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In der vorliegenden Arbeit wurde untersucht, ob die zelluläre Identität somatischer Stamm-/Vorläuferzelltypen durch Behandlung mit Chromatin-modifizierenden Substanzen und/oder durch Transplantation verändert werden kann. Dazu wurden humane leukämische KG-1 Zellen in murine Blastozysten injiziert. Murine und humane neurale Stammzellen (NSZ)wurden in vitro mit Trichostatin A (TSA) und 5’-Aza-2’-deoxycytidin (AzaC)inkubiert und anschließend in murine Blastozysten bzw. adulte NOD/SCID Mäuse transplantiert. In dem Versuchen konnte gezeigt werden, dass humane leukämische Zellen nach Injektion in murine Blastozysten in sich entwickelnden Embryonen und adulten Tiere präferentiell hämatopoetische Gewebe besiedeln. Daneben konnte gezeigt werden, dass myeloische Leukämiezellen in chimären murinen Embryonen ein Erythrozyten-spezifisches Genexpressionsmuster aktivieren. Die Inkubation humaner und muriner NSZ mit Histondeacetylase-Inhibitoren und AzaC führte zu einer reversiblen Hyperacetylierung von Histon H4 und zur Demethylierung genomischer DNA. Die Injektion behandelter muriner NSZ in murine Blastozysten führte im Vergleich zu unbehandelten NSZ zu einer stärkeren Besiedelung adulter Tiere durch Donorzellen. Darüber hinaus besiedelten Abkömmlinge injizierter behandelter NSZ häufiger hämatopoetische Gewebe in chimären Tieren und exprimierten Hämatopoese-spezifische Oberflächenproteine. Weitere Analysen ergaben, dass humane NSZ im Gegensatz zu humanen hämatopoetischen Stammzellen nicht dazu in der Lage sind, in immunsupprimierten NOD/SCID Mäusen ein humanes hämatopoetisches System zu etablieren. Auch nach Inkubation humaner NSZ mit Chromatin-modifizierenden Substanzen konnte keine humane Hämatopoese in transplantierten Mäusen festgestellt werden. Diese Ergebnisse zeigen, dass der Differenzierungsstatus und das Entwicklungspotential verschiedener Zelltypen durch geeignete Stimuli verändert werden kann. Durch Injektion in embryonale Mikroumgebung differenzieren humane leukämische Zellen und aktivieren ein Erythrozyten-spezifisches Genexpressionsmuster. Durch die Veränderung des Epigenotyps muriner NSZ gefolgt von einer Transplantation in murine Blastozysten konnte eine Transdifferenzierung neuraler in hämatopoetische Zellen induziert werden.
In der vorliegenden Arbeit wurde das Differenzierungspotential muriner hämatopoetischer und neuraler Stammzellen nach Modifikation ihrer Genexpression untersucht. Zur Veränderung der Genexpression wurden für die beiden adulten Stammzelltypen zwei unterschiedliche experimentelle Ansätze gewählt: In hämatopoetischen Stammzellen wurden molekulare Regulatoren der Hämatopoese durch retroviral vermittelten Gentransfer überexprimiert und anschließend ihr in vitro Verhalten und in vivo in Maustransplantationsmodellen ihre Rekonstitutionsfähigkeit untersucht. Neurale Stammzellen wurden gleichzeitig mit den Chromatin-modifizierenden Substanzen Trichostatin A (TSA) und 5-Aza-2´-desoxycytidin (AzadC) behandelt, im Anschluß ihre Sensitivität gegenüber der Behandlung in vitro bestimmt und ihr hämatopoetisches Entwicklungspotential in vivo analysiert. In hämatopoetischen Stammzellen wurde der Transkriptionsfaktor HOXB4, die hämatopoetische Vorläuferkinase 1 (HPK1) oder eine Kinase-inaktive Mutante der HPK1 (HPK1M46) durch retrovirale Transduktion überexprimiert. Der Transfer wildtypischer HPK1 oder HPK1M46 Gene in Knochenmarkzellen hatte in vitro keinen meßbaren Einfluß auf die Proliferation und Anzahl primitiver Vorläuferzellen, was auch nach Expression verschiedener Proteinmengen beobachtet wurde. Das Repopulationsverhalten hämatopoetischer Stammzellen, die mit wildtypischer HPK1 transduziert wurden, war vergleichbar mit dem kontrolltransduzierter Stammzellen. Nach HPK1M46 Transduktion zeigten hämatopoetische Stammzellen in vivo ein reduziertes Langzeitrepopulationsverhalten und Knochenmarkzellen ex vivo ein eingeschränktes Koloniebildungspotential. Sowohl mit wildtypischer HPK1 als auch mit HPK1M46 transduzierte hämatopoetische Stammzellen wiesen ein normales Multilinienbesiedlungspotential auf. Nach Transduktion von Knochenmarkzellen mit HOXB4, einem wichtigen Regulator der Selbsterneuerung hämatopoetischer Stammzellen, konnten diese in vitro expandiert werden, ohne daß sie, wie dies bei kontrolltransduzierten Knochenmarkzellen auftrat, phänotypisch Differenzierungsmarker ausbildeten. Nach HOXB4 Transduktion akkumulierte eine homogene, Mac-1niedrig exprimierende Zellpopulation im Gegensatz zu einer Mac-1hoch, Gr-1 sowie c-kit positiven Population, die sich in den Kontrollkulturen entwickelte. Auf mRNS Ebene wurden nur in den Kontrollkulturen Transkripte hochreguliert, die für differenzierende Zellen spezifisch sind, wie z. B. Zyklin D1 während myeloider Differenzierung. Die Überexpression von HOXB4 ermöglichte eine konstante Proliferationsrate und hatte auf das Verhältnis von asymmetrischen zu symmetrischen Zellteilungen jedoch keinen Einfluß. Entsprechend blieb das Expressionsmuster an Zyklinen, Zyklin-abhängigen Kinasen und Mitgliedern des Transkriptionsaktivators AP-1 in HOXB4 transduzierten Knochenmarkzellen über den beobachteten Zeitraum konstant. Durch die Überexpression von HOXB4 kann somit in kultivierten Knochenmarkzellen in vitro eine stabile Proliferationsrate induziert und parallel eine fortschreitende Differenzierung der Knochenmarkkultur aufgehalten oder zumindest verzögert werden. Sowohl wildtypische als auch bcl-2 transgene neurale Stammzellen, die mit den Epigenotyp-verändernden Substanzen TSA und AzadC behandelt wurden, zeigten nach Transplantation in bestrahlte adulte Rezipienten hämatopoetisches Entwicklungspotential, das unbehandelte neurale Stammzellen nicht aufwiesen. Die Frequenz chimärer Tiere konnte durch Verwendung bcl-2 transgener neuraler Stammzellen erhöht werden und bereits in vitro wiesen wildtypische und bcl-2 transgene neurale Stammzellen unterschiedliche Sensitivität gegenüber der TSA/AzadC Behandlung auf. Diese von behandelten neuralen Stammzellen vermittelte Rekonstitution des hämatopoetischen Systems war langanhaltend und fand sowohl in der myeloiden als auch in der lymphoiden Linie statt. Eine erfolgreiche hämatopoetische Besiedlung war auch nach Transplantation klonaler neuraler Stammzellen zu beobachten, so daß eine Verunreinigung mit hämatopoetischen Zellen als Ursache der Rekonstitution ausgeschlossen werden konnte. Die beobachtete Generierung der morphologisch und phänotypisch intakten hämatopoetischen Zellen aus neuralen Zellen war nicht das Ergebnis einer Zellfusion von Rezipientenzellen mit injizierten Donorzellen. Denn die hämatopoetischen Donorzellen trugen einen normalen 2n Karyotyp und wiesen keine Heterokaryons auf, die für Fusionen charakteristisch wären. Somit ist es möglich, durch die Veränderung des Epigenotyps neuraler Stammzellen gefolgt von einer Transplantation in eine hämatopoetische Mikroumgebung eine Transdifferenzierung neuraler in hämatopoetische Zellen zu induzieren.