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Transkraniale Gleichstromstimulation (tDCS) stellt eine neue Therapieoption für Patienten mit neurologischen und psychiatrischen Erkrankungen dar. tDCS ist eine nichtinvasive Methode, mit der das Membranpotential von Nervenzellen verändert wird. Eine Depolarisation führt zu einer Erhöhung des Potentials, eine Hyperpolarisation bewirkt eine Senkung. Diesen neuromodulatorischen Effekt hat man sich in der vorliegenden Arbeit zunutze gemacht.
Im Versuchsaufbau wurde die Modulation von „sustained fear“ durch tDCS getestet. Das angewandte Paradigma ist nach dem Prinzip des NPU-Tests von Grillon aufgebaut. Mithilfe von vorhersehbaren und unvorhersehbaren aversiven Reizen (menschlicher Schrei) ist eine Einschätzung von kurz- („phasic“) und langanhaltenden („sustained“) Angstreaktionen möglich. Der Startle Reflex wurde zur Erfassung dieses Angstzustands aufgezeichnet. Gesunde Probanden (n=74) erfuhren eine 20-minütige tDCS Stimulation mit einer Stromstärke von 1 mA bei einer Elektrodengröße von 35 cm². Es ergab sich somit eine Stromdichte von 0,0286 mA/cm².
Es konnte ein signifikanter Effekt von tDCS auf „sustained fear“ nachgewiesen werden. Die neuromodulatorische Wirkung stellte sich bei anodaler Stimulation durch veränderte Startle Statistiken im Vergleich zur Sham Kontrollgruppe dar. „Phasic fear“ zeigte keine nachweisbare Wirkung der Gleichstromstimulation.
Gegenstand der Arbeit war außerdem die Untersuchung des Paradigmas zur Analyse von „phasic“ und „sustained fear“ auf subjektiver und psychophysiologischer Ebene. Mithilfe von Startle Daten und dreier spezieller Fragebögen war dies möglich (STAI X1, PANAS, SAM).
Die Startle Daten bewiesen eine Einflussnahme der Bedingungen (vorhersehbar, unvorhersehbar, neutral). Zudem war der Reflex davon abhängig, ob den Probanden eine Vorwarnung angezeigt wurde (ITI, Cue). Eine Vorankündigung der aversiven Reize bewirkte eine erhöhte Anspannung, weshalb die Startle Reaktion bei der vorhersehbaren Bedingung am stärksten ausfiel. Ohne Vorwarnung (ITI) war die durchschnittliche Reaktion auf einen unvorhersehbaren Schrei am größten. Nicht angekündigte Stimuli lösten eine starke Stressreaktion aus, woraufhin eine anhaltende Alarmbereitschaft bei den Probanden entstand. „Sustained fear“ ergab sich aus den unvorhersehbaren Bedingungen mit und ohne Warnhinweise (ITI U-Cue U).
Nach subjektiver Einschätzung der Versuchsteilnehmer/-innen bestätigte der STAI X1 und der PANAS einen Anstieg der emotionalen Anspannung durch das Paradigma. Der psychologische Einfluss des Paradigmas spiegelte sich auch im Rating des SAM-Tests wider. Vor allem der Effekt vorhersehbarer und unvorhersehbarer Ereignisse ergab übereinstimmend signifikante Werte, analog zu den Startle Daten.
Die statistische Auswertung zeigt Erfolg versprechende Ansätze in Bezug auf den Einfluss der Gleichstromstimulation auf das Angstverhalten. Durch den Versuchsaufbau einer plazebokontrollierten, randomisierten Doppelblindstudie kann von sehr verlässlichen Ergebnissen mit großer Aussagekraft ausgegangen werden.
Die nachgewiesene tDCS Wirkung gilt es nun anhand weiterführender Studien genauer zu untersuchen. Variable Parameter wie Stromintensität, Stimulationsdauer, Elektrodengröße und -position, aber auch interindividuelle Aspekte wie Alter, Geschlecht oder genetische Unterschiede müssen in Vergleichsuntersuchungen möglicherweise mit einem größeren Probandenkollektiv überprüft werden. Darüber hinaus wurde die Studie zunächst an gesunden Probanden getestet. Für eine Anwendung von tDCS bei Angststörungen müssen gesondert Versuche durchgeführt werden.
Die Daten liefern einen wichtigen Beitrag zur tDCS Forschung und haben weitreichende Bedeutung für die Entwicklung neuer Therapiemöglichkeiten im klinischen Alltag.