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Im Rahmen der hier vorliegenden Doktorarbeit wurde eine 512 Mitglieder umfassende kombinatorische Rezeptorbibliothek auf der Basis eines Guanidiniocarbonylpyrrols mit einer tripeptidischen Seitenkette dargestellt werden. Die kombinatorische Synthese der Bibliothek erfolgte nach der „Split and Mix“ Methode auf Amino-TentaGel als fester Phase in IRORI MikroKans unter Benutzung der IRORI Radiofrequenzcodierung zur Dekodierung der einzelnen Mitglieder der Bibliothek. Die Bibliothek ist für die selektive Erkennung von Tetrapeptiden mit freien C-Termini konzipiert. Als Zielliganden wurden zwei biologisch relevante Modellpeptide ausgewählt, zum einen das Alzheimer Modellpeptid L Val L Val L Ile L-Ala-OH und zum anderen das Tetrapeptid D-Glu-L-Lys-D-Ala-D-Ala-OH, das im Zusammenhang mit dem Aufbau von Zellwänden bei Bakterien eine wichtige Rolle einnimmt. Die Bestimmung von Bindungskonstanten auf der festen Phase erfolgte mit Hilfe eines Fluoreszenzscreenings, wobei die intensive Fluoreszenz eines Dansylrestes ausgenutzt wurde. Es wurden für alle 512 Mitglieder der Bibliothek Bindungskonstanten in Wasser auf der festen Phase für beide Liganden bestimmt. Die Bindungskonstanten für das Alzheimer Modellpeptid variierten von 4200 M-1 für die besten Rezeptoren bis zu 20 M-1, also einem vollständigen Verlust der Bindungsaktivität, für die schlechtesten Rezeptoren. Hierbei zeigte sich, dass die Mehrzahl gut bindender Rezeptoren in Position AA1 eine Lys(Boc) Seitenkette aufwiesen. Anschließend wurden molekulardynamische Rechnungen durchgeführt, um Struktur-Stabilitätsbeziehungen aufstellen zu können. Die auf der festen Phase erhaltenen Ergebnisse konnten durch die Bestimmung von Bindungskonstanten in Lösung durch UV-Titrationen bestätigt werden. Weiterhin wurden Untersuchungen mit einem Rezeptor in der Gasphase mit Hilfe von FT-ICR IRMPD ESI-MS durchgeführt. Darüber hinaus wurden in vitro Untersuchungen zur Inhibierung der Fibrillenbildung der Amyloid Proteine A (1-42) und A (1-40) mit ausgewählten Rezeptoren durchgeführt. Für die kinetische und quantitative Inhibierung der Fibrillenbildung konnten zwei Rezeptoren gefunden werden, die den Nukleationsprozess bei beiden Peptiden signifikant verzögerten und auch zu einer geringeren Menge an gebildeten Amyloid-Plaques gegenüber der Kontrolle führten. Die Bestimmung von Bindungseigenschaften der Rezeptorbibliothek gegen das Tetrapeptid D-Glu-L-Lys-D-Ala-D-Ala-OH, das im Zusammenhang mit der Entwicklung von neuen Antibiotika steht, wurde ebenfalls über fluoreszenzspektroskopische Methoden auf der festen Phase durchgeführt. In diesem Fall wurde nicht nur D-Glu-L-Lys-D-Ala-D-Ala-OH, sondern auch die inverse Sequenz auf Bindungsaktivität untersucht. Hierbei zeigte sich, dass das Bakterien Modellpeptid mit deutlich höheren Bindungskonstanten auf der festen Phase erkannt wurde als das inverse Peptid. Die Bindungskonstanten für D-Glu-L-Lys-D-Ala-D-Ala-OH liegen für die besten Rezeptoren bei 17000 M-1, für die inverse Sequenz nur bei 5500 M-1, obwohl beide Liganden für Rezeptoren mit einem oder zwei Lysinen an Position AA1, AA2 oder AA3 die höchsten Bindungskonstanten aufwiesen. Der Faktor der Bindungskonstanten zwischen sehr gut bindenden Rezeptoren und schlecht bindenden Rezeptoren betrug für beide Peptide über 200! Die besseren Bindungseigenschaften von D-Glu-L-Lys-D-Ala-D-Ala-OH im Vergleich zu der inversen Sequenz konnten durch molekulardynamische Rechnungen darauf zurückgeführt werden, dass das inverse Peptid beide Carboxylate intramolekular über eine Salzbrücke mit der Lysin-Seitenkette stabilisieren kann, während D-Glu-L-Lys-D-Ala-D-Ala-OH nur eine Salzbrücke zu einem der beiden Carboxylate ausbilden kann und das andere Carboxylat somit für eine effektive Komplexierung mit dem Guanidiniocarbonylpyrrol zur Verfügung steht. Die auf der festen Phase erhaltenen Bindungskonstanten für das Bakterien-Modellpeptid konnten ebenfalls durch die Bestimmung von Bindungskonstanten in Lösung durch UV- und Fluoreszenztitrationen bestätigt werden. Kationische Guanidiniocarbonylpyrrol-Rezeptoren sind in der Lage anionische Tetrapeptide mit hohen Assoziationskonstanten, selbst in so polaren Lösemitteln wie Wasser, zu binden. Abschließend kann gesagt werden, dass die Komplexstabilitäten von einer fein abgestimmten Kombination von elektrostatischen und hydrophoben Wechselwirkung abhängen.
Die Aktivität von Biooligomeren wird wesentlich beeinflusst von deren molekularer Struktur bzw. Konformation. Eine Einflussnahme auf die Struktur sollte deswegen auch mit einer Aktivitätsveränderung einhergehen, ein „Schalten“ von Struktur somit ein „Schalten“ von Aktivität nach sich ziehen. Alanyl-PNA ist ein Oligopeptid alternierender Konfiguration mit Nukleobasen in β-Position der Alanyl-Einheiten, das durch Wasserstoffbrückenbildung und π-Stacking mit einem komplementären Strang Paarungsduplexe mit β-faltblattartiger linearer Struktur eingeht. Der Einbau eines Alanyl-PNA-Stranges in ein Peptid oder Protein und Zugabe des korrespondierenden Gegenstranges sollte zu einer lokalen Induktion eines β-Faltblattes führen und strukturelle Veränderungen im Gesamtpeptid hervorrufen. Es kann dann von einem molekularen Schalter gesprochen werden. Im Rahmen dieser Arbeit wurde eine vom cyclischen Peptidantibiotikum Gramicidin S abgeleitete 18mer-Peptid-Alanyl-PNA-Chimäre 20 mit eingebautem Alanyl-PNA-Pentamer dargestellt. Es konnte mittels temperaturabhängiger UV-Spektroskopie gezeigt werden, dass sich bei Zugabe des komplementären Gegenstranges nichtkovalente Duplexe bilden. CD-spektroskopische Untersuchungen dieses Dimers lieferten keine eindeutigen Beweise für das vorliegen eines β-Faltblattes. Es konnte anhand des humanen Interleukins 8 gezeigt werden, dass der Einbau von Alanyl-PNA durch die Technik der native chemical ligation in größere Peptide möglich ist. Hierfür wurde der N-terminale Thioester 31 des humanen Interleukins hIL8(1-55) durch Expression des Fusionsproteines in E.coli und Expressed Protein Ligation dargestellt. Nach Umsetzung des Thioesters 31 mit einem Alanyl-PNA-Peptid-Hybrid 29, das N-terminal mit einem freien Cystein substituiert ist, wurde durch native chemical ligation ein von dem humanen Interleukin 8 abgeleitetes 77 Aminosäuren enthaltendes Peptid 30 mit eingebauter Alanyl-PNA erhalten. Darüber hinaus wurden mit keinem, einem oder zwei Lysinen substituierte Alanyl-PNA-Hexamere dargestellt und Strukturuntersuchungen unterworfen. Es konnte mittels temperaturabhängiger UV-Spektroskopie gezeigt werden, dass der Einbau zweier Lysine sowohl die Löslichkeit als auch die Bildungskinetik verändert, die Stabilität (Tm-Wert) der Duplexe jedoch unverändert lässt. Diese Hexamere wurden Kristallisationsversuchen unterworfen, bisher konnten noch keine Kristalle erhalten werden. Basierend auf den im Rahmen dieser Arbeit erhaltenen Ergebnissen sollte es in Zukunft darüber hinaus möglich sein, genaueren Aufschluss über die Struktur von Alanyl-PNA zu erhalten. Die Erhöhung der Löslichkeit von Alanyl-PNA durch Einbau zweier Lysine ermöglicht nicht nur weitere Kristallisationsversuche, sondern man gelangt auch in Konzentrationsbereiche, in denen NMR-Untersuchungen an Alanyl-PNA möglich werden, die bisher aufgrund zu schlechter Löslichkeit zu keinen zufrieden stellenden Ergebnissen geführt haben. Durch weitere Optimierung der native chemical ligation und Bereitstellung größerer Mengen von Interleukin 8 Derivaten mit eingebauter Alanyl-PNA sollte es in Zukunft möglich sein, den Einfluss des komplementären Alanyl-PNA-Stranges auf die Struktur des Gesamtsystems und dessen biologischer Aktivität zu untersuchen. Durch Variation und Optimierung der Sequenz und des örtlichen Einbaus der Alanyl-PNA kann so vielleicht das Fernziel eines molekularen strukturellen Schalters für Peptide bzw. Proteine erreicht werden. Ebenso ist es denkbar, dass durch den Einbau von Alanyl-PNA in zwei verschiedene Peptide bzw. Proteine nichtkovalente Protein-Protein-Komplexe erhalten werden können.