bewusst oder sind wir daran gewöhnt, dass Dinge schlicht so richtig sind, wie sie eben sind? Wann werden unsere alltäglichen Routinen durchbrochen und was passiert, wenn hinterfragt wird, was eigentlich selbstverständlich ist?
Diese Arbeit zeichnet zum einen ein Bild, wie wir Recht im Alltag wahrnehmen oder eben gerade nicht wahrnehmen. Dazu werden die Kategorien Recht und Alltag in ihren gegenseitigen Wechselwirkungen am Beispiel Straßenverkehr analysiert und darüber Aspekte der Dinglichkeit mit einbezogen. Anhand der Akteur-Netzwerk-Theorie wird das Verhältnis von Normierung und tatsächlicher Alltagserfahrung durch den Einbezug dinglicher Mittler, wie etwa das rote Ampellicht, erweitert.
Zum anderen sollen aber auch Möglichkeiten aufgezeigt werden, wie eine kulturwissenschaftliche Perspektivierung rechtliche Themen bereichern kann. Qualitative Forschung in alltäglichen Lebenswelten ermöglicht eine erweiterte Sichtweise auf das Recht und kann auch für die Rechtswissenschaften einen fruchtbaren Nährboden bieten, indem vermeintlich Redundantes nicht als so selbstverständlich wahrgenommen wird, wie es auf den ersten Blick vielleicht scheinen mag.
Dieser Beitrag konzentriert sich auf die Entwicklung von Technologieclustern und basiert auf zwei Forschungsfragen: Was sind die Voraussetzungen für die Entwicklung von Technologieclustern gemäß der Clusterforschung? Und erfüllt die Region Mainfranken die Voraussetzungen für eine Technologieclusterbildung? Zu diesem Zweck wird eine qualitative Studie unter Bezugnahme auf verschiedene theoretische Konzepte der Clusterbildung durchgeführt. Aus diesem Grund können die folgenden Determinanten der Clusterentwicklung abgeleitet werden: die Verkehrsinfrastruktur- und Infrastrukturkomponente, die Clusterumfeldkomponente, die Universitätskomponente, die Staatskomponente und die Branchenkomponente. Die Analyse der Parameterwerte der einzelnen Clusterkomponenten zeigt, dass die Kernanforderungen der Technologieclusterentwicklung in der Region Mainfranken erfüllt sind. Dennoch ist es notwendig, die Infrastruktur, die kommerzielle und industrielle Verfügbarkeit von Land und die Verfügbarkeit von Kapital zu verbessern, um ein erfolgreiches Technologiecluster zu bilden. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit konnte darüber hinaus das Potenzial der Technologieclusterentwicklung im Bereich der künstlichen Intelligenz analysiert werden.
Das hellenistische Hohelied
(2019)
Im Zuge ihrer Gründung im Jahr 2002 implementierte die Afrikanische Union (AU), Nachfolgerin der Organisation für Afrikanische Einheit (OAU), fundamentale Reformen im Konfliktmanagement. Den Weg hierfür ebnete der Paradigmenwechsel von der Politik der strikten non-interference hin zu non-indifference, also einer nicht gleichgültigen Grundhaltung der Kontinentalorganisation gegenüber Konflikten. Dieser Beitrag untersucht, wie die AU non-indifference als neuen leitenden Grundsatz in der Konfliktbearbeitung auf rechtlicher und institutioneller Ebene ausgestaltet und fragt, ob dieser Rahmen schließlich in der Praxis Anwendung findet. Dafür wird zu Beginn der Wandel von non-interference zu non-indifference anhand des Übergangs von OAU zu AU dargelegt. Mit einem deskriptiven Ansatz werden im Anschluss die rechtlichen und institutionellen Grundlagen des AU-Konfliktmanagements vorgestellt, in denen sich das Paradigma der non-indifference niederschlägt. In einem weiteren Schritt wird analysiert, wie das rechtliche und institutionelle Gerüst in der Praxis angewandt wird. Drei Mitteln zur Konfliktbearbeitung gilt dabei besondere Aufmerksamkeit: Diplomatie, Sanktionierung und die Entsendung von Friedensmissionen. Wie das Paradigma der non-indifference auf praktischer Ebene zum Tragen kommt, wird anhand der Fälle Libyen 2011, Zentralafrikanische Republik 2013/14, Burundi 2015/16 und der African Union Mission in Sudan 2004-2007 gezeigt.
2005 entwickelte sich in Würzburg eine öffentliche Diskussion um die Neubebauung des Unteren Marktes. Konkret ging es um das Grundstück des sog. „Petrini-Hauses“, das 1685 vom barocken Baumeister Antonio Petrini errichtet, im Zweiten Weltkrieg aber zerstört und danach nicht wiederaufgebaut wurde. Gegner der Neubebauung forderten entweder, das Grundstück unbebaut zu belassen, oder eine Rekonstruktion des historischen Baus vorzunehmen. Sie konnten sich aber nicht durchsetzen: 2008 wurde der Neubau als Geschäftshaus der VR-Bank unter dem Namen „Forum“ eröffnet.
Diskussionen, die sich kontrovers mit der Rekonstruktion bzw. dem Erhalt von Baudenkmälern auseinandersetzen, sind in Deutschland keine Seltenheit. In der vorliegenden Arbeit werden sie als „Denkmaldiskurse“ klassifiziert. Besonders klar treten diese zutage, wenn das (Bau-)Denkmal in eine sog. Spannungssituation gerät, also dann, wenn als geschichtsträchtig und bedeutsam angesehen Orte und die auf ihnen errichteten Objekte Veränderungen erfahren bzw. erfahren sollen.
Das Potential einer diskurslinguistischen Beschäftigung mit Denkmaldiskursen wird in dieser Arbeit am Beispiel des Diskurses um den Neubau auf dem Würzburger Markt ausgelotet. Sie nimmt dabei Forschungsfragen aus den Bereichen der Kunstkommunikation, der Raumlinguistik (Placemaking-Prozesse) und der Politolinguistik auf und kontextualisiert sie im Hinblick auf die sprachliche Identitätsstiftung und den sprachlichen Umgang mit Geschichte. Die Untersuchung basiert auf einem thematisch orientierten Textkorpus, das ca. 100 000 Token aus neun Textsorten und drei Zeitschnitten umfasst. Dies ermöglicht die vergleichende Analyse mehrere Teilkorpora. Nach einem Theorieteil, der in die diskurslinguistischen Methoden einführt, werden zunächst die lexikalische Struktur des Korpus und Schlagwörter des Diskurses erhoben. Anschließend wird anhand eines verkleinerten Textkorpus eine diskursspezifische Metapherntypologie erstellt, die die qualitativ erhobenen Metaphern inhaltlich gruppiert. Ebenso werden (Argumentations-)Topoi auf der Basis von Schlussregeln analysiert. Es wird schließlich gefragt, inwieweit die Ergebnisse generalisierend auf Denkmaldiskurse übertragen werden können.
In zahlreichen Fach- und Wissenschaftstexten der Frühen Neuzeit lassen sich astrologische und alchemistische Symbole finden. Neben den einschlägigen Texten aus den beiden historisch eng verwobenen Sachbereichen lassen sich diese Sonderzeichen noch in einer erstaunlichen Bandbreite weiterer Texte nachweisen, etwa in medizinischen und pharmazeutischen Schriften oder in Anleitungen zum Bergbau und zur Metallurgie.
Aus linguistischer Perspektive und insbesondere auch aus Sicht der Fachsprachenforschung ist das Phänomen des astrologisch-alchemistischen Symbolgebrauchs in deutschsprachigen Fachtexten der Frühen Neuzeit allerdings bislang kaum beachtet worden. Die Gründe hierfür liegen zum einen in der linguistischen Klassifikation dieser Zeichen, zum anderen aber auch in den Schwierigkeiten der – analogen wie digitalen – Reproduktion der Zeichen und ihrer Bedeutungen.
Die vorliegende Arbeit liefert einen Überblick über die Herkunft, Bedeutung und Verwendung der wichtigsten alchemistischen und astrologischen Symbole und ihrer Abwandlungen und Varianten in unterschiedlichen fachlichen Kontexten. Darüber hinaus wird auch die Rolle der Drucker bei der Reproduktion astrologischer und alchemistischer Schriften beleuchtet, die der Problematik des Sonderzeichengebrauchs mit verschiedenen Improvisationen begegneten, z.B. durch das optische Nachbilden von Zeichen aus weiteren Drucklettern. Keineswegs stehen die Zeichen grundsätzlich isoliert neben dem Text; oft werden sie anstelle ausgeschriebener Worte direkt in diesen integriert und können sogar als Bestandteile von Komposita und Ableitungen auftreten. Gerade in ihrer Einbettung in deutschsprachigen Texten zeigt sich auch, dass diese Symbole weniger als Mittel der Geheimhaltung und vielmehr als Ausdruck der Gruppenzugehörigkeit zu den selbsternannten "wahren Philosophen" verwendet wurden.
Die vorliegende Arbeit lässt sich dem Bereich der quantitativen Literaturanalyse zuordnen und verfolgt das Ziel, mittels computergestützter Verfahren zu untersuchen, inwieweit sich Romane hinsichtlich ihrer Figurenkonstellation ähneln. Dazu wird die Figurenkonstellation, als wichtiges strukturgebendes Ordnungsprinzip eines Romans, als soziales Netzwerk der Figuren operationalisiert. Solche Netzwerke können unter Anwendung von Verfahren des Natural Language Processing automatisch aus dem Text erstellt werden.
Als Datengrundlage dient ein Korpus von deutschsprachigen Romanen aus dem 19. Jahrhundert, das mit automatischen Verfahren zur Figurenerkennung und Koreferenzauflösung prozessiert und manuell nachkorrigiert wurde, um eine möglichst saubere Datenbasis zu schaffen.
Ausgehend von der intensiven vergleichenden Betrachtung der Figurenkonstellationen von Fontanes "Effi Briest" und Flauberts "Madame Bovary" wurde in einer manuell erstellten Distanzmatrix die menschliche Intuition solcher Ähnlichkeit zwischen allen Romanen des Korpus festgehalten, basierend auf der Lektüre von Zusammenfassungen der Romane. Diese Daten werden als Evaluationsgrundlage genutzt.
Mit Hilfe von Methoden der sozialen Netzwerkanalyse können strukturelle Eigenschaften dieser Netzwerke als Features erhoben werden. Diese wurden anschließend zur Berechnung der Kosinusdistanz zwischen den Romanen verwendet.
Obwohl die automatisch erstellten Netzwerke die Figurenkonstellationen der Romane im Allgemeinen gut widerspiegeln und die Netzwerkfeatures sinnvoll interpretierbar sind, war die Korrelation mit der Evaluationsgrundlage niedrig. Dies legt die Vermutung nahe, dass neben der Struktur der Figurenkonstellation auch wiederkehrende Themen und Motive die Erstellung der Evaluationsgrundlage unterbewusst beeinflusst haben.
Daher wurde Topic Modeling angewendet, um wichtige zwischenmenschliche Motive zu modellieren, die für die Figurenkonstellation von Bedeutung sein können. Die Netzwerkfeatures und die Topic-Verteilung wurden in Kombination zur Distanzberechnung herangezogen. Außerdem wurde versucht, jeder Kante des Figurennetzwerks ein Topic zuzuordnen, das diese Kante inhaltlich beschreibt. Hier zeigte sich, dass einerseits Topics, die sehr spezifisch für bestimmte Texte sind, und andererseits Topics, die über alle Texte hinweg stark vertreten sind, das Ergebnis bestimmen, sodass wiederum keine, bzw. nur eine sehr schwache Korrelation mit der Evaluationsgrundlage gefunden werden konnte.
Der Umstand, dass keine Verbindung zwischen den berechneten Distanzen und der Evaluationsgrundlage gefunden werden konnte, obwohl die einzelnen Features sinnvoll interpretierbar sind, lässt Zweifel an der Evaluationsmatrix aufkommen. Diese scheint stärker als zu Beginn angenommen unterbewusst von thematischen und motivischen Ähnlichkeiten zwischen den Romanen beeinflusst zu sein. Auch die Qualität der jeweiligen Zusammenfassung hat hier einen nicht unwesentlichen Einfluss. Daher wäre eine weniger subjektiv geprägte Möglichkeit der Auswertung von Nöten, beispielsweise durch die parallele Einschätzung mehrerer Annotatoren. Auch die weitere Verbesserung von NLP-Verfahren für literarische Texte in deutscher Sprache ist ein Desideratum für anknüpfende Forschungsansätze.
No abstract available.
Die Ökonomik Konrads von Megenberg gehört zu einer Literaturgattung der Antike und des Mittelalters, die sich in Anlehnung an Aristoteles‘ Oeconomica mit dem Haushalt beschäftigt. Anhand zweier Traktate aus dem Kapitel über das nicht herrschaftliche Haus wird in dieser Arbeit Konrads Sicht auf die Ehe, die Familie und die Kindererziehung mentalitäts- und alltagsgeschichtlich untersucht.
Rekonstitution des Chromophors und der Funktion von Bakteriorhodopsin aus Halobacterium halobium
(1976)
Ein Modell der lichtgetriebenen Protonenpumpe Bakteriorhodopsin postulierte die direkte Beteiligung der Wasserstoffe in der 4-Stellung des Cyclohexenringes des Retinalchromophors an dem Vorgang der Protonenverschiebung. Mittels Blockaden der Retroform-Bildung von Retinal durch chemische Modifizierungen des Cyclohexenringes (4-Hydroxy-Retinal, 5,6-Epoxy-Retinal) konnten nach Einbau der modifizierten Moleküle in die isolierte Purpurmembran und nach Zugabe zu Halobakterien mit unterdrückter Retinalsynthese die direkte Beteiligung des Cyclohexenringes an der Protonenpumpe mit großer Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden.
Diese Lizentiatsarbeit stellt eine Forschungsgeschichte als Vorarbeit zu einer Dissertation über die Personennamen im Esra/Nehemia-Buch dar. Die Darstellung besteht aus zwei Teilen, einem zu den wesentlichen Fragestellungen in der Erforschung des Esra/Nehemia-Buches und einem zur hebräischen Onomastik.
Von der breiteren Öffentlichkeit kaum bemerkt, bahnt sich in der Zivilrechtspflege möglicherweise eine „kleine“ Revolution an. Ausgelöst wird diese durch die Richtlinie über die alternative Streitbeilegung in Verbraucherangelegenheiten (ADR-Richtlinie), die eigentlich bereits zum Sommer 2015 hätte umgesetzt werden sollen. Die Richtlinie verpflichtet die Mitgliedstaaten, ein flächendeckendes Netz von Streitbeilegungsstellen für Verbraucher einzurichten. Damit könnte die ADR-Richtlinie die Art und Weise, wie Konflikte zwischen Verbrauchern und Unternehmern beigelegt werden, grundlegend verändern. Die traditionelle Form der verbraucherrechtlichen Streitbeilegung ist bislang der Zivilprozess. Vor- wie Nachteile der justizförmigen Konfliktbeilegung sind hinlänglich bekannt. So zählen zu ihren Vorzügen die hohe Kompetenz und die Unparteilichkeit der Entscheider, denen als Nachteile die lange Dauer der zivilgerichtlichen Verfahren sowie unverhältnismäßig hohen Kosten für die Rechtsverfolgung gegenüberstehen. Diese traditionelle justizförmige Konfliktbewältigung soll nunmehr durch die Einrichtung von ADR-Stellen ergänzt werden, die einen für die Parteien unverbindlichen und für den Verbraucher kostenfreien Lösungsvorschlag erarbeiten, der in nicht wenigen Fällen eine zivilprozessuale Auseinandersetzung überflüssig machen dürfte. Die ADR-Richtlinie wird in Deutschland durch ein Verbraucherstreitbeilegungsgesetz (VSGB) umgesetzt, das im Wesentlichen im April 2016 in Kraft tritt. Die Arbeit erläutert die Rechtsgrundlagen der ADR-Richtlinie und des VSBG. Die zentralen Regelungen werden vorgestellt und kritisch analysiert. Ein Schwerpunkt liegt dabei darauf, wie das Instrument in Bezug auf den allgemeinen Justizgewährleistungsanspruch und vor allem auch rechtspolitisch zu bewerten ist. Es wird damit eine hochaktuelle Fragestellung behandelt und auch ein Grundstein für weitere aufkommende rechtliche sowie rechtspolitische Problemstellungen gelegt.
Die sprachlichen Fähigkeiten der Kinder im Vorschulbereich sind eine wichtige Voraussetzung für den späteren Erfolg in der Schule. Während die Sprachfähigkeiten der monolingualen Kinder bis zum Einschulungsalter in der Regel altersgemäß entwickelt sind, können sich bei bilingual aufwachsenden Kindern Probleme unterschiedlicher Ausprägung abzeichnen. Im Rahmen einer empirischen Studie werden die Sprachfähigkeiten von jeweils 8 monolingual deutsch und bilingual russisch-deutsch aufwachsenden Kindern im Alter von 4 bis 6 Jahren untersucht. Die Arbeit befasst sich mit der Frage nach dem Sprachentwicklungsstand der bilingualen gegenüber dem der monolingualen Kinder und mit der Frage nach dem gegenseitigen Verhältnis der beiden Sprachen der bilingualen Kinder. Im Vordergrund stehen dabei die Sprachkompetenzen der Kinder im morphosyntaktischen Bereich und im Bereich der statischen Lokalisierung. Die Analyse der anhand von Elizitierungsmethoden erhobenen Sprachdaten hinsichtlich der Wortstellung, der Formen und Stellung des Verbs, der Subjekt-Verb-Kongruenz, der Verbindung von Sätzen und der irregulären Verben zeigt, dass sich die mono- und bilingualen Kinder auf einem vergleichbaren Niveau befinden. Dieses Ergebnis bestätigt die zusätzlich durchgeführte Wortschatzanalyse. In Bezug auf die Lokalisierung zeigen sich sowohl Gemeinsamkeiten als auch Unterschiede. Hervorzuheben ist, dass die Relation AN den bilingualen Kindern erhebliche Probleme bereitete. Insgesamt liegt die Substitutionsrate der Präpositionen bei ihnen wesentlich höher als bei den monolingualen Kindern. Der Vergleich der Sprachentwicklung im Russisch und im Deutsch der bilingualen Kinder hat deutliche Differenzen in der Beherrschung der beiden Sprachen ergeben. Sie reichen von relativ ausgewogener Zweisprachigkeit über leichte bis starke Dominanz des Deutschen bis zu nahezu passiver Beherrschung der Muttersprache. Dabei zeigte sich, dass eine klare Trennung der Sprachen die bilinguale Sprachentwicklung positiv beeinflusst. Fehlt eine solche klare Trennung, kommt es zu Defiziten in der Erstsprachentwicklung, die sich zudem in Sprachmischungen und Transferelementen aus der Zweitsprache in die Erstsprache manifestieren.
Eine eigene Dogmatik und Strukturierung der europäischen Grundfreiheiten hat sich erst im Laufe der Zeit und einer immer stärker werdenden europäischen Integration entwickelt. Umstritten war und ist dabei jedoch nicht nur die Struktur der Grundfreiheiten, sondern auch deren Konvergenz bzw. Divergenz untereinander. Sowohl die Rechtsprechung durch den EuGH als auch das deutsche Schrifttum betonen dabei mittlerweile immer mehr die gemeinsamen Grundsätze und allgemeinen Lehren hinsichtlich der Auslegung der einzelnen Grundfreiheiten mit der Tendenz zu einer übergreifenden Konvergenz der Grundfreiheiten.
Aufgrund der nach wie vor hohen und wohl noch steigenden Bedeutung der Grundfreiheiten für die Rechtspraxis ist eine umfassende strukturelle und dogmatische Durchleuchtung der Grundfreiheiten aus rechtswissenschaftlicher Sicht angebracht. Die vorliegende Arbeit setzt hieran an und untersucht unter Heranziehung sowohl der maßgeblichen EuGH-Rechtsprechung als auch der einschlägigen Literatur, inwiefern sich bezüglich der Grundfreiheiten eine Konvergenz oder Divergenz feststellen lässt sowie ob sich aus einer möglichen Konvergenz ein eigener Argumentationstyp hinsichtlich der Auslegung der Grundfreiheiten ableiten lässt.
Zahlreiche Digitalisierungsprojekte machen das Wissen vergangener Jahrhunderte jederzeit verfügbar. Das volle Potenzial der Digitalisierung von Dokumenten entfaltet sich jedoch erst, wenn diese als durchsuchbare Volltexte verfügbar gemacht werden. Mithilfe von OCR-Software kann die Erfassung weitestgehend automatisiert werden. Fraktur war ab dem 16. Jahrhundert bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts die verbreitete Schrift des deutschen Sprachraums. Durch einige Besonderheiten von Fraktur bleiben die Erkennungsraten bei Frakturtexten aber meist deutlich hinter den Erkennungsergebnissen bei Antiquatexten zurück.
Diese Arbeit konzentriert sich auf die Verbesserung der Erkennungsergebnisse der OCR-Software Tesseract bei Frakturtexten. Dazu wurden die Software und bestehende Sprachpakete gesondert auf die Eigenschaften von Fraktur hin analysiert. Durch spezielles Training und Anpassungen an der Software wurde anschließend versucht, die Ergebnisse zu verbessern und Erkenntnisse über die Effektivität verschiedener Ansätze zu gewinnen.
Die Zeichenfehlerraten konnten durch verschiedene Experimente von zuvor 2,5 Prozent auf 1,85 Prozent gesenkt werden. Außerdem werden Werkzeuge vorgestellt, die das Training neuer Schriftarten für Tesseract erleichtern und eine Evaluation der erzielten Verbesserungen ermöglichen.
Klimawandelbedingte bzw. potenziell klimawandelbedingte Umweltmigration ist ein sehr komplexes und breites Feld. Es existiert eine Fülle von Studien, die sich in ihrer Herangehensweise unterscheiden, weshalb hier ein Systematisierungsvorschlag aufgezeigt wird. Mittels einer an den Richtlinien der Grounded Theory orientierten Analyse wurden Studien auf zentrale gemeinsame Kategorien hin untersucht und als Modell präsentiert. Dieses stellt jedoch kein abgeschlossenes System dar, sondern dient durch seine Offenheit als Gerüst, das mit Ergebnissen aus weiteren Fallstudien gefestigt werden kann.
Die Untersuchung beschäftigt sich mit der Entwicklung der Berichterstattung über das Judentum in Seesen. Das Hauptaugenmerk liegt auf auf Israel Jacobson, der einst Begründer des Reformjudentums in Seesen war, in Vergessenheit geriet und seit einigen Jahren wieder von einigen engagierten Seesenern mit Ausstellungen, Büchern und Vorträgen geehrt wird. Zudem stellt sich der Arbeit die Frage, wie es zu dem "Vergessen" dieser berühmten Seesener Persönlichkeit kam und was zu einem Umdenken geführt haben könnte.
Interkomprehension im gegenwärtigen Westeuropa : Internationalismen im romanischen Grundwortschatz
(2013)
Die Arbeit untersucht 2500 Wörter des italienischen Grundwortschatzes in einem fünfsprachigen Vergleich. Sie ergänzt damit die an gleicher Stelle erschienene Magisterarbeit „Internationalismen im Grundwortschatz: Untersuchungen zur romanistischen Mehrsprachigkeitsdidaktik” von Anja Büttner (2012). Hier werden nun die Ergebnisse beider Untersuchungen zusammengefasst. Dabei werden erstmalig konkrete Zahlen zur Beantwortung der Frage vorgestellt, wie viele Wörter z.B. ein deutscher Muttersprachler, der Französisch gelernt hat und nun italienische Texte lesen will, tatsächlich lernen muss, um die 5000 häufigsten Wörter erkennen und damit durchschnittliche Texte nahezu vollständig verstehen zu können.
Ziel der vorliegenden Untersuchung ist es, ausgehend von einer Aufnahme des Lautstandes der Mundart der Bauern und Handwerker von Erlach einen Vorschlag für ein neues Fragebuch zu entwickeln und davon einen Arbeitsbericht zu geben. Dabei wurde zunächst der heutige Stand der Mundart aufgenommen mit allen Neuerungen 5 Störungen und umgangssprachlichen Ausgleichserscheinungen, wobei nur die Mundart der älteren Generation dargestellt wurde. Auf die Probleme, die Sprache der mittleren und jüngeren Generation, wo sich umgangssprachliche Tendenzen stärker bemerkbar machen, darzustellen, werde ich ebenfalls kurz eingehen.
Internationalismen im Grundwortschatz: Untersuchungen zur romanistischen Mehrsprachigkeitsdidaktik
(2012)
In dieser Arbeit wird an Hand eines Häufigkeitswörterbuches des Italienischen (Lessico di frequenza dell’italiano parlato von De Mauro et al. 1993) untersucht, wie sich Kenntnisse anderer Sprachen, des Deutschen, Englischen und Französischen und/oder Spanischen, auf das Verstehen und Lernen von 2500 der häufigsten Wörter des Italienischen auswirken. Damit soll ein Beitrag geleistet werden zur mehrsprachigkeitsdidaktischen Fragestellung, wie viele Wörter des italienischen Grundwortschatzes aus anderen Sprachen schon bekannt sind und wie viele noch gelernt werden müssen, was mit konkreten Zahlen belegt werden soll.
Baumgraphen
(2013)
Die meisten Ansätze zur Analyse von Sätzen eröffnen die Möglichkeit einer graphischen Darstellung. Eine solche graphische Darstellung wird oft als „Baumgraph“ oder „Baumdiagramm“ bezeichnet. Um solche Baumgraphen verschiedener Analysemodelle geht es in der vorliegenden Arbeit. Einleitend wird kurz ihre Geschichte behandelt. Im ersten Teil der Arbeit wird dann auf eine Variante des Konstituentenmodells des französischen Linguisten Monneret eingegangen, im zweiten Teil wird das Dependenzmodell nach Tesnière betrachtet und im dritten Teil wird schließlich das Analysemodell der Germanistik Würzburg, welches Elemente der beiden zuvor gesehenen Ansätze vereint, vorgestellt und der französischen Sprache angepasst. Zuerst wird jeweils ein Blick auf die Modelle selbst geworfen, dann jedoch steht vor allem die Anwendung – und somit die graphische Darstellung von Satzanalysen in Baumgraphen – im Vordergrund: Es werden nach den drei vorgestellten Modellen stets sowohl die Fabel „La Cigale et la Fourmi“ von Jean de La Fontaine als auch ein Satz aus Bossuets „Panégyrique de saint Paul“ analysiert und abgebildet. Über die wiederholte Analyse derselben Sätze soll ein besserer Vergleich der Baumgraphen ermöglicht werden. Im letzten Teil werden die Baumgraphen der drei Modelle kritisch betrachtet. Es versteht sich von selbst, dass eine solche kritische Betrachtung nicht allumfassend sein kann. Die Aufmerksamkeit soll darum gezielt auf einige bedeutende Vor- und Nachteile der Baumgraphen gerichtet werden.
Teil I Das Politische System Ägyptens 1. Voraussetzungen einer Demokratie nach Robert A. Dahl 2. Politische Bestandsaufnahme Ägyptens 3. Einordnung des politischen Systems Teil II Der ägyptische Transitionsprozess 1. Phasen der Transition 2. Einleitung des ägyptischen Transitionsprozesses unter Sadat Teil III Der Demokratisierungsprozess Ägyptens unter Mubarak 1. Institutionelle Transformation und die politische Opposition 2. Repräsentative Transformation 3. Verhaltenstransformation 4. Bewertung des ägyptischen Transformationsprozesses Teil IV Spezifische constraints im ägyptischen Transformationsprozess 1. Bedrohung der inneren Ordnung durch Terrorismus 2. Drastische Verarmung der Unter- und Mittelschichten 3. Patron-Client-Strukturen 4. Kulturell religiöse constraints 5. Dominanter Einfluss von Polizei und Militär
Nach der durchgeführten Datenauswertung können die aufgestellten Hypothesen verifiziert werden. Im Folgenden wird auf jede einzelne Hypothese eingegangen. Die Hypothese zur Kinderzahl konnte verifiziert werden. In der untersuchten Kohorte hat die Kinderzahl tatsächlich einen starken negativen Einfluss auf die Summe der Entgeltpunkte, die für die Rentenhöhe steht. Das bedeutet, dass die heutigen Rentnerinnen mit Kindern trotz der rentenrechtlichen Regelungen finanzielle Nachteile gegenüber kinderlosen Rentnerinnen hinnehmen müssen. Mit jedem weiteren Kind wächst das Risiko einer niedrigen Rente, d. h. unter Umständen der Altersarmut. Trotz aller Bemühungen des Gesetzgebers ist die Kindererziehung oft für ein niedriges Einkommen der Frauen im Alter verantwortlich. Die Hypothese zum Ost-West-Unterschied hat sich ebenfalls bestätigt. Frauen in den alten Bundesländern beziehen im Durchschnitt eine niedrigere Rente als Frauen in den neuen Bundesländern. Als Grund dafür kann der institutionelle Unterschied zwischen der DDR und der BRD angesehen werden. Die Hypothese zur Geringfügigkeit der Beschäftigung konnte verifiziert werden. Frauen, die geringfügig tätig waren, beziehen weniger Rente als Frauen, die nicht geringfügig beschäftigt waren. Da Frauen bei einer geringfügigen Beschäftigung normalerweise weniger verdienen als bei einer Vollzeitbeschäftigung, erscheint dieser Befund als logisch. ...
Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, herauszufinden, wie sich die Motivation bei Schülerinnen und Schülern in speziellen homogenen Begabtenklassen verglichen mit regulären Schulklassen entwickelt. Dazu wurden im Rahmen des „Projekts zur Untersuchung des Lernens in der Sekundarstufe“ (PULSS-Projekt) zu vier Messzeitpunkten die Leistungs- und Lernzielorientierung sowie die intrinsische Motivation in Mathematik und Deutsch erfasst. Der Untersuchungszeitraum erstreckte sich vom Beginn der 5. Jahrgangsstufe bis zum Ende der 7. Klasse. Um eine größtmögliche Vergleichbarkeit der Begabten- und der Regelklässler zu gewährleisten, wurden die Stichproben anhand entscheidender Merkmale parallelisiert (Schule, Geschlecht, IQ, sozioökonomischer Status). Die statistische Auswertung bestätigte den Rückgang der Motivation aller Schülerinnen und Schüler über die vier Messzeitpunkte hinweg. Darüber hinaus zeigten sich keine bedeutsamen Unterschiede zwischen den beiden Klassentypen. Differenzierte man in den einzelnen Klassen nach Schülerinnen und Schülern unterschiedlicher Begabung, so zeigte sich, dass die Ausprägung der Intelligenz keinen Einfluss auf die Höhe der Motivation nimmt. Beim akademischen Selbstkonzept verhält es sich teilweise anders. Wurde neben dem Klassentyp zwischen Schülerinnen und Schülern mit hohem und solchen mit niedrigem akademischen Selbstkonzept unterschieden, so war bei einigen Kennwerten die Höhe der Motivation in den Begabtenklassen stärker vom Selbstkonzept beeinflusst als in den Regelklassen. Dies äußerte sich dahingehend, dass die Begabtenklässler mit hohem akademischem Selbstkonzept verhältnismäßig stark motiviert waren, wohingegen die Begabtenklässler mit niedrigem akademischem Selbstkonzept die geringste Motivation zeigten. Eine abschließende Bewertung dieser Entwicklung kann aufgrund der in vorliegender Arbeit gefundenen Ergebnisse jedoch nicht vorgenommen werden. Insgesamt konnte die Befürchtung eines ungünstigeren Entwicklungsverlaufs in begabungshomogenen Klassen widerlegt werden. Das Ausmaß, inwieweit einzelne Schülerinnen und Schüler von der Beschulung in Begabtenklassen profitieren, scheint hinsichtlich der motivationalen Entwicklung nicht so sehr von der Intelligenz, sondern vielmehr von nicht-kognitiven Persönlichkeitsfaktoren abzuhängen. So legen die Resultate nahe, die Ausprägung des akademischen Selbstkonzepts bei Auswahlverfahren stärker zu berücksichtigen.
Aufgrund der weltweit steigenden Energienachfrage und den gleichzeitig knapper werdenden natürlichen Ressourcen, muss Energie in Zukunft effizienter genutzt werden. Auch im Sektor der privaten Haushalte stellt sich deshalb die Frage, von welchen Faktoren der Energieverbrauch abhängt. Der Einfluss von technischen Faktoren wie Wärmedämmung von Gebäuden oder der Effizienzklasse von elektrischen Geräten auf den Heizenergie- bzw. Stromverbrauch in privaten Haushalten ist bereits bekannt. Interessant zu wissen ist jedoch auch, welchen Einfluss unterschiedliche Eigenschaften und Verhaltensweisen der Bewohner und damit welchen Einfluss der Lebensstil auf den Energieverbrauch hat. Um den Einfluss des Lebensstils auf den Energieverbrauch in privaten Haushalten im Bereich Wohnen zu untersuchen, wurden Daten anhand einer schriftlichen Haushaltsbefragung in ausgewählten Stadtvierteln in Stuttgart erhoben. Bei der Befragung kam ein bereichsspezifischer Lebensstilansatz zur Anwendung d.h. es wurden Fragen zu den einzelnen Lebensstilbereichen „Lebensform“, „Sozialstruktur“, „Energiesparverhalten“ und „Umwelt- und Energiebewusstsein“ gestellt. Anhand ausgewählter Variablen dieser Lebensstilbereiche wurden die Haushalte mit Hilfe der Clusteranalyse in Lebensstilgruppen des Strom- und Heizenergieverbrauchs eingeteilt. Ein Vergleich der Lebensstilgruppen des Stromverbrauchs zeigte, dass der Unterschied im Stromverbrauch v.a. durch die Anzahl der Personen im Haushalt bedingt ist. Die anderen Lebensstilbereiche wirken sich zwar auch auf den Stromverbrauch aus, sie rufen jedoch nur zwischen wenigen Gruppen signifikante Unterschiede im Stromverbrauch hervor. Bei den Lebensstilgruppen des Heizenergieverbrauchs zeichnet sich ein Einfluss des Lebensstilbereichs des „Energiesparverhaltens“ auf den Heizenergieverbrauch ab. Aufgrund der geringen Fallzahlen konnten die Unterschiede im Heizenergieverbrauch zwischen den Gruppen jedoch nicht auf Signifikanz getestet werden. Aus den Ergebnissen der Untersuchung wird deutlich, dass der Lebensstil einen Einfluss auf den Energieverbrauch in privaten Haushalten im Bereich Wohnen hat. Eine Einteilung der Haushalte in Lebensstilgruppen könnte somit Ansatzpunkte für ein Lebensstil-spezifisches Energiesparmarketing bieten. Um den Einfluss des Lebensstils auf den Energieverbrauch tiefergehend zu untersuchen, sollte der Einfluss von technischen Faktoren ganz ausgeschlossen und die einzelnen Lebensstilbereiche (v.a. das Energiesparverhalten) in den Analysen mit mehr Variablen berücksichtigt werden.
Bei vielen Fragestellungen, in denen sich eine Grundgesamtheit in verschiedene Klassen unterteilt, ist weniger die relative Klassengröße als vielmehr die Anzahl der Klassen von Bedeutung. So interessiert sich beispielsweise der Biologe dafür, wie viele Spezien einer Gattung es gibt, der Numismatiker dafür, wie viele Münzen oder Münzprägestätten es in einer Epoche gab, der Informatiker dafür, wie viele unterschiedlichen Einträge es in einer sehr großen Datenbank gibt, der Programmierer dafür, wie viele Fehler eine Software enthält oder der Germanist dafür, wie groß der Wortschatz eines Autors war oder ist. Dieser Artenreichtum ist die einfachste und intuitivste Art und Weise eine Population oder Grundgesamtheit zu charakterisieren. Jedoch kann nur in Kollektiven, in denen die Gesamtanzahl der Bestandteile bekannt und relativ klein ist, die Anzahl der verschiedenen Spezien durch Erfassung aller bestimmt werden. In allen anderen Fällen ist es notwendig die Spezienanzahl durch Schätzungen zu bestimmen.
Unzählige junge Menschen zeigen großes Interesse an den Jugendfreiwilligendiensten "Freiwilliges Soziales Jahr" und "Freiwilliges Ökologisches Jahr" als berufliche und persönliche Orientierungsangebote. Gleichzeitig haben gemeinnützige Institutionen großes Interesse an Freiwilligen zur Verrichtung von gemeinnützigen Arbeiten. Inwiefern Jugendfreiwilligendienste bloß gemeinnützig gesellschaftliche Aufgabenfelder bedienen oder ob sie tatsächlich auch Bildungsort für die an einem FSJ oder FÖJ Teilnehmenden darstellen können, ist zentraler Gegenstand der folgenden Ausführungen. Nach einer historischen und systematischen Bestandsaufnahme der bisher etablierten Jugendfreiwilligendienste FSJ und FÖJ, wird das Augenmerk auf Fragen wie die der TeilnehmerInnenstruktur von Jugendfreiwilligendiensten gelegt, sowie gesellschaftliche und persönliche Motive erläutert und kritisch diskutiert. Daran anknüpfend wird das Verhältnis von Bildung und gemeinnützigem Dienst in zweierlei Hinsicht bildungsphilosophisch untersucht: Erstens werden Jugendfreiwilligendienste in Anschluss an Foucaults Gedanken der Heterotopien auf ihre Besonderheiten hin untersucht und inwiefern sie als "andere Orte" wirken. In einem zweiten Schritt wird geprüft, inwiefern Jugendfreiwilligendienste gleichzeitig Momente der Sorge um sich und um andere im antiken Sinne umfassen. Abschließend folgt eine kritische Applikation unter der grundlegenden Fragestellung, ob gemeinnützige Arbeit gesellschaftlich ein Muss darstellt oder ob es nicht auch gute Gründe zum Nicht-Engagement gibt. Chancen der Jugendfreiwilligendienste als Bildungsgelegenheiten werden ebenso diskutiert wie deren Grenzen. Diese Grenzen gilt es einerseits zu überwinden und zu überschreiten, andererseits können sie im Sinne von Jugendfreiwilligendiensten als eine "Mittelschichtsveranstaltung" nicht überwunden werden.
Hauptgegenstand dieser Arbeit ist die Untersuchung des Phänomens der mündlichen Ver-wendung von im Chat gebräuchlichen akronymischen Kurzformen wie lol und omg im Deut-schen. Da die Chatkommunikation trotz ihrer schriftlichen Realisierung einige Merkmale mündlicher Kommunikation aufweist, scheint eine Integration der zunächst rein graphischen Kürzungen in die gesprochene Sprache außerhalb des Chats nicht abwegig. Darüber hinaus lassen sich in jüngster Zeit sowohl eine Flexibilisierung der Verwendungsweise der Kürzel als auch Wortbildungsprozesse mithilfe der entsprechenden Formen konstatieren. Es handelt sich dabei um ein jugendsprachliches Phänomen; dies gilt vor allem für den Bereich der Wortbildung. In dieser Arbeit werden die Ergebnisse einer empirischen Erhebung der Relevanz sechs gängiger Kürzel und abgeleiteter Formen vorgestellt und interpretiert. Darüber hinaus erfolgt eine Bestandsaufnahme aller analysierten Formen in Standardnachschlagewerken und diversen Wörterbüchern zu den Soziolekten der Jugend- und Internetsprache.
Emotionale Intelligenz ist ein noch relativ junges Konstrukt, welches in der vorliegenden Arbeit theoretisch und kritisch für den Bereich der Sonderpädagogik untersucht wird. Was ist emotionale Intelligenz, woraus setzt sie sich zusammen, in welchen Stadien entwickelt sie sich und welche Bedeutung hat sie für die Sonderpädagogik? All diesen Fragen wird hier nachgegangen. Da sich die Inhalte der emotionalen Intelligenz und die damit verbundenen Fähigkeiten als sehr wichtig für Menschen mit geistger Behinderung herausstellen, entsteht die Idee eines Handbuchs für Lehrer, wie im Unterricht mit verschiedenen Spielen die emotionalen Fähigkeiten ihrer Schüler gezielt gefördert werden können. Die Ideen und Überlegungen zu diesem Handbuch werden noch im Theorieteil dieser Arbeit beschrieben, das Handbuch selbst steht als Praxisteil ("Meine Gefühle - Deine Gefühle. Ausgewählte Spiele und Möglichkeiten zur Förderung der emotionalen Intelligenz bei Menschen mit geistiger Behinderung") ebenfalls im Katalog zur Verfügung. Es beinhaltet Spiele in verschiedenen Differenzierungsgraden, Arbeitsblätter, Bilderkarten und Literaturhinweise, die immer wieder in den Unterricht eingeflochten werden können.
Der demographische Wandel Deutschlands, der in zunehmender Lebenserwartung und zurückgehender Geburtenrate begründet ist, erfordert ein Umdenken bezüglich vorhandener Strukturen im Gesellschaftssystem, damit den Herausforderungen einer überalterten Bevölkerung begegnet werden kann. Die späte Lebensphase ist häufig durch Multimorbidität gekennzeichnet und stellt damit enorme Belastungen für das Gesundheitssystem dar; Prävention und Gesundheitsförderung rücken dadurch mehr in den Mittelpunkt. Neben dem Fachgebiet der Musiktherapie befasst sich auch das Fach Musikpädagogik mit den Wirkungen des aktiven und passiven Musik-Erlebens. In der vorliegenden Arbeit geht es um zwei zentrale Fragestellungen: 1. Kann Singen im Chor in der Altersgruppe 50+ einen Beitrag in der Prävention und Gesundheitsförderung leisten, so dass gute Grundlagen für einen gelingenden Alterungsprozess gelegt werden? 2. Haben Senioren Potential, um auch nach dem Renteneintrittsalter einen gesellschaftlichen Beitrag zu leisten und so die öffentlichen Kassen zu entlasten? Es wurden 189 aktive Sängern und Sängerinnen der Altersgruppe 50+ aus acht verschiedenen Chören befragt. Nach Empfehlungen zur Förderung eines positiven Alterungsprozesses wurden folgende Aspekte untersucht: • Förderung der Selbstsicherheit • Training der Kognition und Mobilität • Bewältigung von Lebenskrisen • Reflektorischer Umgang mit Einbußen und Förderung der Fähigkeit zur Kompensation • soziale Unterstützung • Lebensmut • Austausch mit Gleichgesinnten (Walter, 2006, S.32). Zusätzlich wurde nach der Bereitschaft gefragt, sich ehrenamtlich in Erziehungswesen und Seniorenarbeit zu investieren. Die Ergebnisse bestätigten die Annahme, dass Singen im Chor dazu beitragen kann, dass Bereiche gestärkt werden, die grundlegend für einen gelingenden Alterungsprozess sind. Auch erklärte sich die Hälfte der befragten Chorsänger dazu bereit einen Beitrag im Bereich der Kinder- und Seniorenarbeit zu leisten. Durch das Singen in der Gemeinschaft wirken die positiven physischen und psychischen Auswirkungen des Singens mit den sozialen Effekten des Gruppenerlebens zusammen. Auftritte in der Öffentlichkeit ermöglichen es den Chormitgliedern Kompetenz zu zeigen und ihre Selbstsicherheit zu stärken. Zielsetzung der Primärprävention ist es, Aktionen und Verhaltensänderungen zu fördern, bevor sich Einschränkungen bemerkbar machen. Die häufig fehlende Eigenmotivation hierzu wird durch die natürliche Freude am Singen und durch die Gruppendynamik kompensiert. Singfreudige Senioren können die Bemühung um eine immer wieder geforderte Alltagskultur des Singens durch Mitarbeit in Erziehung und Bildung unterstützen. Dies wäre im Sinne von Kocka, der schreibt: „Um die wachsende Zahl gesunder, im Grunde leistungsfähiger, partizipationsbereiter Alter angemessen einbeziehen zu können, und zwar sowohl im Interesse ihrer Lebensqualität als auch im Interesse der Leistungsfähigkeit der Gesellschaft, ist es notwendig umzubauen, die überlieferten Strukturen der Gesellschaft zu weiten, zu lockern, zu revidieren” (Kocka, 2008, S.231). Ergebnisse aus der Literaturrecherche und der Befragung zeigen ein vielversprechendes Forschungsfeld. Weitere Untersuchungen und die öffentliche Diskussion könnten dazu führen, dass mit der zunehmenden Entwicklung eines gesundheitsbewussten Lebensstils das Singen im Chor in Zukunft wieder mehr Beachtung finden und auch vom Gesundheitswesen als Mittel der Primärprävention anerkannt und gefördert werden könnte. Literatur: Walter, Ulla et al. (2006): Alt und gesund? Altersbilder und Präventionskonzepte in der ärzt-lichen und pflegerischen Praxis. Wiesbaden: Vs Verlag für Sozialwissenschaften/GWV Fach-verlage GmbH Kocka, Jürgen (2008): Chancen und Herausforderungen einer alternden Gesellschaft. In Staudinger, Was ist Alter(n)? neue Antworten auf eine scheinbar einfache Frage (S.217-235). Berlin, Heidelberg: Springer Verlag
Diese Arbeit betrachtet das Thema ‚Besitzerwerb’ mit besonderer Berücksichtigung der Stellung der Hilfsperson – nämlich, Stellvertreter bzw. Besitzdiener - bei diesem Rechtsinstitut. Vor der eigentlichen Behandlung des Hauptthemas finden sich allgemeine Betrachtungen und Analysen des Besitzes und dessen Erwerb und die Darstellung der rechtshistorischen Entwicklung des Besitzes. Die hier behandelten Themen werden nicht nur von der Rechtsdogmatik, sondern auch von der Rechtssprechung her untersucht, wobei die Entscheidungen in einigen, bestimmten Fällen, die in der rechtswissenschaftlichen Diskussion Mustercharakter erlangt haben, und als Anknüpfungspunkt zur Entwicklung und Festigung der Rechtslehre dienen dargestellt werden. Es wird ebenso versucht klar darzustellen, inwieweit sich die Rechtsauffassung des Besitzerwerbs durch Hilfspersonen von dem traditionellen, römischgemeinrechtlichen Vorbild der Dienerschaft aus zu einer typologischen, sachverhaltsnäheren Besitzerwerbslehre hat entwickeln lassen.
Es existieren regionale Unterschiede in der Nutzung von Photovoltaik-Anlagen (PV) in Baden-Württemberg. Die Bedeutung von Raumstruktur und Globalstrahlung für diese Unterschiede wurde großräumig untersucht. Es zeigte sich, dass die PV-Nutzung im ländlichen Raum Baden-Württembergs höher ist als im urbanen Raum. Dieser Zusammenhang gewann in den letzten Jahren an Bedeutung. Die Bedeutung der Globalstrahlung für die PV-Nutzung sank auf ein sehr niedriges Niveau. Weitere Untersuchungen wurden im Nordosten Baden-Württembergs durchgeführt, wo die Raumstruktur ländlich und die PV-Nutzung überdurchschnittlich hoch ist. Um die Ursachen der regionalen Unterschiede in der PV-Nutzung näher zu untersuchen, wurden qualitative Experteninterviews, Korrelationsanalysen und schriftliche Haushaltsbefragungen durchgeführt. Durch Experteninterviews wurden die Hauptakteure für die Diffusion von PV in der Untersuchungsregion identifiziert. Neben PV-Unternehmen sind dies Landwirte, Gemeinderäte und Bürgermeister sowie Energieagenturen. Landwirte nehmen eine Schlüsselrolle ein, da es für sie relativ leicht ist PV-Anlagen zu realisieren. Gemeinderäte und ihre Bürgermeister können PV-Anlagen auf öffentlichen Gebäuden realisieren. Energieagenturen bilden Diffusionsnetzwerke zwischen verschiedenen Akteuren. Eine Korrelationsanalyse deckte einige Faktoren auf, die mit den PV-Anlagen je Einwohner und Kommune in Heilbronn-Franken korrelieren. Diese Faktoren sind (i) Anteil der unter 18 Jährigen, (ii) Anteil der Einfamilienhäuser an den Wohngebäuden, (iii) Anteil der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten mit abgeschlossener Ausbildung, (iv) landwirtschaftliche Betriebe mit Viehhaltung je Einwohner, (v) Anteil der Mehrfamilien-häuser an den Wohngebäuden und (vi) Anteil der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten mit Hochschulabschluss. Durch eine Haushaltsbefragung wurden signifikante Unterschiede zwischen PV-Eigentümern und Nicht-Eigentümern aufgedeckt (Alter, Familienverhältnisse, Energieverhalten, PV-Informationskanäle, Einstellung zu PV). Bei formaler Bildung und Einkommen gab es keine signifikanten Unterschiede. Außerdem wurden signifikante Unterschiede zwischen einer Gemeinde mit hoher und einer mit niedriger PV-Nutzung erkannt (Energieverhalten, Notwendigkeit ökologischen Handels, Einstellung zu PV, lokale PV-Akteure). Andere Aspekte wiesen keine signifikanten Unterschiede auf (PV-Informationskanäle, Hinderungsgründe für den Kauf). Außerdem zeigte sich, dass die Diffusion von PV einen wichtigen lokalen Charakter hat (PV-Informationskanäle, lokale Märkte).
Die vorliegende Arbeit stellt einen Beitrag zur gesprächslinguistischen Analyse literarischer Dialoge dar. Da Theodor Fontane in der Forschung als Schriftsteller gilt, der dem Gespräch und seiner sprachlichen Gestaltung einen besonders hohen Stellenwert zuschreibt, ist sein letzter großer Roman Der Stechlin aus linguistischer Sicht besonders reizvoll. In ihm wird die Gesellschaft des 19. Jahrhunderts durch das Mittel des Gesprächs eindrucksvoll charakterisiert. In einem theoretischen Teil dieser Arbeit werden zunächst die Besonderheiten des literarischen Dialogs in Abgrenzung zum Alltagsgespräch geklärt sowie der historische Kontext, also die Höflichkeits- und Gesprächskultur in adeligen Kreisen des 19. Jahrhunderts, beleuchtet. Auf dieser Basis steht die detaillierte Analyse von drei Dialogausschnitten aus dem Roman im Mittelpunkt: ein offizieller Besuch, ein Tischge-spräch, ein Klatschgespräch unter Bekannten.
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit interethnischen Freundschaften im Jugendalter. Die Studie soll der "Abkehr von einer Defizit- und Belastungsperspektive" dienen und zu einer ressourcenorientierten Betrachtung von jugendlichen Migranten beitragen. Im Zuge des Projektes "Sozialkapitaltransfer in interethnischen Beziehungen" wurden 24 Jugendliche der sechsten Jahrgangsstufe im Alter von elf bis 13 Jahren, größtenteils an Hauptschulen, zu ihrer Freundschaft mit einem andersethnischen Jugendlichen interviewt. Hierbei wird primär erarbeitet, welche inhaltlichen Austauschprozesse in interethnischen Freundschaften in der frühen Adoleszenz stattfinden. Es wird untersucht, was im Allgemeinen thematisch ausgetauscht wird und besonderes Augenmerk auf den inhaltlichen Austausch über das jeweils andere Herkunftsland gelegt. So wird geprüft, welche Priorität dem inhaltlichen Austausch über die verschiedenen Kulturen zukommt, über welche kulturellen Themenbereiche und bei welchen Gelegenheiten ein solcher Austausch stattfindet. Der kulturelle Austausch wird außerdem dahingehend betrachtet, ob sich Unterschiede hinsichtlich des Austauschs bei Mädchen- und Jungenfreundschaften bemerkbar machen. Im Hinblick auf die Auswirkungen interethnischer Freundschaften wird geprüft, ob der kulturelle Austausch die Einstellung gegenüber Angehörigen der jeweils anderen Kultur beeinflusst. Ferner wird untersucht, inwiefern ein Austausch sprachhabitueller Merkmale stattfindet. Als zusätzliche Rahmeninformation wird abschließend der Austausch sozialer Netzwerke in interethnischen Freundschaften untersucht. Ziel der Studie ist demnach herauszufinden, ob und in welchem Ausmaß in inter-ethnischen Freundschaften soziales Kapital in den genannten Bereichen vorhanden ist. Die theoretische Grundlage der vorliegenden Studie bilden der Sozialkapitalansatz nach Coleman (1991) sowie die Kommunikationstheorie nach Watzlawick (2007).
Diese Arbeit schildert auf der Basis einer Analyse der intermedialen Struktur der Werke zweier Künstler aus unterschiedlichen Jahrhunderten die Transportierung eines mystischen Selbstverständnisses, das als Tiefenstruktur der zugrundeliegenden Werke ausgemacht wird. Deshalb sieht diese Arbeit beide Künstler als christliche Mystiker an, deren Weltbild keine grundlegenden Unterschiede aufweist. Darüberhinaus wird über diese beiden Autoren versucht die kontrovers diskutierte Aktualität von Mystik in der Gegenwart herauszustellen. Zentraler Teil und Ausgangspunkt der Ergebnisse ist hierbei die Analyse eines mystischen Wertesystems, das sich in den Prophecies von William Blake finden lässt und das sich in wesentlichen Punkten auf die Werke von Van Morrison übertragen lässt.
Ziel der vorliegenden Arbeit war es, anhand von aktuellen Hochwasserschadensdaten aus Telefonbefragungen in Privathaushalten in Deutschland und Österreich die Minderung von Hochwasserschäden durch Frühwarnung und privater Eigenvorsorge zu quantifizieren. Im ersten Schritt wurden die Datensätze aus den vier zugrunde liegenden Befragungen zu den Hochwasserereignissen der Jahre 2002, 2005 und 2006 zusammengeführt und die Hochwasserschäden auf das Referenzjahr 2007 angepasst. Um das Schadensminderungspotenzial von Frühwarnung und diversen Vorsorge-/ Notmaßnahmen beurteilen zu können, wurde der konsistente Datensatz nach verschiedenen schadensbestimmenden Faktoren (Wasserstand, Hochwassertyp, Kontaminationsart und Hochwassererfahrung) aufgeteilt. Dabei stellte sich heraus, dass eine Hochwasserwarnung z.B. durch Behörden den Schaden am Gebäude und Hausrat nur dann reduzieren kann, wenn der Frühwarnungsinhalt klar verständlich oder das Wissen der Betroffenen ausreichend ist, wie man sich und seinen Haushalt vor dem Hochwasser schützen kann (durch das Ergreifen von Notmaßnahmen). Der Nutzen einer langfristigen Vorsorge, insbesondere von baulichen Maßnahmen, wurde in dieser Studie sehr deutlich. Vor allem die geringwertige Nutzung der hochwassergefährdeten Stockwerke und die hochwasserangepasste Inneneinrichtung konnten die Schäden am Gebäude und Inventar erheblich reduzieren.
Literatur für erwachsene Menschen mit geistiger Behinderung? Gibt es die? Braucht es die überhaupt? Das ist das Thema dieser Arbeit. Ausgegangen wird dabei von einer Annäherung an den Literaturbegriff und der Darstellung von kultureller sowie individueller Bedeutung von Literatur in unserer Gesellschaft. Dabei werden sowohl historische Aspekte des literarischen Lesens aufgegriffen, wie auch aktuelle Erkenntnisse zu unterschiedlichen Funktionen des Lesens sowie des Leseverhaltens in Deutschland dargestellt. Im ersten Teil der Arbeit wird die Bedeutung, die das Lesen von Literatur hat, aus unterschiedlichen Perspektiven beleuchtet. Es umfasst Ebenen, die das Individuum persönlich betreffen, die soziale Gemeinschaft sowie auch die gesamte Kultur der Gesellschaft. Menschen, die vom Lesen ausgeschlossen sind oder an der Welt der Literatur, sei es zur Unterhaltung oder zur Informationsgewinnung nicht teilhaben, entgehen viele wichtige Vorteile, die die Teilhabe an der Gesellschaft und Kultur (zumindest in Deutschland) ermöglichen oder zumindest wesentlich mit bestimmen. Im zweiten Teil der Arbeit liegt der Schwerpunkt auf Erwachsenen mit einer geistigen Behinderung sowie deren erschwerten Möglichkeiten im Zusammenhang mit Lesen und Literatur. Es werden der Bereich der Freizeit sowie die Erwachsenenbildung als mögliche Bereiche, in denen Lesen und Literatur eine Rolle spielen können, dargestellt. Des Weiteren wird auf den Aspekt der Teilhabe eingegangen, welcher auch eine Teilhabe an kulturellen Gütern wie Literatur beinhaltet. Dass es bisher im Bereich der Literatur eher wenig Möglichkeiten für Menschen mit geistiger Behinderung gibt, ist schade - jeder Bereich der Kultur, der so wenig zugänglich erscheint und in dem Menschen ausgeschlossen werden, verhindert weitere Teilhabe an der Gesellschaft, bzw. erschwert sie. Unter diesem Gesichtspunkt stellt der dritte Teil der Arbeit den Versuch dar, aufzuzeigen, in welcher Weise Zugangsmöglichkeiten für Menschen mit geistiger Behinderung geschaffen werden können und welche Ansätze und Ideen in dieser Richtung bereits bestehen.
Das Potenzial der Wissensentdeckung in Daten wird häufig nicht ausgenutzt, was hauptsächlich auf Barrieren zwischen dem Entwicklerteam und dem Endnutzer des Data-Mining zurückzuführen ist. In dieser Arbeit wird ein transparenter Ansatz zum Beschreiben und Erklären von Daten für Entscheidungsträger vorgestellt. In Entscheidungsträger-zentrierten Aufgaben werden die Projektanforderungen definiert und die Ergebnisse zu einer Geschichte zusammengestellt. Eine Anforderung besteht dabei aus einem tabellarischen Bericht und ggf. Mustern in seinem Inhalt, jeweils verständlich für einen Entscheidungsträger. Die technischen Aufgaben bestehen aus einer Datenprüfung, der Integration der Daten in einem Data-Warehouse sowie dem Generieren von Berichten und dem Entdecken von Mustern wie in den Anforderungen beschrieben. Mehrere Data-Mining-Projekte können durch Wissensmanagement sowie eine geeignete Infrastruktur voneinander profitieren. Der Ansatz wurde in zwei Projekten unter Verwendung von ausschließlich Open-Source-Software angewendet.
Die Arbeit beinhaltet einen Theorie- und einen Praxisteil. Es handelt sich um die theoretische Konzeption und praktische Ausarbeitung eines Lesebuchs für den Unterricht mit jugendlichen SchülerInnen mit einer geistigen Behinderung oder mit Leseschwierigkeiten. Hauptanliegen ist die Zusammenstellung und Aufbereitung von Lesematerial, das sowohl die Leseinteressen der Jugendlichen anspricht als auch ihren Lesefähigkeiten entspricht. Im Theorieteil wird auf der Basis allgemeiner literaturdidaktischer Überlegungen insbesondere zu Aufgaben und Zielen von Lese- und Literaturunterricht, zu handlungs- und produktionsorientiertem Unterricht, zu Lesekompetenz und zu Leseförderung eine Konzeption mit leitenden Prinzipien für das Lesebuch ausgearbeitet. Dabei finden Bedingungen im und Erkenntnisse zum Lese- und Literaturunterricht bei SchülerInnen mit einer geistigen Behinderung Beachtung, darunter der "erweiterte Lesebegriff" nach Hublow und Aspekte zur leichten Lesbarkeit und Textverständlichkeit. Folgende wichtige Aspekte bilden die Eckpfeiler der Lesebuchkonzeption: Das Buch enthält leicht lesbare Texte von bis zu drei Seiten Umfang zu Themen aus der Lebenswelt der Jugendlichen. Für SchülerInnen, die nicht oder nur bruchstückhaft Schrift lesen, gibt es Material zum Lesen von Fotos, Zeichnungen, Symbolen, Signal- oder Ganzwörtern. Um integrativen Unterricht bei heterogener Schülerschaft realisieren zu können, gibt es Texte mit gleichem Inhalt oder Thema in verschiedenen Darstellungsformen. Auch der Einsatz vielfältiger Medientexte z.B. von Comics, Cartoons oder Liedern soll dies ermöglichen. Daneben gibt es Material zur Förderung von Lesefähigkeiten und -fertigkeiten auf unterschiedlichen Niveaus. Wichtige Prinzipien sind darüber hinaus die Ausgewogenheit von pragmatischen, lebenspraktisch relevanten Texten und belletristischen Texten sowie das Angebot einer Vielfalt an Textsorten (z.B. Erzählungen, Gedichte, Tabellen, Rezepte, Sprichwörter). Der praktische Teil der Arbeit beinhaltet das Lesebuch "Lesestoff", das acht Kapitel enthält, dazu ein Schülerarbeitsheft mit Aufgaben zu Texten aus dem Lesebuch, insbesondere zum vertieften Textverständnis und zum handlungs- und produktionsorientierten Umgang mit den Texten. Die Aufgaben sind mit Lösungen versehen und daher zur selbstständigen Bearbeitung in offenen Unterrichtsformen geeignet. Ein Lehrerband enthält die Lesebuchkonzeption, Unterrichtsideen, Hinweise und Zusatzinformationen zu den Texten.
Bis heute gibt es kaum eine wissenschaftliche Veröffentlichung, die "Geschichtsunterricht für Schüler mit geistiger Behinderung" aufgreift. Demgegenüber steht die Tatsache, dass sowohl im Lehrplan für den Förderschwerpunkt geistige Entwicklung in Bayern, als auch im Lehrplan für die entsprechende Berufsschulstufe, einzelne Inhalte bzw. fachspezifische Methoden historischen Lernens aufgenommen wurden. Man muss sich also die Frage stellen, auf welchen theoretischen Hintergrund bzw. welches fachdidaktische Wissen Sonderschullehrkräfte zurückgreifen können, die Schülern mit geistiger Behinderung geschichtliche Inhalte und Themen nicht vorenthalten möchten? Genau an diesem Punkte setzt die vorliegende Arbeit an: Im Bezug auf die Fachdidaktik Geschichte, die sich als wissenschaftliche Disziplin mit den Fragen und Ansprüchen des Geschichtsunterrichts auseinander setzt, und der Geistigbehindertenpädagogik, die sich aus wissenschaftlicher Perspektive mit der Theorie und Praxis von Erziehung und Bildung bei Schülern mit geistiger Behinderung auseinandersetzt, wurden einige, für den Geschichtsunterricht relevante Aspekte ausgewählt und der Frage nachgegangen, inwieweit die grundlegenden Positionen der Fachdidaktik Geschichte auch im Geschichtsunterricht an der Förderschule mit dem Förderschwerpunkt geistige Entwicklung Relevanz haben. Die Schwerpunkte dieser Arbeit liegen in der Legitimation von schulischem Geschichtsunterricht an der Schule mit dem Förderschwerpunkt geistige Entwicklung, in möglichen Aufgaben und Zielen, geeigneten Inhalten und Themen, sowie dem Einsatz fachspezifischer Methoden im Unterricht mit Schülern mit geistiger Behinderung.
Diese Arbeit befasst sich mit den Gesprächen im 2004 erschienenen Roman "Jessica, 30." von Marlene Streeruwitz. Der Hauptdialog und die vorhergehenden Telefongespräche zwischen der Hauptfigur Jessica und ihrem Liebhaber Gerhard werden eingehend auf verschiedene Aspekte hin linguistisch analysiert. Einen Schwerpunkt bilden die Gesprächsstrategien beider Aktanten, Passagen des Streits, der innere Monolog, aber auch Merkmale der gesprochenen Sprache und des mimetischen Sprechens. Die Arbeit schließt mit einem Überblick, was die Künstlichkeit des literarischen Dialogs trotz seiner realistischen Nachahmung von Alltagsgesprächen ausmacht.
Die vorliegende Arbeit widmet sich dem Leben und Wirken des Generalfeldmarschalls Friedrich Wilhelm Ernst Paulus. Aufgrund des beschränkten zur Verfügung stehenden Rahmens erhebt die nachfolgende Studie nicht den Anspruch einer Biographie. Vielmehr soll sie, fokussiert auf seine letzten Lebensjahre in der DDR, sein politisches Denken, Handeln und Schaffen dort analysieren. Hinzu kommt, dass der „Fall Paulus“ als beispielhaft für die Behandlung, ja die Umarmung ehemaliger Wehrmachtseliten durch das noch junge Pankower Regime gelten kann. Die vorliegende Arbeit versteht sich daher auch als Beitrag zu den Forschungen über die Mechanismen der Integration ehemaliger Eliten des Nationalsozialismus in die ostdeutsche Gesellschaft. Die Analyse des propagandistischen Wirkens sowie der Wirkung von Paulus’ Auftreten stellt zudem zugleich einen Indikator für den Einfluss der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) auf die Stimmungslage der westdeutschen Öffentlichkeit Mitte der fünfziger Jahre dar. Zunächst zeigt die Arbeit die persönlichen als auch politischen Voraussetzungen für das Auftreten und Handeln Paulus’ in der DDR auf. Im Zentrum der Studie steht dann die Zeit nach der Repatriierung. Ebenso werden die Zielsetzungen der SED herausgearbeitet. Was waren deren Motive sich mit Paulus zu arrangieren, ja sich vermeintlich mit ihm auszusöhnen und ihn politisch einzusetzen? Und wo lagen Grenzen einer Kooperation? In diesem Zusammenhang ist auch zu klären, inwiefern Paulus in der Kasernierten Volkspolizei (KVP) tätig wurde und weshalb man aber eine offizielle Tätigkeit im Rahmen der Aufrüstung ausschloss. Der dringend gebotene Blick auf die Überwachungstätigkeit des MfS bezüglich Paulus bildet dann das Fundament für die nachfolgenden Betrachtungen. Im Mittelpunkt steht hier zunächst die Darstellung und Analyse des Handelns und Wirkens Paulus’. Anhand der aufgezeigten vier großen Tätigkeitsbereiche (3.2.1 allgemeine Propaganda; 3.2.2 Offizierspropaganda; 3.2.3 der schriftlichen Tätigkeit; 3.2.4 der Vortragstätigkeit) wird deutlich, wie sehr Paulus’ Handeln in Abhängigkeit von den zuvor genannten Zielsetzungen der SED stand. Auch der Erfolg der einzelnen Tätigkeiten wird somit von den Vorgaben der SED maßgeblich beeinflusst. Es wird daher die Frage aufgeworfen, was Paulus bewegte, sich dieser vorgegebenen Strategie zu unterwerfen. (Kapitel 3.3). Die Analyse des propagandistischen Wirkens sowie der Wirkung von Paulus’ Auftreten stellt zudem zugleich einen Indikator für den Einfluss der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) auf die Stimmungslage der westdeutschen Öffentlichkeit Mitte der fünfziger Jahre dar. Der „Fall Paulus“ wird hiermit von einer zweiten Seite beleuchtet. Es gilt die Motivation Paulus’ aus dessen Perspektive und mit Blick auf seinen Erfahrungshintergrund darzustellen und zu analysieren. Es wird untersucht, aus welchen Faktoren sich Paulus’ Motive zur Mitarbeit generierten. Was waren dessen Beweggründe für eine Zusammenarbeit? Welchen Einfluss darauf hatte die Soziologie Paulus’ nach mehr als elf Jahren Kriegsgefangenschaft angesichts der nicht mal dreieinhalb verbliebenen Lebensjahre in der DDR? Welchen die Familie? Welchen die persönliche Prägung und Erfahrung? Schließlich befasst sich die Arbeit mit der politischen Verortung und den Zielsetzungen Paulus’ nach 1953. Was suchte er politisch zu erreichen? Inwiefern war dies realistisch? Welche Hoffnungen verband Paulus für sich persönlich mit einer Kooperation? In Anbetracht der Ergebnisse der vorangegangenen Untersuchungen wird anschließend die Frage aufgeworfen, ob es sich bei Paulus’ Propaganda im Dienste der SED schlicht um einen opportunistischen Akt handelte, oder ob seine Bemühungen gegen die Westbindung der Bundesrepublik und für ein Gesamtdeutschland, als Tätigkeit aus Überzeugung zu werten sind. Die Arbeit analysiert die Gründe des Scheiterns Paulus’ persönlicher und politischer Ambitionen und gleicht die Ergebnisse dieser Studie mit dem bisherigen (dünnen) Forschungsstand zur Person Paulus’ nach 1953 ab. (2/2008)
Das Konzept der Gesellschaftlichen Verantwortung von Unternehmen (Corporate Social Responsibility, CSR) hat in den vergangenen Jahren in China zusehends an Bedeutung gewonnen. In den 1990er-Jahren durch westliche Unternehmen und internationale Organisationen ins Land eingeführt, wurde das Konzept zunächst als Hemmnis der nationalen Wirtschaft angesehen. Erst in jüngster Vergangenheit hat die chinesische Regierung begonnen, CSR zur Verfolgung innen- sowie außenpolitischer Ziele zu nutzen. Als eine der bedeutendsten Industrien Chinas wird dies insbesondere anhand der Einführung des Konzepts in die Textil- und Bekleidungsindustrie deutlich. Damit sollen nicht nur die mehrheitlich kleinen und mittleren Unternehmen wettbewerbsfähiger gemacht, sondern ebenfalls die Bemühungen der Regierung um eine stärkere Regulierung der Arbeitsbeziehungen ergänzt werden. Nach einer kurzen Darstellung der allgemeinen CSR-Situation in China geht der Beitrag insbesondere auf die Entwicklung des Konzepts innerhalb der chinesischen Textilindustrie sowie auf den im Jahr 2005 eingeführten ersten chinesischen CSR-Standard CSC9000T ein. Es soll aufgezeigt werden, wie Regierung, NGOs und Unternehmen gemeinsam daran arbeiten, die Situation der Textilfabriken und ihrer Mitarbeiter zu verbessern. Im Rahmen einer Fallstudie wird ein Projekt vorgestellt, das einen Ansatz dafür liefert, wie die schwierige Lage kleiner und mittlerer Unternehmen in der Industrie gelöst werden kann. Unter Berücksichtigung von Expertenmeinungen sowie aufgrund gesammelter Informationen während der Teilnahme an einer Schulung des Projektes in einem Unternehmen werden schließlich Stärken und Schwächen dieses Ansatzes diskutiert und auf zukünftige Entwicklungen von CSR in der chinesischen Textilindustrie geschlossen. Das Projekt leistet zwar einen Beitrag zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen und Managementfähigkeiten der beteiligten Unternehmen, stellt aber lediglich einen kleinen Schritt in Richtung einer ganzheitlichen Integration verantwortlicher Unternehmensführung in der Industrie dar.
Entlang der Ergebnisse der UN-Weltfrauenkonferenz in Peking 1995 untersucht die Arbeit Auswirkungen internationaler Normsetzung auf die Gleichstellungspolitik der EU und Deutschlands. Die Bedeutung der Kategorie Norm wird dargelegt und begründet durch Ansätze 1) der Regime-Forschung, der Global Governance-Forschung und des Konstruktivismus sowie 2) der feministischen Theorie internationaler Beziehungen. Die Aktionsplattform von Peking dient dabei als zentraler Bezugspunkt für Gleichstellungsnormen in der EU und in Deutschland. Zunächst werden zentrale rechtliche und institutionelle Stationen innerhalb des UN-Systems, speziell die Vierte Weltfrauenkonferenz, analysiert. Gleichzeitig werden Handlungsstrategien der beteiligten Akteure dargestellt, um anschließend nach den Konsequenzen der Konferenz in den UN selbst, in der EU und der Bundesrepublik zu fragen. In Anlehnung an die strategischen Hauptschwerpunkte der Nationalen Umsetzungsstrategien Deutschlands werden drei Politikfelder der Gleichstellungspolitik fokussiert: 1) Zugang von Frauen zu Entscheidungspositionen, 2) Verbesserung der Situation in der Wirtschaft und auf dem Arbeitsmarkt, 3) Menschenrechte und Beseitigung der Gewalt gegen Frauen. Die den Politikfeldern inhärenten Normbildungs- und -umsetzungsprozesse sind im Sinne eines iterativen Prozesses mit einer Veränderung von Geschlechternormen verbunden, d.h. Normierungen werden ständig neu verhandelt. Parallel kann von einer reziproken Wirkung zwischen Gleichstellungsnormen in den UN, der EU und der BRD ausgegangen werden, so dass ein mehrdimensionales Normennetz entsteht. Die vorgelegte Analyse kommt zu dem Schluss, dass Gleichstellungspolitik einzig in der weiteren Vernetzung der verschiedenen Ebenen erfolgreich sein kann und dass das gleichstellungspolitische Normennetz engmaschiger geknüpft werden muss.
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Die vorliegende Arbeit enthält das soziolinguistische Portrait einer Stammtischgruppe aus dem Raum Unterfranken. Im Zentrum stehen Formen und Verfahren der sprachlichen Symbolisierung sozialer Identität. Das Gruppenportrait enthält neben der genauen Analyse der bedeutendsten Gesprächsthemen der Gruppe ein Kapitel der sozialregulierenden Aktivitäten und der Sprachvariation. Insbesondere die sozialregulierenden Aktivitäten wie Beziehungsarbeit und Verhaltensregulation spielen bei dieser nicht institutionalisierten Gruppe eine große Rolle. Höchste Relevanz kommt dabei eindeutig dem Klatsch zu. Neben dem präventiv verhaltensregulierenden Moment ist vor allem auf die gruppenstabilisierende Wirkung hinzuweisen. Ergänzt wird die Untersuchung letztlich durch die Analyse des ortspezifischen Dialekts mit den einzelnen Normallagen der Mitglieder und deren funktionalen Varianten. Abschließend werden alle Stilzüge in ihren Zusammenhängen dargestellt und ausgewertet.
Es wurde die zeitabhängige Relaxation der Elektronenverteilung in einem Metall-Halbleiter (Galliumarsenid-Gold) Kontakt nach Anregung durch einen Femtosekundenlaserpuls untersucht. Der Einfluss von internen Photoströmen und extern angelegten Spannungen auf die zeitaufgelöste Messung der Elektronenverteilung durch ein Flugzeitspektrometer wird bestimmt und simuliert.
Immer mehr junge Menschen mit Behinderung, insbesondere mit Mehrfachbehinderung, verlassen die Schule ohne eine realistische Perspektive auf eine erfüllende Berufstätigkeit. Zu weit scheinen die intrapersonalen Voraussetzungen der Schüler von den steigenden Qualifikations-, Leistungs- und Flexibilitätsanforderungen auf dem Arbeitsmarkt abzuweichen. Durch die Befragung von Personalverantwortlichen ("Selektionsverantwortlichen") in Betrieben werden konkrete Einstellungen, Anforderungen und Erwartungen potentieller Arbeitgeber festgestellt. In einem weiteren Schritt werden auf Grundlage dieser Daten Zielperspektiven für den berufsvorbereitenden Unterricht an Förderzentren gewonnen, um die Jugendlichen näher an den Arbeitsmarkt heranbringen zu können.
Im Mittelpunkt dieser Studie steht die Beziehung zwischen Politik und Medien, welche bereits zu vielfältigen Untersuchungen angeregt hat1. Der diskutierte Strukturwandel der politischen Kommunikation und der Öffentlichkeit dient auch hier als Grundhypothese zur Diskussion über die Kommunikation der Regierung mit den Medien. Zentral sind dabei Fragen zur politischen Regierungskommunikation2 nach außen, die sich bezüglich der veränderten Konstellation in Entscheidungsprozessen der Großen Koalition stellen. Diese Konstellation zeichnet sich dadurch aus, dass die Union und SPD als politische Hauptgegner zusammenarbeiten müssen und eine funktionsfähige Regierungsarbeit zu leisten haben. Dabei handelt es sich um zunehmend komplexer werdende Entscheidungsfelder, die entsprechend kommuniziert und legitimiert werden müssen, um dem Repräsentativmodell des Regierungssystems gerecht zu werden. Wie sich die Regierungskommunikation der Bundesregierung verändert hat und, ob Veränderungen feststellbar sind, ist das Hauptanliegen dieser Arbeit. Wie und ob sich die Regierungskommunikation gewandelt hat, wird vor dem Hintergrund der Erfordernisse der »Medien- und Informationsgesellschaft« und ihrer theoretischen Grundlagen analysiert. Folgerichtig ist die Leitfrage der vorliegenden Arbeit: »Welche Veränderungen in der Außenkommunikation von Rot-Grün zu Schwarz-Rot haben stattgefunden?« Die Bedeutung dieser Fragestellung für die politikwissenschaftliche Forschung im Bereich politischer Kommunikation ergibt sich erstens aus der Frage nach den Kanälen der Vermittlung politischer Inhalte und zweitens aus den Rollen, die die genuin politischen Akteure und politischen Sprecher als ihre Berater und Vermittler gegenüber Journalisten einnehmen3. Der Forschungsstand zur Thematik der Regierungskommunikation indes ist bislang einigermaßen überschaubar (Kamps/Nieland 2006a; Köhler/Schuster 2006; Jun 2004; Ders. 2007a; Pfetsch 2003a; Dies. 2003b; Tenscher 2003). Es gibt kein umfassendes Werk, das sich eingehend ausschließlich mit Regierungskommunikation beschäftigt. Diese Untersuchung wird als Versuch gesehen, die Veränderungen im Bezug auf Regierungskommunikation als Kommunikation über Regierung in einer postmodernen Mediengesellschaft, in den spezifischen Akteursfeldern zu erhellen. Die Leitfrage stützt sich auf die parteipolitische Zusammensetzung der Großen Koalition und die Kommunikation der Regierungsparteien nach der Regierungsbildung. Hiervon ausgehend wird die These aufgestellt, dass Veränderungen zwar stattgefunden haben und immer noch stattfinden, deren Auswirkungen auf Regierungskommunikation aber nicht so gravierend sind, als dass von einer grundsätzlichen Modifikation der Regierungskommunikation gesprochen werden kann. Es sind eher Anpassungsprozesse, bedingt durch die zunehmende Relevanz elektronischer Medien, aber vor allem Anpassungsprozesse, die ihren Ursprung in gesamtgesellschaftlichen Umwälzungen haben, an denen sich zwangsläufig auch Regierungskommunikation orientieren muss, will sie das Bestehen einer Regierung kommunikativ begleiten und so legitimieren. Es scheint gleichzeitig zu derartigen Transformationsprozessen eine Kontinuität des operativen Teils der Regierungskommunikation zu geben, zu dem ein vorsichtigerer Umgang mit Inszenierungen der Persönlichkeit von Spitzenpolitikern (sog. »Personalisierung«; siehe 3.4) und einer Inszenierung der Inszenierung als Metakommunikation über politische Kommunikation gehört.
Immunzellen mit hemmenden bzw. regulatorischen Eigenschaften erscheinen sehr attraktiv, um ungewollte Immunantworten, wie sie z.B. nach Transplan¬tationen auftreten, selektiv zu hemmen. In früheren Arbeiten konnten wir zeigen, dass sich mit GM-CSF und IL-4 immunregulatorische Dendritische Zellen (IL-4 DC) aus hämatopoetischen Vorläuferzellen des Knochenmarks der Lewis-Ratte generieren lassen. In der vorliegenden Arbeit wurden Makrophagen aus Knochenmarkvorläuferzellen mit M-CSF und IL-4 (IL-4 Makrophagen) generiert und mit den IL-4 DC hinsichtlich ihres Phänotyps und ihrer immunologischen Eigenschaften verglichen. M-CSF Makrophagen, die nur mit M-CSF generiert wurden, dienten hierbei als Kontrolle. Im Gegensatz zu reifen DC (mDC), die aus der Milz isoliert wurden, sind weder M-CSF Makrophagen noch IL-4 Makrophagen bzw. IL-4 DC in der Lage, naive T Lymphozyten in vitro zu aktivieren. Zudem wurde eine Zellzahl-abhängige Hemmung der mDC induzierten T Zell-Aktivierung beobachtet. So hemmten IL-4 Makrophagen die mDC-induzierte T-Zellproliferation nahezu vollständig (bis zu 96%), wenn sie in einem Zellverhältnis von 1:1 (IL-4 Makrophagen:mDC) als Kompetitorzellen eingesetzt wurden. Ähnliche Effekte waren auch für M-CSF Makrophagen und IL-4 DC zu beobachten. Zwar ist nicht geklärt, wie die Zellen diesen hemmenden Effekt vermitteln, doch lassen die Daten der vorliegenden Arbeit sowohl einen durch Oberflächenmoleküle als auch lösliche Mediatoren vermittelten Mechanismus für möglich erscheinen. Durchflusszytometrische Analysen, ergänzt durch Immunhistochemie und Real time PCR, zeigten für IL-4 Makrophagen und M-CSF Makrophagen einen Phänotyp, der gegenüber IL-4 DC, eine geringere Expression von CD80 und CD86 auf der Zelloberfläche aufwies. Die IL-4 DC wiesen ihrerseits eine geringe Expression von CD80 und CD86 in Vergleich zu mDC auf, wie in vorangegangenen Arbeiten gezeigt wurde. Alle drei Subpopulationen waren positiv für MHC I und CD40, während IL-4 Makrophagen und IL-4 DC zusätzlich positiv für MHC II waren. T Lymphozyten in Kokultur mit IL-4 Makrophagen bzw. mit M-CSF Makrophagen oder IL-4 DC wiesen nur eine geringe Proliferation auf, wenn sie anschließend mit mDC restimuliert wurden. Diese Daten deuten darauf hin, dass IL-4 Makrophagen, M-CSF Makrophagen und IL-4 DC naive T-Lymphozyten dauerhaft in ihrer Restimulierung hemmen. Dieser anergische Zustand ist möglicherweise auf die unzureichende Kostimulation zurückzuführen. Zudem wurde bei den mit IL-4 Makrophagen, M-CSF Makrophagen und IL-4 DC kokultivierten T Lymphozyten eine geringfügig erhöhte Rate an apoptotischen Zellen gemessen als bei T Lymphozyten, die zuvor alleine oder mit mDC kultiviert wurden. Auch von IL-4 Makrophagen, M-CSF Makrophagen und IL-4 DC sezernierte lösliche Faktoren können eine Rolle bei der Hemmung der T-Zellaktivierung spielen. Überstände einer 24-stündigen Kultur mit einer Million IL-4 Makrophagen, M-CSF Makrophagen und IL-4 DC, hemmten die mDC-induzierte T-Zellaktivierung mit einer Suppressionsrate von 81-85%. Mit einer nahezu vollständigen Hemmung der T-Zellaktivierung war der Effekt von Überständen aus 48-stündigen Kulturen sogar noch stärker. Wie anhand von ELISA und real time PCR gezeigt wurde, exprimierten IL-4 Makrophagen, M-CSF Makrophagen und IL-4 DC das immuninhibitorische Zytokin TGF-Beta, das für die beobachtete Hemmung der T-Zellproliferation verantwortlich sein könnte. Die Ergebnisse zeigen somit, dass die aus Knochenmarkvorläuferzellen generierten IL-4 Makrophagen und M-CSF Makrophagen die Aktivierung naiver T-Lymphozyten hemmen. Diese Eigenschaft teilen sie sich mit IL-4 DC trotz deutlicher Unterschiede bei den Phänotypen dieser Zellen. Die Ergebnisse dieser Arbeit lassen den Schluss zu, dass die aus hämatopoetischen Stammzellen des Knochenmarks hergestellten Dendritische Zellen und Makrophagen die Aktivierung naiver T-Lymphozyten effektiv hemmen. Der Mechanismus, wie dieser hemmende Effekt vermittelt wird, ist zurzeit noch unbekannt und sollte in weiteren Arbeiten analysiert werden. Von grundlegender Bedeutung wäre der erfolgreiche Nachweis, dass diese Zellen ungewollte Immunantworten antigen¬spezifisch hemmen.
Kurzwörter in Pressetexten
(2007)
Obwohl von der Sprachpflege lange Zeit heftig kritisiert und von der Sprachwissenschaft relativ wenig beachtet, eröffneten Kurzwörter im vorigen Jahrhundert ein neues Kapitel in der deutschen Wortbildung - sie drangen in den Sprachgebrauch zahlreicher Lebensbereiche ein, entwickelten sich zu einem eigenständigen Wortbildungstyp und sind heute in der Sprache nicht mehr wegzudenken. Dieses Phänomen macht sich besonders in der Presse bemerkbar - in Zeitungen findet man kaum noch Artikel ohne Kurzwörter. Wenn man von terminologischen Differenzen absieht, sind sich die Sprachwissenschaftler heute weitgehend darüber einig, wie das Kurzwort zu definieren ist und welche Kurzworttypen es im Deutschen gibt. Dabei wird immer wieder betont, dass Kurzwörter vor allem aus sprachökonomischen Gründen entstehen, weil sie sich von den Vollformen nur ausdrucksseitig unterscheiden. Eine systematische Analyse der Textfunktionen der Kurzwörter liegt aber immer noch nicht vor. Daher wurden in der vorliegenden Arbeit die Textfunktionen der Kurzwörter in Pressetexten anhand eines Korpus untersucht. Es ist bekannt, dass alle Kurzwörter Substantive sind, aber in dieser Arbeit wurde zum ersten Mal eine Einteilung der Kurzwörter nach Zeichenklassen vorgenommen, wobei sich herausstellte, dass Kurzwörter zu den Begriffszeichen und Namenzeichen gerechnet werden können, also dass sie sowohl Appellative als auch Namen sind. Dabei wurde eine "Zwischenkategorie" der Kurzwörter festgestellt, nämlich Fachwörter, die als Sondergruppe zu den Appellativen gerechnet werden. Es wurde gezeigt, dass Kurzwörter neben der sprachökonomischen Funktion zahlreiche weitere Funktionen in Texten haben können und dass ihre Verwendung von (journalistischen) Textsorten abhängt.
Krieg denken : Grundfragen zur politischen Theorie des Krieges im Anschluss an Carl von Clausewitz
(2006)
"Politische" Theorie des Krieges mag manchem als Widerspruch in sich erscheinen. So wird der Krieg heute auch in der Forschung gerade als das Scheitern aller politischen Bemühungen empfunden. Als etwas, das "nach" der Politik kommt. In Deutschland wird sich dem Thema Krieg daher meist von einem rechtstheoretischen oder einem ethisch-moralischen Standpunkt aus genähert. Ein rechtstheoretischer Ansatz kann jedoch nur darüber Auskunft geben, wann ein Krieg legal ist, der moraltheoretische, wann er legitim ist. Beides ist kaum geeignet, zu klären, welche Funktion der Krieg im politischen Prozess erfüllt. Die Grundlage dieser Arbeit ist die These, dass gerade derjenige, der Krieg nicht führen will, ihn stattdessen notwendigerweise denken muss: Um eine Vorstellung davon zu erhalten, warum Menschen Krieg führen und welchen Platz der Krieg in der Politik hat beziehungsweise welche Wechselwirkungen zwischen beiden existieren. In diesem Sinne hat niemand den Krieg so ausführlich gedacht wie Carl von Clausewitz (1770-1831). Bis heute bietet sein Werk "Vom Kriege" die einzige umfassende Theorie des Krieges. Ich bin der Ansicht, dass es für die Forschung ein lohnenswertes Unterfangen ist, zu prüfen, inwieweit Clausewitz' Ideen noch geeignet sind, die heutige Wirklichkeit des Krieges abzubilden und zu beschreiben; wo gegebenenfalls Anpassungen an die Gegenwart zwingend notwendig werden. Ich behaupte, dass künftige Ansätze zu einer politischen Theorie des Krieges adäquate Antworten auf die Grundfragen finden müssen, die bereits Clausewitz durch seine Ideen thematisiert hat. In diesem Sinne versuche ich in dieser Arbeit, wie Clausewitz den Krieg zu denken, um das diskursive Feld dieser Grundfragen vor dem Leser auszubreiten.
Massenbewegungen (in englischer Literatur landslides, in französischer Literatur glissements de terre) sind das Symptom von Hanginstabilitäten in einem Naturraum. Die Wahl des Überbegriffs Massenbewegungen und die Untergliederung der einzelnen Stadien des Prozessablaufs wurden im Rahmen eines pragmatischen Ansatzes dieser Arbeit neu festgelegt. Im Untersuchungsgebiet im Elbursgebirge im Norden des Iran stellen Massenbewegungen ein Phänomen dar, welches die Kulturlandschaft bedroht, aber auch durch sie selbst bedingt ist. In dieser Arbeit wurden Abhängigkeitsbeziehungen zwischen menschlichem Eingriff und natürlichem Stabilitätspotential untersucht. In einem heuristischen Ansatz wurden Faktoren analysiert, welche Massenbewegungen bedingen oder auslösen. Faktoren wie geologischer Untergrund, Bodenauflage, Hangneigung, Exposition, Hydrologie, Vegetationsbedeckung oder Straßenbau wirken in unterschiedlicher Weise auf die Verursachung von Massenbewegungen ein. Die Analyse der Tragweite und Relevanz dieser Faktoren erfolgte mittels einer Faktorenüberlagerung in einem Geographischen Informationssystem (GIS). Das GIS bildete die Schnittstelle für Fernerkundungsdaten, Kartenmaterial, Geländeaufnahme und das digitale Geländemodell (DEM, bzw. DTM). Neben Photos, Beschreibungen, GPS-Punkten und Bodenproben aus der Geländeaufnahme im Iran wurden CORONA- und LANDSAT-ETM+ - Satellitendaten sowie Klimaaufzeichnungen, Topographische und Geologische Karten auf ihre Aussagekraft hin analysiert. Durch Verschneidung der Datenebenen konnten Gefährdungszonen hinsichtlich Massenbewegungen ausgewiesen werden. Die Ergebnisse wurden mit den vorhandenen Befunden über aufgetretene Massenbewegungen überprüft. Die Übereinstimmung der Gefährdungszonen mit der Verteilung vorgefundener Massenbewegungsformen bestätigte die Richtigkeit des methodischen Vorgehens. Bei der Auswahl und Bearbeitung von Daten und Methodik lagen die Schwerpunkte im Anwendungsbezug und in der Qualitätssicherung. Zur Erstellung des digitalen Höhenmodells wurde ein eigener Ansatz zur Extraktion von Höhenlinien aus Topographischen Karten verfolgt. Das Ergebnis der Arbeit ist ein kostengünstiger, pragmatischer und übertragbarer Ansatz zur Bewertung des Gefährdungspotentials von Massenbewegungen.
Die vorliegende Arbeit ist in zwei Teile gegliedert, von denen der erste Teil den theoretischen Hintergrund und empirische Befunde zum Thema „Komplexes Problemlösen“ behandelt. Der zweite Teil beinhaltet Methodik und Ergebnisse der durchgeführten Untersuchung. Nach der Einleitung in Kapitel 1 werden in Kapitel 2 die „Grundkonzepte des Komplexen Problemlösens“ vorgestellt, wobei mit der Abgrenzung des Bereichs „Komplexes Problemlösen“ begonnen wird. Anschließend werden die Eigenschaften von komplexen Systemen und deren Anforderungen an Problemlöser beschrieben, wobei die Taxonomie1 von Dörner et al. (1994) zugrunde gelegt wird. In Kapitel 3 werden Modelle der Wissensrepräsentation und des Problemlösens vorgestellt. Dabei wird der Begriff der „Strategie“ diskutiert und im Zusammenhang mit verschiedenen allgemeinen Modellen des Problemlösens erläutert. Kapitel 4 behandelt das Konzept „Delegation“. Delegation wird in dieser Arbeit als Methode verwendet, um Versuchspersonen zur Formalisierung ihrer Strategien zu bewegen, wobei sie die Ausführung der Strategien gleichzeitig beobachten können. Es werden vor allem Befunde aus der Organisationspsychologie und Unternehmensführung berichtet und die Anwendung von Delegation in der Interaktion zwischen Mensch und künstlichem Agent erörtert. In Kapitel 5 werden Waldbrandsimulationen behandelt. Diese zählen zu den klassischen Simulationen, die zur Untersuchung von Komplexem Problemlösen verwendet werden. Zuerst wird auf computergestützte Simulation im Allgemeinen eingegangen, wobei Unterschiede zu traditionellen Untersuchungsmethoden angesprochen werden. Dabei wird auch die Bedeutung der Multiagentensimulation für die Komplexe Problemlöseforschung hervorgehoben. Anschließend wird Feuerverhalten und Feuerbekämpfung als Vorbild für Waldbrandsimulationen erläutert. Dadurch können sowohl Anhaltspunkte zur Beurteilung der Plausibilität als auch für die Implementierung einer Waldbrandsimulation gewonnen werden. Im Anschluss daran werden drei bekannte Beispiele für Waldbrandsimulationen vorgestellt, wobei auch auf domänen- bzw. simulationsspezifische Strategien eingegangen wird. In Kapitel 6 wird ein Überblick über verschiedene empirische Befunde aus dem Bereich des Komplexen Problemlösens gegeben. Diese betreffen sowohl Eigenschaften von komplexen Systemen als auch Merkmale des Problemlösers. In Kapitel 7 werden die wichtigsten Kritikpunkte und Probleme, mit denen die Komplexe Problemlöseforschung zu kämpfen hat, zusammengefasst. Die konkreten Fragestellungen der Untersuchung werden in Kapitel 8 vorgestellt, wobei Kapitel 9 und 10 erläutern, mit welcher Methodik diese Fragen untersucht werden. In diesem Zusammenhang wird auch die Simulationsumgebung SeSAm vorgestellt. Im folgenden Kapitel 11 wird auf die Eigenschaften der implementierten Waldbrandsimulation eingegangen. Kapitel 12 beschreibt den Aufbau und Ablauf der Untersuchung, mit der die Daten gewonnen werden, die in Kapitel 13 berichtet werden. Eine Diskussion der Befunde im Hinblick auf die Fragestellungen und ihre Bedeutung für die zukünftige Forschung erfolgt in Kapitel 14.