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Differenzielle Wirkungen neurotropher Faktoren auf das Axon-und Dendritenwachstum von Motoneuronen
(2008)
In der vorliegenden Dissertation wurde die subzelluläre Lokalisation der Rezeptoren für die neurotrophen Faktoren BDNF, CNTF und GDNF in primären embryonalen und adulten Motoneuronen erstmalig genau charakterisiert. Die Rezeptoruntereinheiten des BDNF und CNTF Rezeptors, TrkB, p-TrkB, gp130 und p-Stat3, sind im Perikaryon, in Dendriten, im Axon und an den Axonterminalen bzw. Wachstumskegeln von Motoneuronen lokalisiert. Dabei sind die nativen Formen (TrkB, gp130) im Axon überwiegend membranständig, die aktivierten Formen (p-TrkB, p-Stat3) überwiegend im Inneren des Axons lokalisiert. Demgegenüber sind die Rezeptoruntereinheiten des GDNF Rezeptors, Ret und p-Ret, besonders stark in den Dendriten exprimiert. Auch im Perikaryon und an der neuromuskulären Endplatte sind Ret und p-Ret lokalisiert, nicht jedoch im Axon. Im zweiten Teil der Arbeit wurde das durch neurotrophe Faktoren bedingte Neuritenwachstum genau quantifiziert. Dabei wurde zwischen einer Stimulation des Axon- bzw. des Dendritenwachstums differenziert. Die mit GDNF behandelten Dendriten werden etwa doppelt so lang wie die Dendriten, der mit BDNF oder CNTF behandelten Motoneurone. GDNF ist somit ein potenter Stimulator des Dendritenwachstums bei isolierten primären Motoneuronen. Dieser Befund korreliert gut mit der starken Expression von Ret und p-Ret in den Dendriten. Des Weiteren wurde eine Analyse der Interaktion der neurotrophen Faktoren mit dem glutamatergen AMPA Rezeptor in Hinblick auf das Neuritenwachstum durchgeführt. Dabei zeigte sich, dass die Interaktion zwischen neurotrophen Faktoren und dem AMPA Rezeptor besonders für das Dendritenwachstum von Bedeutung ist. Die klinische Bedeutung neurotropher Faktoren und deren Rezeptoren wird im dritten Teil der Arbeit dargestellt. Die pmn Maus ist ein Mausmodell für humane degenerative Erkrankungen des Motoneurons, wie der ALS und der SMA. Pmn Motoneurone, die mit BDNF oder GDNF kultiviert werden, weisen den charakteristischen axonalen Wachstumsdefekt der pmn Motoneurone auf und werden nur etwa halb so lang wie gesunde Kontrollmotoneurone. Bemerkenswerterweise führt die Behandlung der pmn Motoneurone mit CNTF zu einer kompletten Remission des axonalen Wachstumsdefekts, so dass die Axone eine normale Axonlänge erreichen. Auch die Anzahl der pathologischen axonalen Schwellungen werden in vitro durch CNTF stark reduziert. CNTF scheint demnach der interessanteste neurotrophe Faktor für eine Behandlung degenerativer Motoneuronerkrankungen zu sein.
1. Zusammenfassung
Während der Embryogenese und nach Verletzungen von Nerven regulieren neurotrophe Faktoren Signalwege für Apoptose, Differenzierung, Wachstum und Regeneration von Neuronen. In vivo Experimente an neugeborenen Nagern haben gezeigt, dass der Verlust von Motoneuronen nach peripherer Nervenläsion durch die Behandlung mit GDNF, BDNF, und CNTF reduziert werden kann In der pmn-Mausmutante, einem Modell für die Amyotrophe Lateralsklerose, führt die Gabe von CNTF, nicht aber von GDNF zu einem verzögerten Krankheitsbeginn und einem verlangsamten Fortschreiten der Motoneuronendegeneration. Auslöser der Motoneuronendegeneration in der pmn-Maus ist eine Mutation im Tubulin spezifischen Chaperon E (Tbce) Gen, das für eines von fünf Tubulin spezifischen Chaperonen (TBCA-TBCE) kodiert und an der Bildung von -Tubulinheterodimeren beteiligt ist. Diese Arbeit sollte dazu beitragen, die CNTF-induzierten Signalwege zu entschlüsseln, die sich lindernd auf den progredienten Verlauf der Motoneuronendegeneration in der pmn-Maus auswirken.
Primäre pmn mutierte Motoneurone zeigen ein reduziertes Axonwachstum und eine erhöhte Anzahl axonaler Schwellungen mit einer anomalen Häufung von Mitochondrien - ein frühes Erkennungsmerkmal bei ALS-Patienten. Die Applikation von CNTF nicht aber von BDNF oder GDNF, kann in vitro die beobachteten Wachstumsdefekte und das bidirektionale axonale Transportdefizit in pmn mutierten Motoneurone verhindern.
Aus älteren Untersuchungen war bekannt, dass CNTF über den dreiteiligen transmembranen Rezeptorkomplex, bestehend aus CNTFR, LIFR und gp130, Januskinasen aktiviert, die STAT3 an Tyrosin 705 phosphorylieren (pSTAT3Y705). Ich konnte beobachten, dass axonales fluoreszenzmarkiertes pSTAT3Y705 nach CNTF-Gabe nicht retrograd in den Nukleus transportiert wird. Stattdessen führt die CNTF-induzierte Phosphorylierung von STAT3 an Tyrosin 705 zu einer transkriptionsunabhängigen lokalen Reaktion im Axon. Diese pSTAT3Y705 abhängige Reaktion ist notwendig und ausreichend, um das reduzierte Axonwachstum pmn mutierter Motoneurone zu beheben. Wie die Kombination einer CNTF Behandlung mit dem shRNA vermittelten knock-down von Stathmin in pmn mutierten Motoneuronen zeigt, zielt die CNTF-STAT3 Signalkaskade auf die Stabilisierung axonaler Mikrotubuli ab und wirkt sich positiv auf die anterograde und retrograde Mobilität von axonalen Mitochondrien aus.
Interessanter Weise konnte ich außerdem feststellen, dass eine akute Gabe von CNTF das mitochondriale Membranpotential in Axonen primärer pmn mutierter und wildtypischer
Motoneurone erhöht und einen Anstieg von ATP auslöst. Meine Beobachtungen legen nahe, dass CNTF unerwarteter Weise auch eine transiente Phosphorylierung an STAT3 Serin 727 (pSTAT3S727) auslöst, die zur anschließenden Translokation von pSTAT3S727 in Mitochondrien führt. Diese Ergebnisse zeigen, dass STAT3 mehrere lokale Ziele im Axon besitzt, nämlich axonale Mikrotubuli und Mitochondrien.