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Synthese und Testung nichtpeptidischer Cystein-Protease-Inhibitoren - Etacrynsäure als Leitstruktur
(2004)
Cystein-Proteasen sind in eine Vielzahl physiologischer und pathophysiologischen Prozesse involviert. Auch bei humanpathogenen Parasiten sind sie weit verbreitet und für das Überleben der Erreger essentiell. Substanzen, die diese Proteasen hemmen, könnten daher bei vielen Indikationen als neue Arzneistoffe eingesetzt werden. In der vorliegenden Arbeit wurden nichtpeptidische Cystein-Proteaseinhibitoren synthetisiert, die als elektrophile Gruppe ein a,b-ungesättigtes Keton enthalten, und den Cysteinrest im aktiven Zentrum der Proteasen in einer Michael-Reaktion addieren. Als Leitstruktur diente das Diuretikum Etacrynsäure, dessen Struktur an verschiedenen Positionen modifiziert wurde. Der Hauptsyntheseweg kann wie folgt beschrieben werden: Die Acylseitenkette gewünschter Kettenlänge wurde durch Friedel-Crafts-Acylierung in entsprechend substituierte Anisole eingeführt. Diese wurden in einer unmittelbar anschließenden Reaktion zu acylierten Phenolen gespalten, die in einem Folgeschritt mit Bromessigsäureethylester zu acylierten Phenoxyessigsäureethylestern verethert wurden. In diese wurde in a-Position zum Keton eine Doppelbindung eingeführt. Über eine Mannich-Reaktion mit N,N,N’,N’-Tetramethyldiaminomethan/Acetanhydrid oder Urotropin/Acetanhydrid erhält man so die acylierten Phenoxyessigsäureethylester mit a,b-ungesättigter Ketonstruktur. Zur Darstellung der entsprechenden ungesättigten Säuren aus den acylierten Phenoxyessigsäureethylestern bedient man sich einer basenkatalysierten Aldokondensation mit Formaldehyd, unter deren Bedingungen der Ethylester zur Säure gespalten wird. Kupplung von Etacrynsäure mit Aminen unter Aktivierung mit DCC/N-Hydroxysuccinimid führte zu den Etacrynsäureamiden. Methylierung der acylierten Phenole und anschließende Mannich-Reaktion dient der Darstellung der acylierten Anisole mit a,b-ungesättigter Ketonstruktur. Auf diesem Syntheseweg wurden 28 Derivate mit Michael-System synthetisiert. Diese wurden an den Cystein-Proteasen Papain, Cathepsin B (CB), Falcipain (FP) und Rhodesain (RD) getestet. Gegen Serin-Proteasen wurde keine Hemmung festgestellt. Die meisten Inhibitoren zeigten bei CB, FP und RD eine nicht-zeitabhängige Kinetik der Enzyminaktivierung. Nur bei Papain wurde eine zeitabhängige Kinetik beobachtet. Die Substanzen wurden zwar als irreversible Inhibitoren konzipiert, Dialyseversuche beweisen jedoch eine reversible Hemmung. Da eine Vergleichssubstanz ohne aktivierte Doppelbindung unwirksam ist, kann von einer kovalenten Reaktion mit den Cystein-Proteasen ausgegangen werden. Bestimmt wurden die Dissoziationskonstanten Ki der Enzym-Inhibitor-Komplexe EI als Maß für die Affinitäten der Inhibitoren zum Enzym und, soforn möglich, auch die Alkylierungsgeschwindigkeitskonstanten ki der Reaktion zu modifiziertem Enzym E-I. Eine allgemeine Selektivität für einzelne Enzyme konnte nicht gefunden werden. Die besten Inhibitoren (Ki = 3.2 - 57.5 µM) waren die Etacrynsäureamide. Die Analyse der Struktur-Wirkungs-Beziehungen ergab, dass wie erwartet das a,b-ungesättigte System essentiell für die Wirksamkeit an Cystein-Proteasen ist, ebenso ein aromatischer Ring. Eine längere Seitenkette an der Doppelbindung, die mindestens einen Ethylrest trägt, sowie zwei benachbarte Halogenatome am aromatischen Ring erwiesen sich als wirkungssteigernd. Ester und Amide zeigten generell bessere Hemmeigenschaften als die freien Säuren. Methoxy-Gruppen am Aromaten hatten keinen Wirkungsverlust zur Folge, senken aber die Löslichkeit in wässrigem Medium. Viel versprechend ist auch der [5-Chlor-2-(2-methylenbutyryl)-phenoxy]-essigsäureethylester, der das a,b-ungesättigte Doppelbindungs-System in ortho-Position zum phenolischen Sauerstoffatom trägt. Innerhalb der Amide sind kurze, voluminöse Reste wie der tertButylrest von Vorteil, eine gewisse Selektivität wird mit langkettigen Amiden wie dem n-Hexylamid für FP gegenüber CB und RD erreicht. Die Verbindungen wurden auf die Wachstumshemmung von grampositiven und gramnegativen Problemkeimen, sowie auf die Hemmung der Biofilmbildung grampositiver Erreger getestet. Bei gramnegativen Keimen wurde das Wachstum nicht gehemmt. Bei den grampositiven Keimen Staphylococcus aureus und S. epidermidis wirkten ebenfalls der Etacrynsäureethylester und das Hexylamid, Benzylamid, Anilid der Etacrynsäure am besten (MHK = 5 - 20 µM). Die genannten Verbindungen zeigten auch die stärkste Hemmwirkung auf die Biofilmbildung (100 % bei 20 - 40 µM bis zu 95 % bei 2.5 - 5 µM an S. aureus). Aufgrund positiver Screeningergebnisse in einem enzymatischen HPLC-Assays an der humanen SARS-Coronavirus Hauptprotease (SARS-CoV Mpro) wurden Docking-Experimente mit Etacrynsäure-tertbutylamid an der humanen SARS-Coronavirus Hauptprotease (SARS-CoV Mpro) durchgeführt. Die Ergebnisse führten zur Synthese einer modifizierten Verbindung, die eine geringe Verbesserung der Enzyminhibition im fluorimetrischen Assay zeigte.