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Die primäre Gonarthrose ist ein komplexer, multifaktoriell bedingter Krankheitsprozess mit genetischer Komponente und gilt aufgrund ihrer epidemiologischen und sozioökonomischen Bedeutung als Volkskrankheit. Die Gene bzw. Proteine der Wnt- Familie spielen eine wichtige Rolle in der komplexen Regulation der Morphogenese, der Zelldifferenzierung , -proliferation und der Homöostase von Knochen und Knorpel. LRP 1 und LRP 5 fungieren als Co-rezeptoren des Wnt- Signalweges. In der vorliegenden Untersuchung wurden der A217V Polymorphismus des LRP 1 Gens und der A1330V Polymorphismus des LRP 5 Gens auf eine signifikante Assoziation mit dem Auftreten primärer Gonarthrose in einem arthroskopisch definierten Patientenkollektiv untersucht. Ziel der Studie war es, klar definierte Kollektive mit möglichst extremen Zuständen gegenüberzustellen und eine hochspezifische und hochsensitive Diagnostik zu verwenden. Junge, bereits in frühen Jahren an Gonarthrose erkrankte Patienten (<45 Jahre, Gruppe 1, n= 100) wurden älteren Patienten (>55 Jahre, Gruppe 3, n= 103), die nicht an Gonarthrose erkrankt waren, gegenübergestellt. Als weitere Gruppe dienten Patienten, welche eine endoprothetische Versorgung bei fortgeschrittener Gonarthrose erhielten (>55 Jahre, Gruppe 2, n= 86). Die Diagnose der primären Gonarthrose wurde anhand anamnestischer Daten sowie arthroskopischer bzw. direkt visuell erhobender Befunde im Rahmen der Arthrotomie bei Prothesenimplantation gestellt. Der Arthroseausschluss (Gruppe 3) erfolgte ebenfalls arthroskopisch. Methodisch wurden der WOMAC- Score, die Restriktions- Fragment- Längen- Polymorphismus (RFLP) Analyse sowie die Gensequenzierung angewendet. Die Allelverteilung der untersuchten Polymorphismen von LRP 1 und LRP 5 konnte zwischen den beiden gegenübergestellten Gruppen 1 und 3 keinen signifikanten Unterschied aufweisen. Für den LRP 5 A1330V Polymorphismus ergab sich ein signifikanter Unterschied (p< 0,05) zwischen den Gruppen 2 und 3. Dies kann als Hinweis auf eine mögliche arthrosefördernde oder auch protektive Funktion dieses Polymorphismus gewertet werden. Im Vergleich der Extremkollektive (Gruppe 1 vs. Gruppe 3) deutet sich lediglich ein Trend an (p= 0,067), so dass eine Assoziation des A1330V Polymorphismus des LRP 5 Gens mit primärer Gonarthrose erst durch weitere Untersuchungen mit höherer Fallzahl eindeutig bestätigt bzw. widerlegt werden kann.
Shiga Toxin-produzierende Escherichia coli (STEC) verursachen Diarrhöen und hämorrhagische Colitis. Als lebensbedrohliche Komplikation können sie ein hämolytisch-urämisches Syndrom auslösen. Bisher identifizierte Virulenz-faktoren der STEC sind auf Bakteriophagen, Plasmiden und Pathogenitätsinseln kodiert. Bei der Mehrzahl der klinischen STEC-Isolate konnte die Pathogen-itätsinsel LEE (locus of enterocyte effacement) nachgewiesen werden. Der LEE ist stromabwärts des Gens für eine Selenocystein-tRNA (selC) ins Chromosom integriert. Ziel der vorliegenden Arbeit war die Charakterisierung von STEC, denen der LEE fehlt und die funktionelle Analyse von potentiellen Virulenz-assoziierten Genen. Dabei wurde eine Fokussierung auf Gene vorgenommen, die im Bereich der selC-Region vorkommen. Mittels PCR wurde zunächst überprüft, ob bei den LEE-negativen STEC-Stämmen Fremd-DNA in der selC-Region integriert ist. Hierzu wurden 35 LEE-negative STEC getestet. Bei 13 Stämmen konnte eine Insertion von Fremd-DNA gezeigt werden. Von einem dieser Stämme (E. coli 4797/97, Serovar O91:H-) wurde aus einer Genbank ein die selC-Region enthaltendes DNA-Fragment identifiziert. Ein 37,7 kb großes Fragment dieses Cosmids wurde vollständig sequenziert. Die Analyse der gesamten Sequenz ergab 30 offene Leserahmen mit Längen zwischen 95 und 4092 bp. Der G+C-Gehalt betrug 47,4%. An mehreren Stellen wurden Bereiche mit hoher Homologie zu verschiedenen Insertionssequenzen, inverted repeats und Integrasen gefunden. Drei Leserahmen hatten eine hohe Homologie zu bereits bekannten Genen. Hierbei handelt es sich um die iha- , btuB- und espP-Gene von E. coli. Das iha-Gen kodiert für ein Adhärenz-vermittelndes Protein, btuB für den Vitamin B12 Rezeptor und espP für eine Serinprotease. Bei den iha-Adhäsinen und Serinproteasen handelt es sich um potentielle Pathogenitätsfaktoren. Der sequenzierte Bereich hat somit die charakteristischen Eigenschaften einer Pathogenitätsinsel: Die Präsenz von mehreren Pathogenitätsgenen und mobilen Elementen (Insertionselemente, Integrasen), die Lokalisation nahe an tRNA-Genen sowie ein veränderter G+C-Gehalt gegenüber dem Restgenom. Zur weiteren Charakterisierung des espI-Genprodukts wurde espI subkloniert. Bei der Untersuchung von Kulturüberständen zeigte sich, dass der Subklon DH5/pzh4 ein Protein von etwa 110 kDa sezernierte. In weiteren Experimenten konnte gezeigt werden, dass die Serinprotease des Stammes 4797/97 als 140,8 kDa großes Vorläuferprotein synthetisiert und während des anschließenden Exportvorganges sowohl N-terminal als auch C-terminal prozessiert wird. Das C-terminale Ende wirkt als Translokator durch die äußere Membran, wo es nach Abspaltung des reifen EspI-Proteins verbleibt. Das reife Protein weist eine Größe von 110,5 kDa auf. Der hier gezeigte Transportmechanismus ist charakteristisch für sogenannte Autotransporter-Proteine. Trotz der hohen Sequenzhomologie zur IgA1-Protease von Neisseria gonorrhoeae, die als Prototyp der Autotransporter-Proteine gilt, konnte für EspI keine Proteaseaktivität gegenüber IgA gezeigt werden. EspI weist auch hohe Sequenzhomologie zu Exoproteinen von Shigella flexneri (SepA, Mucinase und SigA), EHEC (EspP) und vogelpathogenen E. coli (Tsh) auf, allerdings konnte keines der Substrate dieser Proteasen von EspI gespalten werden. Dagegen konnte eine proteolytische Aktivität gegenüber Schweine-Pepsin A und Apolipoprotein A1 nachgewiesen werden. Die putative Virulenz und räumliche Nähe der Gene espI, btuB und iha macht diese Region zum interessantesten Stück der im Rahmen dieser Arbeit identifizierten neuen Pathogenitätsinsel. Eine PCR-Untersuchung zur Verbreitung dieser Gene zeigte, dass diese Region bei LEE-negativen STEC weit verbreitet ist. Inwieweit diese Pathogenitätsinsel einen Einfluss auf die Virulenz von STEC hat, muss in weiteren Experimenten geklärt werden.
Caretaker-Gen-Syndrome
(2001)
Ataxia telangiectasia: Identifizierung und Charakterisierung nicht-konservativer Spleißmutationen und deren Auswirkungen im ATM-Gen. Ein hoher Anteil der bisher im ATM-Gen identifizierten Mutationen (>350, www.vmresearch.org/atm.htm) stellt Deletionen oder Insertionen direkt an den Exongrenzen dar; viele dieser Aberrationen wurden allerdings nur auf cDNA-Ebene detektiert. Sollte es sich hierbei in den meisten Fällen um Mutationen an den Spleiß-Konsensussequenzen handeln, läge der Anteil der Spleißmutationen im ATM-Gen beträchtlich höher (~35 Prozent) als in anderen betroffenen Genen (~15 Prozent). Um der Frage nachzugehen, ob im ATM-Primärtranskript aufgrund einer erhöhten Labilität gegenüber Spleißmutationen auch Veränderungen weniger konservierter Positionen innerhalb der Donor- oder Akzeptor-Spleißstellen zu aberrantem Spleißen führen, wurden 20 AT-Zellinien mittels „Protein Truncation Test“ nach Deletionen oder Insertionen an den Exongrenzen durchsucht. Die 7 neu identifizierten Spleißmutationen wurden anschließend unter Verwendung eines „Splice Scoring“- Systems näher charakterisiert, die Penetranz der jeweiligen Mutation durch semiquantitative PCR evaluiert und die Auswirkungen auf Proteinebene durch Western Blotting überprüft. Obwohl nur eine der 7 neu identifizierten Spleißmutationen eine schwächer konservierte Position der Spleißsequenzen betraf, konnten im Rahmen einer Kooperation mit der Medizinischen Hochschule Hannover (Arbeitsgruppe Dr. T. Dörk) weitere Spleißmutationen an den Intronpositionen +3, +5 und -6 identifiziert werden, die ebenfalls in völlig aberrantem Spleißen resultieren. Daten weiterer Arbeitsgruppen lassen vermuten, daß tatsächlich ~ 50 Prozent aller Spleißaberrationen im ATM-Gen auf Mutationen außerhalb der konservierten Dinukleotidbereiche (gt und ag) zurückführen sind. Nijmegen Breakage Syndrom (NBS): Suche nach Genen, die einen NBS-ähnlichen Phänotyp auslösen. Über 90 Prozent aller NBS-Patienten tragen Mutationen im NBS1-Gen, dessen Translationsprodukt im Komplex mit MRE11 und RAD50 eine zentrale Rolle in DNA-DSB-Reparatur und Zellzykluskontrolle spielt. Weitere Mutationen bei Patienten mit NBS-ähnlichem Phänotyp wurden im Gen der DNA-Ligase IV identifiziert, die zusammen mit weiteren Angehörigen des NHEJ-Reparaturweges (XRCC4, DNA-PKcs, Ku70, Ku80) ebenfalls in DNA-DSB-Reparatur involviert ist. Zellen von Patienten mit NBS-ähnlichem Phänotyp wurden daher durch direkte Sequenzierung und/oder Western Blotting auf Defekte in den oben genannten Genen/Proteinen untersucht. In einem parallel durchgeführten unabhängigen Mutationsscreening (Medizinische Hochschule Hannover, Arbeitsgruppe Dr. T. Dörk) wurden in Fibroblasten einer Patientin mit NBS-ähnlichem Phänotyp Mutationen im RAD50-Gen identifiziert. Die Auswirkungen der RAD50-Defizienz auf die zelluläre Lokalisation der beiden Komplexpartner NBS1 und MRE11 sowie deren Fähigkeit zur Focibildung nach DNA-Schädigung wurde im Rahmen dieser Arbeit durch Immunfluoreszenzstudien untersucht: während NBS1 vorwiegend nukleäre Lokalisation aufwies, war MRE11 zu etwa gleichen Anteilen zwischen Nukleus und Zytoplasma verteilt; beide Proteine waren nach Bestrahlung der Zellen nicht mehr zur Focibildung fähig. Da in MRE11-defizienten Zellen keine nukleäre NBS1-Lokalisation beobachtet wird, scheint der Kerntransport des NBS1 von funktionellem MRE11, nicht aber von RAD50 abhängig zu sein. Fanconi Anämie (FA): Untersuchung einer möglichen Verbindung zwischen den FA-Proteinen und der RAD51-Familie. FA-Zellen aller bisher bekannter Komplementationsgruppen zeichnen sich durch Hypersensitivität gegenüber DNA-„interstrand crosslinks“ (ICLs) aus, zu deren Behebung u.a. die homologe Rekombinationsreparatur (HRR) eingesetzt wird, bei der das RAD51(A)-Protein eine zentrale Rolle spielt. Aufgrund schwacher Homologien werden 5 weitere Proteine (RAD51B, C, D, XRCC2 und 3) der RAD51-Familie zugeordnet. Da Knockout-Zellinien aller RAD51-Familienmitglieder ebenfalls hohe Sensitivität gegenüber ICLs aufweisen, wurde eine mögliche Verbindung zwischen den FA-Proteinen FANCA, C, G und der RAD51-Familie getestet. Unter Verwendung des "Yeast Two Hybrid" (Y2H)-Systems konnten zunächst mehrere Interaktionen zwischen FA- und RAD51-Proteinen detektiert werden. Zur Bestätigung einer funktionellen Verbindung wurden die FA- und RAD51-Proteine in humanen 293-Zellen überexprimiert. Aufgrund der focibildenden Eigenschaften des RAD51-Proteins wurden die FA-Proteine und die RAD51-Familie auf Focibildung nach DNA-Schädigung sowie etwaige Kolokalisationen getestet; mögliche physikalische Interaktionen wurden durch Koimmunpräzipitationsstudien überprüft. Die RAD51-Familie zeigten keinerlei Focibildung nach DNA-Schädigung während die FA-Proteine in einigen Experimenten eine Lokalisation in nukleäre Foci zeigten, die sich jedoch in Größe und Homogenität deutlich von denen klassischer DNA-Reparaturfoci unterschieden und nicht mit RAD51 kolokalisierten. Die häufige Beschränkung der FA-Foci auf Bereiche besonders dicht gepackten Chromatins kann möglicherweise als weiterer Hinweis auf die postulierte Rolle der FA-Proteine bei Chromatin Remodelling Mechanismen interpretiert werden. Bei Überexpression in HEK293-Zellen konnte keine der im Y2H-System identifizierten Interaktionen zwischen FA- und RAD51-Proteinen durch Koimmunpräzipitationen detektiert werden. Dennoch erscheinen seit der Identifizierung des FANCD2, das durch den FA-Komplex aktiviert wird und mit dem RAD51-Interaktor BRCA1 in nukleäre Foci kolokalisiert, weitere Untersuchungen einer Verknüpfung der FA-Proteine mit den Angehörigen des HRR-Weges durchaus sinnvoll.
SAP47 ist ein Synapsenassoziiertes Protein von 47 kDa aus Drosophila melanogaster, das zu einer neuen Proteinfamilie gehört. Um eine Sap47 Mutante zu erzeugen wurden drei Methoden eingesetzt: Gezielte Mutagenese durch homologe Rekombination, RNA interference (RNAi) und Transposon Remobilisierung. Um einen Interaktionspartner für das SAP47 Protein zu identifizieren wurden ein Yeast-Two-Hybrid System und das "CytoTrap" Verfahren eingesetzt.
Helicobacter pylori ist ein pathogenes Bakterium, das verantwortlich gemacht wird für verschiedene Erkrankungen des Magens und Duodenums, wie beispielsweise chronische Gastritis, peptische Ulzera und maligne Lymphome. Das Bakterium zeichnet sich durch eine hohe Rekombinationsrate aus und besitzt ein hohes Maß an genetischer Allelvielfalt. Im ersten Teil dieser Arbeit wurde die Rekombinationsrate und die Länge der rekombinerten DNA-Importe anhand von sequentiellen Isolaten, die zu definierten Zeitpunkten aus dem selben Patienten isoliert wurden, untersucht. Es wurden zehn Gene, darunter sieben 'housekeeping' Gene und drei virulenzassoziierte Gene, amplifiziert und sequenziert. Die Ergebnisse zeigten eine bis dahin noch nicht für Bakterien beschriebene Fragmentlänge der DNA-Importe von durchschnittlich lediglich 417 Basenpaaren. Die Rekombinationsrate war außergewöhnlich hoch. DNA-Microarray-Analysen konnten zeigen, dass es trotz dieser hohen Rekombinationsrate nur wenige Veränderungen in der genomischen Genausstattung gab. Jedoch hing das Auftreten von Rekombinationsereignissen direkt mit Veränderungen der Genausstattung zusammen. Im zweiten Teil der Arbeit wurde ein neues in vitro-Transformationsmodell entwickelt, das die in vivo ermittelten Resultate nachvollziehen sollte. Das Modell konnte sowohl die in vivo gefundene Rekombinationsrate als auch den Import von kurzen DNA-Fragmenten bestätigen, die zu einem Allelmosaik zwischen DNA-Rezipient und Donor führten. Auffällig war eine stark verminderte Transformierbarkeit mit Donor-DNA aus asiatischen H. pylori-Stämmen. Um eine mögliche Beteiligung des Nukleotid-Excisions-Reparatur (NER) Mechanismus an der Rekombination zu ermitteln, wurden zwei Gene des Mechanismus ausgeschaltet. Die Ergebnisse der NER--Mutanten (uvrA-, uvrD-) zeigten eine starke Verminderung der Transformierbarkeit. Diese Verminderung hatte jedoch keinen Einfluss auf die Länge der rekombinierten DNA-Importe. Das Ausschalten des uvrA-Gens führte zudem zu einer erhöhten Sensibilität gegenüber UV-Licht. Der NER-Mechanismus ist bei H. pylori in einer noch nicht aufgeklärten Weise an der Rekombination beteiligt. In einem Rhesusaffen-Tiermodell wurde die initiale Besiedlung mit H. pylori untersucht. Die Tiere stellen einen natürlichen Wirt dar und zeigen ähnliche Krankheitssymptome wie menschliche Patienten. Die Rhesusaffen wurden experimentell mit zwei klinischen H. pylori-Isolaten infiziert. Die Reisolation zu bestimmten Zeitpunkten zeigte, dass sich nur einer der beiden Stämme im Affenmagen etablieren konnte und der zweite Stamm verdrängt worden war. In einem zweiten Versuchsansatz wurden die persistent infizierten Affen mit vier weiteren H. pylori-Stämmen infiziert, um eine transiente Koinfektion zu simulieren. Diese Stämme verdrängten jedoch den bereits etablierten Stamm, und es konnte keine in vivo-Rekombination festgestellt werden. Dennoch ist dieses Modell das Erste, in dem eine persistierende experimentelle H. pylori-Infektion in Rhesusaffen über einen Zeitraum von mehr als vier Jahren nachgewiesen werden konnte. Die Ergebnisse liefern wichtige Hinweise auf den beim Menschen meist unentdeckten Anfang der H. pylori-Infektion. Die Untersuchungen an weiteren Spezies des Genus Helicobacter zeigten, dass die beschriebene Spezies Heelicobacter nemestrinae keine eigene Spezies darstellt, sondern der Spezies H. pylori zugeordnet werden konnte. Den damit nächsten 'Verwandten' stellt die Spezies H. acinonychis dar, deren Stämme sich untereinander wesentlich weniger stark unterscheiden als H. pylori-Stämme. Die Ergebnisse dieser Arbeit liefern wichtige Daten zum Verständnis der Evolution und Mikroevolution innerhalb eines Wirtes von H. pylori, die zu besseren Strategien in der Bekämpfung dieses pathogenen Bakteriums führen können.
Staphylococcus aureus und Staphylococcus epidermidis gehören zu den häufigsten Erregern nosokomialer Infektionen bei immunsupprimierten Patienten. Gleichzeitig bilden diese Bakterien einen wesentlichen Teil der gesunden Hautflora des Menschen. Bisher ist wenig darüber bekannt, ob es Unterschiede in der genetischen Ausstattung zwischen klinischen und kommensalen Isolaten gibt und welche Faktoren zur Etablierung von Staphylokokken im Hospitalmilieu beitragen. Die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit zeigen, daß die Fähigkeit zur Biofilmbildung offensichtlich ein wesentliches Merkmal pathogener Staphylokokken ist. Die Expression dieses Virulenzfaktors ist dabei hochvariabel und hängt von der genetischen Ausstattung der Stämme mit dem für die Biofilmbildung verantwortlichen ica-Operon, bestimmten Umweltfaktoren und dem Einfluß von Insertionssequenzen ab. In einer epidemiologische Untersuchung wurde gezeigt, daß in S. epidermidis das ica-Operon häufiger in klinischen als in kommensalen Stämmen vorkommt. Der überwiegende Teil dieser ica-positiven Stämme bildete phänotypisch einen Biofilm aus. Im Unterschied dazu enthielten alle untersuchten S. aureus-Stämme, unabhängig von ihrer Herkunft, das vollständige ica-Gencluster, wobei jedoch keiner dieser Stämme unter Laborbedingungen einen Biofilm bildete. Durch subinhibitorischen Konzentrationen bestimmter Antibiotika bzw. durch Osmostress ließ sich die Biofilmbildung in 30 Prozent der S. aureus-Stämme induzieren. Ebenso konnte in ica-positiven S. epidermidis-Stämmen die Biofilmbildung dirch diese Umweltfaktoren stimuliert werden. Die Studie ergab auch, daß es einen Zusammenhang zwischen der Biofilmbildung, der Antibiotikaresistenz und dem Vorkommen der Insertionssequenz IS256 gibt. So war IS256 signifikant häufig in klinischen S. epidermidis und S. aureus-Stämmen nachweisbar, während es keinen Unterschied im Auftreten von IS257 zwischen klinischen und saprophytären Isolaten gab. Die IS256-positiven S. epidermidis-Stämme wiesen überdurchschnittlich oft das ica-Operon auf und waren gegen mindestens zwei Antibiotika gleichzeitig resistent. Weiterhin konnte gezeigt werden, daß IS256 an der Phasenvariation der Biofilmbildung in vivo beteiligt ist. Bei einem klinischen S. epidermidis-Stamm, der von einem Patienten mit einer Katheter-assoziierten Harnwegsinfektion isoliert wurde, wurde die Insertion des Elementes im icaC-Gen nachgewiesen, was in einem Biofilm-negativen Phänotyp resultierte. Subkultivierung der Insertionsmutante führte nach wenigen Passagen zur Ausbildung eines Biofilms. Die Nukleotidsequenzierung ergab die vollständige Exzision von IS256 aus dem icaC-Gen einschließlich der duplizierten Zielsequenz von sieben Basenpaaren. Diese Daten stimmen vollständig mit den zuvor in einer in-vitro-Studie erhaltenenen Ergebnissen überein und sie zeigen, daß IS256 die Expression des ica-Operons offensichtlich auch in vivo während einer Infektion beeinflußt. Bei S. aureus konnte in dieser Arbeit ebenfalls eine Phasenvariation der Biofilmexpression nachgewiesen werden. Durch Mehrfachpassagen wurden aus ehemals Biofilm-negativen Einzelkolonien mehrere Biofilmproduzenten gewonnen, die auch wieder zum Biofilm-negativen Phänotyp revertieren konnten. Die DNA-Analyse mittels Pulsfeldgelelektrophorese zeigte, daß es in den varianten Stämmen zu größeren DNA-Rearrangements gekommen war, die neben der variablen Biofilmbildung auch mit Unterschieden in der Expression des alternativen Transkriptionsfaktors SigmaB einhergingen. Die Nukleotidsequenzierung des sigB-Systems ergab in den Varianten mehrere Punktmutationen in den SigB-Regulatorgenen rsbU und rsbW. Dies legt nahe, daß der SigB-Genlokus einer starken genetischen Variabilität unterliegt, die wiederum pleiotrope Effekte auf die Genexpression in S. aureus ausübt. Durch Northern-Blot-Analysen konnte allerdings gezeigt werden, daß die Biofilmbildung in den S. aureus-Varianten nicht mit der veränderten SigB-Expression in Zusammenhang steht.
Erweiterte Diagnostik bei neuromuskulären Erkrankungen: vom Genpanel zum Whole Genome Sequencing
(2019)
Muskeln und Nerven bilden eine essentielle funktionelle Einheit für den Bewegungsapparat. Neuromuskuläre Erkrankungen lassen sich unterteilen in Krankheiten, denen ein muskuläres Problem zu Grunde liegt, wie zum Beispiel Muskeldystrophien (Muskeldystrophie Duchenne, DMD) und Myopathien (Myofibrilläre Myopathie, MFM), und in Erkrankungen aufgrund von Nervenschädigungen, wie zum Beispiel Neuropathien und spastische Paraplegien (SPG).
In den vier Teilen der vorliegenden Arbeit konnte sowohl das genetische wie auch das phänotypische Spektrum von neuromuskulären Krankheiten erweitert werden. Die dafür verwendeten Methoden reichen von der Sanger-Sequenzierung einzelner Gene über Next-Generation Sequencing (NGS)-Panel-Diagnostik, zu Whole Exome Sequencing (WES) und schließlich zu Whole Genome Sequencing (WGS). Zusätzlich wurde cDNA zur Detektion von Veränderungen im Transkriptom sequenziert.
Im ersten Teil wurde der klinische Phänotyp der Seipinopathien erweitert, der jetzt auch amyotrophe Lateralsklerose (ALS) und multifokale motorische Neuropathie (MMN) beinhaltet. Dafür wurde eine Panel-Analyse durchgeführt, die eine bekannte Mutation in BSCL2 aufdeckte. Aufgrund des hiermit erweiterten Phänotyps der Seipinopathien sollten Mutationen in BSCL2 auch bei anderen Verdachtsdiagnosen, wie ALS oder MMN, berücksichtigt werden. Außerdem wurde gezeigt, dass in der Diagnostik SPGs und Charcot-Marie-Tooth Erkrankungen (CMTs) eine Überlappung zeigen und bei der Diagnose von Verdachtsfällen Gene aus beiden Krankheitsbereichen berücksichtigt werden sollten. Die Suche mit Hilfe eines Phänotyp-Filters hat sich dabei als erfolgreich erwiesen. Ungelöste Fälle sollten aber in regelmäßigen Abständen neu analysiert werden, da immer neue Gene mit den Phänotypen assoziiert werden.
Der zweite Teil befasst sich mit der Untersuchung von DMD-Patienten mit bisher ungeklärtem Genotyp. Durch eine RNA-Analyse des gesamten DMD-Transkripts wurden tief-intronische Mutationen aufgedeckt, die Einfluss auf das Spleißen haben. Durch diese Mutationen wurden intronische Sequenzen als Pseudoexons in die mRNA eingefügt. Diese Mutationsart scheint häufig unter ungeklärten DMD-Fällen zu sein, in unserer Kohorte von 5 DMD-Patienten wurden in zwei Fällen Pseudoexons entdeckt. Eine Besonderheit besteht darin, dass in der RNA-Analyse immer noch ein Rest Wildtyp-Transkript vorhanden war, wodurch die Patienten vermutlich einen milderen Becker-Phänotyp aufweisen. Ein weiterer ungeklärter DMD-Fall konnte durch die Sequenzierung der gesamten genomischen Sequenz aufgeklärt werden. Es wurde eine perizentrische Inversion entdeckt (46,Y,inv(X)(p21.1q13.3). Dies zeigt, dass WGS auch zur Detektion von großen Strukturvariationen geeignet ist.
Im dritten Teil wurden Spleißmutationen untersucht. Spleißmutationen wurden bisher nicht in TMEM5-assoziierter alpha-Dystroglykanopathie beschrieben und somit als neue Mutationsart für diese Erkrankung nachgewiesen. Dabei wurde auch die funktionelle Exostosin-Domäne in TMEM5 bestätigt. Eine RNA-Untersuchung verschiedener Spleißmutationen zeigte, dass Spleißmutationen häufig zu einem veränderten Transkript führen, auch wenn diese Mutationen weiter von der Konsensussequenz entfernt sind. Spleißmutation sollten daher häufiger in der Diagnostik berücksichtig und überprüft werden.
Im letzten Teil wurde eine strukturierte Diagnostik von MFM-Patienten beschrieben und neue Kandidaten-Gene für MFM vorgestellt. Es ist zu vermuten, dass auch Mutationen in Genen, die bisher für Kardiomyopathien, Kollagen Typ VI-Myopathien und Neuropathien beschrieben sind, einen MFM-Phänotyp verursachen können. Diese Ergebnisse erweitern das genetische Spektrum der MFM, was sich auf die Diagnostik dieser Erkrankungen auswirken sollte.
Im Laufe dieser Arbeit konnten damit die neuromuskulären Erkrankungen vieler Patienten genetisch geklärt werden. Neue Phänotypen und genetische Ursachen wurden beschrieben und es wurde gezeigt, dass sich WGS technisch für die Diagnostik, auch zur Detektion von großen Strukturvarianten, eignet.
Das Secosterid Vitamin D3 wird durch die Nahrung aufgenommen oder im Organismus synthetisiert, wobei eine Reaktion in der Haut durch einen photochemischen Prozess katalysiert wird.Durch zwei Hydroxylierungsschritte in Leber und Niere wird Vitamin D3 über 25(OH) Vitamin D3 zum aktiven 1,25(OH)2 Vitamin D3-Hormon. 1,25(OH)2 Vitamin D3 hat eine wichtige Funktion im Knochenstoffwechsel, es reguliert die Ca2+-Resorption im Dünndarm. Die 1,25(OH)2 Vitamin D3-Synthese in der Niere wird durch Parathormon (PTH) kontrolliert. Ist die Serum Ca2+-Konzentration niedrig, wird PTH ausgeschüttet und die 1a-Hydroxylase, das 25(OH) Vitamin D3-aktivierende Enzym, stimuliert. Das Prinzip der (Seco)steroid-Aktivierung und -Inaktivierung in glandulären Organen, wie Leber und Niere mit anschließender Freisetzung der aktiven Hormone und Transport zu den jeweiligen Zielgeweben gilt heute nicht mehr uneingeschränkt. Auch Einzelzellen sind in der Lage Steroid-modifizierende Enzyme, die Hydroxylasen und Dehydrogenasen, zu exprimieren. Monozytäre Zellen exprimieren das 1,25(OH)2 Vitamin D3-aktivierende und das -inaktivierende Enzym, die 1a-Hydroxylase und die 24-Hydroxylase. Sie sind somit in der Lage, 1,25(OH)2 Vitamin D3 zu sezernieren, welches parakrin auf Nachbarzellen wirken kann. In diesem Zusammenhang wurde die Expression und Regulation der 1a-Hydroxylase in peripheren Blutmonozyten (PBM) und monozytären THP1-Zellen untersucht. Durch Supplementation der Zellen mit dem Substrat 25(OH) Vitamin D3 konnte die Produktion an aktivem 1,25(OH)2 Vitamin D3-Hormon in PBM signifikant gesteigert werden. In PBM konnte im Gegensatz zum systemischen Ca2+-Stoffwechsel nur ein geringer Einfluss auf die 1a-Hydroxylase-Aktivität beobachtet werden. Durch RT-PCR-Amplifikation konnte eine Expression des PTH Rezeptors Typ 1 (PTHR1) in PBM und Dendritischen Zellen nachgewiesen werden. Ein weiterer Ligand des PTHR1 ist PTH related Protein (PTHrP), ein Faktor der die Tumorhyperkalzämie propagiert. Durch Markierungsexperimente mit fluoreszenz-markiertem PTHrP konnte gezeigt werden, dass PTHrP an die Zellmembran von PBM und Dendritischen Zellen bindet und in den Zellkern von Dendritischen Zellen transportiert wird. Im Rahmen dieser Arbeit wurde die Expression 1,25(OH)2 Vitamin D3-responsive Gene in Monozyten/Makrophagen untersucht. Die Expression der 24-Hydroxylase wird innerhalb der Differenzierung von myeloischen THP1-Zellen zu Makrophagen- bzw. Osteoklasten-ähnlichen Zellen transient induziert. Als weiteres 1,25(OH)2 Vitamin D3-responsives Gen wurde die Expression von Osteopontin (OPN) untersucht. OPN ist ein vor allem in Knochen vorkommendes Matrixprotein, das wesentlich an der Zelladhäsion beteiligt ist. OPN wird in THP1-Zellen im Zuge der Differenzierung zunehmend exprimiert. Durch immunhistochemische Untersuchungen konnte OPN in Granulomen von Morbus Crohn- und Leberschnitten detektiert werden. Es spielt hier eine wesentliche Rolle bei der Granulomentstehung. Die Thioredoxin Reduktase 1 (TR1) ist ein Selenoenzym, welches maßgeblich an der Reduktion von Disulfidbindungen in Proteinen beteiligt ist. Es moduliert Protein/Protein- und Protein/DNA-Interaktionen wie die Bindung der Transkriptionsfaktoren AP1 und NFkB an DNA-responsive Elemente. Die Expression der TR1 wird in THP1-Zellen im Rahmen der Differenzierung induziert und ist in differenzierten Zellen maximal. Aktivitätsmessungen deckten sich mit dieser Beobachtung. In peripheren Blutmonozyten steigt die TR-Aktivität alleine durch Adhäsion der Zellen an das Kulturgefäß und nach Behandlung mit 1,25(OH)2 Vitamin D3. Die Untersuchungen der vorliegenden Arbeit zeigten eine Abhängigkeit der TR-Aktivität vom Differenzierungsgrad der Zellen und der Supplementation des Mediums mit dem Spurenelement Selen. Die Expression weiterer Selenoproteine in monozytären Zellen wurde nachgewiesen. So konnten durch 75Selenit-Markierungsexperimente neun Selenoproteine in THP1-Zellen detektiert werden, von denen fünf sezerniert werden. Ein weiteres, in monozytären Zellen charakterisiertes Selenoprotein ist die zelluläre Glutathionperoxidase. Ihre Aktivität konnte in Selenit-supplementierten Zellen um das 70fache gesteigert werden. Die Kultivierung monozytärer Zellen unter Selenit-Supplementation beeinflusst die Funktion dieser Zellen wesentlich. So konnte beobachtet werden, dass die Anzahl an phagozytierenden, zu Makrophagen differenzierten THP1-Zellen nach Selenit-Supplementation abnahm, während die Phagozytoserate der einzelnen Zellen anstieg. Die erzielten Ergebnisse zeigen, dass monozytäre Zellen mit Komponenten des 1,25(OH)2 Vitamin D3 Stoffwechsels ausgestattet sind und aktives 1,25(OH)2 Vitamin D3-Hormon produzieren, sezernieren und inaktivieren können. Die lokale Kontrolle der 1,25(OH)2 Vitamin D3 Stoffwechsels ausgestattet sind und aktives 1,25(OH)2 Vitamin D3-responsiver Gene, wie die Expression des Selenoproteins TR1, das einen direkten Einfluss auf den Redoxstatus und den Abbau reaktiver Sauerstoffverbindungen in diesen und Nachbarzellen ausübt.
Die X-gebundene Myotubuläre Myopathie (XLMTM) ist eine sehr seltene und schwere angeborene Muskelschwäche, die durch Mutationen im MTM 1 Gen verursacht wird. In der histopathologischen Untersuchung ist auffällig, dass die Muskelfasern fetalen Myotuben ähneln. Das Gen MTM 1 wurde auf Xq28 lokalisiert und kodiert für das Protein Myotubularin. Die Myotubularine stellen eine große Familie eukaryotischer Lipid-Phosphatasen und Anti-Phosphatasen dar. Da der direkte Nachweis von Myotubularin in Muskelbiopsien von Patienten aufgrund der sehr niedrigen Expression nicht gelingt, weder durch immunhistochemische Methoden noch im Western-Blot oder durch einen spezifischen Enzymtest, steht ein funktioneller Test für die gefundenen Genmutationen nicht unmittelbar zur Verfügung. In der Arbeit sollte versucht werden, zunächst Wildtyp-Myotubularin im bakteriel-len System zu exprimieren, im Western-Blot nachzuweisen und die Phosphatase-Enzymaktivität in vitro zu messen. Als Substrat für Myotubularin wurde p-Nitrophenolphosphat verwendet. In der Durchfüh-rung des experimentellen Teils zeigten sich verschiedene Probleme, aus denen sich jedoch interessante Schlüsse ziehen liessen. Zum ei-nen konnte der Verdacht bekräftigt werden, dass Myotubularin keine Dual-spezifische Phosphatase ist, wie zunächst angenommen wurde. Problematisch war auch, dass der E.coli M15 Bakterienstamm an-scheindend selbst so viele eigene Phosphatasen produzierte, die das Substrat p-Nitrophenolphosphat dephosphorylierten. Diese Hintergrundgrundaktivität störte die eigentliche Aktivitätsmessung des Myotubularins und machte diese kaum verwertbar. Ebenso zeigte sich, dass das Myotubularin in dem untersuchten bakteriellen System nicht in größeren Mengen exprimiert wurde. Letzendlich ergab dies die Schlussfolgerung, dass zukünftige Untersuchungen berücksichtigen sollten, dass eukaryontische Expressionssysteme sich offensichtlich besser für die Mitglieder der Genfamilie der Myotubularine eigenen und dass Myotubularine Lipidphopshatasen sind mit in vivo sehr spe-zifischen Substraten (Phopshatidyl-Inositolphosphate). Jedes artifizielle Substrat sollte diese natürlichen Strukturen möglichst nachahmen.
Zur Wahrung der Genomstabilität entwickelten sich verschiedene Reparaturmechanismen, deren Defekte zu diversen Erkrankungen führen. Der 1927 erstmals beschriebenen Fanconi Anämie (FA) (Fanconi 1927) liegt eine fehlerhafte Reparatur der DNA-Doppelstrang-Quervernetzung zugrunde. Als Ursache wurden Defekte innerhalb des FA/BRCA-Weges lokalisiert, welche zur Chromosomeninstabilität führen. Das Krankheitsbild der autosomal rezessiven oder X-chromosomalen Erkrankung wird meist von kongenitalen Fehlbildungen, progressivem Knochenmarkversagen sowie bereits im jugendlichen Alter erhöhten Tumor-raten und Anämien geprägt. Bisher wurden Defekte in 19 verschiedenen Genen als ursächlich für diese Erkrankung diskutiert. Anhand des betroffenen Gens können nur begrenzt Rückschlüsse auf die Ausprä-gung des Phänotyps geschlossen werden, vielmehr scheinen die Art der Mutation und deren Position im Gen mit der Schwere der Erkrankung zu korrelieren. Im Laufe der Zeit wurden immer mehr Patienten mit mild ausgeprägtem Erkrankungsbild beobachtet. Eine mögliche Erklärung hierfür liefern milde Mutationen, eine weitere das Vorhandensein von Mosaiken blutbildender Zellen. Zu letzterem führt die Reversion einer der beiden Mutationen. Diese Art der „natürlichen Gentherapie“ wurde bei 10-30% der FA-Patienten beobachtet. Um die Entwicklung von Reversionen besser zu verstehen, erfolgte im Rahmen dieser Arbeit die Untersuchung verschiedener Zelllinien von 5 Patienten im Alter von 11 (Pat. 5) bis 33 (Pat. 4) Jahren. Die FA-A-Patienten 1 und 2 wurden bereits von Gross et al. 2002 als Mosaikpatienten beschrieben. Für die weiteren Patienten führten unterschiedliche Aspekte, wie normale Blutwerte, MMC-tolerante lympho-blastoide Zelllinien und gDNA-Analysen des Blutes zum Mosaikverdacht. Nähere Analysen bestätigten für die FA-D2-Patienten (Pat. 4, 5) ebenfalls das Vorliegen einer Reversion in den Blutzellen. Allen Patienten gemein war die Reversion in Form einer Rückmutation (Pat. 1: c.971T>G, Pat. 2: c.856 C>T, Pat. 4: c.3467-2A>G, Pat. 5: c.3707G>A), welche meist in einem oder in der Nähe eines Mutationsmotives vorlag. Zur Einschätzung des Mosaikstatus in den Patientenblutzellen wurden, neben der meist mehrjährigen Be-obachtung der Blutwerte (Thrombo-, Mono-, Granulo-, Lymphozyten, Hämoglobin), gDNA-, Chromoso-menbruch- und Zellzyklusanalysen durchgeführt. Chromosomenbruchanalysen von Metaphasen der T-Lymphozyten der Patienten 4 und 5 zeigten nach MMC-Behandlung die mosaik-typische bimodale Vertei-lung der Chromosomenbruchraten. Die nur moderat erhöhten Bruchraten in Metaphasen des Patienten 1 sprachen für eine starke Reversion. Zur besseren Abschätzung des Mosaikstatus wurden Zellzyklusanaly-sen an Mischungsreihen aus FA- und nicht FA- Blut durchgeführt. Die Detektionsgrenze für FA-Mosaike lag bei einem Anteil von 30% Zellen mit spontanem/MMC-induziertem G2-Phasen-Arrest. In Anlehnung an Mischungskurven wurden für die vier Patienten Reversionen von 0% (Pat. 4) bis 90-95% (Pat. 2) ange-nommen. Die gDNA-Analyse MACS-sortierter T-/B-Lympho-, Mono- und Granulozyten sowie von Fib-roblasten und lymphoblastoiden Zelllinien ermöglichte einen detaillierten Einblick in die Mosaikstatus auf molekularer Ebene. Wir fanden bei allen Patienten einen unterschiedlich stark ausgeprägten Mosaikstatus ihrer Blutzellreihen. Tendenziell scheinen die Reversionsgrade mit der Zell-Lebensdauer korrelieren, hier-bei zeigen kurzlebige Zellen (Mono-, Granulo-, B-Lymphozyten) höhere Reversionsgrade als langlebige T-Lymphozyten. Das Auftreten von gleichen Reversionen in allen Zelllinien lässt eine Reversion in einer gemeinsamen Vorläuferzelle vermuten. Als Besonderheit fanden wir, unseren Erachtens erstmalig, eine komplette Reversion einer Knochenmark-Fibroblastenzelllinie (Pat. 1). Häufig in Kultur stattfindende Re-versionen in lymphoblastoiden Zelllinien beobachteten wir für alle vier Patienten. Die Mosaikentstehung im Patientenblut konnte mit allen Methoden bestätigt werden. Jede Methode wies Vor- und Nachteile auf. Zur Abschätzung der Mosaikstatus empfiehlt sich deshalb eine Kombination der Methoden.
Ein weiteres Projekt beschäftigte sich mit Interaktionen des FANCO (RAD51C) innerhalb der RAD51 Paraloge (RAD51B, -C, -D, XRCC2, XRCC3) und mit RAD51. Die Analysen erfolgten im Mammalian Two- und Three-Hybrid (M2H/M3H) System. Die Untersuchungen bestätigten die meisten der bisher detektierten Interaktionen, welche zur Ausbildung des RAD51C-XRCC3 Komplexes und des, aus den Subkomplexen RAD51B-RAD51C (BC) und RAD51D-XRCC2 (DX2) bestehenden, BCDX2-Komplex führen. Die M3H-Analysen weisen auf eine wichtige Rolle des RAD51B-Proteins bei der Ausprägung dieses Komplexes hin. Es scheint die Ausbildung der RAD51C-RAD51D-Interaktion erst zu ermöglichen und zusätzlich, anders als bisher beobachtet, auch mit XRCC2 zu interagieren. Diese Interaktion wiederum wird durch die Anwesenheit von RAD51D stark gefördert. Unsere M2H-/M3H-Beobachtungen weisen darauf hin, dass die Ausbildung der Subkomplexe für die Entstehung des BDCX2-Komplexes wichtig ist und dieser vermutlich als Ringstruktur vorliegt. Zusätzlich fanden wir Hinweise auf mögliche Wechselwir-kungen zwischen den BCDX2- und den XRCC3-Komplexproteinen. Aufgrund der Beteiligung der Protei-ne an der Doppelstrangläsionsreparatur wurde die Auswirkung von MMC-induzierten DNA-Schäden un-tersucht. Diese führten innerhalb der Subkomplexe zu gegensätzlichen Änderungen der Interaktionsinten-sität. Während die Substanz im DX2-Komplex zum Sinken der Interaktionsstärke führte, erhöhte sich diese im BC-Komplex. Die in der Literatur beschriebene und charakterisierte RAD51C-FANCN-Interation war im M2H-Test nicht darstellbar. Möglicherweise würde diese jedoch durch die Anwesenheit eines drit-ten Proteins gefördert werden. Zusätzlich wurde ein RAD51C-Protein, welches die Patientenmutation R258H enthielt, überprüft. Es zeigte nur in der M3H-Analyse, mit pMRAD51D und nativem RAD51B, nach Behandlung mit MMC eine reduzierte Interaktionsstärke im Vergleich zum Wildtyp. Dies unter-streicht einmal mehr die als hypomorph beschriebene Mutation des Proteins.
Das dritte Projekt, die angestrebte Strukturaufklärung des RAD51C-Proteins erwies sich als schwierig. Eine für eine Kristallisation ausreichende Proteinmenge konnte, weder im E. coli-System noch in Insektenzellen oder in Co-Expression mit seinem Interaktionspartner XRCC3, isoliert und aufgereinigt werden. Elektro-phoretische Mobility Shift Assays des CX3-Proteinkomplexes mit DNA-Strukturen (ssDNA, Open Fork, 3‘-/ 5‘-Überhang-Struktur), zeigten eine Bevorzugung des 3‘-Überhang-DNA-Substrates. Diese Art der Analyse könnte in weiterführenden Analysen zur Abschätzung der Auswirkung von Patientenmutationen herangezogen werden. bb
RS1 ist ein 67-68 kD großes, ubiquitär exprimiertes Protein, das sich an der Innenseite der Plasmamembran befindet und in den Zellkern wandern kann. Durch immunhistochemischen Untersuchungen an Dünndarmschnitten der Maus konnte RS1 das erste Mal in dieser Arbeit im Kern und an der Membran von Enterozyten gezeigt werden. RS1 wird von einem intronlosen Single Copy Gen kodiert und ist fähig Ubiquitin über eine Ubiquitin-assoziierte (UBA) Domäne zu binden. Es reduziert die Konzentration einiger Proteine in der Plasmamembran. Durch Expressionsversuche in Xenopus Oozyten wurde gezeigt, dass RS1 die Menge des Na+-D-Glukosekotransporters SGLT1 in der Plasmamembran transkriptionsunabhängig reduziert. Entsprechend seiner dualen Lokalisation beteiligt sich RS1 aber auch an der Transkriptionsregulation im Zellkern. In der vorliegenden Arbeit konnten Informationen über die physiologische Funktion des membranassoziierten Regulatorproteins RS1 gewonnen werden. Nach Erstellung einer RS1-knock-out Maus wurde sichergestellt, dass ein erfolgreiches Rekombinationsereignis stattgefunden hatte und RS1 tatsächlich nicht mehr exprimiert wurde. Die RS1-knock-out Mäuse waren postnatal lebensfähig, vermehrten sich gut und entwickelten eine Fettsucht mit 30 % mehr Körpergewicht, 80 % mehr Fett und um 40 % vergrößerten Fettzellen. Bei den transgenen Mäusen war weder die Nahrungsaufnahme gesteigert, noch die motorische Aktivität verringert. In der Bürstensaummembran des Dünndarmepithels konnte bei den RS1-knock-out Mäusen die siebenfache Menge an Protein des Na+-abhängigen D-Glukosekotransporters SGLT1 detektiert werden, während die Konzentration des passiven Glukosetransporters GLUT2 in der basolateralen Membran nicht verändert war. Die Zunahme der SGLT1-Proteinmenge war posttranskriptional bedingt. Bei der RS1-knock-out Maus wirkt sich der in Oozyten beobachtete Effekt an der Plasmamembran aus, während der an konfluenten LLCPK1 Zellen gezeigte Effekt im Zellkern nicht zum Tragen kommt. Die transgenen Tiere resorbierten die doppelte Menge an D-Glukose im Dünndarm. Das spricht dafür, dass bei der RS1-knock-out Maus der „turnover“ des SGLT1 beeinflusst sein muss, da die siebenfache SGLT1-Proteinmenge einem verdoppelten Transport über den SGLT1 gegenübersteht. Die RS1-knock-out Mäuse zeigten normale Insulinspiegel und reguläre oralen Glukosebelastungstests. Bei gefütterten Mäusen waren die Serumleptinspiegel ähnlich wie bei Wildtypmäusen, die typische Reduzierung des Serumleptinspiegel konnte bei den Mäusen ohne RS1 aber nicht beobachtet werden. Untersuchungen an Fettzellexplantaten ergaben, dass die Sekretion von Leptin bei RS1- knock-out-Explantaten erhöht war, während die Leptinsynthese und die insulinabhängige Regulation der Leptinsekretion nicht verändert waren. Mit der RS1-knock-out Maus wurde ein neues Fettsuchtmodell geschaffen. RS1 spielt eine physiologisch wichtige Rolle bei der Regulation der D-Glukoseaufnahme im Darm. Der visceralen Adipositas liegt wahrscheinlich eine gesteigerte Nahrungsutilisation durch die verbesserte Glukoseaufnahme über den SGLT1 im Darm zugrunde. Die gesteigerte Glukoseabsorption ist ursächlich für den Anstieg der Fettmasse. Die Fettzellen vergrößern sich und sezernieren dann mehr Leptin. Es ist davon auszugehen, dass die RS1-knock-out Mäuse eine veränderte Nahrungsutilisation aufgrund der verbesserten Glukoseaufnahme im Dünndarm aufweisen. Die Adipositas demzufolge ein sekundärer Effekt. Gleichzeitig kann aber nicht ausgeschlossen werden, dass RS1 direkt auf die Zellen des weißen Fettgewebes wirkt und bei Wildtypmäusen die Sekretion des Leptins aus Vesikeln hemmt.
Unter den sechs Arten der Gattung Listeria finden sich nur zwei pathogene Spezies. L. monocytogenes ist pathogen für Mensch und Tier, L. ivanovii nur tierpathogen. Beide Arten besitzen ein Virulenzgencluster, das auch als Pathogenitätsinsel LIPI-1 bezeichnet wird. Pathogenitätsinseln (PAIs) sind bei gram-negativen Bakterien weit verbreitet, wurden bei gram-positiven Pathogenen bisher jedoch nur selten beschrieben. In L. ivanovii wurde nun ein weiterer Virulenz-assoziierter, instabiler Chromosomenabschnitt entdeckt, der in einem Teilbereich Eigenschaften einer Pathogenitätsinsel besitzt. Ausgehend von einem spontanen, aber reproduzierbaren Deletionsereignis eines großen Genomabschnitts, der einige schon bekannte Virulenz-assoziierte Gene umfasst (i-inlE, i-inlF, smcL), wurden in Zusammenarbeit mit den Kooperationspartnern an der "Universidad Complutense de Madrid", insbesondere mit G. Domínguez-Bernal die komplette deletierte Region sowie flankierende Genombereiche genauer analysiert. Im Rahmen dieser Arbeit konnten rechts von dem bereits charakterisierten Gen smcL 13 neue Open Reading Frames (ORFs) bzw. Gene (ydeI, rnaH, norA) von L. ivanovii identifiziert werden, die größtenteils in der Deletionsmutante L. ivanovii GD-3 deletiert waren. Für die meisten Open Reading Frames konnten Homologien zu ORFs in den Genomsequenzen von L. monocytogenes und der apathogenen Art L. innocua gefunden werden. Eigene experimentelle Analysen zeigten zudem, dass diese ORFs in ähnlicher Anordnung auch in den apathogenen Arten L. seeligeri und L. welshimeri vorhanden sind, was wahrscheinlich macht, dass sie nicht an der Virulenz von Listerien beteiligt sind. G. Domínguez-Bernal fand im links von smcL liegenden Bereich eine Reihe neuer Internalingene, die alle spezifisch für L. ivanovii sind. Für die Gene i-inlE, i-inlF und smcL ist bereits bekannt, dass diese Virulenz-assoziiert sind. Dies führte zur Definition einer neuen, LIPI-2 genannten Pathogenitätsinsel in L. ivanovii, die außer smcL und i-inlFE alle neu gefundenen Internalingene umfasst. In dieser Arbeit durchgeführte Untersuchungen der LIPI-2 flankierenden Bereiche zeigten, dass diese in L. monocytogenes und auch den apathogenen Arten L. innocua, L. seeligeri und L. welshimeri bemerkenswert konserviert sind. Durch Transkriptionsuntersuchungen mittels RT-PCR wurde die Expression der neu identifizierten Gene analysiert. Hierbei wurden verschiedene Kulturbedingungen untersucht sowie die Transkription nach Infektion mehrerer Zelllinien bestimmt. Bei der Sequenzanalyse wurde für fast alle Internalingene eine PrfA-Box identifiziert und es bestätigte sich in dieser Arbeit, dass die meisten der Internalingene PrfA-abhängig exprimiert werden. Allerdings wiesen die einzelnen Gene kein einheitliches Transkriptionsprofil unter verschiedenen in vitro-Bedingungen auf. Eine Analyse der Genexpression nach Infektion verschiedener Zelllinien zeigte schließlich, dass die Internalingene während einer Infektion differentiell transkribiert werden und möglicherweise am Infektionsgeschehen beteiligt sind. Das Expressionsmuster der zu LIPI-2 benachbarten Open Reading Frames bestätigte, dass diese Gene PrfA-unabhängig und unter verschiedenen Bedingungen konstitutiv exprimiert werden. Das Expressionsmuster dieser Gene läßt den Schluss zu, dass sie vermutlich nicht zur Virulenz von L. ivanovii beitragen. Die Untersuchung der Virulenzclustergene in LIPI-1 schließlich zeigte eine deutliche PrfA-Abhängigkeit der Genexpression. Es konnte bestätigt werden, dass deren Transkription unter PrfA-induzierenden Bedingungen verstärkt wird. Zudem fand sich auch nach Infektion eine deutliche Expression dieser Gene.
Citrobacter freundii sind Gram-negative, bewegliche, stäbchenförmige Bakterien aus der Familie der Enterobacteriaceae. Als opportunistischer Erreger kann C. freundii beispielsweise Harnwegsinfektionen und Neugeborenen-Meningitis verursachen. Die Internalisierung von C. freundii 3009 in das Endosom von Harnblasenepithelzellen (T24) erfolgt in vitro über einen ausschließlich Mikrotubuli-abhängigen Mechanismus. Als genetische Grundlage der Invasionskompetenz von C. freundii 3009 wurde in Vorarbeiten eine im Chromosom lokalisierte Invasionsdeterminante identifiziert, die eine hohe Identität zum Typ 1 Fimbrien Gencluster (fim) von Salmonella enterica serovar Typhimurium aufweist. Diese in Plasmid pTO3 klonierte Invasionsdeterminante vermittelt nicht-invasiven E. coli K12 Stämmen Invasivität. Im Gegensatz dazu sind rekombinante E. coli K12 Klone, die das fim Operon aus S. enterica serovar Typhimurium bzw. E. coli oder andere E. coli Adhäsindeterminanten tragen, nicht invasiv. Im Rahmen dieser Arbeit wurden die für die Invasionsfähigkeit von C. freundii 3009 essentiellen Gene der klonierten Invasionsdeterminante ermittelt. Dies geschah zum einen durch Subklonierung von Teilen des Plasmids pTO3. In anschließenden Invasionsassays wurden die entsprechenden E. coli K12 Klone hinsichtlich ihrer Fähigkeit zur Invasion untersucht. Die Internalisierung des Wildtyps C. freundii 3009 sowie der invasiven rekombinanten E. coli K12 Stämme konnte nicht nur, wie erwartet, mittels Mannose, sondern auch mittels Chitinhydrolysat [(GlcNAc)n] inhibiert werden. Zum anderen wurden C. freundii Wildtypmutanten konstruiert, in denen der zentrale Teil der Invasionsdeterminante deletiert ist. Diese chromosomalen Deletionsmutanten weisen im Vergleich zum Wildtyp 3009 eine deutlich reduzierte Invasionsrate in die humane Harnblasenepithelzellinie T24 auf. Für die Komplementante wurde die Wiederherstellung des invasiven Phänotyps demonstriert. Darüber hinaus ist bekannt, dass C. freundii 3009 in humane mikrovaskuläre Endothelzellen aus dem Gehirn (HBMEC) eindringen und dort replizieren kann. In der vorliegenden Arbeit wurde gezeigt, dass sowohl C. freundii 3009 als auch der, die fimCf Determinante tragende, rekombinante E. coli Stamm HB101pPH1 in der Lage sind, im Tiermodell mit neugeborenen Ratten die Blut-Hirn-Schranke zu überwinden. Neben der Analyse der Funktion der klonierten C. freundii 3009 fim Determinante in Invasionsassays und mittels Mannose-sensitiver Hefeagglutination, wurden die Genprodukte selbst ebenfalls nachgewiesen. Durch radioaktive Markierung der für die Invasivität essentiellen Proteine nach induzierter Transkription in einem T7 Phagenexpressionssystem konnten die Molekulargewichte von FimCfA, FimCfD, FimCfF und FimCfH ermittelt werden. Diese stimmen mit den von der DNA Sequenz abgeleiteten Molekulargewichten gut überein. Sowohl mit C. freundii 3009 als auch mit entsprechenden rekombinanten E. coli K12 Stämmen gelang es in Westernblots, das Adhäsin FimCfH an der Bakterienoberfläche nachzuweisen. Dies konnte auch für FimCfF in denselben rekombinanten E. coli K12 Stämmen gezeigt werden. Allerdings scheinen die FimCf Proteine nicht zu einem Pilus assembliert zu werden, da in elektronenmikroskopischen Untersuchungen von C. freundii 3009 oder die fimCf Determinante tragenden E. coli K12 Stämmen niemals Fimbrien beobachtet werden konnten. Da auch bestimmte Typ 1 Fimbrien Varianten aus E. coli über das Adhäsin FimEcH die Internalisierung der Bakterien in Blasenepithelzellen zu induzieren vermögen, wurden die fimEc Gencluster aus den beiden human pathogenen E. coli Stämmen 536 (uropathogenes Isolat) und IHE3034 (Neugeborenen-Meningitis Isolat) kloniert. Zudem wurde die Invasionsfähigkeit des E. coli K1 Stamms IHE3034 und der fim negativen Insertionsmutante IHE3034-2 charakterisiert. Typ 1 Fimbrien werden als wichtige Virulenzfaktoren von uropathogenen E. coli (UPEC) angesehen. Trotzdem konnte eine Reihe von klinischen UPEC Isolaten identifiziert werden, die diesen Adhäsintyp nicht mehr exprimieren. Genetische Untersuchungen im Rahmen dieser Arbeit ergaben, dass in 11 Isolaten das fimEc Operon vollständig aus dem Chromosom der Bakterien deletiert ist. In den übrigen 6 Isolaten ist noch ein Teil des 3´-Endes des Gens fimECH vorhanden. Außerdem ist in die Deletionsstelle dieser 6 Isolate ein IS1 Element von E. coli inseriert. In den übrigen uropathogenen Isolaten sind auch angrenzende DNA Bereiche von der Deletion betroffen. Abschließend kann festgestellt werden, dass eine fim ähnliche Determinante in C. freundii 3009 als Invasionssystem fungiert. Die Typ 1 Fimbrien der E. coli Stämme 536 und IHE3034 sind zwar notwendig, aber nicht hinreichend für die Invasivität. Obwohl Typ 1 Fimbrien als wichtige Virulenzfaktoren von uropathogenen E. coli gelten, ist dennoch in einer Reihe von klinischen UPEC Isolaten das fimEc Operon deletiert.
Zusammenfassung: Hintergrund: Mit einer Lebenszeitprävalenz von 1 % und einem Ersterkrankungsalter in der frühen Adoleszenzperiode verursachen Schizophrenien (SCZ) und bipolare Störungen (BPD) großes individuelles Leid. Die genetische Komponente beider Erkrankungen liegt mit einer Heritabilität von bis zu 80 % im Vergleich zum Anteil von Umweltfaktoren sehr hoch. Aufgrund seiner Lage auf dem Locus 12q22-24, einem Hot spot für SCZ und BPD, stellt DYNLL1 ein interessantes positionales Kandidatengen dar. Das Protein, eine 8 kD schwere leichte Dyneinkette ist ein multifunktionales Protein. Durch seine Funktion als Inhibitor von NOS-I, seiner Beteiligung am postsynaptischen NMDA-Proteinkomplex, einer möglichen Interaktion mit NUDEL/DISC1, seiner Ähnlichkeit zu KIF2 und nicht zuletzt wegen der Interaktion mit KIBRA stellt DYNLL1 auch aufgrund seiner Funktion ein relevantes funktionelles Kandidatengen für beide Erkrankungen dar. Methoden: In einer Fall-Kontrollstudie wurden daher sechs Single nucleotid polymorphismen (SNPs) und deren entsprechenden Haplotypen bei 284 Kontrollen, 246 Patienten, die an einer SCZ und 90 Patienten, die an einer BPD litten analysiert, um eine Assoziation dieses Gens mit den entsprechenden Phänotypen zu untersuchen. Ergebnisse: Es zeigte sich eine Assoziation des Markers rs787828 mit SCZ, darüber hinaus eine signifikante Assoziation eines Haplotyps (TTATAG), letztere allerdings nur mit einer Frequenz von 1%. Bei der bipolaren Störung waren dagegen sowohl zwei Polymorphismen (rs1167705 und rs580016), als auch ein Haplotyp (TTGTAG) signifikant mit der Erkrankung assoziiert. Aufgrund der kleineren Stichprobengröße ist es jedoch wichtig, diesen Befund nochmals zu replizieren, um falsch positive Befunde auszuschließen. Zusammenfassung: Sowohl SNPs als auch Haplotypen im DYNLL1 Gen zeigten Assoziationen mit Schizophrenie und der bipolaren Störung, was die These unterstützt, dass DYNLL1 ein relevantes Kandidatengen für beide Erkrankungen ist. Um die Bedeutung von DYNLL1 in der Pathophysiologie der SCZ und der bipolaren Störung weiter aufzuklären, müssen die assoziierten Varianten bezüglich möglicher Auswirkungen auf Genexpression, Proteinfunktion und physiologische Parametern hin weiter untersucht werden.
Herzinsuffizienz ist eine Krankheit mit wachsender medizinischer und ökonomischer Bedeutung. Die dilatative Kardiomyopathie (DCM) ist eine der Hauptursachen für Herzversagen und führt in den meisten Fällen zu einer Herztransplantation. 20-30 % der DCM-Erkrankungen haben einen genetischen Hintergrund. Durch die Anwendung molekulargenetischer Methoden konnte bereits eine Reihe DCM-verursachender Gene identifiziert werden. Mutationen in Zytoskelettproteinen führten zu der Hypothese, dass eine Beeinträchtigung der Kraftübertragung vom Sarkomer auf be-nachbarte Myozyten eine Ursache für die DCM sein könnte. Zusätzlich scheint auch eine reduzierte Kraftentwicklung, ausgelöst durch Mutationen in den Proteinen des Sarkomers die Entwicklung der DCM zu begünstigen. Darüber hinaus wurden Mutationen in Proteinen gefunden, wie z.B. im Lamin A/C- oder Tafazzin-Gen, deren Rolle in der Pathophysiologie der DCM noch nicht geklärt sind. Um die Komplexität der genetischen Defekte, die eine DCM verursachen, besser zu verste-hen, ist es notwendig weitere krankheitsverursachende Gene zu identifizieren. Im ersten Projekt untersuchten wir eine Familie (DCM-I) mit 16 an DCM erkrankten Familienmit-gliedern. Der Phänotyp folgte einem autosomal-dominanten Erbgang. Nach Ausschluss aller be-kannter DCM-Loci, führten wir eine genomweite genetische Suche mit den Mikrosatellitenmarkern der 10. Version des Weber-Screeningsets durch. Durch die Kopplungsanalyse war es möglich, ge-netische Kopplung für 80 % des Genoms auszuschließen. Mehrere benachbarte Marker auf dem langen Arm von Chromosom 7 zeigten hingegen Kosegregation mit dem Krankheitsstatus. Ein maximaler LOD-Score von 4,20 wurde für die Marker D7S471 und D7S501 erzielt. Die Feinkartie-rung mit zusätzlichen Markern identifizierte eine Kandidatenregion, die von den beiden Markern D7S2545 und D7S2554 begrenzt wird und ein Intervall von 9,73 Mb umschließt. In dem minima-len Intervall sind 32 Gene sowie 6 aufgrund von Sequenzvergleichen vorhergesagte Transkripte kodiert. Keines dieser Gene kodiert für ein Zytoskelett- oder Sarkomerprotein. Durch Sequenzana-lyse konnten wir eine neue DCM-verursachende Mutation (A100G) in Exon 2 des Gens DLD iden-tifizieren, das für das mitochondriale Protein Dihydrolipoamid-Dehydrogenase (E3) kodiert. Die Mutation veränderte die vorletzte Aminosäure des Signalpeptids, das den Import des Proteins in die Mitochondrien dirigiert. Daher hatten wir die Hypothese, dass möglichweise der Transport oder die Prozessierung des Signalpeptids beeinträchtigt sein könnte. Dazu haben wir das DLD-Signalpeptid mit GFP markiert und die Verteilung des Fusionsproteins in transfizierten humanen Zellen und in isolierten Mitochondrien untersucht. Die Resultate zeigten, dass die Fusionsproteine mit dem mu-tierten Signalpeptid genauso in die Mitochondrien transportiert und prozessiert wurden, wie die Fusionsproteine mit dem Wildtyp-Signalpeptid. Die Enzymaktivität der Dihydrolipoamid-Dehydrogenase in Lymphozyten mit der Mutation A100G liegt innerhalb der normalen Brandbreite und ist im Vergleich zu der Enzymaktivität in Kontroll-Lymphozyten nicht reduziert. Die Identifikation von DLD, einem Protein des Energiemetabolismus, als neues DCM-verursachendes Gen in Familie DCM-I, kann zu einem besseren Verständnis der komplexen Pa-thophysiologie der dilatativen Kardiomyopathie beitragen. Im zweiten Projekt haben wir eine Familie (DCM-II) untersucht, in der die erkrankten Familien-mitglieder eines oder meherer der folgende Symptome aufwiesen: Reizleitungsstörungen, Schlag-anfall, dilatative Kardiomyopathie, Gliedergürtel-Muskeldystrophie. Dilatative Kardiomyopathie assoziiert mit Reizleitungsstörungen und Skelettmyopathie ist mit Mutationen im Gen für Lamin A und Lamin C (LMNA) korreliert. Zusätzlich wurden Mutationen im LMNA in Zusammenhang mit der Emery-Dreifuss-Muskeldystrophie, der Gliedergürtel-Muskeldystrophie, Lipodystrophie, dem Charcot-Marie-Tooth-Syndrom und der Hutchinson-Gilford Progerie beschrieben. Da über 90 % der LMNA-Mutationen Missense-Mutationen sind, resultierte daraus die Hypothese, dass die mu-tierten Proteine über einen dominant-negativen Effekt die dreidimensionale Struktur der Lamin-Intermediärfilamente zerstören. Durch Sequenzanalyse der proteinkodierenden Exons des LMNA konnten wir einen Basenpaaraus-tausch von C nach T an Position 700 (C700T) in Exon 4 identifizieren, der mit dem Phänotyp in der Familie segregierte. Die Mutation führte zum Einbau eines vorzeitigen Stop-Codons (PTC) an Position 234 (Q234X) der Aminosäuresequenz. Bei der Sequenzanalyse der Lamintranskripte aus Lymphozyten von erkrankten Individuen konnten wir nur das Wildtyp-Allel detektieren, aber nicht das mutierte Allel, was darauf schließen ließ, dass das mutierte Allel möglicherweise durch einen Kontrollmechanismus (nonsense-mediated mRNA decay, NMD) degradiert wurde. Nach Inhibition des NMD durch Inkubation der Lymphozyten mit Cycloheximid oder Emetin, akkumulierte das mutierte Transkript wieder in der Zelle. Die Quantifizierung der Lamintranskripte durch Amplifi-kation mittels Real-Time-PCR zeigte eine deutliche Reduktion der Menge an Transkripten in Fi-broblasten von erkrankten Familienmitgliedern. Die Western-Blot-Analyse konnte eine reduzierte Expression von Lamin A und Lamin C bestätigen. Die Ergebnisse zeigen, dass das Transkript mit dem PTC durch die NMD-Maschinerie degradiert wird und eine Haploinsuffizienz von Lamin A und Lamin C die DCM in dieser Familie verursacht.
Das Studium der Nierenentwicklung gibt Einblicke in generelle entwicklungsbiologische Prozesse wie induktive Wechselwirkungen, mesenchymale Kondensation, mesenchymale-epitheliale Umformung, Determinierung von Zellschicksal sowie Differenzierung und damit auch in die Entstehung congenitaler Fehlbildungen. Nach Induktion durch die Ureterknospe entstehen aus dem metanephrogenen Mesenchym die funktionellen Einheiten der Niere - die Nephrone - und das Nierenstroma. Diesen morphogenetischen Prozessen liegen komplexe regulatorische Veränderungen in der Genexpression zugrunde, die bislang nicht im Detail aufgeklärt sind. Ziel dieser Arbeit war deshalb die Identifizierung bekannter und insbesondere neuer Gene, die durch Induktion im metanephrogenen Mesenchym reguliert werden. Mit Hilfe der ddPCR und Transfilter-Organkulturen wurde die Genexpression von induziertem versus nicht-induziertem Mesenchym aus Mäuse-Nierenanlagen untersucht. Einzelne Kandidaten wurden auf differenzielle Expression durch Northern Blot Analyse überprüft und für die weitere Charakterisierung ausgewählt. Als eines der bekannten Gene wurde sFRP2 als im metanephrogenen Mesenchym induziert bestätigt und durch in situ Hybridisierung ganzer Mäuseembryonen und Paraffinschnitte näher untersucht. Es zeigt eine spezifische und dynamische Expression während der Entwicklung der Niere und anderer Gewebe, die mit den Expressionsmustern von sFRP1 und sFRP4 verglichen wurde. Die detailierte Genexpressionsanalyse der sFRP-Familie in der murinen Embryonalentwicklung sollte als Grundlage für funktionelle Studien dieser erst kürzlich entdeckten neuen Genfamilie dienen. Erste Untersuchungen der ddPCR-Produkte C0-5, J6-3 und M2-4 zeigten, daß es sich um neue Gene handelt, die unterschiedliche Expressionsmuster in der Niere zeigen. Während C0-5 dynamisch in Epithelzellen von Ureter und Nephronvorläufern exprimiert ist, markiert J6-3 Stromazellen und M2-4 ist bereits im kondensierenden Mesenchym, später aber auch in den epithelialen Derivaten nachweisbar. Die Isolierung und Analyse der dem C0-5-ddPCR-Fragment entsprechenden cDNA zeigte, daß sie für ein kollagenartiges Protein codiert, welches beim Menschen in der Nähe des EWS-Gens auf Chromosom 22q12 liegt. Darüber hinaus wurde eine neue zu hairy und dem E(spl)-Komplex verwandte Genfamile identifiziert. Aufgrund ihrer Verwandtschaft und einem charakteristischen YRPW-Tetrapeptid wurden sie als Hey-Gene bezeichnet für: "hairy- und E(spl)-verwandt mit YRPW-Motiv". Sie zeigen gegenüber hairy/E(spl) oder den entsprechenden Vertebraten-Homologen der Hes-Genfamilie veränderte DNA- und Protein-Bindungseigenschaften. Darüber hinaus korrelieren ihre Expressionsmuster häufig mit Genen des Delta-Notch-Signaltransduktionsweg, was auf eine Beteiligung der Hey-Gene an Zelldeterminierung und Bildung von Zellgrenzen hinweist. Diese Vermutung konnte durch die Analyse von Dll1-Knockout-Mäusen für die Somitogenese ansatzweise bestätigt werden. Die Kombination von Transfilter-Organkultur mit ddPCR erwies sich als geeignet, um transkriptionell regulierte Gene des metanephrogenen Mesenchyms zu identifizieren. Expressions- und Sequenzanalyse vor allem der neuen Gene deutet auf ihre Beteiligung an der Entwicklung der Niere und anderer Gewebe hin, die nun im Einzelnen untersucht werden muß. Mehr als 50 weitere Kandidaten für neue Gene bilden eine breite Basis zur weiteren Erforschung molekularer Grundlagen der Nierenentwicklung.
Fische der Gattung Xiphophorus stellen eines der am besten untersuchten Modellsysteme zur Untersuchung genetischer Geschlechtsbestimmung innerhalb dieser Klasse von mehr als 24.000 Arten dar. X. maculatus kann männliche (XX/ XY) oder weibliche (WY/ YY) Heterogametie aufweisen. Zusätzlich sind atypische Geschlechtsbestimmungssysteme beschrieben worden, die auf autosomale Modifikatoren zurückgeführt wurden. Obwohl kürzlich das Mastergen der Geschlechtsbestimmung im Medaka (Oryzias latipes) als ein Mitglied der Dmrt-Genfamilie identifiziert wurde, konnte Dmrt1bY als Mastergen der Geschlechtsbestimmung von Xiphophorus und anderen Fischen ausgeschlossen werden. Xiphophorus wurde zum wissenschaftlichen Modellsystem, da bestimmte zwischenartliche Kreuzungshybride maligne Melanome entwickeln. Das dafür verantwortliche Onkogen Xmrk und sein physiologisches Gegenstück egfrb liegen eng gekoppelt (< 0,6 cM) in der Geschlechtsbestimmungsregion von X. maculatus. Die Kopplungsgruppe umfasst noch weitere Loci wie den geschlechtsbestimmenden Locus SD, den Locus RY für rötliche und gelb-bräunliche Farbmuster und den Locus Mdl, der außer schwarzen Pigmentflecken auch noch den Bildungsort und die Schwere der Melanome in Hybriden mit X. helleri steuert. Die enge Kopplung dieser Loci entspricht einem physikalischen Abstand von ca. 1 Megabase (Mb) und ermöglicht eine Strategie der positionellen Klonierung der von diesen Loci kodierten Gene. Die Analyse großer Cosmid- und BAC- (Bacterial Artificial Chromosome) Contigs, welche im Rahmen dieser Arbeit erstellt wurden und die mehr als 1 Mb sowohl des X- als auch des Y-Chromosoms des Platys X. maculatus abdecken, zeigte eine hohe Dichte von Retroelementen und anderen repetitiven Sequenzen, besonders im Bereich des dominanten Onkogens Xmrk und in einer durch das duplizierte Gen ps-criptY gekennzeichneten, Y-spezifischen Region. Außerdem konnte gezeigt werden, dass eines dieser Elemente (XIR) spezifisch auf dem Y-Chromosom akkumuliert, was möglicherweise einen frühen Schritt der Differenzierung der Geschlechtschromosomen des Platys darstellt. Es konnten mehrere Duplikationsereignisse in diese Region nachgewiesen werden. Erstens wurde egfrb dupliziert, dessen Kopie zum Onkogen Xmrk wurde. Zweitens konnte die mehrfache Duplikation eines Melanocortin-Rezeptorgens mc4r nachgewiesen werden, von dem 9 Kopien auf dem X-Chromosom in einer Tandem-ähnlichen Struktur vorliegen und mindestens 9 Kopien auf dem Y-Chromosom. Mindestens 11 der insgesamt 19 Kopien besitzen nicht unterbrochene offene Leseraster, deren konzeptionelle Translationsprodukte die strukturellen Charakteristika funktionaler Rezeptoren zeigen. Drittens wurde das autosomale Gen cript dupliziert und liegt nun in jeweils einer Kopie (ps-cript1) direkt stromabwärts von Xmrk auf beiden Geschlechtschromosomen und in einer zusätzlichen Kopie auf dem Y-Chromosom (ps-criptY), wo es eine Region mit Syntenie zum menschlichen Chromosom 2p markiert. Andere potentielle Gene zeigen Homologien zu den menschlichen Genen CHRNA, CHRND und TMEFF und lassen auf eine syntenische Region zum menschlichen Chromosom 2q schließen. Diese Region ist involviert in autosomale Geschlechtsumkehr im Mensch, allerdings wurde noch kein dafür verantwortliches Gen identifiziert. Die in dieser Arbeit vorgelegten Ergebnisse der Analyse von Sequenzen in der geschlechtsbestimmenden Region von X. maculatus bilden die Basis für ein tieferes Verständnis der Mechanismen, die zur Plastizität der von der Xmrk-SD-Region vermittelten Eigenschaften führen. Auf dieser Grundlage sollten zukünftige Arbeiten zur Identifizierung des Mastergens der Geschlechtsbestimmung führen. Die Identifizierung dieses neuen Gens könnte außerdem zur Aufklärung anderer Geschlechtsbestimmungsmechanismen innerhalb der Fische beitragen, was besonders im Hinblick auf kommerziell genutzte Arten z.B. in der Aquakultur großen Nutzen bringen kann. Einige der analysierten Gene der Xmrk-Region zeigen geschlechtsspezifische Expressionsmuster, allerdings steht die funktionelle Analyse noch am Anfang. Phänotypen, die mit Pigmentmusterbildung und dem Zeitpunkt der sexuellen Reifung in Zusammenhang stehen, könnten auf den in dieser Arbeit identifizierten Melanocortin-Rezeptoren (mc4r) beruhen. Ihre strukturellen Eigenschaften und Expressionsmuster weisen auf ihre mögliche Rolle in einem oder mehreren dieser Vorgänge hin. Verglichen mit den nicht duplizierten Melanocortin-Rezeptoren anderer Vertebraten könnte die ungewöhnlich hohe Anzahl an Kopien als Grundlage für evolutionäre Veränderungen dieser Gene dienen. Obwohl ihre Funktionalität noch gezeigt werden muss, könnten diese Kopien typische evolutionäre Veränderungen duplizierter Gene wie die Übernahme einer neuen Funktion durch das Codieren neuer Proteine nach Mutationen, die Reduktion ihrer Funktion durch die auf weniger Gewebe eingeschränkte Expression und den Verlust ihrer Funktion durch Mutationen, die das Leseraster unterbrechen, zeigen.
Der MHC der Lewis.1F-Ratte (RT1f) stimuliert die präferentielle Expansion von CD8-T-Zellen, die das V-Segment 8.2 (AV8S2) der TCR-alpha-Kette verwenden. Sowohl als Folge der positiven thymischen Selektion in der Lewis.1F-Ratte (LEW.1F) wie auch bei der RT1f-Alloerkennung. Es war Ziel dieser Arbeit, das MHC Kl. I-Molekül der LEW.1F-Ratte, das diese präferentielle Expansion von AV8S2-Zellen induziert, zu klonieren sowie die Kontaktpunkte der Interaktion zwischen dem MHC-Molekül und AV8S2 zu kartieren. Über RT-PCR wurde ein MHC-I-Gen der LEW.1F-Ratte (RT1.Af) isoliert, sequenziert und zusammen mit einem anderen MHC-I-Gen aus der LEW.1F-Ratte (A2f) analysiert, das von einer Arbeitsgruppe aus Babraham (Cambridge, UK) gefunden worden war. Durch einen Nukleotidsequenz-Vergleich von Af und A2f mit bekannten Ratte-MHC-I-Genen konnte gezeigt werden, daß die Sequenzen beider charakteristisch für Ratte-MHC-I-Gene sind. Beide Moleküle wurden stabil in L-Zellen, rCD80-transfizierte P815-Zellen und T-Zellhybridomen (THO35/1) exprimiert. Die serologische Charakterisierung mit 19 RT1f-reaktiven Alloantikörpern ergab, daß sich die LEW.1F-Serologie alleine durch Af erklären läßt. In einem Zytotoxizitätstest mit LEW.1F-reaktiven zytotoxischen T-Lymphozyten, wurde Af spezifisch erkannt, A2f dagegen nicht. Serologie und Zytotoxizitätstest zeigen, daß die RT1f-spezifische Alloerkennung das Af-Molekül fokussiert, A2f unbedeutend scheint. Möglicherweise, da dieses Molekül in der LEW.1F-Ratte nur schwach exprimiert ist. Die Interaktion von Af und A2f mit AV8S2-Zellen wurde mittels einer MLR (gemischte Lymphozytenreaktion) in der Alloerkennung untersucht: Af, nicht aber A2f, stimuliert die präferentielle Expansion AV8S2-positiver CD8-T-Zellen in der Alloreaktion. Somit ist Af als das Molekül identifiziert, daß die Überselektion von AV8S2-Zellen vermutlich auch in der thymischen Repertoire-Selektion induziert. Zur Kartierung der Af/AV8S2-Interaktion wurden Hybridmoleküle aus Aa und Af gentechnisch hergestellt: Aa und Af unterscheiden sich extrazellulär nur in sieben Aminosäuren, die konzentriert auf zwei Regionen des MHC-Moleküls liegen: "Region I" (AS 62, 63, 65, 69, 70) und "Region II" (167, 169). Aa stimuliert keine präferentielle AV8S2-Zell-Expansion, daher muß die charakteristische Kombination dieser sieben Aminosäuren für die präferentielle Interaktion mit AV8S2-positiven CD8-T-Zellen ausschlaggebend sein. Durch MLRs mit Hybrid-exprimierenden Stimulatorzellen wurde gezeigt, daß beide Regionen zur präferentiellen Expansion AV8S2-exprimierender CD8-T-Zellen beitragen. Durch den Vergleich mit anderen Daten unseres Labors konnte dargelegt werden, daß die beta-Kette zur präferentiellen Interaktion von AV8S2-Zellen mit Af keinen spezifischen Beitrag leistet. Ebenso unbeteiligt ist die Komplementarität-bestimmende Region 2 (CDR2) der alpha-Kette. Die charakteristischen Sequenzen von CDR1alpha und CDR3alpha dagegen sind für die präferentielle Expansion von AV8S2-positiven CD8-T-Zellen durch Af essentiell.
Die c-Jun-N-terminale Kinase (JNK), ein Mitglied der Familie der MAP-Kinasen (Mi-togen Activated Protein Kinases), wirkt als signalübertragender Effektor, der den klei-nen GTPasen der Rho–Familie Rac und Cdc42 nachgeschaltet ist. Rho-GTPasen spielen eine Schlüsselrolle in der Regulation von zellulären Aktinstrukturen und steuern Prozesse in der Zelle, die Änderungen der Aktinstruktur erfordern, wie z.B. Änderungen der Zellmorphologie, Zellmigration, Wachstum und Differenzierung. Genetische Studien an der Fruchtfliege Drosophila melanogaster konnten eine Rolle des Drosophila-JNK-Homologs DJNK(basket) in der Regulation von Zellbewegungen und Zellmorphologieänderungen während der Drosophila-Embryogenese zeigen. Inhibierung der Funktion von DJNK auf allen Stufen der DJNK-Signaltransduktions-kaskade führt zum sogenannten dorsal closure-Phänotyp der Embryonen mit fehlender Zellstreckung und fehlender Migration dorsaler Epithelzellen. Der molekulare Mechanismus, mit dessen Hilfe Rho-GTPasen Aktinstrukturen regu-lieren und wie JNK Einfluss auf Zellmorphologie und Zellbewegung nimmt, ist bisher nicht bekannt. Die Identifizierung neuer, mit JNK interagierender Proteine könnte zum besseren Verständnis der Funktion und Regulation von JNK führen. In dieser Arbeit wurde ein Yeast-Two-Hybrid-Screen mit dem Drosophila-Homolog DJNK/basket durchgeführt, der zur Entdeckung des Drosophila-Proteins p150-Spir als Interaktionspartner von DJNK führte. Der C-terminus des p150-Spir-Proteins enthält eine JNK-Interaktionsdomäne, ein DEJL-Motiv (Docking Site for Erk and JNK, LxL) und wird von aktivierten JNK-Proteinkinasen phosphoryliert. p150-Spir ist ein Multi-Domänen-Protein, das in seiner aminoterminalen Hälfte eine Aufeinanderfolge von vier WH2-Domänen (Wiskott Aldrich Homology Domain 2) enthält. WH2-Domänen binden monomeres Aktin, Proteine mit WH2 Domänen, wie z.B. WASP oder WAVE sind Aktinreorganisatoren. Die transiente Überexpression von p150-Spir in NIH3T3-Mausfibroblasten führt ebenfalls zu einer Aktinreorganisation. Eine weitere Domäne in p150-Spir ist eine modifizierte FYVE-Zinkfinger-Struktur (mFYVE) im zentralen Bereich des Proteins, die für die subzelluläre Lokalisation von p150-Spir von Bedeutung ist. Mutationen, welche die Zinkfingerstruktur zerstören, führen bei Überexpression in NIH3T3-Zellen zu einer zytoplasmatischen Lokalisation der mutierten p150-Spir-Proteine, während Wildtyp-p150-Spir perinukleär akkumuliert. Spir-Proteine sind evolutionär hoch konserviert. Es konnten Spir-ähnliche Sequenzen auf den humanen Chromosomen 16 und 18, in der Maus und in der Seescheide Ciona savignyi gefunden werden. Der höchste Grad an Konservierung besteht im Bereich der funktionellen Proteindomänen. Ein in allen Spir-Proteinen ent-haltenes, als Spir-Box bezeichnetes hoch konserviertes Sequenzmotiv befindet sich unmittelbar vor dem mFYVE-Zinkfinger. Die Spir-Box zeigt Strukturverwandschaft zur Rab-GTPase-Bindungsregion in Rabphilin 3A, einem Protein, das ebenfalls eine FYVE-Domäne besitzt. Rab-GTPasen sind wie FYVE-Domänenproteine in die Regulation zellulärer Vesikeltransportprozesse involviert. Das Vorhandensein beider Do-mänen in p150-Spir deutet auf eine Rolle des Proteins in zellulären Transportprozes-sen hin. Ein denkbares Modell wäre, daß p150-Spir unter der Kontrolle von JNK-Signalen zelluläre Aktinstrukturen reguliert, die für Transportprozessse in der Zelle von Bedeutung sind; p150-Spir fungiert damit möglicherweise als direktes Bindeglied zwischen MAPK-Signaltransduktionskaskaden und dem Aktinzytoskelett.
Das Hereditäre Angioödem (HAE) ist eine seltene autosomal dominante Erkrankung, die durch einen angeborenen quantitativen oder funktionellen Defekt des C1-Inhibitors (C1-INH) verursacht wird. Das C1-INH-Protein, ein Serin Protease Inhibitor (Serpin) ist der einzige Inhibitor der C1s und C1r Komponenten des klassischen Wegs der Komplementaktivierung. Weiterhin reguliert er die Aktivierung der Faktoren XI und XII im intrinsischen Teil der Blutgerinnung und die Generierung von Kallikrein im Kontaktsystem. Durch die fehlende Kontrolle dieser Systeme kommt es zur vermehrten Bildung vasoaktiver Substanzen, die für die charakteristischen Symptome wie rezividierende, nicht juckende Schwellungen der Haut und Schleimhäute sowie krampfartige Schmerzen im Abdomen verantwortlich sind. HAE-Attacken werden durch psychologischen und/oder physiologischen Stress ausgelöst und manifestieren sich häufig isoliert im Kehlkopfbereich, wobei die Gefahr des Erstickens durch ein Larynx- oder Glottisödem droht. Die vorliegende Arbeit beschreibt die C1-INH-Genanalyse von 208 Familien mit 359 Mitgliedern, die aufgrund der Differentialdiagnose HAE zwischen 1999 und 2005 von spezialisierten klinischen Zentren eingesandt wurden. Bei 32 Patienten wurden durch Southern-Blot und dHPLC Untersuchungen große Deletionen des C1-INH-Gens nachgewiesen. Weiterhin wurden durch Komplett-Sequenzierung der 8 Exons und angrenzenden Intronbereiche des Gens identifiziert. Bei 96 Familien mit 172 Mitgliedern wurden 80 verschiedene Punktmutationen nachgewiesen, die bei Abschluss der vorliegenden Arbeit nicht in der Literatur beschrieben waren. Die HAE-Datenbank kann als Folge auf insgesamt 279 bekannte Mutationen im C1-INH-Gen erweitert werden. Da viele Patienten Missense-Mutationen unbekannter Kausalität aufwiesen, wurden 29 anhand ihrer Lokalisation oder Homologie ausgewählte Mutationen durch zielgerichtete Mutagenese in einen Expressionvektor eingefügt und anschließend in HEK-293 Zellen exprimiert. Die Funktion der rekombinanten Proteine wurde mittels eines C1-INH-Aktivitäts-Assays überprüft. Während bei den meisten rekombinant exprimierten mutanten Proteinen die Kausalität für das HAE durch sehr geringe C1-INH-Restaktivitäten bestätigt werden konnten, zeigten einige mutante Proteine kaum beeinträchtige Aktivitäten. Die zugrunde liegenden Punktmutationen dürften deshalb sehr seltene Polymorphismen sein. Um weiteren Aufschluss über die Auswirkungen der verschiedenen Mutationen zu erhalten, wurden diese in ein 3D-Modell des C1-INH eingebaut und mit einem wildtypischen C1-INH-Modell verglichen. Das verfügbare Modell, das nicht auf Strukturdaten, sondern auf der Homolgie zu anderen Serpinen beruht und nur die Serpindomäne erfasst, erwies sich jedoch bei einigen inaktivierenden Mutationen als unzureichend bzw. unvollständig. Die C1-INH-Gendiagnostik konnte in den meisten Fällen eine Mutation bei den betroffenen Familien nachweisen und auch Mutationsträger vor der Erstmanifestation lebensbedrohender Symptome identifizieren. Die rekombinante Expression und Aktivitätsmessung mutanter C1-INH-Proteine ist ein nützliches Hilfsmittel um die Kausalität von Missense-Mutationen aufzuklären und liefert wertvolle Einblicke in die Funktion individueller Aminosäuren im C1-INH-Protein.