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Diabetische Polyneuropathie ist die häufigste Folgeerkrankung eines Diabetes mellitus. Bei ca. 20 % der betroffenen Patienten tritt eine schmerzhafte Form der Polyneuropathie auf.
Eine intakte Blut-Nerven-Barriere hält im Endoneurium ein spezifisches Milieu aufrecht. Die Dichtigkeit der Blut-Nerven-Barriere (BNB) wird durch Tight Junctions im Perineurium und in endoneuralen Kapillaren hergestellt. Eine Öffnung der BNB in Kombination mit einem algetischen Stimulus ist ein wesentlicher Mechanismus neuropathischer Schmerzen in traumatischen Tiermodellen. Über den Stellenwert von Störungen der BNB bei diabetischer Polyneuropathie wird kontrovers diskutiert. Diese Arbeit beleuchtet funktionelle Änderungen der BNB und die Expression wichtiger Tight-Junction-Proteine in einem Modell für schmerzhafte diabetische Polyneuropathie.
Nach Genehmigung durch die Regierung von Unterfranken und unter Einhaltung der ARRIVE-Richtlinien wurde eine experimentelle diabetische Polyneuropathie in Wistar-Ratten durch einmalige intravenöse Gabe von Streptozocin (STZ) induziert. Zwei Wochen nach Diabetesinduktion trat eine mechanische Allodynie auf. Nach acht Wochen war eine selektive Öffnung der BNB für die niedermolekulare Verbindung Fluorescein-Natrium (376 Da) in vivo und ex vivo nachweisbar. Für die makromolekulare Testsubstanz Evans blue Albumin (69 kDa) erwies sich die BNB als intakt. Eine verstärkte endoneurale Ansammlung von Makrophagen wurde immunhistochemisch nicht beobachtet. Die Expression wichtiger Tight-Junction-Proteine in ganzem peripherem Nerv, in Spinalganglien und im Rückenmark wies keine signifikanten Änderungen in der quantitativen Echtzeit-PCR auf. Eine selektive Analyse nach Lasermikrodissektion zeigte jedoch eine Minderexpression von Cldn5 in endoneuralen Gefäßen und Cldn1 im Perineurium nach acht Wochen.
Bei STZ-induzierter Polyneuropathie tritt somit eine größenselektive Öffnung der BNB auf, die sich zeitlich deutlich nach dem Beginn mechanischer Allodynie manifestiert. Die Öffnung korreliert mit einer Minderexpression von Cldn1 mRNA perineural und von Cldn5 mRNA in endoneuralen Gefäßen. In der multifaktoriellen Pathophysiologie der diabetischen Polyneuropathie kann die Öffnung der BNB als weiterer schädigender Kofaktor betrachtet werden, der zur Aufrechterhaltung neuropathischer Schmerzen beiträgt.
Zur Durchführung peripherer Nervenblockaden werden im klinischen Alltag nichtselektive Lokalanästhetika verwendet, die neben sensorischen auch motorische Nervenfasern blockieren. Diese Arbeit untersucht und beschreibt Grundlagen für die Verwendung selektiv wirksamer Co-Analgetika. Ziel dieser Arbeit war in diesem Kontext die Analyse der intrazellulären Signalwege, welche nach Applikation von rtPA am peripheren Nerven zur Öffnung der perineuralen Barriere und so zu einer opiat- vermittelten Analgesie führen. Gemäß unserer Hypothese bindet rtPA an den LRP-1- Rezeptor und löst eine intrazelluläre Signalkaskade aus: Erk wird phosphoryliert und inhibiert über bislang unklare Mechanismen die Claudin-1-Transkription. Claudin-1 wird weniger in die Zellmembran eingebaut und/oder verlässt durch Endozytose/ Internalisierung die Zellmembran, was zur Öffnung der perineuralen Barriere führt und den Durchtritt selektiv wirksamer Analgetika erlaubt. In der späteren Phase steht die Analyse der Wiederherstellung der Barrierefunktion der Zellmembran im Vordergrund. Die ist von zentraler Bedeutung um eine Schädigung des Nervens durch das Umgebungsmilieu zu verhindern. Vermutlich wird die Wiederherstellung der Barrierefunktion über den Wnt-Signalweg gesteuert. Die Akkumulation von b-Catenin und Cdx2 führt zu einem erneuten Anstieg der Claudin-1-Transkription. Der Claudin-1- Gehalt steigt in Western Blot-Untersuchungen jedoch bereits zu einem früheren Zeitpunkt in der Zellmembran wieder an. Dies legt nahe, dass weitere von der Transkription unabhängige Mechanismen zur Wiederherstellung der Barrierefunktion beitragen. Eine mögliche Alternative zu rtPA stellt katalytisch inaktives rtPAi dar, welches in Untersuchungen ähnliche Ergebnisse wie rtPA zeigte. Dabei könnte die Verwendung von rtPAi anstatt rtPA pathophysiologisch denkbare Komplikationen wie beispielsweise Blutungen verhindern.
In Versuchen anderer Mitglieder der Arbeitsgruppe wurde die Öffnung der perineuralen Barriere mittels immunhistochemischer und funktioneller Untersuchungen bestätigt. Auch konnten keine akute Neurotoxizität oder Blutungsgefahr beobachtet werden. Somit stellt rtPA in Kombination mit Opioiden eine mögliche Alternative zur Verbesserung der postoperativen Analgesie dar, die jedoch weiterer Untersuchungen hinsichtlich von Nutzen, Risiken und Nebenwirkungen bedarf.