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Gedächtnisstrategien stellen einen wichtigen Motor für die kontinuierliche Zunahme der Gedächtnisleistung bei Kindern im Vor- und Grundschulalter dar. Dabei wurde die Strategieentwicklung in den vergangenen Jahren bereits intensiv erforscht, wobei die Ergebnisse dieser Forschung in Abhängigkeit von der Untersuchungsmethode, der fokussierten Strategie und der Aufgabenschwierigkeit stark differierten. Die vorliegende Untersuchung wurde deshalb zur Klärung der folgenden kontrovers diskutierten Fragestellungen durchgeführt: Aus den Vorbefunden zur Strategieentwicklung lassen sich verschiedene defizitäre Phasen ableiten, die die Kinder im Zusammenhang mit dem Erwerb einer bestimmten Strategie durchlaufen sollen. Während einer dieser Phasen wenden die Kinder eine Gedächtnisstrategie zwar spontan an, erreichen damit aber keinen Gewinn für ihre Gedächtnisleistung („Nutzungsdefizit“). Da die Inzidenz des Nutzungsdefizits in Abhängigkeit von verschiedenen Variablen stark unterschiedlich angegeben wird, sollte die vorliegende Arbeit klären, ob es sich bei diesem Defizit um ein Rand- oder generelles Entwicklungsphänomen handelt und welche Einflussfaktoren als verantwortlich für sein Auftreten angesehen werden können. Eine zweite Frage der vorliegenden Arbeit richtet sich auf intraindividuelle Entwicklungsverläufe beim Strategieerwerb. Daten aus Querschnittstudien sprechen für einen eher kontinuierlichen Erwerb von Gedächtnisstrategien, während Längsschnittuntersuchungen eine sprunghafte Entwicklung nahe legen. Die Anwendung unterschiedlicher Untersuchungsmethoden sollte in der vorliegenden Studie Aufschluss über den Verlauf der Entwicklung von Gedächtnisstrategien im Vor- und Grundschulalter geben. Ein großer Teil der bereits vorliegenden Studien zur Strategieentwicklung fokussierte auf eine einzige Gedächtnisstrategie. In der vorliegenden Untersuchung wurden verschiedene Strategien und die Auswirkung ihrer Interaktion auf die Gedächtnisleistung näher betrachtet. Um die verschiedenen Fragestellungen zu klären, wurden 492 Kinder mit einer semantischen Organisationsaufgabe sowie im Hinblick auf andere kognitive Variablen untersucht. Das Design der Untersuchung lässt sich als mikrogenetisch charakterisieren, wobei die Gedächtnis- und Strategieleistungen zu fünf verschiedenen Zeitpunkten in kurzer Abfolge überprüft wurden. Als weitere unabhängige Variablen wurden das Alter der Kinder (Kindergarten 4 Jahre, Kindergarten 5 Jahre, 1. Klasse, 2. Klasse), die Aufgabenschwierigkeit (leicht, schwer) sowie die Strategieinstruktion (Sortier-Instruktion, Cluster-Instruktion, keine Instruktion) variiert. Die Ergebnisse der vorliegenden Untersuchung bestätigen grundsätzlich Vorbefunde, nach denen das Sortiermaß die Fertigkeit zur semantischen Organisation besser repräsentiert als das Clustern. Die Transferleistung einer instruierten Strategie hing insbesondere vom Alter der Kinder ab – so profitierten Kindergartenkinder mittelfristig nicht von einer Strategieunterweisung, und insbesondere Zweitklässler konnten den Profit über alle Transferdurchgänge aufrecht erhalten. Während sich auf Gruppenebene einzelne Hinweise auf das generelle Auftreten einer nutzungsdefizitären Phase finden ließen, konnte aus den Analysen der individuellen Daten abgeleitet werden, dass das Nutzungsdefizit als randständiges Phänomen zu charakterisieren ist. Aus der Analyse der Einflussfaktoren lässt sich ableiten, dass das Defizit gehäuft bei jüngeren Kindern auftritt. Ein Zusammenhang mit der betrachteten Kategorisierungsstrategie (Sortieren vs. Clustern) ließ sich dagegen nicht spezifizieren. Entgegen den Befunden aus bereits vorliegenden längsschnittlich orientierten Untersuchungen konnte die Annahme einer sprunghaften Strategieentwicklung in der vorliegenden mikrogenetischen Studie nicht bestätigt werden. Die Stabilität des Strategieeinsatzes war bei jüngern Kindern und bei einer instruierten Strategie im Vergleich zu spontanem Strategiegebrauch geringer. Insgesamt zeigte sich ein relativ inkonsistenter Strategiegebrauch, das heißt, dass Kinder, die eine Strategie einmal erlernt hatten, diese über den Untersuchungszeitraum nicht immer beibehielten. Zur Untersuchung der Strategieverläufe erwiesen sich clusteranalytische Verfahren als besonders hilfreich. Im Hinblick auf den multiplen Gebrauch von Strategien zeigte sich, dass ältere Kinder und solche mit besseren Metagedächtnisleistungen mehr Gedächtnisstrategien einsetzten, und dieser multiple Strategieeinsatz mit einem Zugewinn in der Gedächtnisleistung in Verbindung stand.