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Die osteoinduktive Wirkung von „Bone morphogenetic protein 2“ (BMP-2) und der regulative Einfluss des Faktors „Transforming growth factor beta 1“ auf das physiologische Remodelling des Knochens sind durch zahlreiche In-vitro- und In-vivo-Untersuchungen belegt. Die gentechnische Modifikation der N-terminalen Aminosäuresequenz von rekombinantem, im bakteriellen System (E. coli) exprimiertem BMP-2 (rh-BMP-2) führt zu rh-BMP-2-Varianten mit verstärktem (T3 und T4) bzw. nicht mehr messbarem (EH-BMP) Bindungsvermögen zur extrazellulären Matrix und verändert somit die Retentionszeit dieser Morphogene im Gewebe. In der vorliegenden Arbeit sollte die osteoinduktive Potenz der genannten BMP-Varianten (T3, T4, EH-BMP) mit der ihres Wildtyps rh-BMP-2 verglichen werden. Zudem war zu untersuchen, ob ein Zusammenhang zwischen applizierter Wirkstoffmenge und dem Ausmaß der induzierten Osteogenese vorliegt, und zu zeigen, dass dieser durch gemeinsame Applikation der verwendeten Morphogene mit dem nicht osteoinduktiven Wachstumsfaktor rh-TGF-ß-1 zu steigern ist. Hierzu wurden zylinderförmige (Länge l=10mm, Durchmesser Ø=5mm), bovine EXKK-Träger (extrahiertes, xenogenes Knochen-Kollagen) mit den genannten BMPs, TGF-ß-1 und Kombinationen dieser Wachstumsfaktoren bestückt und für 28 Tage in die Oberschenkelmuskulatur von 50 Sprague-Dawley-Ratten implantiert. Jedes Tier erhielt eine mit 2µg bzw. 4µg des jeweiligen BMPs dotierte Probe und einen zusätzlich, entsprechend dem Massenverhältnis von 20:1 mit 100ng, bzw. 200ng rh-TGF-ß-1 beladenen Träger auf der kontralateralen Seite. Als Kontrolle wurden unbehandelte bzw. nur mit rh-TGF-ß-1 (10µg und 20µg) dotierte EXKK-Zylinder eingebracht. Durch am 5., 11., 17., 23. und 28. Tag post OP durchgeführte Röntgenkontrollen konnten Beginn, Verlauf und Geschwindigkeit der ablaufenden Osteoinduktionsprozesse bewertet werden. Mittels zwei- und dreidimensionaler radiologischer Methoden, labortechnischer und histologischer Auswertungsschritte wurden zudem die in den am 28. Tag post OP explantierten Zylindern vorhandenen Knochenformationen auf ihre Menge, ihre Dichte, ihren Kalziumgehalt und ihre histologische Qualität hin untersucht. Durch Röntgen der histologischen Schnitte wurde ein direkter Vergleich histologischer Strukturen mit ihrer röntgenologischen Darstellung möglich. Für die undotierten EXKK-Träger und die nur mit rh-TGF-ß-1 rekonstituierten Proben ergab sich weder nach röntgenologischer noch nach histologischer Auswertung ein Anhalt auf osteoinduktive Aktivität. Alle außer den mit EH-BMP dotierten Proben zeigten schon ab dem 11. Tag post OP signifikante Knochenneubildungen. BMP-2 und T4 führten, gefolgt von T3, insgesamt zur schnellsten und mengen-, kalzium- und dichtemäßig am stärksten ausfallenden Osteoneogenese. Bei Verwendung von 4µg Morphogen und Zusatz von rh-TGF-ß-1 erreichten rh-BMP-2 und T4 bereits am 23. Tag post OP die auch zu Versuchsende ermittelten Werte. Die Variante EH-BMP lieferte deutlich weniger Knochen und relativ unkonstante Ergebnisse. Die Erhöhung der implantierten Proteinmenge auf 4µg und der Zusatz von rh-TGF-ß-1 führten im Mittel in allen Auswertungen zur Steigerung von Menge, Dichte, Kalziumgehalt und Bildungsgeschwindigkeit des induzierten Knochens. Die osteoinduktive Ausbeute von BMP-Varianten mit verbesserter Matrixbindung und verlängerter Retentionszeit im Lagergewebe ist für klinische Belange einer einfachen Dosissteigerung der BMP-Wildtypen vorzuziehen. Die Varianten führen früher und bei Verwendung geringerer Morphogenmengen zu einer dem Wildtyp äquivalenten Knochenneubildung. Auch die mitogenen Effekte von rhTGF-ß-1 auf das durch die BMPs determinierte Gewebe haben potenzierend wirkenden Einfluss auf osteoinduktive Effekte. Das Vorhandensein weiterer, an der Regulation des Knochenmetabolismus beteiligter Faktoren deutet auf noch verborgenes therapeutisches Potential hin.
In der vorliegenden Studie wurden biomechanische Versuche an unilateral rekonstruierten Unterkiefern des Göttinger Minischweins durchgeführt. Die 5 cm langen Mandibulardefekte (Critical Size Defects) wurden in vorangegangener Studie mit osteoinduktiven Implantaten direkt versorgt und durch Fixation mit Osteosynthesematerialien stabilisiert. Dotiert wurde der kollagene Träger (EXKK, extrahiertes xenogenes Knochenkollagen; 50x25x15 mm³) mit rekombinantem humanem BMP-2 (400 μg/cm3) bzw. der Mutante T4 (300 μg/cm3). Die Rekonstruktion der Kontrollgruppe erfolgte mit autologem Knochen. 12 Wochen postoperativ wurden die Versuchstiere geopfert und die Kiefer explantiert. Die Testung der Präparate im Drei-Punkt-Biegeversuch zeigte biomechanisch äußerst belastbare Knochenregenerate. Differenziert nach E-Modul und maximal tolerierter Krafteinwirkung erreichten die mit osteoinduktiven Implantaten rekonstruierten Kiefer im Vergleich zur kontralateralen Seite (=100%) Belastungswerte zwischen 55% und 69%. Die Messergebnisse für EXKK+T4 lagen im Mittel 18% (E-Modul) und 19% (maximal tolerierte Krafteinwirkung) über denen für EXKK+rhBMP-2. Bei der ausschließlich mit autologem Knochen rekonstruierten Kontrollgruppe war aufgrund fehlender osteogener Regeneration keine biomechanische Festigkeit nachzuweisen. Durch die verbesserter Ortsständigkeit der Mutante T4 gegenüber rhBMP-2 konnte eine 25%ige Dosiseinsparung (300 μg/cm3 zu 400 μg/cm3) erzielt werden. Es ist für die rechtsseitige Unterkieferrekonstruktion im Göttinger Minischwein gelungen, ein auch unter biomechanischen Gesichtspunkten funktionsstabiles knöchernes Regenerat mithilfe vollständig resorbierbarer, osteoinduktiver Implantate im Critical Size Defect zu implementieren. Der Vorteil dieser Methode ist eine von Beginn an stattfindende, direkte funktionelle Ausrichtung des knöchernen Regenerates an die geforderte Biomechanik des Defektes und der vermeidbare, zur Gewinnung eines Transplantates notwendige, operative Zweiteingriff.
In der vorliegenden Studie wurden zwei neuartige BMP-2 Varianten mit verstärkter Bindung an die extrazelluläre Matrix auf ihre Osteoinduktivität hin untersucht und mit dem Wildtyp verglichen. Hierzu wurden die Morphogene an scheibenförmige Träger (Kollagen Typ I) gebunden in die Muskulatur der vorderen Bauchwand von Ratten implantiert. Über einen Beobachtungszeitraum von 35 Tagen wurden in Intervallen von sieben Tagen die Implantate explantiert und sowohl radiologisch als auch histologisch auf die erzielte Knochenneubildung hin untersucht. Die Morphogene wurden in zwei Konzentrationen (10 µg, 5 µg) implantiert. Bei 5 µg pro Implantat weist die Variante T4 mit vier repitiven Heparin-Bindungsstellen am N-Terminus eine signifikant gesteigerte Osteoinduktivität gegenüber dem Wildtyp und der Variante T3 auf. Diese gesteigerte Knocheninduktion zeigt sich in einer schnelleren Knochenbildung, die bereits an Tag 14 ihr Maximum erreicht und nach einer Plateauphase von circa sieben Tagen einen osteoklastären Knochenabbau mündet. Die Variante T3 zeigt im Röntgenverlauf in der Dosierung von 5 µg keinen signifikanten Unterschied zum Wildtyp BMP-2. In hoher Dosierung erweisen sich die Varianten T3 und T4 als die induktiveren Morphogene. Die Variante T3 zeigt einen zu T4 nahezu identischen Verlauf. Der Wildtyp besitzt eine gegenüber den beiden Varianten deutlich reduzierte Osteinduktivität. Der beobachtete Unterschied ist jedoch statistisch nicht signifikant. Bei allen Proteinen wird die maximal erzielbare Knochenfläche bereits an Tag 14 erreicht. In der darauf folgenden Zeit kommt es durch den osteoklastären Umbau zu einer deutlichen Flächenreduktion (um ca. 30%). In den Untersuchungen konnte bewiesen werden, dass die gentechnische Modifikation des Morphogenes BMP-2 zu einer Steigerung der Osteoinduktivität führen kann. Gentechnologisch hergestellte Modifikationen von Wachstumsfaktoren bieten daher interessante Möglichkeiten der gezielten Beeinflussung der Pharmakokinetik der Faktoren. Sie versprechen ein hohes therapeutisches Potenzial in der rekonstruktiven Knochenchirurgie.