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Neuronale Plastizität ist die Voraussetzung für Lernen und Erinnerung. Sie wurde in einer Reihe von Experimenten am Menschen und am Tier eindrucksvoll demonstriert. Das zugrunde liegende Prinzip neuronaler Plastizität ist die Modulierbarkeit synaptischer Übertragungseffizienz. Diese kann im Sinne einer Langzeitpotenzierung (LTP) sowohl hinauf als auch im Sinne einer Langzeitdepression (LTD) herab reguliert werden. Von besonderem Interesse im Allgemeinen und für diese Arbeit ist das Prinzip der assoziativen LTD: Wirkt auf das postsynaptische Neuron zunächst ein starker depolarisierender Reiz und danach in enger zeitlicher Kopplung ein schwacher nicht depolarisierender Reiz so kommt es in der Folge zu einer Erniedrigung der synaptischen Übertragungseffizienz. Für den menschlichen Motorkortex wurde ein experimentelles Protokoll entwickelt, dass mit Hilfe etablierter neurophysiologischer Methoden eine Veränderung der synaptischen Übertragungseffizienz im Sinne eines LTD-ähnlichen Phänomens bewirkt: beinahe synchrone und repetitive Kopplung peripherer N. medianus Stimulation (entspricht dem nicht depolarisierenden Reiz) und kontralateraler transkranieller Magnetstimulation (entspricht dem depolarisierenden Reiz) führt zu einer signifikanten Amplitudenreduktion der magnetisch evozierbaren Potentiale (MEP) des M. abductor pollicis brevis (APB). Voraussetzung für die Effektivität der assoziativen Paarstimulation (PAS-Protokoll) ist, dass der depolarisierende Reiz wenige Millisekunden vor dem nicht depolarisierenden Reiz auf die synaptischen Verbindungen des zentralen APB-Repräsentationsareals einwirkt. Das Ziel dieser Arbeit war es zunächst durch Optimierung der im PAS-Protokoll etablierten Stimulationsparameter die Robustheit und das Ausmaß der erzeugten Exzitabilitätsminderung im APB-Kortexareals zu steigern. Untersucht wurde erstens der Einfluss der Steigerung der Frequenz, sowie zweitens der absoluten Zahl applizierter Paarreize. Drittens wurde untersucht ob ein optimaler Wirkzeitabstand zwischen den beiden assoziativen Stimuli besteht: Eine Synchronisierung des Intervalls zwischen den beiden Paarreizen durch Normierung auf die individuelle Körperlänge führt zu einem konstanten Wirkzeitabstand innerhalb der synaptischen Verbindungen des zentralen APB-Repräsentationsareales. Dies erlaubt eine systematische Untersuchung des optimalen Wirkzeitabstandes der assoziativen Paarreize unabhängig von der individuellen Körperlänge. Mit einem so optimierten PAS-Protokoll wurde der zweite Teil der Arbeit durchgeführt: In den eben beschriebenen Vorversuchen wurde die Änderung der kortikomuskulären Exzitabilität durch Vergleich der durchschnittlichen MEP-Amplituden des Punktes der Schädeldecke, von dem aus eine maximale Reizantwort im Zielmuskel erzeugbar war bestimmt. Um jedoch eine möglichst umfassende Aussage über die Veränderung kortikomuskulärer Exzitabilität treffen zu können, wurde ein etabliertes Kartierungsverfahren verwendet, das eine Darstellung des APB-Repräsentationsareales als zweidimensionale Karte ermöglicht. Mit Hilfe dieser Mapping-Untersuchung sind Aussagen über die räumliche Dimension der Veränderungen kortikomuskulärer Exzitabilität möglich, die über den einfachen Vergleich der an einem Punkt gewonnenen Amplituden hinausgehen. In dieser Arbeit gelang die Induktion kortikaler Plastizität im Sinne assoziativer LTD-ähnlicher Plastizität. Aus unseren Ergebnissen lässt sich ableiten, dass weder durch eine Erhöhung der Frequenz noch der Anzahl der Paarstimuli eine wesentliche Steigerung des LTD-ähnlichen Phänomens zu erzeugen ist. Diesen Umstand führen wir im Wesentlichen auf eine Art Grenzwert der Modulierbarkeit kortikomuskulärer Exzitabilität zurück. Die grundsätzliche Möglichkeit, dass mentale Konzentration auf die in das PAS-Protokoll involvierten Muskeln eine bedeutsamere Rolle für das Ausmaß der induzierten Plastizität spielen könnte als die Intensität der assoziativen Induktion, wurde erörtert. Durch einen Normierungsprozess auf die individuelle Körpergröße kristallisiert sich ein definiertes Fenster der zeitlichen Kopplung der beiden assoziativen Reize mit optimaler LTD-ähnlicher Plastizität heraus. Bei selektiver Betrachtung einer Subgruppe der Mapping-Untersuchung ergaben sich Hinweise darauf, dass die räumliche Verteilung der Exzitabilität durch ein optimiertes PAS-Protokoll verändert wird. Diese Hinweise sind mit der Annahme zu vereinbaren, dass durch ein exzitabilitätsminderndes PAS-Protokoll aktive Synapsen deaktiviert werden können. Mögliche Ursachen für die vergleichsweise schlechte Reproduzierbarkeit der Plastizitätsergebnisse bei kumulativer Betrachtung aller Mapping-Experimente wurden diskutiert.
Einleitung: SSEP sind etabliert, um Patienten intraoperativ zu überwachen, wenn sie sich Operationen im zerebrovaskulären System unterziehen. Das EEG ist eine weitere Methode zur neurophysiologischen Überwachung. In dieser Studie wurde die Wertigkeit des simultanen Ableitens von SSEP und EEG Signalen untersucht. Methode: Dreizehn Patienten (7 Frauen, 6 Männer, mittleres Alter 53.5 Jahre), welche sich dem Clipping eines intrakraniellen Aneurysma unterzogen, wurden eingeschlossen. Die SSEP Latenz 1 (Lat1), Latenz 2 (Lat2) und Amplitude (Amp) wurden kontinuierlich gemessen. Verminderung der Amplitude > 50% oder Verlängerungen der Latenzen > 10% gegenüber den Ausgangswerten wurden als signifikante Ereignisse bewertet. Das EEG wurde mittels einer subduralen Grid-Elektrode gemessen. Alpha % (Al%), Alpha-Delta-Ratio (ADR) und Total Power (TP) wurden ausgewertet. Resultate: Circa 9000 Einzelwerte wurden analysiert. Statistisch signifikante Korrelationen traten zwischen Al% und Amp (K=0.5) auf. Dabei zeigten sich die Veränderungen im EEG (Al%) 6 Minuten vor Ereignissen im SSEP (Amp). Statistisch signifikante Korrelationen traten ebenfalls zwischen Al% und Amp-Ereignissen (K=-0.4) auf. In 6/7 Patienten traten die Al%-Änderungen 7 Minuten vor den Amp-Änderungen auf. Noch stärkere Beziehungen ergaben sich zwischen Lat2 und allen EEG Modalitäten, jedoch reichte die Gesamtzahl der Datenpunkte nicht aus, um statistische Signifikanzen herzuleiten. Schlussfolgerung: Dies ist die erste Beschreibung von signifikanten Beziehungen zwischen quantitativem SSEP und EEG während zerebrovaskulären Operationen. Das quantitative EEG hat das Potenzial, frühe ischämische Ereignisse eher zu detektieren als dies mit SSEP möglich ist.
Ophthalmologische und radiologische Hirndruckzeichen bei der isolierten Sagittalnahtsynostose
(2008)
Bei der häufigsten Form prämaturer Kraniosynostosen, der isolierten Sagittalnahtsynostose, wird das Gesundheitsrisiko durch intrakranielle Drucksteigerung als sehr gering eingeschätzt. Ziel der vorliegenden Studie war es, an einem größeren Kollektiv das individuelle Risiko einer Hirndrucksteigerung durch mangelhaftes Schädelwachstum (=Kraniostenose) zu bestimmen. Der erhöhte Druck wurde dabei identifiziert durch Stauungspapillen oder durch direkte Messung. In einer Längsschnittstudie wurden Augenhintergrundsbefunde von 200 Patienten ausgewertet, die der Würzburger kraniofazialen Arbeitsgruppe mit der klinischen Diagnose „isolierte Sagittalnahtsynostose“ vorgestellt worden waren. Die bei acht Patienten durchgeführten direkten Druckmessungen wurden ebenfalls ausgewertet. Alle in die Studie aufgenommenen Patienten wurden mindestens einmal in zwei Jahren, in 76% der Fälle entsprechend einer vorgegebenen Empfehlung zweimal jährlich ophthalmoskopisch untersucht. Zum Zeitpunkt der ersten Untersuchung waren die Kinder durchschnittlich 14 Monate, bei der letzten Untersuchung durchschnittlich sieben Jahre alt. Die Beobachtungsdauer lag zwischen 19 Monaten und 18 Jahren. Während der Beobachtungszeit entwickelten zehn Patienten eine sichere Hirndrucksteigerung nach der genannten Definition, drei von 71 nicht operierten Patienten und sieben von 129 operativ behandelten Kindern. Daraus errechnete sich ein kumulatives individuelles Risiko von knapp sechs Prozent im Spontanverlauf und knapp sieben Prozent nach vorangegangener Operation. Diese Zahlen waren aber durch diagnostische Irrtümer beeinflusst. Denn bei sechs der 200 Patienten musste die Diagnose im Verlauf zugunsten verschiedener Syndrome und Stoffwechselstörungen korrigiert werden. Drei dieser Patienten hatten Stauungspapillen entwickelt. Nach entsprechender Bereinigung des Studienkolletivs lag das individuelle Risiko einer Hirndrucksteigerung für nicht operierte Patienten mit isolierter Sagittalnahtsynostose bei drei Prozent, für operierte Patienten bei sechs Prozent. Bei zwei Patienten wurde die Hirndrucksteigerung durch direkte Messung nachgewiesen, während der Augenhintergrund unauffällig erschien – ein Hinweis auf die relativ geringe Sensitivität des ophthalmoskopischen Befundes. Aus den vorliegenden Daten ergibt sich die Empfehlung regelmäßiger Funduskontrollen bei der isolierten Sagittalnahtsynostose, die unbedingt auch nach einer Operation der Synostose bis mindestens zum achten, besser bis zum 10. bis 12. Lebensjahr fortgesetzt werden sollten. Untersuchungsintervalle von sechs Monaten stellen dabei einen vertretbaren Kompromiss zwischen Untersuchungsaufwand und diagnostischer Sicherheit dar. Denn alle Patienten mit Stauungspapillen wurden rechtzeitig therapiert, keiner von ihnen erlitt bleibende Funktionseinbußen der Sehnerven. Wegen der geringen Sensitivität der Ophthalmoskopie wurden in einem zweiten Teil der Arbeit Röntgenaufnahmen der Patienten auf radiologische Hirndruckzeichen ausgewertet. Das Schädelinnenrelief wurde beurteilt und in Anlehnung an die Literatur in drei Intensitätsgrade eingeteilt. Deutlich und generalisiert verstärkte Impressiones digitatae im Sinne eines Wolkenschädels wurden als mögliche Zeichen eines erhöhten intrakraniellen Drucks registriert. Am Ende des Beobachtungszeitraums wurde sowohl bei operierten als auch bei nicht operierten Patienten eine kumulative Wahrscheinlichkeit für das Auftreten eines Wolkenschädels von etwa 35% ermittelt, bei allerdings hoher statistischer Un¬genauigkeit. Insgesamt wurde bei 20% der nicht operierten und bei 15% der operierten Patienten ein Wolkenschädel registriert. In Zusammenschau mit den Ergebnissen des ersten Teils der Arbeit stützen diese Zahlen die Annahme, dass eine intrakranielle Drucksteigerung häufiger auftritt als funduskopisch nachgewiesen. Bei deutlich verstärktem Schädelinnenrelief im Röntgenbild sollte daher die Indikation zur invasiven Druckmessung großzügiger gestellt werden. Als überraschendes und bisher nicht beschriebenes Ergebnis ließ sich ein Übergreifen der Synostose auf weitere Nähte kumulativ bei 20% der operierten, nicht aber bei unoperierten Patienten nachweisen. Diese Beobachtung steht im Einklang mit der größeren Häufigkeit von Stauungspapillen im postoperativen Verlauf. Denkbar ist also eine negative Beeinflussung der Nahtphysiologie durch die Operation.