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Die Literatur beschreibt unter Patienten mit idiopathischer Small fiber Neuro-pathie (SFN) einen Anteil von etwa ein Fünftel bis Drittel mit Variationen unkla-rer pathogenetischer Relevanz in Schmerz-assoziierten Genen. Dies bestätig-te sich im Rahmen unserer klinischen Studie: Über die Zeit von Mai 2015 bis Januar 2020 konnten bei 13 von 66 (21%) eingeschlossenen Patienten mit klinischem Verdacht auf SFN genetische Variationen in Schmerz-assoziierten Genen detektiert werden. Solche Veränderungen können über Gain- oder Loss-of-Function-Mechanismen die Funktion codierter nozizeptiver Signalpro-teine modulieren und so potentiell zur SFN-Symptomatik führen. Im Rahmen der Studie erfolgte neben der genetischen Diagnostik eine umfangreiche Un-tersuchung der Teilnehmer. In der Diagnostik stachen die potentiell geneti-schen SFN-Patienten nicht heraus und auch klinisch fielen nur dezente Unter-schiede zu den übrigen Patienten auf: Wir zeigten, dass die Betroffenen häufi-ger von äußeren Einflussfaktoren getriggerte Schmerzattacken erleiden und eine tendenziell weitläufigere Symptommanifestation aufwiesen. Dies ähnelt der Klinik anderer hereditärer neuropathischer Schmerzsyndrome wie der pa-roxysmalen extremen Schmerzstörung (PEPD) oder den familiären episodi-schen Schmerzsyndromen (FEPS). Die potentiell genetische Grundlage führte bei unseren Patienten zu einer stärkeren Limitation im täglichen und berufli-chen Alltag und minderte die Lebensqualität der Betroffenen deutlich. Mögli-che Ursache hierfür war auch die herausfordernde Therapie der Patienten mit Genvariationen: Für den gleichen Behandlungserfolg mussten die Patienten mit potentiell genetischer SFN deutlich mehr Wirkstoffe einnehmen und über-haupt versuchen. Obwohl nur minimale klinische Hinweise eine potentiell ge-netische Genese andeuten, sollten diese frühzeitig durch eine strukturierte Anamnese erkannt werden. Die Sammlung von Daten zu betroffenen Familien kann die pathogenetische Relevanz der Variationen erhärten. Auch wird im Feld der genetischen Schmerzforschung rasant an zielgerichteten Analgetika gearbeitet, die fehlregulierte Rezeptoren blockieren sollen. Damit könnte Be-troffenen künftig gezielt geholfen werden. Wir empfehlen auf Grundlage unse-rer Studie bei Vorliegen genannter hinweisender Charakteristika eine geneti-sche Testung und Beratung zusätzlich zur weiteren ätiologischen Diagnostik. Das zu untersuchende Panel sollte möglichst viele Schmerz-assoziierte Gene umfassen – vorrangig die Gene codierend für die spannungsabhängigen Nat-riumkanäle SCN9A, -10A und 11A und die TRP-Kanalproteine TRPA1, TRPV1 und -3.
In der vorliegenden Studie wurden QST, QSART, Hautbiopsien und Fragebögen
genutzt, um die Beteiligung kleiner Nervenfasern bei verschiedenen Formen der
Immunneuropathien zu untersuchen. Wir konnten hierbei eine signifikante
Beeinträchtigung der thermischen Reizleitung bei CIDP- und MADSAM-Patient/-innen
nachweisen sowie eine signifikant reduzierte Schweißproduktion am distalen
Unterschenkel bei MADSAM-Patient/-innen. Diese Ergebnisse belegen in allen drei
Untergruppen der immunvermittelten Neuropathien eine Beteiligung kleiner auch
unmyelinisierter Nervenfasertypen. MADSAM- und CIDP-Patient/-innen wiesen in der
QST ein ähnliches Schädigungsmuster auf. Dagegen unterschieden sie sich signifikant
in der QSART. Diese Ergebnisse können als weiterer Hinweis auf unterschiedliche
zugrundeliegende Pathomechanismen verstanden werden. MMN-Patient/-innen wiesen
insgesamt die geringste Small-Fiber-Beteiligung in den quantitativen Testungen auf.
Auch lagen bei MMN-Patient/-innen durchschnittlich die geringsten Schmerz-Scores und
autonomen Symptome vor. Es zeigten sich wenig signifikante Unterschiede zwischen
seropositiven und seronegativen Neuropathie-Patient/-innen. Diese jedoch bestätigten
unsere Hypothese einer etwas geringeren Small-Fiber-Beteiligung bei seropositiven
Patient/-innen. Bei der Vielzahl an unterschiedlichen Pathomechanismen innerhalb der
immunvermittelten Neuropathien erscheinen weitere Subklassifizierungen für eine
optimale Diagnosestellung und Therapie unabdingbar. Diese Arbeit konnte mit den oben
genannten Untersuchungen einen weiteren Beitrag zur Identifikation von klinischen und
quantitativen Unterschieden innerhalb dieser großen Erkrankungsgruppe leisten.
Künftige, größere Studien dieser Art können möglicherweise hier nur als Tendenzen
gesehene Erkenntnisse belegen und sollten durch zusätzliche Informationen wie
Korrelation zu Krankheitsdauer, Therapie, Laborchemie und elektrophysiologischen
Untersuchen weitere interessante Erkenntnisse liefern.