Refine
Has Fulltext
- yes (2)
Is part of the Bibliography
- yes (2)
Document Type
- Doctoral Thesis (2) (remove)
Language
- German (2) (remove)
Keywords
- Angola (2) (remove)
Institute
In der vorliegenden Arbeit wurde ein repräsentatives Kollektiv von 97 Schlafkrankheitspatienten aus Angola klinisch untersucht und von je 96 Patienten Blut- und Liquorproben gewonnen. Hauptfragestellungen waren, ob die PCR-Technik zur Diagnose und Stadieneinteilung der HAT beiträgt und ob sich aus dem qualitativen und quantitativen Nachweis von Immunglobulinen Zusammenhänge mit dem klinischen Bild der Krankheit herstellen lassen. Da mehrfach von Inkonsistenzen bei den Ergebnissen einer von Moser et al. (1989) als sehr sensitiv publizierten PCR berichtet wurde und die viel versprechenden Resultate der von Kabiri et al. (1999) beschriebenen PCR nicht reproduziert werden konnten, wurde eine von Matovu et al. (2001) publizierte PCR zum Nachweis von trypanosomaler DNA (TbAT1-Gen) verwendet. Je nach analysiertem Medium und verwendetem Purifikations-Kit ergaben sich analytische Nachweisgrenzen von 10 bis 10² Parasiten/10 µl PCR-Ansatz, entsprechend rechnerischer Nachweisgrenzen von ca. 5000 Trypanosomen/ml Blut und ca. 3000 Trypanosomen/ml Liquor. Von 96 Blutproben waren 20 positiv in der PCR (20,8%). Gemessen an den jeweiligen mikroskopischen Diagnostikmethoden kam dies einer Sensitivität von 31,1% und einer Spezifität von 92,3% gleich. Die Liquorproben von 55 Stadium-II-Patienten zeigten in 4 Fällen ein positives Resultat in der PCR (7,3%), entsprechend einer Sensitivität von 21,4% und einer Spezifität von 97,6%. Alle Liquorproben von Stadium-I-Patienten waren negativ in der PCR. Die Ergebnisse der Blut- und Liquorproben waren in über 99% der Fälle reproduzierbar. Es bestanden jeweils Zusammenhänge zwischen den Resultaten der PCR mit denen der herkömmlichen mikroskopischen Nachweismethoden wie LKP und Liquor-Mikroskopie. Neben der offensichtlich zu geringen analytischen Nachweisgrenze bei gleichzeitig niedriger Parasitämie der Patienten kommen auch Faktoren wie DNA-Verlust durch das benutzte DNA-Purifikationskit oder Gen-Deletionen der Trypanosomen als Ursache für die hohe Anzahl der falsch-negativen PCR Ergebnisse in Betracht. Die Resultate der hier angewendeten PCR trugen nicht zur Lösung des diagnostischen Problems der serologisch positiven, aber aparasitämen Patienten bei, lieferten jedoch Hinweise, dass die Parasitenlast im Blut bei Patienten im fortgeschrittenen Stadium höher ist als bei solchen im Anfangsstadium. Insgesamt stellt diese Methode aber keine Bereicherung in der Diagnosestellung oder der Stadieneinteilung bei der HAT dar und sollte speziellen Fragestellungen wie Melarsoprol-Resistenzbestimmungen vorbehalten werden. Der IFT wurde nach der von Wery et al. (1970) beschriebenen Methode in modifizierter Form durchgeführt. Im Serum fanden sich für spezifisches IgG hohe, für spezifisches IgM mittlere und für spezifisches IgA niedrige Titer. Die jeweiligen Titer waren in der vorliegenden Arbeit höher als in der Referenzliteratur, wahrscheinlich bedingt durch die Subjektivität der Endpunktlesung. Während insgesamt Patienten mit direktem Parasitennachweis signifikant höhere Serumspiegel an spezifischem IgM aufwiesen, konnte bei manchen Kranken trotz Trypanosomen-Präsenz kein spezifisches IgM im Serum oder Liquor nachgewiesen werden. Bei Patienten im fortgeschrittenen Stadium waren die Spiegel der einzelnen Antikörperklassen im Serum gegenüber denen von Patienten im Anfangsstadium signifikant höher. Dieses Phänomen könnte auf einer Akkumulation der spezifischen Immunglobuline gegen die ständig wechselnden Oberflächenantigene der Trypanosomen im Laufe der Krankheit beruhen. Die Höhen der jeweiligen spezifischen Antikörperspiegel im Serum standen nicht in Zusammenhang mit pathologischen Befunden bei der Untersuchung von Körpertemperatur, Blutdruck, Puls, Lymphadenopathien, Hepato- oder Splenomegalien, Bauchschmerz und Untergewicht. Das Fehlen eines Vergleichskollektives, die große Symptom-Variabilität und die Subjektivität einiger Untersuchungsmethoden erschwerten dabei allerdings die Objektivierung des klinischen Zustandes im Hinblick auf allgemeingültige Aussagen. Interessante Nebenfunde in dieser Arbeit waren die nach wie vor ungeklärt hohe Prävalenz von Untergewicht, Hinweise auf Kreislaufregulationsstörungen und der Zusammenhang des Auftretens des Winterbottom-Zeichens mit der Zugehörigkeit zum Stadium II. Im Liquor konnte nur in wenigen Fällen bei Stadium-II-Patienten spezifisches IgG nachgewiesen werden. Das Vorkommen dieses Immunglobulins stand jedoch im Zusammenhang mit pathologischen Ergebnissen der Patienten in den Stand- und Gangversuchen. Aufgrund des Vorteils der einfachen und schnellen Durchführbarkeit könnten sich diese Untersuchungen als sinnvolle Diagnostikergänzung in der Neuroinflammationsdetektion bei der HAT erweisen. Spezifisches IgM und IgA lagen im Liquor bei allen Proben unter der Testgrenze und bieten keine Anhaltspunkte für eine sinnvolle Verwendung als Diagnostik- oder Verlaufsparameter.
Die Schlafkrankheit ist wie keine andere tropische Seuche aufs engste mit dem Schicksal des „schwarzen“ Kontinents verknüpft, sie wird häufig auch als „vernachlässigte Krankheit“ einer „vernachlässigten Bevölkerung“ bezeichnet. Nach Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation WHO sind mindestens 60 Millionen Menschen in 36 afrikanischen Ländern von der Schlafkrankheit bedroht, ungefähr 150.000 Menschen sterben jährlich an der Schlafkrankheit. Angola gehört zu den am stärksten betroffenen Ländern Afrikas, da in den letzten Jahren nur wenig für die Bekämpfung der Krankheit getan wurde, sei es aufgrund Geldmangels, politischer Instabilität im Land oder mangelhafter Festlegung der Prioritäten der Regierung. Um diese Versorgungslücke zu schließen, haben sich mehrere nicht-staatliche Organisationen (wie „Ärzte ohne Grenzen“ oder die Caritas) dieses Gesundheitsproblems in Angola angenommen. Derzeit sind in Angola über 100.000 Menschen mit dem Erreger der Schlafkrankheit infiziert; ca. vier Millionen Menschen (rund ein Drittel der Gesamtbevölkerung), sind unmittelbar dem potentiellen Infektionsrisiko ausgesetzt, aber nur 6% der angolanischen Bevölkerung hat derzeit Zugang zu adäquater medizinischer Versorgung und Behandlung. ANGOTRIP (aus ANGOla und TRIPanossomíase (portug. Trypanosomiasis) zusammengesetztes Kunstwort) ist ein Projekt der Caritas in Angola, das sich zum Ziel gesetzt hat, die Schlafkrankheits-Infektionsrate zu senken. Die Arbeitsgruppe „Tropenmedizin und Seuchenbekämpfung“ des Missionsärztlichen Instituts in Würzburg arbeitet eng mit Caritas de Angola zusammen und ist bemüht, dieses Projekt fachlich und konzeptionell zu begleiten und zu den Patienten und medizinischen Teams vor Ort Kontakt zu halten. In den Jahren 1995/1996 begannen Mitarbeiter des Missionsärztlichen Instituts und Caritas de Angola im Norden Angolas in drei Diözesen mit dem Aufbau eines Kontrollprogramms zur Bekämpfung der Schlafkrankheit, ähnlich dem Großprojekt der portugiesischen Kolonialregierung. Die Aktivitäten konzentrieren sich auf Standorte in den Provinzen Uige, Kuanza Norte und Zaire, Foci des Schlafkrankheitsvorkommens. Die Trypanosomen zählen zu den am besten untersuchten Organismen, es wird aber kaum Energie in die effektive und patientenorientierte Bekämpfung der Schlafkrankheit investiert. Die Daten dieser vorgelegten Arbeit basieren auf den Aufzeichnungen der ersten sieben Jahre dieses Schlafkrankheitskontrollprogramms. Das Projekt ANGOTRIP hat innerhalb der letzten Jahre seit Beginn der Aktivitäten trotz widriger Rahmenbedingungen durch den wieder aufgeflammten Bürgerkrieg einige erstaunliche Erfolge verzeichnen und eine hohe Qualität erreichen können. Wegen schlechter Infrastruktur und bisher schwieriger politischer Verhältnisse sind viele betroffene Gebiete nahezu unzugänglich für gezielte epidemiologische Überwachungen (gewesen), so dass genaue Fallzahlen nicht erhoben werden können und die übermittelten Zahlen gut verzehnfacht werden sollten. Die Aktive Fallsuche (Anteil 61,2%) ist ein sehr wichtiges und effizientes Instrument des Schlafkrankheits-Kontrollprogramms, auch wenn sie beträchtliche Geldmittel der ohnehin knappen Ressourcen verschlingt und mancherorts die Aktivitäten der mobilen Teams erheblich eingeschränkt werden. So konnten innerhalb des Projektzeitraumes 1995 bis 2001 unter meist ungünstigen und gefährlichen äußeren Umständen • 191.578 Patienten auf Schlafkrankheit hin untersucht werden • bei 12.948 Patienten eine Schlafkrankheit diagnostiziert werden • 13.426 Patienten auf Schlafkrankheit hin behandelt werden Als Screeningtest für die Bevölkerung wurde der CATT eingesetzt. Mit dem Einsatz von Tsetse-Fliegen-Fallen als Vektorkontrollmaßnahme konnten seit 1999 erste erfolgversprechende Daten gesammelt werden, In den ANGOTRIP-Behandlungszentren lag die Sterblichkeitsrate in allen Behandlungszentren zusammengenommen deutlich unter den üblichen 6 - 12%, zwischen 2,7% und 4,9%, nur Stadium II zwischen 4,2% und 6,6%. Ein Erregernachweis in vergrößerten Lymphknoten gelang nur in rund 27% der Fälle, im Blutausstrich bei rund 12% der in Negage untersuchten Patienten. Damit liefern beide Untersuchungsverfahren als diagnostische Frühzeichen nur unzureichende Ergebnisse. Im Liquor können Trypanosomen mit einmaliger Zentrifugation zuverlässig nachgewiesen werden; je höher die Zellzahl, desto wahrscheinlicher ist das Auftreten von Erregern. Es zeigte sich, dass infolge der Therapie und anschließender Kontrolluntersuchungen die Liquor-Leukozytenzahl der Patienten deutlich reduziert und damit eine Heilung erzielt werden konnte. Aktivitäten wie die des ANGOTRIP-Programms können jedoch allenfalls einen kleinen Beitrag zur Lösung des Gesamtproblems leisten, das die Schlafkrankheit für die angolanische Bevölkerung darstellt. Die Eindämmung der Schlafkrankheit ist nicht nur eine medizinisch-ethische, sondern auch eine politische und soziale Aufgabe mit humanitärer Herausforderung.