Refine
Has Fulltext
- yes (18)
Is part of the Bibliography
- yes (18)
Year of publication
Document Type
- Doctoral Thesis (18) (remove)
Language
- German (18) (remove)
Keywords
- Palliativmedizin (18) (remove)
Institute
Sonstige beteiligte Institutionen
In der vorliegenden Arbeit wurden die Häufigkeit und mögliche Prädiktoren für eine überoptimistische Therapiezieleinschätzung von palliativ bestrahlten onkologischen Patienten der Klinik und Poliklinik für Strahlentherapie des Universitätsklinikum Würzburg untersucht. Dazu wurden die Frage zur Therapiezieleinschätzung, die Integrated Palliative Care Outcome Scale (IPOS), das Distress-Thermometer und das Fatigue-Screening aus dem Patientenselbsteinschätzungsbogen, den die Patienten routinemäßig vor dem ärztlichen Erstgespräch erhalten, sowie soziodemographische und krankheitsbezogene Daten aus der elektronischen Patientenakte analysiert (Untersuchungszeitraum 05/2018–05/2019). Die Einschätzung des Therapieziels galt als überoptimistisch, wenn ein Patient fälschlicherweise von dem Behandlungsziel „Heilung“ ausging. Von einer realistischen Therapiezieleinschätzung wurde ausgegangen, wenn ein Patient von der Nichtheilbarkeit seiner Krebserkrankung ausging.
Insgesamt wurden Daten von 283 Patienten ausgewertet, davon 133 Frauen (47%) und 150 Männer (53%). Das mittlere Alter lag bei 66,7 Jahren (Spannweite 30–95 Jahre). Die drei häufigsten Tumorentitäten waren Lungen- (26,9%), Brust- (18,0%) und Prostatakrebs (10,2%).
64,7% (183/283) der Patienten dieser Studie schätzten ihr Therapieziel überoptimistisch ein. Es fanden sich statistisch signifikante Zusammenhänge (p<0,05) mit einzelnen IPOS-Items, der bisherigen Dauer der Therapie unter palliativer Intention und dem Karnofsky-Index . Die beiden Variablen „Dauer der Therapie unter palliativer Intention“ und „Karnofsky-Index“ wurden in einer binär logistischen Regression als Prädiktoren für eine überoptimistische Therapiezieleinschätzung identifiziert.
Da die Selbsteinschätzung vor der Erstbegegnung mit dem Strahlentherapeuten erfolgte, bleibt offen, inwieweit die Patienten- und Arzteinschätzung nach dem Aufklärungsgespräch häufiger übereinstimmen als in der vorliegenden Studie (35,3% realistische Therapiezieleinschätzung).
Um Patienten mit Palliativbedarf proaktiv zu identifizieren wurde am Universitätsklinikum Würzburg am 01.03.2019 ein Palliativscreening auf Basis der Pflegeanamnese etabliert. Dessen Prädiktivität auf das 6-Monats Überleben wurde in der vorliegenden Arbeit in einer uro-onkologischen Patientenkohorte untersucht. Für die Patientenkohorte wurden aus dem klinischen Informationssystem aufenthalts-, personen- und tumorspezifische Daten sowie das Palliativscreening aus der Pflegeanamnese ausgelesen. Ergänzend zur Auswertung des automatisiert generierten Palliativscreenings wurden die Einzelitems rechnerisch in einem berechneten Palliativscreening zusammengeführt um eine Zuverlässigkeitsprüfung des automatisiert generierten Palliativscreenings zu ermöglichen. In einer zweiten Auswertung wurde geprüft, ob der Patient im 6-Monats Nachbeobachtungszeitraum nach Aufnahme verstorben ist.
Unsere Studie belegt die Prädiktivität des Palliativscreenings in einer uro-onkologischen Kohorte für das 6-Monats Überleben. Ein automatisiert generiertes Screening, ist in unserer Studie vergleichbar prädiktiv auf das 6-Monats Überleben als eine manuelle rechnerische Rekonstruktion.
Bei Patienten mit Prostatakarzinom weist das Palliativscreening eine niedrigere Korrelation mit dem 6-Monats Überleben auf als bei Patienten mit anderen urologischen Entitäten.
Hintergrund: Die Qualitätsindikatoren „QI2: Reduktion Schmerz“ und „QI 3: Opiate und Laxantien“ der S3-Leitlinie „Palliativmedizin für Patienten mit einer nicht heilbaren Krebserkrankung“ von 2015 wurden pilotiert und hinsichtlich ihrer Erhebbarkeit, Eindeutigkeit und Vergleichbarkeit evaluiert. Damit sollte die Routinetauglichkeit der Qualitätsindikatoren überprüft und ein Beitrag zu deren Weiterentwicklung geleistet werden.
Methodik: Die Qualitätsindikatoren wurden retrospektiv für die Patientinnen und Patienten der Palliativstation des Universitätsklinikums Würzburg der Jahre 2015 und 2018 mit der Hauptdiagnose einer nicht heilbaren Krebserkrankung ausgewertet. Aufbauend auf den Vorgaben der S3-LL Palliativ Langversion 1.0 2015 wurde der Qualitätsindikator Reduktion Schmerz (QI RS) für den gesamten Zeitraum des stationären Aufenthalts erhoben. Der Qualitätsindikator Opioide und Laxantien wurde am 3. Tag des stationären Aufenthalts (QI OL T1) und am 3. Tag vor stationärer Entlassung (QI OL T2) erhoben.
Ergebnisse: Bei 78,5% der Grundgesamtheit wurden moderate bis starke Schmerzen dokumentiert und für den QI RS eingeschlossen (419/534). Die Datengrundlage des QI RS war für die eingeschlossenen Fälle vollständig, da Schmerzanamnesen im Schmerzassessment der pflegerischen Dokumentation integriert sind: Unter den eingeschlossenen Fällen lag nach den Kriterien des QI RS bei insgesamt 73,5% (308/419) eine dokumentierte Schmerzreduktion vor. Bei 26,5% aller eingeschlossenen Fälle (111/419) lag nach den Kriterien des QI RS keine dokumentierte Schmerzreduktion vor. Unter jenen Fällen lag der Anteil der stationär Verstorbenen bei 64,0% (71/111). Es lag ein signifikanter Zusammenhang zwischen dem Fehlen einer dokumentierten Schmerzreduktion und dem Versterben vor (p<0,05).
73,4% (392/534) der Grundgesamtheit wurden für den QI OL T1 eingeschlossen, da eine Therapie mit Opioiden an T1 dokumentiert war. 75,8% (405/534) der Grundgesamtheit wurde für den QI OL T2 eingeschlossen, da eine Therapie mit Opioiden an T2 dokumentiert war. Aufgrund der Vollständigkeit der Routinedokumentation konnte die Auswertung des QI OL T1 bzw. des QI OL T2 bei allen eingeschlossenen Fällen vorgenommen werden: Am 3. Tag des stationären Aufenthalts lag der Anteil dokumentierter Laxantien bei Opioidtherapie mit 57,9% (227/392) etwas höher als am 3. Tag vor stationärer Entlassung mit 53,8% dokumentierter Laxantien bei Opioidtherapie (218/405). Unter den Fällen ohne Laxantien bei Opioidtherapie an T1 verstarben mit 58,8% (97/165) weniger als unter den Fällen ohne Laxantien bei Opioidtherapie an T2 mit 67,4% (126/187). Es zeigt sich sowohl für den QI OL T1 als auch für den QI OL T2 ein signifikanter Zusammenhang zwischen dem Fehlen dokumentierter Laxantien bei Opioidtherapie und dem Versterben (p<0,001).
Schlussfolgerung: Die vorliegende Studie belegt die Sinnhaftigkeit der Evaluation von Qualitätsindikatoren für die Palliativversorgung. Exemplarisch zeigt die Erhebung des Qualitätsindikators Opioide und Laxantien in der Sterbephase, dass regelmäßig von der Leitlinienempfehlung abgewichen wird. In der Erweiterten S3-LL Palliativ Langversion 2.0 von 2019 wurde der genaue Erhebungszeitpunkt des „QI2: Reduktion Schmerz“ präzisiert: Eingeschlossen für die Erhebung sind nun alle Patienten mit starkem bzw. mittleren Schmerz „bei stationärer Aufnahme“.
In dieser explorativen prospektiven Beobachtungsstudie wurden 100 Patienten, die im Universitätsklinikum Würzburg aufgrund akut dekompensierter Herzinsuffizienz stationär aufgenommen wurden, mittels eines mehrteiligen Fragebogens im Zeitraum von März bis August 2018 befragt. Ziel der Studie war es den Palliativbedarf bei Herzinsuffizienzpatienten mithilfe des Palliativfragebogens IPOS zu erfassen, sowie die Informiertheit der Patienten selbst zum Thema Palliativmedizin zu eruieren.
Ergebnisse: Mit der IPOS konnte bei 63,0 % der Patienten ein hoher/komplexer Palliativbedarf ermittelt werden. Die für die Patienten relevantesten Items waren dabei „Sorgen der Angehörigen“ (62,0 %), „Mundtrockenheit“ (44,0 %), „eingeschränkte Mobilität“ (43,0 %) und „Atemnot“ (40,0 %).
Mittels explorativer Faktorenanalyse konnten von den 17 Items der IPOS 16 Items folgenden drei übergeordneten Faktoren zugeordnet werden: physische Symptome, emotionale Symptome und Ernährung. Damit konnte man eine Multidimensionalität der IPOS als Messinstrument zeigen.
Im letzten Teil des Fragebogens gaben nur 32,0 % an sich unter dem Begriff Palliativmedizin etwas vorstellen zu können. Bei diesen 32,0 % der Patienten zeigte sich ein sehr heterogenes und mehrheitlich falschs Verständnis von Palliativmedizin.
Zusammengefasst konnte diese Studie zeigen, dass Herzinsuffizienzpatienten eine sehr hohe Symptomlast aufweisen - welche neben den körperlichen Beeinträchtigungen auch die psychischen Probleme mit einschließt - , dass die IPOS ein adäquates Messinstrument zur Erfassung des palliativmedizinischen Bedarfs von Herzinsuffizienzpatienten darstellt und dass ein Mangel an Informiertheit bezüglich Palliativmedizin seitens der Patienten vorliegt.
Hospize – ein sicherer Hafen für terminal Kranke und Sterbende, heutzutage sind sie jedem ein Begriff. Doch wie sah die Versorgung Sterbender vor der modernen Hospizbewegung aus? Über den konkreten medizinischen Alltag in Einrichtungen für terminal Kranke und Sterbende Mitte des 20. Jahrhunderts existieren nur wenige Quellen. Welche Rolle nahmen Ärzte in der Versorgung terminal Kranker und Sterbender ein? Kam der medizinischen Symptomkontrolle eine besondere Bedeutung zu und wurden verfügbare starke Analgetika bei Sterbenden auch kompetent eingesetzt?
Diese und weitere Facetten der Versorgung terminal Kranker und Sterbender am Übergang in die moderne, durch die Hospizbewegung geprägte Zeit analysiert Anna Minnrich. Grundlage ihrer Analyse ist eine einzigartige Quelle: ein originaler Reisebericht mit Beschreibung von 18 Einrichtungen für Sterbende 1973 in Großbritannien von Sylvia Anne Lack, Pionierin der amerikanischen Hospizbewegung und ärztlicher Leiterin des ersten amerikanischen Sterbehospizes. Der Reisebericht wird in diesem Werk, ebenso wie von Anna Minnrich geführte Interviews mit Sylvia Lack, erstmals veröffentlicht. Auch der aktuelle Wissensstand über die Person Sylvia Lacks, ihren beruflichen Werdegang und persönliche Beweggründe, ihre Sicht auf den palliativmedizinischen Umgang mit Patienten der 1970er Jahre sowie ihre eigene spätere Tätigkeit am Connecticut Hospice in Amerika wird hiermit in einzigartiger, persönlicher Weise ergänzt.
Uns interessierten die Symptome und Belastungen der radioonkologischen Patienten bei Erstvorstellung in der Strahlenklinik sowie die Übereinstimmung des Therapieziels des Patienten mit dem ärztlich dokumentierten Therapieziel. Insbesondere die Unterschiede zwischen palliativen und kurativen Patienten sollten eruiert werden. Auch ein möglicher Zusammenhang zwischen dem Bestrahlungsverlauf und der Symptomintensität der Patienten wurde thematisiert. Des Weiteren sollte untersucht werden, welche Faktoren mit Symptomen und Belastungen assoziiert sind.
Dazu wurde in der Klinik und Poliklinik der Strahlentherapie ein routinemäßig verteilter Selbsteinschätzungsbogen retrospektiv ausgewertet.
Dieser enthielt neben einer an die Bedürfnisse der Strahlenmedizin adaptierten Version der Integrated Palliative care Outcome Scale (aIPOS) und dem Distress-Thermometer (DT) auch die Frage nach dem Therapieziel aus Patientensicht.
Fragestellung und wissenschaftlicher Hintergrund:
Anknüpfend an die S3-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin und an die internationale Choosing Wisely-Kampagne sowie die deutsche Klug Entscheiden-Initiative wurde auf der Palliativstation im Universitätsklinikum Würzburg im Juni 2015 das „Klug Entscheiden am Lebensende“-Programm (= KEL-Programm) eingeführt. Der Fokus der retrospektiven Patientenaktenanalyse lag auf der Thromboembolieprophylaxe in der Sterbephase (die drei bis sieben Tage vor dem eintretenden Tod) durch das NMH Natrium-Enoxaparin. Ein Zusammenhang zwischen tumorbedingten Erkrankungen und thromboembolischen Komplikationen ist unumstritten, konkurrierende Empfehlungen in verschiedenen Leitlinien erschweren jedoch die Entscheidungsfindung zur Indikationsstellung am Lebensende im palliativen Setting. Diese Untersuchung sollte zur wissenschaftlichen Aufarbeitung der Polymedikation am Lebensende am Beispiel der Thromboembolieprophylaxe beitragen und die praktische Umsetzung des KEL-Programms in der täglichen Praxis beleuchten.
Methodik:
Es wurden zwei Patientengruppen untersucht: die Kontrollgruppe (KoG, n = 107) vor der Einführung des KEL-Programmes sowie die Klug-Entscheiden-Gruppe (KEG, n = 85) nach der Implementierung des Programms. Es wurden jeweils nur auf der Station Verstorbene betrachtet. Die Patientendaten und klinischen Informationen wurden der ärztlichen und pflegerischen Dokumentation entnommen, die in den Patientenakten auf der Palliativstation sortiert vorlagen. Mithilfe eines Erfassungsbogens wurde die subkutane Applikation der NMH jeweils am Aufnahmetag, drei bis sieben Tage und zwei Tage vor dem Tod sowie am Todestag festgehalten. Zusätzlich wurden klinische Symptome notiert, die auf ein thromboembolisches Ereignis hinweisen könnten. Des Weiteren wurde die Verordnung der vier essentiellen Medikamente (Opioide, Benzodiazepine, Neuroleptika, Anticholinergika) zur Symptomkontrolle in der Sterbewoche sowie Symptome der Patienten erhoben.
Ergebnis:
Insgesamt erhielten am Aufnahmetag auf der Palliativstation 44,9 % der Patienten in der Kontrollgruppe das NMH Na-Enoxaparin und nur 29,4 % der Patienten in der Klug-Entscheiden-Gruppe und zeigte damit einen signifikanten Unterschied (p = 0,029; Chi-Quadrat-Test). Dieser Trend setzte sich auch in der gesamten Sterbewoche fort. Drei bis sieben Tage vor dem Tod wurde 52,6 % der Patienten in der Kontrollgruppe Na-Enoxaparin appliziert, in der Klug-Entscheiden-Gruppe erhielten es nur 28,6 % (p = 0,004; Chi-Quadrat-Test). Zwei Tage vor dem Tod wurden im ersten Zeitraum 30,8 %, im zweiten Zeitraum 5,5 % der Patienten mit Na-Enoxaparin therapiert (p < 0,001; Exakter Test nach Fisher). Am Todestag wurde es in der Kontrollgruppe 12,1 % gegeben und in der Klug-Entscheiden-Gruppe 3,5 % (p = 0,037; Exakter Test nach Fisher). In der ärztlichen und pflegerischen Dokumentation wurde keine Häufung von Hinweisen auf thromboembolische Ereignissen festgestellt (KoG: 7,5%, KEG: 5,9%, p = 0,662; Chi-Quadrat-Test). Schmerzen und Dyspnoe traten in vergleichbarer Intensität auf, die Symptomausprägung der Unruhe unterschied sich signifikant. Die vier essenziellen Medikamente zur Symptomlinderung in der Sterbephase waren in unverändertem Umfang erforderlich.
Schlussfolgerung:
Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass durch individuelle Entscheidungen bezüglich des Absetzens der Thromboembolieprophylaxe am Lebensende kein Anstieg an thromboembolischen Komplikationen befürchtet werden muss. Auf diese Weise kann ein Beitrag zur Vermeidung von Polymedikation am Lebensende geleistet werden, ohne dass die Versorgungsqualität darunter zu leiden hat. Die erfolgreiche Implementierung des Würzburger KEL-Programms und diese Dissertation sollen zur weiteren Reflexion über ärztliches Handeln am Lebensende beitragen und ermutigen. Ärzte aller Fachrichtungen sind weiterhin für die Problematik der Überversorgung zu sensibilisieren und Empfehlungen im Sinne der Klug Entscheiden-Initiative sollen in die tägliche Praxis eingebunden werden.
Mangelernährung und Appetitlosigkeit werden trotz zunehmender Forschung noch in ihren Auswirkungen auf Patienten und Gesundheitssystem unterschätzt. Um dem entgegenzuwirken, sind zusätzliche Informationen zu Risikofaktoren, Auswirkungen und zu einem adäquaten Screening beider Symptome vonnöten.
Diese Untersuchung geht der Frage nach, ob die Erfassung der Appetitlosigkeit auch ein geeignetes Verfahren zur Einschätzung des Mangelernährungsrisikos darstellt. Zusätzlich wurden die Patienten auf Risikofaktoren und Auswirkungen von Mangelernährung und Appetitlosigkeit hin untersucht. Dazu wurden bei den Patienten unter anderem soziodemographische Daten, ein NRS-2002 Vorscreening und die per ESAS erfasste Symptomlast statistisch ausgewertet. Diese waren zuvor im Rahmen des BUKA Projekts an der Universität Würzburg ermittelt worden.
Von den 486 geeigneten Patienten konnten 477 in die Untersuchung eingeschlossen werden. Davon zeigten 65.6% ein erhöhtes Mangelernährungsrisiko und 31.2% eine manifeste Appetitlosigkeit.
Der Allgemeinzustand und die Lebensqualität beider Gruppen waren signifikant eingeschränkt. Zusätzlich wiesen sie eine deutlich erhöhte Symptombelastung im ESAS auf. Als unabhängige Risikofaktoren für Mangelernährung konnten der BMI, der Allgemeinzustand (ECOG Status), die Tumorlokalisation und der Appetitstatus eruiert werden. Bei der Appetitlosigkeit traf dies auf den ECOG Status, das Alter und das NRS Vorscreening zu.
Die Bestimmung der Appetitlosigkeit erwies sich als nicht ausreichend präzise, um auch das Mangelernährungsrisiko zu erfassen. Insgesamt wurden 61.4% der Patienten übereinstimmend getestet. Die Wahrscheinlichkeit bei erhöhtem Mangelernährungsrisiko (NRS Vorscreening positiv) auch eine manifeste Appetitlosigkeit (ESAS Appetitverlust>3) aufzuweisen betrug nur 44%. Andererseits aber zeigten Patienten mit manifester Appetitlosigkeit in 94% auch ein erhöhtes Mangelernährungsrisiko. Der Einfluss von BMI, Tumorlokalisation und Appetitverlust zeigte sich hierbei signifikant auf die Chance übereinstimmend getestet zu werden.
In der Zusammenschau betonen die Ergebnisse unserer Untersuchung die Wichtigkeit einer präzisen Erfassung von Appetitlosigkeit und Mangelernährung bei Tumorpatienten, auch in der Palliativmedizin. Besonders vor dem Hintergrund einer alternden Gesellschaft mit wahrscheinlich zunehmender Inzidenz und Prävalenz von Tumorerkrankungen gewinnen Erkennung und Therapie von Mangelernährung und Appetitlosigkeit zusätzlich an Bedeutung.
Hintergrund: Die Diagnose einer fortgeschrittenen Tumorerkrankung bedingt den Beginn eines komplexen Entscheidungsfindungsprozesses mit dem Ziel, unter Einbezug des betroffenen Patienten, seinen Angehörigen und dem behandelnden multiprofessionellen Team, realistische gemeinsame Therapieziele zu finden. Das Wissen um die aktuellen Patientenpräferenzen ist dabei unerlässlich. Ziel dieser Studie war es, die Einstellung von Patienten mit fortgeschrittenen Tumorerkrankungen zur Inanspruchnahme von tumorspezifischer Therapie in Abhängigkeit von ihrer individuellen Präferenz für Lebensverlängerung oder Lebensqualität zu untersuchen und Variablen zu identifizieren, die mit dieser Präferenz in Zusammenhang stehen.
Methode: In die prospektive klinische Beobachtungsstudie wurden zwischen 03.08.2015 und 23.03.2016 konsekutiv 92 von 522 gescreenten Patienten mit fortgeschrittenen Tumorerkrankungen eingeschlossen, die durch den palliativmedizinischen Dienst (PMD) am Universitätsklinikum Würzburg mitbetreut wurden. Die Patientenpräferenzen bezüglich Lebensverlängerung und Lebensqualität wurden mittels des Lebensqualität- und Lebenszeitfragebogen (Laryionava et al., 2014) erhoben und die Ergebnisse wurden unter Einsatz nicht-parametrischer Tests auf Assoziation mit diversen patienten- und krankheitsbezogenen Variablen überprüft.
Ergebnisse: Die Patienten unterscheiden sich in ihrer grundlegenden Präferenz für Lebensverlängerung oder Lebensqualität: Ein gutes Drittel (37.0 %) sprach sich ungeachtet einer möglichen Beeinträchtigung der Lebensqualität für den Einsatz tumorspezifischer Therapien mit dem Ziel der Lebensverlängerung aus, während ein weiteres Drittel (37.0 %) der Patienten angab, Lebensqualität zu präferieren und ein best-supportive-care-Konzept auch bei mutmaßlicher Einschränkung der Lebenszeit zu bevorzugen. Das verbleibende knappe Drittel (26.0 %) der Patienten verblieb in Abwägung von Lebensverlängerung und Lebensqualität ambivalent, präferierte also entweder sowohl Lebensverlängerung als auch Lebensqualität (12.0 %) oder zeigte für keines der beiden angebotenen Therapieziele eine Präferenz (14.0 %). Die Präferenz für Lebensverlängerung war statistisch signifikant mit der Krankheitsselbsteinschätzung als heilbar (X2 (4, N = 92) = 8.20; p = .001), dem Leben in Gemeinschaft (X2 (2, N = 92) = 6.97; p = .031) und der Bereitschaft zur Berücksichtigung von Angehörigenwünschen bei der Therapiezielfindung (rs (90) = .44; p < .001) assoziiert. Patienten, die nach Lebensqualität strebten, hielten ihre Krankheit für lebensbedrohlich (X2 (2, N = 92) = 6.07; p = .048) bzw. nicht-heilbar (X2 (4, N = 92) = 8.20; p = .001), zeigten eine Präferenz für Therapiezielfindung ohne Einbezug von Angehörigenwünschen (rs (90) = - .33; p = .001) und berichteten Hoffnungsverlust im Kampf gegen die Krankheit (p = .013). Patienten, die das Gefühl hatten, ihre Angehörigen hätten ihre Erkrankung nicht akzeptiert (X2 (2, N = 92) = 7.01; p = .030) und Patienten, die alleine lebten (X2 (2, N = 92) = 6.97; p = .031) blieben signifikant häufiger ambivalent. 41.3 % der im Rahmen dieser Studie befragten Patienten mit fortgeschrittenen Tumorerkrankungen und objektiv infauster Prognose (medianes Überleben nach Studieneinschluss: 42 Tage), stuften ihre Krankheit als nicht lebensbedrohlich ein. 34.8 % der Befragten gingen von der Heilbarkeit ihrer Erkrankung aus.
Schlussfolgerung: Die Einstellung zu Lebensverlängerung und Lebensqualität ist individuell, verändert sich dynamisch im Krankheitsverlauf und unterliegt zudem dem Einfluss diverser Variablen. Insbesondere eine realistische Krankheitsselbsteinschätzung durch die Patienten erscheint relevant, um beiderseits zufriedenstellende, sinnvolle Therapiekonzepte entwickeln zu können. Sinnvoll erscheint ein früh im Krankheitsverlauf implementierter, kontinuierlich aufrechterhaltener Gesprächsprozess, mit dem Ziel, bereits kurz nach Diagnose einer Erkrankung deren schlechtesten oder bestmöglichen Verlauf zu thematisieren und regelmäßig die aktuelle Situation zu reevaluieren, um in der Folge möglichst realitätsbasierte und aktuelle Patientenpräferenzen erheben zu können. Der Lebensqualität- und Lebenszeitfragebogen eignet sich aufgrund des hohen Zeitaufwandes und der psychischen Belastung der Patienten eher für eine initiale, einmalige Präferenzerhebung. Tägliche Erhebungen, beispielsweise im Rahmen der Arztvisite, könnten mittels einfacher visueller Analogskalen (vgl. Douglas et al. 2018) erfolgen und als Grundlage für die Therapiekonzeptdiskussion in wöchentlichen interdisziplinären Visiten dienen. Dieser Ansatz sollte weiter auf Umsetzbarkeit und Wirksamkeit untersucht werden.
Im Rahmen des BUKA-Projektes (Beratung und Unterstützung für Patienten mit Krebs und ihren Angehörigen) wurden im Universitätsklinikum Würzburg Krebspatienten auf Palliativbedarf gescreent. Ziel war es, bei einem positiven Screening die spezialisierte Palliativmedizin möglichst frühzeitig in onkologische Entscheidungsprozesse miteinzubeziehen.
Konzentriert wurde sich in diesem Projekt auf Patienten, die aufgrund eines metastasierten Primärfalles oder aufgrund eines Rezidives/ Progresses im Tumorboard der Universität Würzburg vorgestellt wurden. Als Tumordiagnose lag ein Bronchialkarzinom, ein gastrointestinaler Tumor oder ein malignes Melanom vor. Für die Auswertung unserer Studie wurden ausschließlich Patienten einbezogen, die innerhalb von 12 Monaten nach Vorstellung im Tumorboard verstorben sind.
Um die Wirkung des Screenings beurteilen zu können, wurden Patientendaten zweier Beobachtungszeiträume verglichen. Die erste Kohorte aus dem Jahr 2011 umfasste 143 Patienten mit einem mittleren Alter von 65,9 Jahren. 67,8% der Patienten waren Männer und 32,2% Frauen. Bei dieser Kohorte erfolgte kein Screening auf Palliativbedarf. Die zweite, palliativmedizinisch gescreente Kohorte aus dem Jahr 2014/15 bestand aus 263 Patienten mit einem mittleren Alter von 65,5 Jahren. Das Patientenkollektiv setzte sich zu 65,0% aus Männern und 35,0% Frauen zusammen.
Anhand eines Datenvergleiches des Jahres 2011 mit 2014/15, sollte untersucht werden, ob die Versorgung von Tumorpatienten am Lebensende durch eine Screening gestützte palliativmedizinische Mitbetreuung verbessert werden konnte.
Im Folgenden werden die Ergebnisse zusammengefasst.
Im Jahr 2014/15 konnte eine Erhöhung des Anteils an Patienten mit Kontakt zur Palliativmedizin um knapp 20% erreicht werden. 72,2% des Kollektivs nahmen in unserer Studie palliativmedizinische Angebote in Anspruch, 2011 waren dies 56,6%.
Der Anteil an Patienten mit Erstkontakt ≤ 3 Tage vor dem Tod reduzierte sich um 15% (23,5% vs. 8,9%).
Eine signifikante Erhöhung an dokumentierten Patientenverfügungen wurde nicht verzeichnet (19,6% vs. 26,6%).
Ebenso fand kein Rückgang an tumorspezifischen Therapiemaßnahmen in den letzten 14 Lebenstagen statt. Hier kam es im Vergleich zum Jahr 2011 zu einer leichten Steigerung um 3% (24,5% vs. 27,8%). Die Ursache scheint in der Zunahme an Patienten mit einer zielgerichteten Therapie zu liegen.
Der Vergleich beider Studien ergab, dass eine Verbesserung der Versorgungsqualität von Tumorpatienten am Lebensende durch die Screening gestützte palliativmedizinische Mitbetreuung in Teilpunkten erreicht werden konnte.
Unsere Ergebnisse zeigen aber auch auf, dass es im Vergleich zur Kohorte des Jahres 2011 weiterhin zu einer Überversorgung am Lebensende bei Tumorpatienten kam. Deutlich wird dies im Hinblick auf die Konstanz bzw. leichte Zunahme an tumorspezifischer Therapie in den letzten 14 Lebenstagen. Vor allem neue Therapieansätze und Medikamente bei der zielgerichteten Therapie scheinen einen Rückgang zu verhindern.
Es ist daher entscheidend, die Palliativmedizin möglichst frühzeitig in die Behandlung von Krebspatienten miteinzubeziehen, um so überambitionierte Therapiemaßnahmen am Lebensende zu unterbinden und rückläufige Prozentzahlen bei dem QI „Durchführen einer tumorspezifischen Therapie in den letzten 14 Lebenstagen“ zu erhalten.
Ob die Screening-gestützte palliativmedizinische Mitbetreuung eine Möglichkeit dafür darstellen könnte, konnte mit unserer Studie nicht eindeutig geklärt werden. Es sind weitere Studien bezüglich dieser Thematik nötig.
In dieser Dissertation wurden Unterschiede hinsichtlich der Fähigkeit zur Erfassung depressiver Symp¬to¬matik der drei Screeninginstrumente PHQ-2, ESAS-Dpr und DT im palliativ-onkologischen Kontext für den deutschsprachigen Raum untersucht. Ziel war es eine Empfehlung abzugeben, ob für das Screening nach depressiver Symptomatik, die Empfehlungen der kanadischen Guideline von Cancer Care Ontario oder die Empfehlungen der S3-Leitlinie Palliativmedizin anzuwenden sind. Weiterhin sollte die Frage geklärt werden, ob im deutschsprachigen Raum die Instrumente ESAS-Dpr und DT als äquivalente Instrumente verwendet werden können.
Die Ergebnisse der Hauptfragestellung dieser Dissertation demonstrieren die schwache Übereinstimmung von ESAS-Dpr mit den anderen Ultra-Kurz-Screening-Instrumenten PHQ-2 und DT. Dabei wurde zum ersten Mal ein Vergleich zwischen ESAS-Dpr und PHQ-2 durchgeführt und eine limitierte Screening-Fähigkeit von ESAS-Dpr bei palliativ erkrankten Patienten gemessen. Des Weiteren konnte in dieser Arbeit gezeigt werden, dass im vorliegenden Patientenkollektiv das DT und ESAS-Dpr keine ausreichende Übereinstimmung besitzen um im deutschen Raum synonym verwendet werden zu können. Die zugrundeliegende deutsche Übersetzung der englischen Begrifflichkeiten 'distress' als Belastung und 'depression' als Depression wurde als ausschlaggebend für dieses Ergebnis vermutet.
In der Zusammenschau der Ergebnisse dieser Studie entstand ein Algorithmus für das Erfassen von Depressivität bei palliativ-onkologisch erkrankten Erwachsenen im alltäglichen und praktischen Gebrauch.
Aufgrund verbesserter Diagnostik und Therapie sowie hierdurch verlängerter Überlebensraten kann der Bedarf an Unterstützungsmöglichkeiten bei Karzinompatienten in den nächsten Jahren steigen. Das Versorgungsangebot für Patienten und deren Angehörige muss sich dieser Entwicklung anpassen. Vor diesem Hintergrund wurden im Rahmen der vorliegenden Arbeit der Bedarf und die Inanspruchnahme von spezialisierten Unterstützungsmöglichkeiten (Palliativmedizin, Psychoonkologie, Sozialdienst und Ernährungsberatung) durch Gastrointestinal- und Bronchialkarzinompatienten im metastasierten und/oder rezidivierten Stadium analysiert. Dabei richtete sich das besondere Interesse auf den Zusammenhang zwischen den Faktoren Tumorentität, Geschlecht, Alter, Informationsbedarf, Symptomlast und der Inanspruchnahme der o.g. Unterstützungsmöglichkeiten.
Grundlage dieser Arbeit waren Daten von 205 Patienten des „BUKA-Projektes“ aus dem Interdisziplinären Zentrum für Palliativmedizin des Universitätsklinikums Würzburg.
60% waren Gastrointestinaltumorpatienten und 40% Bronchialkarzinompatienten. Der Allgemeinzustand der Bronchialkarzinompatienten war signifikant schlechter. Die häufigsten genannten Symptome im ESASr waren Erschöpfung, Müdigkeit, Appetitverlust und reduziertes Allgemeinbefinden.
Informationsbedarf zu Unterstützungsmöglichkeiten äußerten 67,3%, Informationsbedarf zur Erstellung einer Patientenverfügung hatten 35,3% der befragten Patienten.
Der Bedarf an Unterstützung war im Bereich der Psychoonkologie (Cut-off DT ≥5) mit 50,5% am höchsten, somit zeigten etwas mehr als die Hälfte der Patienten eine interventionsbedürftige psychische Belastung. Gefolgt von der Ernährungsberatung (auffälliges aNRS) mit 42,4% und der spezialisierten Palliativmedizin (ESASr ≥7) mit 35,6 %.
Bei der Inanspruchnahme lag die spezialisierte Palliativmedizin prozentual (19,5%) vor der Psychoonkologie (17,6%) und der Ernährungsberatung (17,1%). Abhängig von der jeweiligen Unterstützungsmöglichkeit haben 65,8 - 80,4% derer, die einen Bedarf gehabt hätten, diese nicht in Anspruch genommen.
Einen statistisch signifikanten Einfluss auf die Inanspruchnahme von Unterstützungsmöglichkeiten ergab sich für folgende Faktoren:
•Das Geschlecht (Frauen) und min. ein ESAS-Wert ≥7, stellten sich als Prädiktoren für die Inanspruchnahme der spezialisierten Palliativmedizin dar.
•Das Geschlecht (Frauen), war Prädiktor für die Inanspruchnahme der Psychoonkologie.
•Die Tumorentität (Gastro) sowie eine vorhandene Mangelernährung (auffälliger aNRS) waren Prädiktoren für die Inanspruchnahme einer Ernährungsberatung.
Für die Faktoren Alter und Informationsbedarf konnte für die Inanspruchnahme der untersuchten Unterstützungsmöglichkeiten kein signifikanter Zusammenhang festgestellt werden.
Auf die Inanspruchnahme des Sozialdienstes hatte keiner der untersuchten Faktoren einen signifikanten Einfluss.
Zukünftige Forschung sollte untersuchen, welche Gründe für eine Nicht-Inanspruchnahme von Unterstützungsmöglichkeiten bestehen, um hierdurch die Versorgungskonzepte zu verbessern und dadurch mehr Patienten einen Zugang zu den für sie nötigen Unterstützungsbereichen zu ermöglichen.
Zusammenfassung:
Laut Robert Koch-Institut wird in den kommenden Jahren die Anzahl der Menschen, die an Pankreaskarzinom erkranken werden, zunehmen. Dies hängt vor allem mit unseren Lebensbedingungen und dem zunehmendem Älterwerden der Gesellschaft zusammen. Die Diagnose und Therapie von Pankreastumoren stellt einen erheblichen Einschnitt in die Lebensqualität der Patienten dar, ver-
bunden mit einer hohen Symptombelastung.
Ziel vorliegender retrospektiver Studie war es, die Versorgung am Lebensende von Patienten mit fortgeschrittenem oder metastasiertem Pankreaskarzinom anhand von Qualitätsindikatoren nach Craig C. Earle zu überprüfen und daraus optimierte Entscheidungsalgorithmen zu generieren.
Hierzu untersuchten wir die Daten von insgesamt 202 Patienten. Zur Beantwortung der Fragestellung diente ein dafür erstellter Dokumentationsbogen, mit dem die Daten erhoben wurden. Das Patientenkollektiv teilte sich auf in Patienten, die im Comprehensive Cancer Center (CCC) des Uniklinikums Würzburg in den Jahren von 2010 bis 2014 vorstellig wurden und Patienten, die am Klinikum Magdeburg in den Jahren 2005 bis 2014 behandelt wurden. Wir unterteilten das
Patientengut zusätzlich in 132 primär metastasierte Primärfälle (UICC-Stadium IV) und in 53 Rezidivfälle (UICC-Stadium I-IV). Ebenso verglichen wir die Gruppen mit und ohne Kontakt zu Palliativangeboten.
Das Patientenkollektiv setzte sich aus 74 Frauen und 126 Männern zusammen (bei zwei Fällen fehlte die Geschlechtsangabe) mit einem durchschnittlichen Alter von 68,8 Jahren zum Zeitpunkt der Diagnose.
Der Allgemeinzustand wurde mit dem Karnofsky-Index erfasst und lag bei den meisten Patienten zum Diagnosezeitpunkt bei 90 oder 100. Die meisten Patienten befanden sich schon in einem fortgeschrittenen Zustand der Erkrankung, welches sich an der hohen Anzahl des UICC-Stadium IV erkennen lässt (n = 132). 42,1 % (n = 85) der Patienten hatten Kontakt zu Palliativangeboten.
Der überwiegende Teil der Patienten hatte mehr als 3 Tage vor Tod Kontakt zu Palliativangeboten (77,7 %). Es war uns nicht möglich einen statistisch signifikanten Zusammenhang zwischen tumorspezifischer Therapie (Chemotherapie und / oder Bestrahlung) in den letzten 14 Lebenstagen und SPV-Kontakt < 3 Tagen herzustellen. Der Grund war die geringe Anzahl der Fälle. Es gab keinen
Patient, der unter 3 Tagen Kontakt zu Palliativangeboten hatte und bestrahlt wurde. Lediglich ein Patient erhielt noch eine Chemotherapie. Bei Patienten, die keinen Kontakt zu Palliativangeboten hatten, erhielten immerhin sechs noch eine Chemotherapie und fünf eine Bestrahlung in den letzten 14 Lebenstagen.
Die Hauptbeschwerden im Palliativkonsil, die von den Patienten aus Würzburg genannt wurden, bezogen sich hauptsächlich auf körperliche Beschwerden, wie z. B. Müdigkeit, Verschlechterung des Allgemeinzustandes, Schlafstörungen und Fieber. Gefolgt von Depressionen, Angst, Sorgen und Problemen mit der Nahrungsaufnahme, Appetitstörungen, Übelkeit sowie Erbrechen. Die häufigsten Probleme und Komplikationen in den letzten 6 Monaten bis 30 Tagen vor Tod waren bei den Würzburger Patienten mit Palliativkonsil das Auftreten eines Verschlußikterus`, Veränderung des Blutbildes oder Anämie, gefolgt von Ileus, Übelkeit oder Erbrechen und Peritonealkarzinose mit symptomatischem Aszites.
In den letzten 30 Tagen vor Tod beliefen sich die häufigsten Komplikationen der Würzburger Patienten auf Nieren- und Leberversagen, urämisches Koma, metabolische Azidose, Blutungen, Ileus, Übelkeit oder Erbrechen und Peritonealkarzinose mit symptomatischem Aszites.
Eine Patientenverfügung besaßen 54,4 % der Würzburger Patienten mit Palliativkonsil. Bei den Würzburger Patienten ohne Palliativkonsil waren es 50,0 %. Eine Vorsorgevollmacht oder das Vorliegen eines Notfallplans gab es nur in ganz wenigen Fällen.
Ein großer Anteil der Patienten hatte einen Aufenthalt in der Notaufnahme in den letzten 6 Monaten vor Tod. Bei zwei und mehr Aufenthalten sank die Anzahl stark ab. Gleiches gilt für die Aufenthalte in der Notaufnahme oder auf der Intensivstation in den letzten 30 Lebenstagen. Bei der Datenerhebung wurde nicht differenziert, ob der Aufenthalt vor oder nach der 1. Kontaktaufnahme zustande. Es wurde nur die Tatsache festgehalten, dass ein Kontakt bestand. Dies bedeutet, dass nicht heraus zu lesen ist, inwieweit die Palliativmedizin in diese
Entscheidung mit einbezogen wurde.
Die geschätzte mediane Überlebenszeit des Würzburger Patientenkollektivs betrug 6,9 Monate. In den Jahren 2010 und 2011 zusammen genommen lag die mediane Überlebenszeit bei 6,2 Monaten. Nach Gründung des palliativmedizinischen Dienstes (PMD) an der Uniklinik Würzburg lag im Jahr
2012 und 2013 zusammen genommen die mediane Überlebenszeit bei 8,3 Monaten. Die Frauen überlebten die Männer um 2,7 Monate. Die Patienten mit Palliativkonsil überlebten die Patienten ohne Palliativkonsil um zwei Monate.
Bereits nach 12 Monaten waren sowohl bei den Patienten mit und ohne Palliativkonsil in unserer Studie über die Hälfte verstorben. Nach 24 Monaten lebten vom Würzburger Patientenkollektiv nur noch fünf Patienten.
Die Kriterien von Craig C. Earle sind nicht überall erreicht worden. Die Anzahl der Patienten mit Kontakt zu Palliativangeboten könnte höher sein (42,1 %). Die Anzahl der Patienten, die weniger als 3 Tage vor Tod Kontakt zu Palliativangeboten hatten, ist erfreulich niedrig (8,2 %). Die Anzahl der Fälle, in denen die Umstellung oder der Start einer neuen tumorspezifischen Therapie in den letzten 30 Lebenstagen stattfand, ist noch viel zu hoch (7,1 %). Hier wurden die
Vorgaben von Craig C. Earle um ein vierfaches überstiegen bei den Patienten mit Kontakt zu Palliativangeboten. Bei der tumorspezifischen Therapie in den letzten 14 Lebenstagen lag die Anzahl der Patienten mit Kontakt zu Palliativangeboten auch wieder erfreulich niedrig (4,7 % für Chemotherapie; 1,2 % für Bestrahlung).
Grundsätzlich lässt sich durch das kleine Patientenkollektiv keine endgültige Aussage in dieser Studie bezüglich der Effektivität der palliativen Versorgung treffen. In der vorliegenden Studie konnten zum Teil keine statistische Signifikanz nachgewiesen werden. In Zusammenschau aller Ergebnisse dieser Arbeit zeigt sich, dass die Therapie am Lebensende immer wieder neu evaluiert und an die sich verändernde Situation angepasst werden muss. Maßnahmen zur Linderung von erwarteten Symptome oder Komplikationen sollten im Vorfeld besprochen werden. Dies bedeu-
tet, dass bei der Therapiewahl verschiedene klinische Parameter und jeder Patient individuell berücksichtigt werden sollte.
Nach wie vor stellt sich die Herausforderung, die Lebensqualität der Tumorpatienten objektivierbar zu machen. Auch hier zeigt sich in der Literatur, dass das rechtzeitige Miteinbeziehen der Palliativmedizin viele Vorteile mit sich bringt. Es zeigt sich häufig eine kürzere Hospitalisationsrate, bessere Linderung der Symptome, eine Kosteneffizienz, eine Verlängerung der Überlebenszeit und eine verminderte Stressbelastung auch bei Hinterbliebenen.
Um festzustellen, an welchen Stellen Qualitätsverbesserungsmaßnahmen nötig sind, kann ein Vergleich der tatsächlichen Qualität (Ist-Werte) mit den Soll-Vorgaben Hinweise im klinischen Alltag geben. Hierzu könnte ein systematisches Belastungs- und Symptomscreening dienen, um die richtigen Patienten zum passenden Zeitpunkt zu identifizieren.
Moderne Palliativmedizin umfasst somit nicht nur die Versorgung unheilbar kranker Menschen am Lebensende, sondern kann zunehmend als wichtiger Aspekt auch in der interdisziplinären Versorgung verstanden werden.
Trait-Resilienz und Lebenssinn von Patienten spielen eine wichtige Rolle bei der Krankheitsbewältigung. Ziel der Arbeit war es u.a., neue Erkenntnisse über Trait-Resilienz und Lebenssinn bei Patienten auf der Palliativstation sowie einen Zusammenhang zwischen beiden Konstrukten zu gewinnen. 57 Patienten des Interdisziplinären Zentrums Palliativmedizin Würzburg wurden zu Beginn des stationären Aufenthaltes (T1) zu Lebenssinn und Trait-Resilienz befragt. Eine zweite Befragung fand kurz vor der Entlassung statt (T2, n=41). Messinstrumente waren u.a. die Resilienzskala RS-13 sowie der Schedule for Meaning in Life Evaluation (SMiLE). Die Patienten verfügten über eine mit der Normalbevölkerung vergleichbare Trait-Resilienz. Der Lebenssinn konnte während des stationären Aufenthaltes aufrechterhalten werden. Der Zusammenhang zwischen Trait-Resilienz und Lebenssinn bzw. Zugewinn an Lebenssinn war nicht signifikant. Die Erfassung von Lebenssinn und Trait-Resilienz mittels validierter Fragebögen stellt eine gute Möglichkeit dar, individuelle Bedürfnisse und Ressourcen abzuschätzen. Besonders vulnerable Patienten profitieren möglicherweise von speziellen Interventionen zur Förderung von Lebenssinn und Trait-Resilienz.
Um in einer prospektiven randomisierten Studie zu belegen, dass Patienten mit Hirnmetastasen von einer frühen palliativmedizinischen Mitbetreuung profitieren können, wurden von Juni 2012 bis Januar 2014 Patienten, die zu einer Ganzhirnbestrahlung in der Strahlentherapie vorgestellt wurden, nach erfolgtem Screening, ausführlicher Aufklärung und Einwilligung des Patienten in die vorliegende Studie eingeschlossen. Unzureichende Deutschkenntnisse, fehlende Einwilligungsfähigkeit zum Beispiel aufgrund deutlicher kognitiver Einschränkungen, Vorstellung zur prophylaktischen Ganzhirnbestrahlung bei kleinzelligem Bronchialkarzinom oder zu einer alleinigen stereotaktischen Bestrahlung waren Ausschlusskriterien. Die Patienten wurden bezüglich Angst und Depression mit der Hospital Anxiety and Depression Scale in der deutschen Fassung (HADS-D) und bezüglich der Versorgungsqualität mit der Palliative Care Outcome Scale (POS) bei Erstvorstellung, zum Ende der Bestrahlung und nach 6 und 12 Wochen befragt. Nur 80 (44 weiblich und 36 männlich) von 264 geplanten Patienten konnten tatsächlich in die Studie eingeschlossen werden. Das mittlere Alter betrug 61 Jahre (Spannweite von 31 bis 86 Jahre), der Großteil der Patienten hatte bei Erstvorstellung einen Performance Status (PS) der Eastern Cooperative Oncology Group (ECOG) von 1. Der häufigste Primärtumor war ein Lungentumor (n=37/46,3%), gefolgt vom Mammakarzinom (n=16/20%). Die Dosierung und Fraktionierung der alleinigen perkutanen Ganzhirnbestrahlung betrug mehrheitlich 30 Gy in 10 Fraktionen bei n=36 Patienten (45%), 37,5 Gy in 15 Fraktionen bei n=15 Patienten (18,8%), andere n=5 (6,3%) und 19 Patienten (23,8%) wurden zusätzlich zur Ganzhirnbestrahlung mit einem sequentiellen Boost bis zu einer kumulativen Gesamtdosis von im Durchschnitt 45,3 Gy (Median 45,0 Gy, Range 36 bis 55,5 Gy) bestrahlt. Drei Patienten erhielten eine stereotaktische Bestrahlung mit jeweils 1 x 18 Gy.
Zwischen Beginn und Abschluss der Bestrahlung, möglichst bereits innerhalb der ersten Behandlungswoche, wurde die palliativmedizinische Intervention bei den Patienten der Interventionsgruppe durchgeführt. Der Mittelwert bei der POS zum Ende der Strahlentherapie betrug 10,41 ± 6,57 in der IG und 10,52 ± 6,12 in der KG (Baseline 11,23 ± 7,26 in der IG und 14,13 ± 6,20 in der KG), bei der HADS-D für die Angst 6,06 ± 4,71 in der IG und 7,38 ± 6,15 in der KG (Baseline 7,80 ± 5,18 in der IG und 7,38 ± 5,72 in der KG) und für die Depression 6,18 ± 4,97 in der IG und 7,92 ± 5,68 in der KG (Baseline 6,73 ± 4,57 in der IG und 7,87 ± 5,24 in der KG). Es ließ sich kein statistisch signifikanter Unterschied in diesen untersuchten primären Endpunkten Versorgungsqualität, Angst und Depression zwischen der Interventions- und der Kontrollgruppe zum zweiten Befragungszeitpunkt nachweisen. Die von vorne herein zu kleine Stichprobe, die hohe Drop-out-Rate und unerwartet hohe Kontamination der Gruppen könnte hierfür eine mögliche Erklärung sein. Gleichwohl ist mit Blick auf die Summenwerte der Fragebögen der primären Endpunkte Versorgungszufriedenheit, Angst und Depression sowohl zu Anfang als auch zum Ende der Bestrahlung der große Bedarf an einer frühen palliativmedizinischen Mitbetreuung bei dieser hochbelasteten Patientengruppe unbestritten. Auch die sekundären Endpunkte Krankheitsverständnis und Vorhandensein von Vorsorgedokumenten in der Interventions- und Kontrollgruppe und der nach Studienende überlegten und entwickelten Analyse der Abhängigkeit der Drop-out-Rate von der Gruppenzugehörigkeit konnte keinen statistisch signifikanten Unterschied vorweisen. Möglicherweise sind Registerstudien mit Augenmerk auf die Prognose der Patienten und unter Einbezug der Angehörigen erfolgreicher für die Abbildung des palliativmedizinischen Bedarfs und des Nutzens einer frühen palliativmedizinischen Mitbetreuung
Ernährungsprobleme haben eine hohe Prävalenz auf Palliativstationen und ihre Bedeutung für die Lebensqualität ist nicht zu unterschätzen. Die Behandlung wird im Rahmen der frühen palliativmedizinischen Betreuung wichtiger. In der vorliegenden Arbeit wurden verschiedene Screeningtools auf ihre Leistungsfähigkeit im Setting der Palliativstation überprüft, sowie der Bedarf und die Auswirkungen ernährungstherapeutischer Interventionen evaluiert. Im Zeitraum Mai 2011 bis Juli 2012 wurden 125 stationäre Patienten in die Studie eingeschlossen (46,9 % der in diesem Zeitraum stationär behandelten Patienten). Ernährungsstatus, Ernährungsprobleme und subjektive Bewertung wurden bei Aufnahme und Entlassung erfragt. Das Mangelernährungsrisiko wurde bei Aufnahme mit drei etablierten Screeningbögen vergleichend erfasst (NRS 2002, AKE und SGA) und abschließend bewertet.
64 % der Patienten gaben bei der stationären Aufnahme Ernährungs- und Verdauungsprobleme an. Ein Risiko für eine Mangelernährung lag bei ca. 74 % der Patienten vor, im Wesentlichen übereinstimmend nach AKE, SGA und NRS 2002 (73 %, 75 %, 74 %). Gemäß Arzteinschätzung nach klinischer Erstuntersuchung zeigten 72 % der Patienten einen Bedarf an ernährungstherapeutischen Interventionen. Nach dem AKE waren 58 % der Patienten manifest mangelernährt, nach DGEM-Kriterien 60 %.
Von 94 Patienten liegen Erst- und Zweitbefragung vor Entlassung vor (75,2 %). Im Vergleich zur Aufnahme zeigte sich eine signifikante Minderung der Appetitlosigkeit und ein Zugewinn an Genuss bei den nach AKE primär mangelernährten und bei den Patienten mit einer oralen Nahrungsaufnahme von weniger als 50 % im Vergleich zur Nahrungsaufnahme vor Erkrankungsbeginn. Im prä-post-Vergleich verbesserte sich die Lebensqualität signifikant.
Auswirkungen palliativmedizinischer Interventionen auf den Lebenssinn, gemessen mit dem SMiLE
(2015)
Seit dem Ende des 19.Jahrhunderts hat sich die Lebenserwartung, hauptsächlich in der westlichen Welt, rasant verbessert (Weiland et al 2006). Moderne Behandlungstechniken und neu entwickelte Wirkstoffe haben es ermöglicht, die Überlebensdauer unheilbar Kranker, die ihren Leiden früher rasch erlegen wären, deutlich zu erhöhen (Stolberg 2011) .Allerdings leiden Palliativpatienten nach wie vor sehr oft unter der starken psychologischen Belastung ihrer Situation (Seeger 2011), darum soll, wo die Lebensquantität nicht weiter beinflussbar ist, wenigstens die Lebensqualität optimiert werden (Wasner 2002). Dieser Fokus auf Lebensqualität ist auch in der WHO-Definition von Palliativmedizin, hier in der Übersetzung der deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin, zu finden:
„Palliativmedizin/Palliative Care ist ein Ansatz zur Verbesserung der Lebensqualität von Patienten und ihren Familien, die mit Problemen konfrontiert sind, welche mit einer lebensbedrohlichen Erkrankung einhergehen. Dies geschieht durch Vorbeugen und Lindern von Leiden durch frühzeitige Erkennung, sorgfältige Einschätzung und Behandlung von Schmerzen sowie anderen Problemen körperlicher, psychosozialer und spiritueller Art.“
Im Unterschied zu den anderen medizinischen Disziplinen liegt der Fokus der Palliativmedizin nicht auf Heilung oder Lebenszeitverlängerung, weshalb bei der Beurteilung des Patientennutzens palliativmedizinischer Interventionen der Behandlungserfolg aus Patientensicht anstatt mittels klassischer klinischer Parameter evaluiert werden muss. Hierfür hat sich in entsprechenden Studien die Erhebung patientenbezogener Endpunkte (PRO = Patient Reported Outcomes) etabliert, welche den individuellen Gesundheitszustand eines Patienten aus dessen Sicht erfassen. Da der Begriff „Gesundheitszustand“ hier als gesamtumfassender Terminus zu verstehen ist, und neben dem physischen Wohl auch psychische und soziale Komponenten beinhaltet, wird als Endpunkt in palliativmedizinischen Untersuchungen häufig Lebensqualität gewählt (Stiel et al. 2012).
Zur Untersuchung von Lebensqualität bei Palliativpatienten wurden folge dem schon eine breite Anzahl an Studien durchgeführt. Hierbei ist die physische Komponente, respektive die Linderung körperlicher Symptome, durch das Verwenden von Symptomchecklisten vergleichsweise einfach zu erfassen. Der Einfluss psychosozialer und spiritueller Bereiche der Lebensqualität muss durch kompliziertere, individuelle Konstrukte wie den Lebenssinn erfasst werden. Verschiedene Studien mit Krebspatienten konnten bereits zeigen, dass Lebenssinn trotz ungünstiger gesundheitlicher Umstände stark ausgeprägt sein kann (Fegg et al. 2008a). Lebenssinn kann aber auch eine starke Ressource für die Fertigkeit kritische Lebenssituationen zu bewältigen darstellen. So kann ein sinnerfülltes Leben bei Tumorpatienten Depressionen und sogar dem Wunsch nach einem beschleunigten Tod präventiv entgegenwirken (Chochinov 2002, Chochinov et al. 2005c). Umgekehrt konnten Morita und Kollegen (2004) zeigen, dass ein subjektiv geringes Maß an Sinn positiv mit dem Wunsch nach aktiver Sterbehilfe korreliert.
Das Konstrukt Lebenssinn erhielt also in den letzten Jahren in der Forschung immer mehr Aufmerksamkeit, bis jetzt beschränkt sich die Sinnforschung im palliativen Bereich jedoch auf Befragungen zu einem Zeitpunkt. Von Interesse ist jedoch auch die dynamische Entwicklung der Sinnerfahrung im letzen Lebensabschnitt. Der Fokus dieser Studie liegt aus diesem Grunde auf den Veränderungen des Lebenssinns von Palliativpatienten im Verlauf des stationären Aufenthaltes auf einer Palliativstation. Dies wurde hier mit Hilfe des validierten Fragebogens SMiLE untersucht.
Im Rahmen eines Modellprojektes wurden Palliativpatienten im Klinikum Aschaffen¬burg in einer Palliativmedizinischen Tagesklinik (PTK) behandelt.
In den ersten eineinhalb Behandlungsjahren wurden bei 82 Patienten insgesamt 526 teilstationäre, multiprofessionelle Behandlungen durchgeführt. Das Lebensalter der Patienten lag im Median bei 68 Lebensjahren. 77 der 82 Pati-enten (94%) litten an weit fortge¬schrittenen metastasierten malignen Grunderkrankungen, zwei Patienten an einer dekompensierten Leberzirrhose, ein Patient an einem chronischen Immundefizienz-Syndrom und zwei Patienten hatten schwere Organinsuffizienzen von Herz und Lunge mit irreversiblen Folge¬schäden.
Die Patienten waren über einen Behandlungszeitraum von im Median 21 Tagen an die Tagesklinik angebunden (25%-Quantil 7, 75%-Quantil 56 Tage). Im Median wurden 3 Behandlungseinheiten realisiert (25%-Quantil 2, 75%-Quantil 7 Behand¬lungen). Die Behandlungsdauer lag im Median bei 199 Minuten (25%-Quantil 120, 75%-Quantil 290 Minuten). Führende klinische Symptome waren Kachexie in Verbindung mit körperlicher Schwäche, gefolgt von Schmerzen, Fatigue, gastrointestinalen Problemen, neuropsychiatrischen Symptomen wie Unruhe, Angst und Depression sowie Atemnot. Bei den Patienten lagen im Median 9 palliativ-medizinisch zu behandelnde Symptome vor (25%-Quantil 7, 75%-Quantil 10 Symptome). Bei 45 der 82 Patienten (55%) hatte die Erkrankung zu einer maßgeblichen psychosozialen Belastung oder zu einer Überlastung der betreuenden Angehörigen geführt.
Im Rahmen der tagesklinischen Palliativbehandlung lagen die teilstationären Therapieschwerpunkte am häufigsten im Bereich der Patientenedukation, gefolgt von Schmerztherapie, speziellen ärztlichen und pflegerischen Maßnahmen, Physiotherapie und/oder Lymphdrainage, Infusions- und/oder Transfusionstherapie sowie operativen und invasiven Maßnahmen. Bei 39 der 82 Patienten (48%) waren psychosozial stabilisierende Maßnahmen wie Psychoonkologie, Kunst- und Musiktherapie sowie Seelsorge wesentliche Behandlungselemente. Darüber hinaus wurden häufig Beratungsleistungen auch im Hinblick auf Entscheidungsfindungsprozesse - die Gestaltung des Lebensendes betreffend - von Patienten und Angehörigen in Anspruch genommen. Bei 54 der 82 Patienten mit onkologischer Grunderkrankung (66%) erfolgte die teilstationäre palliativmedizinische Behandlung im Sinne der Frühintegration palliativmedizinischer Maßnahmen. Diese Behandlung fand als ein besonders niedrigschwelliges palliativmedizinisches Therapieangebot eine leichtere Akzeptanz durch die Betroffenen. Es resultierte eine frühzeitige Integration palliativen Denkens und Handelns in eine zum Beispiel noch andauernde tumorspezifische, oft vom Patienten noch als kurativ empfundene Therapie.
An Hand von Kasuistiken konnte gezeigt werden, wie durch die teilstationäre Nutzung palliativmedizinischer Behandlungsmöglichkeiten und der Infrastruktur eines Krankenhauses eine stationäre Krankenhausbehandlung von Palliativpatienten verzögert, verkürzt oder vermieden werden konnte. Darüber hinaus wurden die ambulanten Versorgungsstrukturen gestützt und Patienten in sozialer Isolation psychosozial stabilisiert.
Dies wurde im Rahmen der Evaluation von den überweisenden Ärzten sowie von den Patienten und Angehörigen eindrucksvoll bestätigt. Insbesondere beurteilten die Haus- und Fachärzte die Unterstützung ihrer ärztlichen Arbeit durch die Palliativmedizinische Tagesklinik mit der Bestnote und beschrieben sie als „sinnvollen, ergänzenden Baustein zu AAPV, SAPV und stationärer palliativmedizinischer Versorgung“. Die Aussagen der Hausärzte, Patienten und Angehörigen belegen, dass die Palliativmedizinische Tagesklinik ein wichtiger, ergänzender Baustein eines palliativmedizinischen Versorgungsnetzes und keine Konkurrenz zu bereits etablierten spezialisierten Behandlungsstrukturen ist.
Sektorenübergreifend, in Ergänzung und nicht in Konkurrenz zu AAPV und SAPV, schließt die Tagesklinik somit eine Versorgungslücke für Palliativpatienten im ambulanten Bereich und verstärkt darüber hinaus bei Patienten und deren Angehörigen die Empfindung von Verlässlichkeit, Sicherheit und Vertrauen in „End of Life Care“.