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Der humane, monoklonale IgG Antikörper BARB-4 konnte mit Hilfe der Hybridomatechnologie aus einem an Magenkarzinom erkrankten Patienten isoliert werden. BARB-4 stellt aufgrund seiner Keimbahnkodierung einen Bestandteil der innaten Immunität dar und ist eines der wenigen tumorspezifischen IgG Immunglobuline, die diesem Teil des Immunsystems zugeordnet werden können. Innerhalb dieser Arbeit konnte die Zielstruktur des Antikörpers identifiziert und näher charakterisiert werden. Das BARB-4 Antigen wurde hierbei über ein affinitätschromatographisches Verfahren aus Tumorzellmembranextrakten aufgereinigt und anschließend mittels MALDI-MS über die Peptidmassen-Fingerprint Methode analysiert. Das dabei isolierte Protein konnte eindeutig als humanes TAF15 identifiziert werden. Diese auf der Zellmembran von Tumoren exprimierte TAF15 Variante besitzt ein Molekulargewicht von etwa 78 kDa. Sie kommt im Gegensatz zum Wildtyp exklusiv in Tumorzellen vor und konnte nicht in Normalgewebe nachgewiesen werden. Immunhistochemische Untersuchungen mit BARB-4 und Anti-TAF15 Antikörper auf Tumor- und Normalgewebe deuteten dabei auf eine Koexistenz von Wildtyp und tumorspezifischer TAF15-Variante in malignem Gewebe hin und legten somit eine tumorspezifische Modifikation des TAF15BARB-4 nahe. Ein Carbohydrat-Epitop, wie es sehr häufig bei den natürlichen IgM Antikörpern vorkommt, konnte hier jedoch ausgeschlossen werden. In funktionellen Analysen konnte gezeigt werden, dass die Bindung des BARB-4 Antikörpers auf Tumorzellen einen Einfluss auf diverse zelluläre Prozesse ausübt. Durch die Bindung hemmte der Antikörper das Zellwachstum von Tumorzellen und induzierte deren Apoptose. Weitere interessante Eigenschaften des BARB-4, die bei Tumorzellen beobachtet werden konnten, sind vor allem für metastasierende Zellen von Bedeutung. Nach erfolgter Antikörperinkubation konnte bei Tumorzellen eine Inhibierung der Zelladhäsion und der Zellbeweglichkeit nachgewiesen werden. Diese beiden zellulären Prozesse sind wichtig für sich im Körper ausbreitende, maligne Zellen. In allen durchgeführten Analysen handelte es sich um vom Antikörper direkt vermittelte Effekte. Weitere Untersuchungen wurden durchgeführt, um das Bindungsverhalten des Antikörpers genauer charakterisieren zu können. Immunfluoreszenzanalysen zeigten dabei, dass der Antikörper BARB-4 nach der Bindung an die Tumorzellmembran internalisiert wird. Die Erforschung des BARB-4 Antikörpers und seiner Zielstruktur TAF15BARB-4 auf Krebszellen ermöglicht sowohl neue Einblicke in die Funktionsweise der innaten Immunität als auch neue Optionen für die zielgerichtete Tumortherapie. Die Identifizierung einer extrazellulären, tumorspezifischen TAF15 Variante bietet eine neue Möglichkeit für Diagnostik- und Therapieansätze. Durch die exklusive Expression auf Tumorzellen ermöglicht diese TAF15-Variante gezielt maligne Zellen zu attackieren ohne dabei gesunde Zellen zu beeinflussen. Durch das Vorkommen des TAF15BARB-4 in den verschiedensten Tumorentitäten könnte diese Zielstruktur für die Therapie vieler unterschiedlicher, maligner Erkrankungen genutzt werden. Aufgrund seiner funktionellen Eigenschaften, wie der Hemmung der Tumorzellmotilität und Tumorzelladhäsion, könnte der BARB-4 Antikörper besonders für die Prävention einer Metastasierung von Bedeutung sein.
Die Entstehung maligner Zellen durch irreversible genetische Veränderungen ist ein allgegenwärtiger Prozess im menschlichen Organismus. Allein die spontane Mutationsrate genügt um in einem Organismus permanent transformierte Zellen entstehen zu lassen, welche den Körper in kürzester Zeit überschwemmen würden. Auch wenn bestimmte genetische Schäden frühzeitig durch Reparaturmechanismen beseitigt werden und sich nicht jede transformierte Zelle in einem Tumor manifestiert, so ist die eigentliche Frage nicht, warum Krebs entsteht, sondern warum er bei der hohen Mutationsrate so selten auftritt. Verantwortlich für die frühe Erkennung und Beseitigung transformierter Zellen ist das körpereigene Immunsystem, das in der Lage ist die meisten aberranten Zellen zu entfernen, sodass der manifeste Tumor die Ausnahme und nicht die Regel ist. Der menschliche Organismus verfügt über ein angeborenes und ein erworbenes Immunsystem. Bis heute ist nicht eindeutig geklärt, ob maligne Zellen mit ihren veränderten Oberflächenstrukturen erst eine Immunantwort induzieren müssen oder ob, wie bei der Abwehr infektiöser Partikel, die angeborene Immunität für die Beseitigung von Tumorzellen verantwortlich ist. Die in dieser Arbeit verwendete humane Hybridoma Technologie (Immortalisierung menschlicher Lymphozyten und Isolierung monoklonaler Antikörper) bietet die einzigartige Möglichkeit, sowohl aus an Krebs erkrankten Patienten als auch aus gesunden Probanden tumorspezifische Antikörper zu isolieren und durch deren genauere Charakterisierung Einblicke in die humorale Immunität gegen maligne Zellen zu erhalten. In der vorliegenden Arbeit werden fünf humane monoklonale Antikörper beschrieben, die aus verschiedenen Tumorpatienten gewonnen wurden, sowie zwei Antikörper, die aus gesunden Probanden isoliert werden konnten. In allen Fällen erwiesen sich die Antikörper als tumorspezifisch, d.h. sie reagieren nicht mit gesundem Gewebe und sind demnach keine Autoantikörper. Es handelt sich weiterhin in allen Fällen um Antikörper des IgM-Isotyps; es konnten keinen Antikörper anderer Ig-Klassen isoliert werden. Genetische Analysen ergaben, dass alle isolierten Antikörper gering oder gar nicht mutiert waren, was bedeutet, dass sie nicht durch Stimulation affinitätsgereift sind. Zudem konnte demonstriert werden, dass alle Antikörper Apoptose von Tumorzellen induzieren und dass sie an eine Zuckerkette ihrer Antigene binden oder solche Carbohydrate zumindest entscheidend in die Bindung involviert sind. Die Eigenschaften der in dieser Arbeit beschriebenen Antikörper wurden mit anderen bereits etablierten IgM-Antikörpern verglichen. Hierbei stellte sich heraus, dass alle Antikörper, welche sich als tumorspezifisch erwiesen, ähnliche Eigenschaften zeigen. Interessant ist zudem die Beobachtung, dass die Keuzreaktion der Antikörper, also ihre Reaktion mit anderen Tumorgeweben, reziprok mit dem Mutations-grad korreliert ist. Je mehr Mutationen ein Antikörper aufweist, desto eingeschränkter und spezifischer sind demnach seine Reaktionen mit anderen Tumoren. Dies deutet darauf hin, dass auch innerhalb der Keimbahn-kodierten Antikörper durch vereinzelte Mutationen eine höhere Variabilität erzeugt werden kann. Ähnlich wie bei der Affinitätsreifung der erworbenen Immunität scheint sich auch hier die Spezifität mit der Anzahl der Mutationen zu erhöhen. Zusammenfassend weisen die erhaltenen Ergebnisse darauf hin, dass zumindest die humorale Immunität gegen maligne Zellen das Resultat der angeborenen Immunität ist und nicht von Tumorzellen induziert wird. Dies bedeutet zudem, dass Moleküle wie natürliche Antikörper in der Immunität eine viel größere Rolle spielen als bisher angenommen. Ähnliche Ergebnisse wurden bereits bei der Untersuchung der Immunität gegen bakterielle Antigene erzielt, sodass hier vermutet werden kann, dass die gleichen Mechanismen zugrunde liegen wie bei der Abwehr transformierter Zellen. Darüber hinaus wird die Frage beantwortet, warum ein manifester Tumor eine Ausnahme bleibt. Die angeborene, primäre Immunität verfügt über ein existierendes Repertoire an Rezeptoren, welche eine ausreichende Variabilität aufweisen, und muss daher nicht erst über ein komplexes System von Erkennung und Stimulation, wie die adaptierte Immunität, induziert werden. Dieser logistische Vorsprung der natürlichen Immunität garantiert eine permanente Überwachung und eine schnelle Reaktion gegenüber veränderten Zellen und fremden Partikeln.