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Zusammenfassung
Synthetisch einfach zugängliche, thermisch und chemisch robuste schwach oder mittelstark wechselwirkende Anionen sind wichtige Bausteine für neue Materialien wie zum Beispiel ionische Flüssigkeiten und Li-Leitsalze. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wurden zum einen neue schwach koordinierende Borat- und Pentafluorophosphat-Anionen entwickelt und zum anderen effiziente Synthesen zu bereits bekannten Cyanoborat-Anionen ausgearbeitet.
Aufgrund ihrer interessanten Eigenschaften wie niedriger Viskosität und elektrochemischer Stabilität wird der Einsatz von ionischen Flüssigkeiten mit dem [BH(CN)3]−-Anion seit längerer Zeit intensiv untersucht. Ausgehend von Na[BH4] wurde eine äußerst effiziente Synthese zu K[BH(CN)3], die auch für den molaren Maßstab geeignet ist, entwickelt.
Die Synthese verläuft über Tricarboxylatohydridoborate als Zwischenstufen, welche sich bei vergleichsweise niedrigen Temperaturen von 60 °C weiter mit TMSCN und TMSCl (Kat.) zum [BH(CN)3]−-Anion cyanieren lassen. Durch schrittweise Cyanierung mit TMSCN, ohne den Einsatz eines Lewis-Säure-Katalysators wie TMSCl, wurden die Carboxylatocyanoborate M[BH(CN)(OC(O)Et)2] (M+ = Na+, [Ph4P]+) und M[BH(CN)2(OC(O)Et)] (M+ = Na+, [EMIm]+) synthetisiert und zum Teil strukturell charakterisiert. [EMIm][BH(CN)2(OC(O)Et)] ist eine bei Raumtemperatur flüssige ionische Flüssigkeit mit einem Schmelzpunkt von −78 °C. Die dynamische Viskosität ist mit 44.81 mPa∙s bei 20 °C etwa vier Mal so hoch wie die von [EMIm][BH(CN)3] mit 12.36 mPa∙s.
Ausgehend von den nun in sehr guten Ausbeuten und in hohen Reinheiten zugänglichen Cyanohydridoboraten wurden verschiedene Fluorierungsmethoden untersucht, um daraus Cyanofluoroborate zu synthetisieren. So wurde K[BF(CN)3] ausgehend von K[BH(CN)3] über direkte Fluorierung mit F2 in aHF oder F-TEDA, XeF2 sowie (Et2N)SF3 in Acetonitril synthetisiert. K[BH(CN)3] reagiert in aHF in Gegenwart von Fluor jedoch nicht selektiv zu K[BF(CN)3]. Es kommt zur teilweisen Addition eines HF-Moleküls an eine Cyanogruppe, welche nach wässriger Aufarbeitung K[BF(CN)2(C(O)NH2)] liefert. Die Säureamid-Gruppe lässt sich aber anschließend mit COCl2 leicht entwässern, sodass K[BF(CN)3] selektiv erhalten wird. Ebenfalls ist eine indirekte Fluorierung durch vorheriges Umsetzen eines entsprechenden [BH(CN)3]− Borats mit Cl2 oder Br2 und nachfolgender Fluorierung mit Et3N∙3HF möglich. Die gezeigten Fluorierungen wurden ebenfalls auf weitere Hydridoborate übertragen. Na[BH(CN)2(OC(O)Et)] wurde unter Erhalt der Propoxylato-Gruppe in einer Eintopfsynthese mit Br2 und Et3N∙3HF zu Na[BF(CN)2(OC(O)Et)] fluoriert.
K[BF(CN)3] konnte ausgehend von K[BH(CN)3] ebenfalls mit Hilfe der elektrochemischen Fluorierung (ECF, Simons-Prozess) im Gramm-Maßstab hergestellt werden. Dabei gelang die erste Fluorierung einer B−H-Spezies mit dem Simons-Prozess überhaupt.
Bei der ECF von K[BF(CN)3] wurden bei fortschreitender Reaktionsdauer NMR-spektroskopisch verschiedene CF3-Borate beobachtet. Während der ECF kommt es also teilweise zu einer C≡N-Bindungsspaltung.
Die Fluorierung von CN-Gruppen mit ClF zu CF3-Gruppen wurde ebenfalls auf eine Reihe weiterer Borate angewendet. So wurden K[(C2F5)B(CF3)3] und K[(C2F5)BF(CF3)2] ausgehend von K[(C2F5)B(CN)3] und K[(C2F5)BF(CN)2] synthetisiert und mit einigen Zwischenstufen NMR-spektroskopisch charakterisiert.
Neben Boraten sind besonders Salze von schwach koordinierende Phosphat-Anionen wie Li[PF6] für elektrochemische Anwendungen von Interesse. Auf Basis von verschiedenen aminverbrückten Phosphonsäuren wurden neuartige Salze mit mehrfach negativ geladenen Oligo-Phosphat-Anionen synthetisiert. {((HO)2(O)PCH2)2NCH2}2 und ((HO)2(O)PCH2)3N reagieren mit wasserfreiem Fluorwasserstoff zu den entsprechenden Oligo-Pentafluorophosphat-Anionen [{(F5PCH2)2NHCH2}2]2− und [(F5PCH2)2NH]2−. Die verbrückenden Stickstoffatome werden dabei protoniert, was zu zweifach negativ geladenen Phosphat-Anionen führt. Unterschiedliche Salze mit organischen und anorganischen Kationen wurde so isoliert.
Weitere Salze, wie das [Ph3C]-, [EMIm]- oder das Li-Salz, wurden durch Metathesereaktionen erhalten. Das Stickstoffatom in -Position zum Phosphoratom scheint essenziel für die Fluorierung der Phosphonsäure-Gruppe mit aHF zu einer PF5-Gruppe zu sein. Dies wurde durch die Umsetzung anderer funktionalisierter Phosphonsäuren wie z.B. (HO)2(O)PMe bestätigt, da es dabei nur zu einer Teilfluorierung zum F2(O)PMe kam.
Die Kalium-Salze K2[{(F5PCH2)2NHCH2}2] und K2[(F5PCH2)3NH] lassen sich mit KH in DMF deprotonieren und so Salze mit den dreifach bzw. vierfach negativ geladenen Anionen [{(F5PCH2)2NCH2}2]4− und [(F5PCH2)3N]3− erhalten. K4[{(F5PCH2)2NCH2}2] und K3[(F5PCH2)2N] sind hydrolyseempfindlich und werden leicht protoniert. Die deprotonierten Anionen können jedoch mit Methyliodid oder Allyliodid weiter umgesetzt und so funktionalisiert werden.
Das methylierte bzw. allylierte Stickstoffatom sorgt für eine deutliche Stabilisierung der Anionen. So steigt zum Beispiel die Zersetzungstemperatur von K2[{(F5PCH2)2N(CH3)CH2}2] im Vergleich zu K2[{(F5PCH2)2NHCH2}2] um über 100 °C auf 300 °C. Des Weiteren steigt auch die Stabilität gegenüber Hydrolyse bei Salzen mit den methylierten Phosphat-Anionen deutlich an. K2[{(F5PCH2)2NHCH2}2] wird nach einigen Minuten in H2O langsam hydrolisiert. Dagegen ist K2[{(F5PCH2)2N(CH3)CH2}2] mehrere Tage sowohl wasser- als auch basenstabil. Das durch eine Metathesereaktion von Li[BF4] mit K2[{(F5PCH2)2N(CH3)CH2}2] erhaltene Li2[{(F5PCH2)2N(CH3)CH2}2] hat in -Butyrolacton eine Leitfähigkeit von 2.67 mS∙cm−1 (c = 0.1 mol∙L−1). Einige Oligo-Pentafluorophosphate wurden ebenfalls strukturanalytisch charakterisiert.
In der vorliegenden Arbeit wurden Untersuchungen an Rückständen von thermisch abgebauten, flammgeschützten Polymeren vorgenommen, mit dem Ziel, die Struktur und den Phasenbestand der eingebauten Flammschutzmittel und der Polymere sowie deren Wechselwirkungen als Funktion der Temperatur und umgebenden Atmosphäre (N2 und Luft) zu charakterisieren. Ein wichtiges Werkzeug, das Informationen über den amorphen Zustand der Abbauprodukte und deren thermisch bedingte Phasenumwandlungen in andere amorphe oder kristalline Strukturen sowie Aussagen über die Nahordnungen der betrachteten Kernspinsorte liefert, stellt in dieser Arbeit der Einsatz der Festkörper-NMR-Spektroskopie dar. Hierbei sind neben Einzelimpuls- (SP), rotor-synchronisierte Spin-Echo- (RSE) und Kreuzpolarisationstechniken (CP) auch REDOR- (Rotational echo double resonance) und TRAPDOR- (Transfer of population in double resonance) Messungen zur Anwendung gekommen. Zusätzlich konnten aus den 11B- und 31P-NMR-Experimenten quantitative Aussagen über den relativen Borat- und Phosphor bzw. Phosphat-Anteil im festen Rückstand getroffen werden, wobei insbesondere für die 31P-Kerne eine quantitative Erfassung der kristallinen und amorphen Phosphatphasen durchgeführt wurde. Im ersten System wurden die Flammschutzmittel roter Phosphor (Prot) und Mg(OH)2 in HIPS kombiniert. Aus den Ergebnissen umfangreicher NMR-Experimente konnte abgeleitet werden, dass der größte Teil des eingesetzten Prot hauptsächlich in amorphen (Mg-Ortho-, -Di-, -Ketten- und Ringphosphaten) und weniger in kristallinen Phosphatphasen verbleibt. Zudem konnte für den Parameter der Temperatur und aus der Verfügbarkeit von Sauerstoff (N2-Atmosphäre/Luft) einen deutlicher Einfluss auf den Abbauprozess und die Bildung der Phosphatphasen (kristallin/amorph) nachgewiesen werden. Aus dem Vergleich der Ergebnisse der Temperversuche mit den Ergebnissen der Verbrennungsversuche im Cone Calorimeter konnte ein anaerober Abbauweg bestätigt werden. In einem zweiten System wurden die thermischen Reaktionen zwischen den Flammschutzadditiven BDP und Zinkborat sowie ihren Einfluss auf den thermischen Abbau eines PC/ABS-Blends untersucht. Der thermisch belastete Rückstand wird unabhängig von der Atmosphäre von amorphen Phosphatgruppen dominiert. Dabei konnten die während der Temperprozesse gebildeten Verbindungen α Zn3(PO4)2 und BPO4 als Folge einer Festphasenreaktion zwischen den eingesetzten Flammschutzadditiven identifiziert werden, wobei das α Zn3(PO4)2/BPO4 Verhältnis als Indikator für einen aeroben bzw. anaeroben Abbauprozess dient, der für die Feuerrückstände eindeutig einen anaeroben Abbau liefert.
Ziel der vorliegenden Arbeit war es, die Auswirkungen von Aminosäuren (AS) und Proteinen auf die physikalischen und chemischen Eigenschaften von Calciumphosphat-Zement in Hinblick auf ihre klinische Verwendbarkeit zu untersuchen. Im Rahmen der Arbeit wurden ein zweikomponentiger Zement bestehend aus Tetracalciumphosphat (TTCP) und Calciumhydrogenphosphat (Monetit, DCPA), sowie zwei einkomponentige Zemente aus mechanisch aktiviertem alpha-Tricalciumphosphat (alpha-TCP) bzw. beta-Tricalciumphosphat (beta-TCP) verwendet. Die Zemente wurden mit verschiedenen Aminosäuren und Proteinen durch Zusatz zur flüssigen Zementphase modifiziert. Untersuchte Qualitätsparameter waren die Abbindezeit nach Gillmore, die mechanische Stabilität sowie die Phasenzusammensetzung nach Aushärtung und Änderungen der Oberflächenladung und des pH-Werts der Zementpartikel nach Modifikation. Die Abbindezeit wurde mittels der Gillmor-Nadel-Methode untersucht. Hierbei zeigten sich teilweise deutlich verlängerte Abbindephasen wie z.B mit Arginin (ST = 18 min) auf das Vierfache des Zementnormwertes. Eine Abhängigkeit der Abbindezeit von der Konzentration konnte nur für TTCP-DCPA-Zement mit Proteinen nachgewiesen werden. Untersuchungen der Partikelladung der Zementbestandteile über das Zeta-Potential ergaben für Arginin in Verbindung mit allen Zementen die höchsten Potentiale von bis zu -35,1 ± 1,1 mV, was über die verstärkten Abstoßungskräfte der CPC-Partikel die Verlängerung der Abbindezeiten erklärt. Die Bestimmung der pH-Werte der suspendierten Zementpartikel in Aminosäurelösungen ergab für alle Proben basischere pH-Werte als die jeweiligen isoelektrischen Punkte der Aminosäuren. Dies bedingt, dass alle Verbindungen in deprotonierter Form vorliegen. Die Ermittlung der Druck- und Zugfestigkeit der Zemente erfolgte im standardisierten Verfahren nach Verdichtung der Zementpaste. Die Druckfestigkeit (CS) der unmodifizierten Zemente lag bei 64,1 ± 3,0 MPa (alpha-TCP), 51,8 ± 4,1 MPa (beta-TCP) und 83 ± 10 MPa (TTCP-DCPA). Es zeigte sich, dass Albumin und Fibrinogen zu einer Verringerung der Zementstabilität führen. Die Zugabe von Aminosäuren zu alpha-und beta-TCP Zementen erbrachte gleichbleibende bzw. verringerte Festigkeiten. Bei TTCP-DCPA-Zement verursachte die Modifikation mit einigen Aminosäuren höhere Festigkeiten bis 133,4 ± 4,2 MPa (CS) durch 20% Glycin Zusatz, erklärbar durch eine höhere Dichte und damit geringere Porosität der Zementmatrix. Rasterlektronenmikroskopische Untersuchungen der TTCP-DCPA-Zementtextur zeigten zusätzlich eine Veränderung des mikrostrukuturellen Aufbaus der Zementmatrix. Durch infrarotspektrometrische Untersuchung der abgebundenen Zemente konnte gezeigte werden, dass alle Aminosäuren als chemisch nicht gebundene Additive in der Zementmatrix vorliegen und sich mit Wasser auswaschen lassen. Eine Umsetzung der Zementreaktanden zu nanokristallinem Hydroxylapatit konnte durch die röntgendiffraktometrische Untersuchung für alle Formulierungen gezeigt werden. Die Verbesserungen der Zementeigenschaften einiger Proben sind im Bezug auf den klinischen Einsatz interessant, da sich so die Indikationsbreite der verstärkten CPC erweitern ließe, beispielsweise auf gering kraft-belastete Defekte im Bereich der oberen Extremitäten oder der Halswirbelsäule. Weiterführende Untersuchungen müssten sich vor allem mit dem Mechanismus der beobachteten Zementverstärkung beschäftigen. Hierfür müssten oberflächensensitive Verfahren zur Charakterisierung der Wechselwirkung von Zementpartikel und Aminosäure, beispielsweise Festkörper -NMR, zum Einsatz kommen.