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Die meisten Unfälle mit Personenschaden in der Bundesrepublik Deutschland sind infolge urbaner Verkehrskonflikte zu verzeichnen. Die Mehrzahl dieser Unfälle findet in Kreuzungssituationen statt (sog. Kreuzen-, Einbiege- und Abbiege-Unfälle). Heutige Assistenzsysteme zur Kollisionsvermeidung oder -abschwächung stoßen in diesen Situationen aufgrund der durch bordeigene Fahrzeugsensorik eingeschränkten Möglichkeiten zur Erfassung der Verkehrsumgebung an ihre Grenzen. Diese Einschränkungen ergeben sich beispielsweise durch Sichtverdeckungen (z.B. durch parkende Fahrzeuge oder Häuserreihen, welche die Sicht in Kreuzungsarme verdecken) oder die begrenzte Erfassungsgüte verletzlicher Verkehrsteilnehmer (Fußgänger, Radfahrer oder Motorradfahrer). Zukünftige kooperative Kommunikationstechnologien, basierend auf Fahrzeug-Fahrzeug- und Fahrzeug-Infrastruktur-Kommunikation, ermöglichen es, dem Fahrer auch in komplexen urbanen Konfliktsituationen frühzeitig Informationen über potentielle Gefahrensituationen zu übermitteln. Gleichwohl liegen Konzepte zur Ausgestaltung einer solchen Fahrerunterstützung, die den Fähigkeiten und Bedürfnissen des Fahrers entsprechen, bislang nur vereinzelt vor.
In dieser Arbeit wird deshalb ein neuartiges Konzept zur frühzeitigen Fahrerunterstützung entwickelt und in einer im Fahrsimulator durchgeführten Studienreihe empirisch evaluiert. Ziel ist es, dem Fahrer im Gegensatz zu dringlichen Kollisionswarnungen, wie sie heutzutage beispielsweise im Kontext von Notbremsassistenten verwendet werden, frühzeitig auf drohende Verkehrskonflikte hinzuweisen. Um die Zuverlässigkeit dieser Unterstützung zu erhöhen, soll der Fahrer (1.) so früh wie nötig aber so spät wie möglich, (2.) so spezifisch wie nötig und (3.) so dringlich wie nötig informiert werden. Diese drei zentralen Gestaltungskriterien (Zeitpunkt, Spezifität und Dringlichkeit) wurden in meiner Arbeit in umfassenden Probandenstudien empirisch untersucht, wobei die zu erwartende Unzuverlässigkeit der maschinellen Situationsanalyse und -prädiktion expliziter Bestandteil des Studiendesigns war. Folgende Gestaltungsempfehlungen können, basierend auf den Studienergebnissen, gegeben werden:
Zeitpunkt: Die Fahrerinformationen sollten eine bis zwei Sekunden vor dem letztmöglichen Warnzeitpunkt (t0+1s/2s) präsentiert werden. Noch frühzeitigere Fahrerinformationen führten zu keiner weiteren Wirksamkeitssteigerung. Fahrerinformationen zum letztmöglichen Warnzeitpunkt (t0) hatten keinen positiven Einfluss auf das Fahrverhalten.
Spezifität: Die Fahrerinformationen sollten eine Anzeige der Richtung, aus welcher der Konflikt droht (sog. richtungsspezifische Anzeige), beinhalten. Unspezifische Anzeigen (bloße Anzeige, dass ein Konflikt droht) führten zwar zu vergleichbaren Verhaltenseffekten wie spezifische Anzeigen. Die Anzeige der Konfliktrichtung steigerte jedoch die wahrgenommene Nützlichkeit der Fahrerunterstützung. Falls mit der Ausgabe fehlerhafter Richtungsanzeigen zu rechnen ist, wird dennoch eine unspezifische Anzeigestrategie empfohlen, da fehlerhafte Richtungsanzeigen eine Einschränkung der subjektiven Nützlichkeit zur Folge hatten. Auch die Anzeige der Art des Konfliktpartners führte zu einer höheren subjektiven Nützlichkeit, jedoch berichteten die Fahrer gleichzeitig von einer erhöhten Ablenkungswirkung dieser Anzeigen.
Dringlichkeit: Es sollte ein rein visuelles Anzeigekonzept verwendet werden. Zwar führten dringlichere, visuell-auditive Anzeigen zu einer schnelleren Bremsreaktion als rein visuelle Anzeigen. In Anbetracht der Frühzeitigkeit der Fahrerinformationen war dies zum einen jedoch nicht entscheidend für deren Wirksamkeit. Zum anderen wirkten sich falsche Alarme gerade bei visuell-auditiven Fahrerinformationen negativ auf Bremsreaktion und Wirksamkeit aus.
Fahrzeughersteller haben die Verfügbarkeit sogenannter hochautomatisierter Fahrfunktionen (SAE Level 3; SAE, 2018) in ihren Modellen angekündigt. Hierdurch wird der Fahrer in der Lage sein, sich permanent von der Fahraufgabe abzuwenden und fahrfremden Tätigkeiten nachzugehen. Allerdings muss er immer noch als Rückfallebene zur Verfügung stehen, um im Fall von Systemgrenzen oder -fehlern (siehe Gold, Naujoks, Radlmayr, Bellem & Jarosch, 2017), die Fahrzeugkontrolle zu übernehmen. Das Übernahmeerfordernis wird dem Fahrer durch die Ausgabe einer Übernameaufforderung vermittelt. Die Übernahme der manuellen Fahrzeugführung aus dem hochautomatisierten Fahren stellt aus psychologischer Sicht einen Aufgabenwechsel dar. Bei der Untersuchung von Aufgabenwechseln im Bereich der kognitiven und angewandten Psychologie zeigte sich vielfach, dass Aufgabenwechsel mit verlängerten Reaktionszeiten und erhöhten Fehlerraten assoziiert sind. Für den Anwendungsfall des automatisierten Fahrens liegen ebenfalls eine Reihe empirischer Studien vor, die darauf hinweisen, dass der Wechsel zum manuellen Fahren mit einer Verschlechterung der Fahrleistung gegenüber dem manuellen Fahren verbunden ist. Da Erkenntnisse vorliegen, dass eine Vorbereitung auf den Aufgabenwechsel die zu erwartenden Kosten verringern kann, ist das Ziel dieser Arbeit die Konzeption und empirische Evaluation einer Mensch-Maschine-Schnittstelle, die Nutzer hochautomatisierter Fahrzeuge durch frühzeitige Vorinformationen über Systemgrenzen auf die Kontrollübernahme vorbereitet.
Drei Experimente im Fahrsimulator mit Bewegungssystem betrachteten jeweils unterschiedliche Aspekte frühzeitiger Vorinformationen über bevorstehende Übernahmen. Das erste Experiment untersuchte, ob Fahrer überhaupt von frühzeitigen Situationsankündigungen, beispielsweise im Sinne einer verbesserten Übernahmeleistung, profitieren. Das zweite Experiment befasste sich mit der Frage, wie solche Ankündigungen zeitlich und inhaltlich zu gestalten sind (d. h. wann sie präsentiert werden und welche Informationen sie enthalten sollten), und welchen Einfluss deren Gestaltung auf die Aufgabenbearbeitung (insbesondere deren Unterbrechung und spätere Wiederaufnahme) während der automatisierten Fahrt hat. Um herauszufinden, wie ein Anzeigekonzept zur längerfristigen Planung von fahrfremden Tätigkeiten während des automatisierten Fahrens beitragen könnte, fand im dritten Experiment ein Vergleich von Situationsankündigungen, die vor dem Erreichen einer Übernahmesituation ausgegeben wurden, mit kontinuierlich präsentierten Informationen über die verbleibende Distanz zur nächsten Systemgrenze statt. In allen Studien wurde neben den Auswirkungen frühzeitiger Vorinformationen auf die Übernahmeleistung und Bearbeitung von fahrfremden Tätigkeiten auch untersucht, welche Auswirkungen ein erweitertes Übernahmekonzept auf die Fahrerreaktion in Grenz- und Fehlerfällen, in denen Vorinformationen entweder nicht oder fehlerhaft angezeigt wurden, hat.
Für die Gestaltung zukünftiger Übernahmekonzepte für hochautomatisierte Fahrzeuge kann basierend auf den Ergebnissen empfohlen werden, frühzeitige Anzeigen von Systemgrenzen zur Ermöglichung eines sicheren und komfortablen Wechsels zwischen dem manuellen und dem automatisierten Fahren in die Mensch-Maschine-Schnittstelle zu integrieren. Basierend auf den Ergebnissen dieser Arbeit liegt der empfohlene Zeitpunkt für diskrete Ankündigungen bei einer Reisegeschwindigkeit von 120 km/h bei etwa 1000 Meter (d. h. ca. 30 Sekunden) vor der Ausgabe der Übernahmeaufforderung. Zudem wird empfohlen zur Abschätzung der verbleibenden Zeit im automatisierten Modus eine Anzeige der Entfernung zur nächsten Systemgrenze in das Konzept zu integrieren, die dem Fahrer eine längerfristige Aufgabenplanung ermöglicht. Neben der reinen Anzeige des Übernahmeerfordernisses sollten dem Fahrer auch Informationen über das erforderliche Fahrmanöver nach der Kontrollübernahme übermittelt werden.
With the continuous development of artificial intelligence, there is an effort to let the expressed mind of robots resemble more and more human-like minds. However, just as the human-like appearance of robots can lead to feelings of aversion to such robots, recent research has shown that the apparent mind expressed by machines can also be responsible for their negative evaluations. This work strives to explore facets of aversion evoked by machines with human-like mind (uncanny valley of mind) within three empirical projects from a psychological point of view in different contexts, including the resulting consequences.
In Manuscript #1, the perspective of previous work in the research area is reversed and thus shows that humans feel eeriness in response to robots that can read human minds, a capability unknown from human-human interaction. In Manuscript #2, it is explored whether empathy for a robot being harmed by a human is a way to alleviate the uncanny valley of mind. A result of this work worth highlighting is that aversion in this study did not arise from the manipulation of the robot’s mental capabilities but from its attributed incompetence and failure. The results of Manuscript #3 highlight that status threat is revealed if humans perform worse than machines in a work-relevant task requiring human-like mental capabilities, while higher status threat is linked with a higher willingness to interact, due to the machine’s perceived usefulness.
In sum, if explanatory variables and concrete scenarios are considered, people will react fairly positively to machines with human-like mental capabilities. As long as the machine’s usefulness is palpable to people, but machines are not fully autonomous, people seem willing to interact with them, accepting aversion in favor of the expected benefits.
The rise of automated driving will fundamentally change our mobility in the near future. This thesis specifically considers the stage of so called highly automated driving (Level 3, SAE International, 2014). At this level, a system carries out vehicle guidance in specific application areas, e.g. on highway roads. The driver can temporarily suspend from monitoring the driving task and might use the time by engaging in so called non-driving related tasks (NDR-tasks). However, the driver is still in charge to resume vehicle control when prompted by the system. This new role of the driver has to be critically examined from a human factors perspective.
The main aim of this thesis was to systematically investigate the impact of different NDR-tasks on driver behavior and take-over performance. Wickens’ (2008) architecture of multiple resource theory was chosen as theoretical framework, with the building blocks of multiplicity (task interference due to resource overlap), mental workload (task demands), and aspects of executive control or self-regulation. Specific adaptations and extensions of the theory were discussed to account for the context of NDR-task interactions in highly automated driving.
Overall four driving simulator studies were carried out to investigate the role of these theoretical components. Study 1 showed that drivers focused NDR-task engagement on sections of highly automated compared to manual driving. In addition, drivers avoided task engagement prior to predictable take-over situations. These results indicate that self-regulatory behavior, as reported for manual driving, also takes place in the context of highly automated driving. Study 2 specifically addressed the impact of NDR-tasks’ stimulus and response modalities on take-over performance. Results showed that particularly visual-manual tasks with high motoric load (including the need to get rid of a handheld object) had detrimental effects. However, drivers seemed to be aware of task specific distraction in take-over situations and strictly canceled visual-manual tasks compared to a low impairing auditory-vocal task. Study 3 revealed that also the mental demand of NDR-tasks should be considered for drivers’ take-over performance. Finally, different human-machine-interfaces were developed and evaluated in Simulator Study 4. Concepts including an explicit pre-alert (“notification”) clearly supported drivers’ self-regulation and achieved high usability and acceptance ratings.
Overall, this thesis indicates that the architecture of multiple resource theory provides a useful framework for research in this field. Practical implications arise regarding the potential legal regulation of NDR-tasks as well as the design of elaborated human-machine-interfaces.