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Die Lamina ist ein Netzwerk aus Lamin-Proteinen und befindet sich unterhalb der inneren Kernmembran. Die Lamine A/C, die zu den Typ V Intermediärfilamenten gehören, spielen eine wichtige Rolle bei der Aufrechterhaltung der strukturellen Integrität des Zellkernes sowie der Chromatinorganisation, der Transkription, der DNA-Replikation, der Differenzierung und der Genomstabilität. In den letzten Jahren wurden über 200 verschiedene Mutationen im Lamin A/C kodierenden LMNA Gen gefunden, die mehr als 10 unterschiedliche Krankheiten, die so genannten Laminopathien, auslösen können. Zu diesen Laminopathien zählen unter anderem die Emery-Dreifuss-Muskeldystrophie (EDMD) und das Progerie-Syndrom. Die Mutation LMNA S143F In dieser Arbeit wurde zunächst die Punktmutation LMNA S143F, die in der N-terminalen Domäne des Lamin A/C lokalisiert ist, näher untersucht. Diese Mutation ist der Auslöser von einzigartigen phänotypischen Merkmalen einer frühen Myopathie sowie einer Progerie. Strukturelle Analysen mit dem Elektronenmikroskop ergaben, dass die primären dermalen Fibroblasten der Laminopathie-Patientin morphologisch veränderte Zellkerne hatten. In Abhängigkeit von S143F Lamin A/C konnte in den Patientenfibroblasten eine abnormale Lokalisation der Kernproteine Nesprin2 Giant und den kürzeren Nesprin2-Isoformen nachgewiesen werden. Darüber hinaus konnten wir beobachten, dass eine reduzierte Expression von Nesprin2 Giant eine Rolle bei der Ausprägung der morphologischen Kerndeformationen spielte. Patientenzellen, die Nesprin2 Giant in hohem Maße exprimierten, zeigten keine Deformationen des Zellkerns und eine normale Verteilung verschiedener Kernproteine. FRAP-Analysen in vivo und biochemische Proteinextraktionsstudien des S143F-Lamin A/Cs in vitro zeigten eine verringerte Mobilität und Dynamik, sowie eine reduzierte Löslichkeit von S143F Lamin A/C gegenüber wildtypischem Lamin A/C. Die Mutation LMNA S143F liegt im Außenbereich der coiled-coil-Struktur des Lamins. Dadurch führt der Austausch der neutralen AS Serin durch die große hydrophobe AS Phenylalanin nicht zu einer Störung in der Dimer-bildung, sondern zu einer Beeinflussung der Formierung zu Protofilamenten bzw. höheren Strukturen. Dies konnte durch in vitro Untersuchungen von rekonstituierten Parakristallen aus S143F Lamin A/C dargestellt werden, die eine Veränderung des transversalen Bänderungs-musters aufwiesen. Zusammengenommen zeigen die Resultate, dass die Mutation LMNA S143F die Lamin-A-Polymerisation beeinflusst und dadurch die Dynamik und Mobilität der Typ A-Lamine beeinträchtigt. Außerdem konnte erstmals nachgewiesen werden, dass das Nesprin2 Giant Protein eine essentielle Rolle in der Pathogenese von Laminopathien einnimmt, indem es die Struktur des Zellkerns verstärkt und als struktureller „Gegenspieler“ zu Lamin A/C fungiert. Die Mutation LMNA R545C Die Punktmutation LMNA R545C, die in der C-terminalen Domäne des Lamin A/C lokalisiert, ist Auslöser eines sehr gravierenden Phänotyps der autosomal dominanten Form der Emery- Dreifuss-Muskeldystrophie (AD-EDMD). Strukturelle Analysen ergaben, dass die primären Myoblasten des EDMD-Patienten morphologisch veränderte Zellkerne haben. Ein Vergleich von deformierten Kernen aus Zellen mit verschiedenen Laminopathie-auslösenden Mutationen wie LMNA R545C, LMNA S143F und LMNA R377H zeigten allerdings, dass die untersuchten Mutationen nicht immer zu gleichen abnormalen Phänotypen der Kernmorphologie, sondern zu divergenten Ausprägungen der morphologischen Kernveränderungen in Patientenzellen führten. Immunfluoreszenzanalysen ergaben, dass auch die Proteine Lamin A/C und Emerin in den Patientenzellen eine fehlerhafte Verteilung aufwiesen und „Honigwabenmuster“ ausbildeten. Interessanterweise konnte auch eine vom Alter der Zellen abhängige Akkumulation der 20S-Untereinheit des Proteasoms in kleine nukleäre Foci beobachtet werden. Diese Foci kolokalisierten weitgehend mit den promyelotischen Leukämie-Körperchen (PML). In den Patientenmyoblasten war der CDK-Inhibitor p21 stark angereichert, was ein Hinweis auf eine Beeinträchtigung der proteasomalen Funktion ist. Nach Kultivierung der Patientenmyoblasten in Minimalmedium zeigten diese eine eingeschränkte Fähigkeit zur ex-vivo Differenzierung zu Myotuben. Dementsprechend war die Expression des Myogenese-spezifischen Transkriptionsfaktors Myogenin, sowie des Proliferationmarkers hypophosphoryliertes Retinoblastoma-Protein in Patientenmyoblasten nicht korrekt induziert. Zusammengenommen weisen diese Daten darauf hin, dass auch die Mutation LMNA R545C Einfluss auf die Kernarchitektur und -Proteinverteilung, die Chromatinorganisation, Gen-expression und Funktion des Proteasoms einnimmt. Darüber hinaus beeinträchtigte die Mutation LMNA R545C die Fähigkeit zur korrekten Proliferation und Differenzierung der Myoblasten, welches eine potentielle Rolle in der Pathogenese von Laminopathien einnimmt.
Die Lamina ist ein dichtes Netzwerk aus Intermediär-Filamenten, den Laminen, an der nucleoplasmatischen Seite der inneren Kernmembran. Hier interagieren Lamine sowohl mit Transmembran-Proteinen der Kernhülle als auch mit dem Chromatin. Diese Wechselwirkungen mit Interaktionspartnern verschiedener zellulärer Kompartimente macht die Lamina, neben einer Gerüststruktur mit wichtigen mechanische Aufgaben, auch zu einer zentralen Schnittstelle von Signalwegen, die eine intrazelluläre Kommunikation zwischen Nucleus und Cytoplasma ermöglichen. Die Lamina ist somit ein entscheidender Regulator der funktionellen Organisation des Chromatins und der differentiellen Genexpression. Das Expressionsmuster der Lamine während der Spermatogenese von Säugern unterscheidet erheblich von der Lamin-Expression somatischer Zellen und weist einige Besonderheiten auf. Dies schließt unter anderem die spezifische Expression der verkürzten A-Typ Lamin-Spleißvariante C2 während der meiotischen Phase der Spermatogenese ein. Diese und andere Beobachtungen deuteten bereits länger darauf hin, dass der speziellen Zusammensetzung der Lamina und vor allem dem meiosespezifischen Lamin C2 während der Gametogenese im männlichen Organismus eine entscheidende Rolle zukommen könnte. Neuere Studien im Mausmodell bekräftigen diese Hypothese und leisten darüber hinaus einen entscheidenden Betrag dazu, die Funktion der Lamina während der Meiose auf molekularer Ebene präzise zu definieren. Im deutlichen Gegensatz zu den weitreichenden Kenntnissen zur Situation in Männchen lagen zu Beginn der vorliegenden Arbeit keine Daten über die Zusammensetzung der Lamina in weiblichen Keimzellen vor. Konsequenterweise existierten auch keine funktionellen Untersuchungen zur Relevanz der Lamina für die Oogenese. In der vorliegenden Arbeit wurden diese reproduktionsbiologisch hoch interessanten Fragestellungen detailliert untersucht. Dabei zeigte sich unter anderem, dass Lamin C2 auch in weiblichen Keimzellen spezifisch während der Meiose exprimiert wird. Durch Studien an einer Lamin C2-defizienten Mauslinie wurde die Funktion von Lamin C2 in der Meiose in Weibchen genau untersucht. Dabei wurde eine erhebliche Beeinträchtigung der strukturellen Paarung der homologen Chromosomen und der homologen Rekombination in Lamin C2-defizienten Weibchen festgestellt. Da die genannten Prozesse Schlüsselereignisse für die korrekte Segregation der Homologen in späteren Stadien der Meiose sind, deuten die erzielten Ergebnisse auf eine erhebliche qualitative Beeinträchtigung der reifen Gameten in Lamin C2-defizienten Weibchen hin. Ein weiterer zentraler Aspekt der Arbeit war die Analyse der molekularen Eigenschaften des meiosespezifischen Lamin C2 in vitro. Diese Experimente definieren wichtige Unterschiede hinsichtlich seiner Polymerisationseigenschaften im Vergleich zu Laminen somatischer Zellen und tragen, zusammen mit anderen Studien, dadurch erheblich dazu bei, die Funktion von Lamin C2 in der Meiose im mechanistischen Sinne besser zu verstehen. Zudem deckt die vorliegende Arbeit erstmals einen funktionellen Zusammenhang zwischen der Lamina-Zusammensetzung und der Qualität der Keimzellen weiblicher Säuger auf und ermöglicht dadurch zukünftige Studien zur Rolle der Lamine in der Oogenese, die möglicherweise auch für die menschliche Fertilität sehr interessant sein könnte. Der zweite Teil der Dissertation beschäftigt sich mit der Beschreibung einer trunkierten A-Typ Lamin-Spleißvariante in einer Mauslinie, die bislang als A-Typ Lamin-defizient angesehen wurde (Lmna-/-). Die durchgeführten Untersuchungen besitzen vor allem dadurch hohe Relevanz, dass die untersuchte Lmna-/- Mauslinie seit Jahren als das wichtigste Modell zur funktionellen Untersuchung der A-Typ Lamine gilt und bereits in einer Vielzahl von Publikationen eingesetzt wurde. In den hierzu durchgeführten Versuchen konnte das in der Lmna-/- Mauslinie persistierende A-Typ Lamin mittels diverser methodischer Ansätze als C-terminale Deletionsmutante definiert werden, der die Exons 8-11 der insgesamt 12 Exons des Lmna-Gens fehlen. Daher wurde diese Lamin A-Mutante als Lamin AΔ8-11 bezeichnet. Die Konsequenzen der C-terminalen Deletion für die physiologischen Eigenschaften des Lamin Adelta8-11 sowie die Auswirkungen seiner Expression in der Lmna-/- Mauslinie auf aktuelle Modellvorstellungen zur Funktion der A-Typ Lamine und zur Entstehung Lamin-assoziierter, humaner Erkrankungen (Laminopathien) werden in der Arbeit ausführlich diskutiert.