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Kovalente Inhibition stellt einen effektiven Weg dar, die Verweildauer des Liganden innerhalb einer Bindetasche zu erhöhen. In dieser Arbeit wurden theoretische Methoden angewendet, um die Reaktivität und den nichtkovalenten Zustand vor der Reaktion zu modellieren. Im Rahmen einer Fallstudie zu Cathepsin K wurden nichtkovalente Modelle von kovalenten Inhibitoren generiert. Für verschiedene Komplexe aus Cathepsin K und einem kovalent gebundenem Liganden wurde der Zustand vor der Reaktion modelliert und dessen Stabilität im Rahmen einer klassischen MD-Simulation überprüft. Die Stabilität des Warheads in der Bindetasche hing hauptsächlich vom gewählten Protonierungszustand der katalytischen Aminosäuren ab. Für eine Reihe von Inhibitoren der ChlaDUB1 wurde ein Protokoll aus quantenmechanischen Rechnungen genutzt, um die Reaktivität verschiedener Warheads abzuschätzen. Die erhaltenen Aktivierungsenergien korrelierten mit experimentell bestimmten Raten zur Inaktivierung des Enzyms. Im Rahmen eines Wirkstoffdesign-Projektes zur Deubiquitinase USP28 wurden von unpublizierten Kristallstrukturen ausgehend erste Docking-Experimente durchgeführt. Es konnte gezeigt werden, dass ein literaturbekannter Inhibitor von USP28 mit einem Warhead so modifiziert werden kann, dass die reaktive Einheit in direkter Nachbarschaft zu einem Cystein positioniert wird. Für diese Warheads wurden ebenfalls quantenmechanische Rechnungen zur Bestimmung der Aktivierungsenergie durchgeführt. Um besser nachvollziehen zu können, warum bei einem Photoswitch-Inhibitor der Butyrylcholin-Esterase der cis-Zustand des Moleküls besser inhibiert als der trans-Zustand, wurde eine Docking-Studie des Zustandes vor der Reaktion durchgeführt. Es konnte ein qualitatives Modell aufgestellt werden, das zeigt, dass der trans-Zustand aufgrund seiner längeren Form mit wichtigen Aminosäuren am Eingang der Bindungstasche kollidiert.
In dieser Arbeit geht es um die Phosphoglykolatphosphatase (PGP), die als Phosphatase vom Haloazid Dehalogenase-Typ (HAD-Phosphatase) zu der ubiquitär vorkommenden Superfamilie der HAD-Hydrolasen gehört. In der Literatur ist eine in vitro Phosphatase-Aktivität gegenüber 2-Phospho-L-Laktat (2PL), 4-Phospho-D-Erythronat (4PE), Phosphoglykolat (PG) und Glycerol-3-Phosphat (G3P) beschrieben. 2PL und 4PE entstehen in Nebenreaktionen während der Glykolyse und hemmen bei Akkumulation die Glykolyse bzw. den Pentosephosphatweg. PG kann auch in einer Nebenreaktion während der Glykolyse oder im Rahmen der Reparatur von oxidativen DNA-Schäden entstehen. G3P entsteht aus Dihydroxyacetonphosphat und bildet das Kohlenhydratgerüst der Triacylglyceride (TAG). Zelluläre Studien konnten Hinweise auf die Regulierung des epidermalen wachstumsfaktor-(EGF-)induzierten Zytoskelettumbaus durch die PGP liefern und die Untersuchung von Mäusen mit PGP-Inaktivierung zeigte einen Einfluss auf die Zellproliferation und embryonale Entwicklung. Die Regulation der PGP-Expression führte zu Veränderungen im Kohlenhydrat- und Fettstoffwechsel.
Die Untersuchung der PGP-Funktionen erfolgte bislang ausschließlich mit genetischen Ansätzen. Aufgrund von möglichen Kompensationsmechanismen und Off-Target-Effekten müssen genetische und pharmakologische Methoden als sich ergänzende Ansätze verstanden werden. Um die Funktionen der PGP besser zu verstehen, fokussiert sich die vorliegende Arbeit auf die gezielte pharmakologische PGP-Inhibition. In Vorarbeiten wurden 41.000 Moleküle gescreent und fünf potentielle Inhibitoren identifiziert. Ziele dieser Arbeit waren zum einen die Implementierung der Inhibitor # 1-Behandlung in der Zellkultur, zum anderen die Charakterisierung der PGP-Hemmung durch Inhibitor # 48 und die Durchführung erster Selektivitätstestungen mit Inhibitor # 48.
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass Inhibitor # 1 in der Lage ist, die endogene PGP in Zelllysaten der murinen spermatogonialen Zelllinie (GC1) zu hemmen. Unter bestimmten Bedingungen führte die Inhibitor # 1-Behandlung der GC1-Zellen zur Hemmung der PGP. Erste Analysen zellulärer Inhibitoreffekte konnten eine Steigerung der TAG-Konzentration in behandelten GC1-Zellen nachweisen. Die PGP-Hemmung durch Inhibitor # 48 wurde als unkompetitive Inhibition charakterisiert und es zeigten sich keine relevanten Inhibitoreffekte auf die HAD-Phosphatasen Magnesium-abhängige Phosphatase 1 (MDP1), Lysin-Histidin-Pyrophosphat-Phosphatase (LHPP) und Polynukleotidase 5'-Kinase/3'-Phosphatase (PnkP). Dagegen konnte eine Aktivitätssteigerung von Phospho 2 beobachtet werden. Die vorliegende Arbeit liefert somit erste Erkenntnisse über die Anwendung des PGP-Inhibitors # 1 in der Zellkultur und schafft die Grundlage für nachfolgende Untersuchungen mit Inhibitor # 48. Weitere Experimente sind notwendig, die die Inhibitorbehandlung in der Zellkultur optimieren und die Selektivität weiter charakterisieren, um mithilfe der Inhibitoren neue Erkenntnisse über die physiologische und pathophysiologische Rolle der PGP gewinnen zu können.
Antimikrobielle Resistenzen stellen eine weltweite Herausforderung dar und sind mit einer hohen Morbidität und Mortalität verbunden. Die Letalitätsrate durch multiresistente Keime steigt stetig an, weshalb die WHO im Jahr 2017 eine Prioritätenliste resistenter Keime erstellte, die die Entwicklung neuer Antibiotika vorantreiben soll. Diese umfasst vornehmlich
gramnegative Bakterien, da diese aufgrund ihres Zellaufbaus sowie diverser Resistenzmechanismen besonders widerstandsfähig gegenüber dem Angriff vieler Antibiotika sind. Einige grampositive Keime (z.B. S. aureus) stehen ebenfalls auf dieser Liste und stellen eine große Herausforderung für die Medizin dar. Infolgedessen ist die Entwicklung neuer Antiinfektiva mit neuen Angriffspunkten gegen resistente Pathogene zwingend nötig, um mit bisherigen Resistenzen umgehen zu können.
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der Entwicklung und Synthese von kovalent (reversibel) bindenden Inhibitoren der Enoyl-ACP-Reduktase FabI (Staphylococcus aureus, Escherichia coli) und der Thiolase FadA5 (Mycobacterium tuberculosis). Beide Enzyme sind essenziell für das Überleben des jeweiligen Bakteriums.
FabI ist ein wichtiges und geschwindigkeitsbestimmendes Schlüsselenzym der Fettsäuresynthese Typ II diverser Bakterien. Hierbei werden wichtige Phospholipide hergestellt, die für den Aufbau der Zellmembran nötig sind. Schiebel et al. ist es gelungen, einen potenten Inhibitor für den Erreger S. aureus sowie E. coli zu entwickeln und zu charakterisieren. Ausgehend von dieser Verbindung wurde eine Substanzbibliothek mit verschiedenen „warheads“ hergestellt. Hierbei wurde die Verknüpfung zwischen dem Pyridon-Grundgerüst und der elektrophilen Gruppe sowie die über den Ether verknüpften aromatischen Ringsysteme variiert. Diese Verbindungen wurden hinsichtlich ihrer inhibitorischen Aktivität am jeweiligen Enzym getestet. Anschließend wurde von Verbindung 32 und 33, die jeweils eine gute Inhibition des Enzyms aufweisen, der IC50-Wert gemessen. Beide Verbindungen weisen eine 50-prozentige Reduktion der Enzymaktivität im mittleren nanomolaren Bereich auf. Zusätzlich wurde Verbindung 32 in einem sogenannten „jump-dilution“-Assay auf kovalente Inhibition getestet. Durch dieses Experiment konnte eine kovalente Inhibition des Enzyms ausgeschlossen werden.
Die Reaktivität der eingesetzten „warheads“ wurde gegenüber einem Tripeptid mittels eines LC/MS-Iontrap-Systems bestimmt. Die untersuchten Verbindungen zeigten keine signifikante Reaktion mit der im Tripeptid eingebauten nukleophilen Aminosäure Tyrosin, deren Nukleophilie bei dem pH-Wert des Tests (pH = 8.2 und 10.8) nicht hoch genug ist.
Um einen Einblick in den Bindemodus der Verbindungen zu erhalten, wurden ferner Kristallisationsversuche durchgeführt. Die erhaltenen Kristallstrukturen zeigen, dass die Verbindungen mit dem gewünschten Bindemodus am Zielenzym binden, aber eine kovalente Modifizierung des Tyrosins146 durch die eingesetzten „warheads“ aufgrund der großen Entfernung (6 Å zwischen elektrophiler Gruppe und Tyrosin146), unwahrscheinlich ist.
Zusätzlich wurden die physikochemischen Eigenschaften (Stabilität, Wasserlöslichkeit und logP) der Verbindung 32 sowie Verbindung 33 charakterisiert.
M. tuberculosis ist der Erreger der global verbreiteten Infektionskrankheit Tuberkulose (TB), die zu den zehn häufigsten Todesursachen weltweit gehört. Das Bakterium kann das im menschlichen Körper vorkommende Cholesterol metabolisieren und nutzt dessen Abbauprodukte als wichtige Kohlenstoffquelle. Die Thiolase FadA5 ist bei diesem Abbau ein wichtiges Enzym und konnte als potenzielles innovatives Target für neue Antibiotika definiert werden.
Durch Dockingstudien konnten zwei potenzielle Leitstrukturen als Inhibitoren der Thiolase FadA5 identifiziert werden. Im Rahmen dieser Arbeit wurden die vorgeschlagenen Strukturen mit dem gewünschten „warhead“ synthetisiert und hinsichtlich ihrer inhibitorischen Aktivität gegenüber dem Enzym untersucht. Die Zielverbindungen zeigen keine signifikante Hemmung sowie kovalente Bindung über die eingesetzten „warheads“ an die Thiolase FadA5.
Einhergehend mit einer steigenden Lebenserwartung nimmt auch die Zahl der am Multiplen Myelom Erkrankten zu. Bis dato gibt es nur wenige Therapieansätze dieser selten vorkommenden Blutkrebserkrankung. Im Zusammenhang mit der Entstehung des Multiplen Myeloms stehen vor allem zwei bedeutende Hitzeschockproteine: Hsp90 und Hsp70. Beide haben die Aufgabe, Zellen vor Apoptose zu schützen. In proliferierenden Plasmazellen ist eine Überexpression an Hsp90 zu beobachten. Entwickelte Inhibitoren führten zwar zu einer verminderten Hsp90-Aktivität, allerdings wurde diese durch eine vermehrte Expression von Hsp70 kompensiert, weshalb Myelomzellen weiterhin proliferierten. Aus diesem Grund bietet sich Hsp70 als weiterer Angriffspunkt in der Therapierung des Multiplen Myeloms an. Die bislang entwickelten Inhibitoren binden entweder an die Nukleotid- oder Substratbindedomäne. Da beide Stellen unspezifisch sind, wurden durch virtuelles Screening potenzielle Inhibitoren für Hsp70 identifiziert, welche in vitro und in vivo tatsächlich Effekte hinsichtlich der Herunterregulierung von Hsp70 zeigten. Ob die entwickelten Substanzen jedoch direkt an Hsp70 binden, war die Fragestellung der vorliegenden Arbeit.
In dieser Arbeit wurde untersucht, inwiefern die entwickelten Inhibitoren an Hsp70 binden und dieses inhibieren. Die humane Hsp70-Familie besitzt sechzehn Mitglieder, die alle ähnliche Aufgaben und Strukturmerkmale aufweisen. Für die durchgeführten Versuche wurde die Hsp70-Isoform Hsc70 verwendet. In einem Protein-Ligand-Assay konnte gezeigt werden, dass die meisten Verbindungen durch Aggregatbildung zu einer Inhibition von Hsc70 führten. Durch Zugabe von Detergenz konnten die gebildeten Aggregate aufgebrochen und so der Inhibitionseffekt aufgehoben bzw. deutlich reduziert werden. Damit konnte gezeigt werden, dass die in Zell- und Mausversuchen beobachteten Effekte vermutlich nicht auf eine direkte Inhibition von Hsc70 zurückzuführen sind. Ob diese Effekte nun ebenfalls auf Aggregatbildung beruhen oder aber ein anderes Protein als das vermutete Hsc70 inhibiert wird, was über eine Signalkaskade zur Inhibition von Hsc70 führt, wäre eine interessante Fragestellung für weitere Untersuchungen.
Da sowohl in NMR-Versuchen als auch dem durchgeführten Protein-Ligand-Assay gezeigt werden konnte, dass die vormals als potenzielle Inhibitoren entwickelten Verbindungen nur schwach aktiv sind, wurde durch Fragment-basierte Ansätze eine andere Bindestelle für mögliche Inhibitoren identifiziert. Hierbei konnte N-Acetyl-D-Glucosamin in der Nukleotidbindedomäne von Hsc70 detektiert werden. Hieraus könnten sich neue Ansätze zur Entwicklung neuartiger in silico entwickelter Hsc70-Inhibitoren ergeben.
Ausgangspunkt für die Docking-Studien zur Entwicklung neuer Hsp70-Inhibitoren war die Kristallstruktur von bHsc70 ED 1-554, einer trunkierten Doppelmutante des nativen Hsc70. Bis dato ist diese 554 Aminosäuren umfassende Mutante die einzige Hsc70-Variante von der die Zweidomänenstruktur kristallisiert werden konnte. Für dieses Konstrukt wurde zunächst ein optimiertes Aufreinigungsprotokoll entwickelt, um dann Kristallisationsversuche mit ausgewählten AH-Verbindungen, die in den Docking-Studien entwickelt wurden, durchzuführen. Hierbei konnte jedoch keine Bindung festgestellt werden. Die Kristallisation mit Ver-155008, einem bekannten Hsc70-Inhibitor, führte jedoch zur ersten Zweidomänenstruktur von Hsc70 mit gebundenem Ver-155008.
Neben der obigen Fragestellung wurde außerdem untersucht, wie funktional aktiv das trunkierte Hsc70-Konstrukts ist. Hier zeigte sich, dass aufgrund des fehlenden C-Terminus zwar eine geringe Aktivität von 30 % im Vergleich zur Volllänge zu beobachten war. Für eine nahezu vollständige Rückfaltungsaktivität ist aber der C-Terminus essentiell. Weiterhin konnte in ITC-Versuchen der Kd-Wert von Ver-155008 an die verwendete Mutante ermittelt werden, der dem bereits bekannten Kd von Ver-155008 an das native Hsc70 ähnlich ist.
Das Ziel der Arbeit war zu untersuchen, ob der Stoffwechsel kolorektaler Karzi-nomzellen geeignete Targetstrukturen für mögliche therapeutische Ansätze aufweist. In Krebszellen induziert sowohl der Warburg-Effekt bei Normoxie als auch die anaerobe Glykolyse bei Hypoxie eine massive Bildung von Laktat. Wird die Krebszelle dauerhaft daran gehindert, die für die Glykolyse notwendi-gen Reduktionsäquivalente NADH+H+ mit Hilfe der Laktatdehydrogenase zu reoxidieren und/oder Laktat über die Transporter MCT1 und MCT4 nach außen zu schleusen, dann löst diese Kombination aus Mangelsituation und intrazellulärer Ansäuerung den apoptotischen Zelltod aus. Für die Situation in vivo ist entscheidend, dass auch Zellen von Normalgeweben zwar Laktat in Hypoxie bilden, dies jedoch keine vorherrschende physiologische Situation darstellt.
Die Hemmstoffe Natriumoxamat (NaOx) für die Laktatdehydrogenase und α-Cyano-4-Hydroxycinnamat (αCHC) für MCT1 und MCT4 wurden an den sechs humanen kolorektalen Karzinomzelllinien Colo741, HCT116, HT29, LS174T, SW620 und WiDr untersucht. Zusätzlich wurde der Glukoseverbrauch und die Laktatbildung bestimmt und die Funktion der Atmungskette überprüft. Die IC50-Werte für 5-FU, NaOx und αCHC wurden bestimmt und danach NaOx in einer Konzentration von 40x10-3 mol/L, αCHC in einer Konzentration von 2x10-3 mol/L und 5-FU in einer Konzentration von 5x10-6 mol/L eingesetzt. Die Zellen wurden bei tumorphysiologischen Sauerstoffkonzentrationen von 5 % und 1 % Sauerstoff für bis zu 120 Stunden inkubiert.
Die Funktion der Atmungskette in den Mitochondrien der kolorektalen Karzi-nomzellen wurde u. a. durch Bestimmung wichtiger Kenngrößen wie dem P:O Quotienten und des respiratorischen Kontrollindex (RKI) nachgewiesen. Fünf der sechs Karzinomzelllinien wiesen im Vergleich zur Kontrollzelllinie J774 einen verringerten P:O-Quotienten und respiratorischen Kontrollindex (RKI) auf, was darauf hindeutet, dass die Funktion der Mitochondrien dieser Zellen im Vergleich zu Kontrollzellen zwar verringert war, aber nicht vollständig aufgehoben. Dieses Ergebnis stützt die allgemein akzeptierte Auffassung, dass die meisten Tumore über funktionelle Mitochondrien verfügen.
Durch die Analyse des Glukosestoffwechsels wurden die sechs kolorektalen Zelllinien, die einen unterschiedlich stark ausgeprägten glykolytischen Phänotyp aufwiesen, nach der Stärke der Laktatbildung bei 5 % Sauerstoff in drei Kategorien eingeordnet. Zudem wurde für jede der sechs Zelllinien die Expression von LDH-A, LDH-B sowie MCT-1 und MCT-4 auf Proteinebene nachgewiesen.
Wesentliches Ziel der Untersuchungen war die Überprüfung des antiprolife-rativen Potentials der beiden Inhibitoren NaOx und αCHC einzeln oder in Kombination mit 5-FU bei den tumorspezifischen Sauerstoffkonzentrationen von 5 % und 1 %. Die Kombination aus NaOx und αCHC induzierte bei 1 % Sauerstoff nach 9 Tagen in Kultur zytotoxische Effekte und war damit so wirksam wie 5x10-6 mol/L 5-FU. Die Zugabe von 5-FU zur Kombination aus NaOx und αCHC führte zu keiner Steigerung des zelltoxischen Effektes. Die beiden Inhibitoren NaOx und αCHC waren für SW620 Zellen weniger wirksam als für Zellen der anderen fünf Zelllinien. Das mehr „oxidative“ Profil von SW620 Zellen (bester P:O-Quotient, geringste Laktatbildung bei 5 % und 1 % Sauerstoff; zudem die höchsten IC50-Werte für NaOx und αCHC) könnte erklären, warum die beiden Stoffwechselinhibitoren, die einen glykolytischen Phänotyp (starke Bildung von Laktat) erfordern, für SW620 Zellen von geringerer Wirksamkeit waren.
Für die Hemmstoffe NaOx und αCHC wurden zytostatische bzw. zytotoxische Effekte in kolorektalen Karzinomzellen gezeigt. Dies deutet darauf hin, dass Krebszellen auf einen ungehinderten glykolytischen Stoffwechsel angewiesen sind. Für beide Hemmstoffe wurde ebenfalls gezeigt, dass sie auch bei tumorre-levanten Sauerstoffkonzentrationen von 5 % und 1 % wirksam sind.
Weltweit zählt die Tuberkulose zu den tödlichsten und am weitesten verbreiteten Infektionskrankheiten. Missstände in der ohnehin komplexen Therapie einerseits und fehlende Entwicklung neuartiger adäquater Wirkstoffe andererseits, führten zur Entstehung von multi- und sogar total-resistenten Keimen. Der Haupterreger ist das Mycobacterium tuberculosis. Charakteristisch für Mykobakterien ist eine dicke und undurchlässige wachsartige Zellwand mit einem großen Anteil an bestimmten Fettsäuren. Die mykobakterielle Biosynthese dieser Fettsäuren unterscheidet sich stark von eukaryotischen Zellen. Die selektive Beeinflussung dieses Systems führt zu nicht überlebensfähigen Mykobakterien und stellt somit ein idealer Angriffspunkt für Arzneistoffe dar.
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der Entwicklung neuartiger direkter Hemmstoffe von InhA, einem für den Zellwandaufbau des Mycobacterium tuberculosis essenziellem Enzym.
Es wurden zwei photometrische gekoppelt-enzymatische Assay-Systeme im 96-Well-Format entwickelt, die sich das Absorptions- bzw. Fluoreszenzverhalten des Coenzyms NADH zu Nutze machen.
Das hierzu benötigte Enzym InhA wurde überexprimiert und aufgereinigt. Mehrere Synthesemethoden für das im Testverfahren verwendete Substrat 2-trans-Octenoyl-CoA (2toCoA) wurden etabliert.
Die etablierten Assay-Systeme wurden mit Hilfe von Positivkontrollen validiert. Grundlegende Experimente zur Errichtung einer substratunabhängigen orthogonalen Methode mittels MST wurden getätigt.
Basierend auf den Ergebnissen eines in Vorarbeiten durchgeführten virtuellen Screenings wurden erste potenzielle Inhibitoren kommerziell erworben und getestet. Nachfolgend wurde mit der Synthese von Derivaten begonnen, welche auf iterativem Wege optimiert wurden (Testung – Docking – Synthese neuer Derivate). Hierdurch wurde eine umfassende Substanzbibliothek bestehend aus insgesamt 254 Verbindungen aufgebaut. Diese setzte sich aus unterschiedlich substituierten Thiazolidin-2,4-dionen- und Thiazolin-2-on-Derivaten, Derivaten der ähnlich strukturierten Fünfring-Heterozyklen Rhodanine, Thiohydantoine und Hydantoine und weiteren Strukturklassen bestehend aus Biphenylether-, Pyrrolidoncarboxamid-, Pyridon- und Sulfonamid-Derivaten zusammen. Die Verbindungen wurden entweder selbst synthetisiert, kommerziell erworben oder von Kooperationspartnern bezogen. Neben der Etablierung zuverlässiger und effizienter Syntheserouten stand hierbei ebenso die strukturelle Aufklärung der stereochemischen Verhältnisse der Produkte im Mittelpunkt.
Die Verbindungen der aufgebauten Substanzbibliothek wurden mit dem etablierten InhA-Testsystem auf ihre inhibitorischen Eigenschaften gegenüber InhA untersucht. Soweit möglich wurden Struktur-Aktivitätsbeziehungen abgeleitet. Insbesondere einige disubstituierte Thiazolidindione zeigten eine schwache Hemmung von bis zu 25 %. Die zur Aufklärung des Inhibitionsmechanismus durchgeführten Experimente deuten auf eine unkompetitive Hemmung hin. Bei den direkten Testungen an Mykobakterien konnten die inhibitorischen Eigenschaften hingegen nicht bestätigt werden.
Weiterhin wurden Testungen an Cystein- und Serin-Proteasen von Erregern anderer Infektionskrankheiten durchgeführt. Das Thiazolinon SV102 wurde hierbei als nicht-kompetitiver Hemmstoff von Cathepsin B mit einem Ki-Wert von 1.3 µM identifiziert. Die Synthese und Testung weiterer Thiazolin-2-on-Derivate sowie Cokristallisationsversuche mit Cathepsin B sind somit in Betracht zu ziehen. Die getesteten Thiazolidindion-Derivate der Substanzbibliothek zeigten hierbei mittelstarke bis gute Hemmeigenschaften, die ebenfalls an den Erregern beobachtbar waren. Relativiert werden diese vielversprechenden Ergebnisse allerdings durch eine ebenfalls zu beobachtende Zytotoxizität. Weiterhin konnte eine antibakterielle Wirkung der untersuchten Verbindungen in zellulären Assay-Systemen nicht gezeigt werden.
Abschließend wurde die Eignung der Thiazolidindione und verwandter Fünfringheterozyklen als Leitstruktur für potenzielle InhA-Inhibitoren, aber auch die Eignung dieser Verbindungsklasse als potenzielle Leitstruktur per se diskutiert.
Die TGF-β-Proteinfamilie umfasst eine Vielzahl von zumeist homodimeren sezernierten Liganden in höheren Tieren, die viele Vorgänge und Entwicklungen im Embryo wie im adulten Lebewesen über absolute oder graduelle Einflussnahme steuern. Die Signalweiterleitung ins Zytoplasma und den Nukleus erfolgt über promisk paarig rekrutierte Typ-I- und Typ-II-Rezeptoren, ehe vorwiegend rezeptorabhängig verschiedene SMAD-Proteine von Typ-I-Kinasen der Rezeptoren aktiviert werden, in den Kern translozieren und die Transkription induzieren. Zu jedem Zeitpunkt dieser Signalweiterleitung kann mittels verschiedener endogener Inhibitoren regulatorisch eingegriffen werden. Dem bisher einzig bekannten membranständigen Pseudorezeptor Bambi (BMP and Activine membrane bound inhibitor) wurde in vorangegangenen Arbeiten inhibitorisches Potential gegenüber dem BMP- und Activin-vermittelten Signalweg über Bindung an distinkte ligandenadressierte Rezeptoren zugeschrieben, wobei die genaue Wirkweise bislang noch vollkommen unklar war.
In der vorliegenden Arbeit wurde initial ein Homologiemodell der extrazellulären Domäne von hBambi anhand der gelösten Kristallstruktur der extrazellulären Domäne von BR1A im gebundenen Zustand (PDB-ID: 1REW) erstellt. Anhand dieses Modells wurde eine Arbeitshypothese entwickelt und es gelang in der Folge, biologisch aktives rekombinantes Protein zum einen aus transfizierten Insektenzellen sowie aus der Renaturierung aus bakteriellen Einschlusskörpern in hinreichender Menge herzustellen und chromatographisch aufzureinigen. Nach einer vergleichenden Qualitätskontrolle beider Exprimate wurden mittels CD-Spektroskopie und analytischer Gelfiltration der Anteil der Sekundärstrukturelemente sowie der Oligomerisierungsgrad erfolgreich bestimmt. In SPR-Bindestudien wurde der Beweis erbracht, dass hBambi-ECD Affinität zu annähernd allen getesteten Liganden der BMP-/GDF-Gruppe, die den SMAD-1/-5-/-8-Signalweg aktivieren, zeigt. Bekannte Typ-I- und Typ-II-Bindungsmutanten von BMP-2 wurden ebenfalls von hBambi-ECD quasi wildtypisch gebunden. Verschiedene Rezeptorektodomänen sowie ActivinA wurden, wie bisher in der Literatur fälschlich angenommen wurde, hingegen nicht gebunden. Die propagierte Homooligomerisierung von Bambi wird überdies nicht über die extrazelluläre Domäne vermittelt. Eingesetzt in Stimulationsversuche mit BMP-responsiven Zellen wurde eine konzentrationsabhängige inhibierende Wirkung von freier hBambi-ECD auf die BMP-2-vermittelte Signalweiterleitung mit unterschiedlichen Nachweismethoden ermittelt, welche die Ergebnisse aus den SPR-Versuchen erfolgreich bestätigten.
In einem weiteren Teil dieser Arbeit wurden verschiedene chimäre Konstrukte aus für Bambi- und BR1A-Domänen kodierenden Sequenzen kloniert, in HEK Ad293-Zellen zusammen mit BMP- und Activin-responsiven Reportergenkonstrukten transient transfiziert und Stimulationsversuche mit BMP-2 und ActivinA durchgeführt. Wildtypisches Bambi zeigte hierbei ein ambivalentes Verhalten in Bezug auf die Regulation des BMP-2-Signals: geringe Mengen wirken agonistisch, höhere Mengen antagonistisch auf die Ausbildung des Reporters. Im Fall von ActivinA zeigte sich hingegen kein antagonistischer Einfluss von Bambi. In den Experimenten mit chimären Varianten erfolgte durch die erhaltenen Daten die Eingrenzung der Bindestelle von hBambi-ECD an BMP-2 auf den Bereich der Typ-I-Bindestelle. Ein direkter Einfluss der intrazellulären Domäne auf den BMP-2-Signalweg wurde ausgeschlossen. Weiterhin konnte gerade in Versuchen mit einem Antikörper gegen BR1A-ECD eine weitere Eigenheit der Bindung von Bambi an den Liganden offenbart werden: so bildet das Konstrukt aus hBambi-ECD und der intrazellulären BR1A-Domäne mit zugehöriger GS-Box und Typ-I-Kinase einen korrekt in den signalaktiven heterohexameren Komplex rekrutierten funktionellen Typ-I-Rezeptor.
Mit den in dieser Arbeit erzielten Ergebnissen, nämlich der gelungenen Erstellung eines Herstellungsprotokolls der ECD, deren erfolgreich identifizierten Bindepartnern sowie der Charakterisierung der Bindung an BMP-2 ist der Grundstein für die Strukturaufklärung von hBambi-ECD gelegt, welche weitere Klarheit in die Funktionalität dieses Modulators der BMP-/GDF-vermittelten Signalweiterleitung bringen wird. Ebenso sind erste das Verständnis der ICD aufklärende Ergebnisse erzielt worden, die das Fundament für weitere Experimente und darauf folgende Kenntnisgewinne darstellen werden.
Im Mittelpunkt dieser Arbeit stand die Entwicklung neuer Wirkstoffe gegen Tuberkulose, einer schwerwiegenden bakteriellen Infektionskrankheit, die am häufigsten die Lunge befällt. Die Entwicklung neuer Arzneistoffe gegen diese Erkrankung ist immens wichtig, da nach Angaben der WHO weltweit jährlich über 1 Million Menschen an den Folgen der Tuberkulose sterben, derzeit kein effizienter Impfstoff zur Verfügung steht und sich die Therapiemöglichkeiten auf wenige Arzneistoffe beschränken. Zudem steigt weltweit das Auftreten von arzneistoff- und totalresistenten Tuberkuloseformen. Tuberkulose wird vorwiegend durch das Mycobacterium tuberculosis erregt. Eine Besonderheit des M. tuberculosis stellt die mykobakterielle Zellwand dar, da diese durch einen hohen Anteil an Fettsäuren besonders wachsartig und dick ist. Die mykobakterielle Fettsäuresynthese unterscheidet sich signifikant von der Synthese eukaryotischer Fettsäuren. Daher besteht die Möglichkeit, Inhibitoren der mykobakteriellen Fettsäuresynthese als effektive und selektive neue Antituberkulotika zu entwickeln. Zielstruktur dieser Arbeit ist KasA (β-Ketoacylsynthase), ein Enzym der mykobakteriellen Fettsäuresynthese II, das die Kondensation zwischen der wachsenden Fettsäurekette und Malonyl-ACP katalysiert. Ein literaturbekannter KasA-Inhibitor ist Thiolactomycin, ein Thiolacton-Derivat mit einer schwachen inhibitorischen Aktivität (IC50: 242 µM; Kd 226 µM), für den eine KasA-Komplexstruktur verfügbar ist. Ziel der Arbeit war es, mittels computergestützten Wirkstoffdesigns neue Leitstrukturen für KasA-Inhibitoren zu entwickeln und davon abgeleitet Substanzbibliotheken kleiner Moleküle zu synthetisieren. Zur Bestimmung der In-vitro-Aktivitäten sollte KasA exprimiert und ein Assay etabliert werden. Theoretische und experimentelle Affinitäten sollten anschließend analysiert und bewertet werden. Zur Identifizierung neuer potenzieller KasA-Inhibitoren wurde mit Hilfe des Thiolactomycin-Bindemodus ein Pharmakophor-Modell erstellt. In diesem wurden die essentielle Wasserstoffbrücke zwischen den Histidinen und dem Carbonyl-Sauerstoff des Thiolactonrings, zwei hydrophobe Bereiche und ein verbindendes Strukturelement definiert und das Volumen des Pharmakophors begrenzt. Das Screening der Datenbank erfolgte mit GOLD4.0 und GOLDscore. Zur Identifizierung der 16 aussichtsreichsten Verbindungen wurden Rescorings mit ChemScore und sfc_score290m durchgeführt, sowie verschiedene physikochemische Deskriptoren und der errechnete Bindungsmodus einbezogen. Ausgewählte Verbindungen des Screenings wurden synthetisiert. Weitere Variationen wurden durch Einführung von Substituenten und Bromierung und Nitrierung der Grundgerüste erhalten. Zur biologischen Testung dieser Verbindungen konnte KasA in M. smegmatis exprimiert werden. Die Reinigung des Proteins erfolgte mittels Affinitäts- und Größenausschlusschromatographie. Affinitätswerte an KasA konnten mit einem Fluoreszenzassays bestimmt werden, da in jedem KasA-Monomer vier Tryptophane zur intrinsischen Fluoreszenz beitragen. Die Bindung eines Inhibitors in die TLM-Bindetasche führte zum Quenching der Fluoreszenz von KasA und konnte unter Berücksichtigung von Verdünnungs- und inneren Filtereffekten zur Berechnung der Dissoziationskonstante Kd herangezogen werden. Die In-vitro-Untersuchungen der Inhibitoren von KasA zeigten im Vergleich zu TLM eine Verbesserung der Affinität bis zu einem Faktor von 11, die beste Verbindung war das Nitroisatin-Derivat 2l (22.1 µM). Einen Hinweis auf Hemmung des Wachstums von Mykobakterien war für die Verbindungen 2e (5-Nitro-1-phenethyl-2,3-indolindion) und 3a (5,7-Dibrom-1-(4-chlorbenzyl)indolin-2,3-dion) ersichtlich. Die übrigen Verbindungen zeigten keine Aktivität, was dadurch bedingt sein kann, dass sie Substanzen nicht lipophil genug sind (clogP-Werte zwischen 1 und 3), um die mykobakterielle Zellwand zu durchdringen. Analog dem Docking im Rahmen des virtuellen Screenings wurde ein Docking mit GOLD4.0 und GOLDscore für die Substanzbibliothek durchgeführt. Verglichen mit den In-vitro-Affinitäten konnte eine gute Übereinstimmung in der Differenzierung der Substanzklassen gefunden werden. Da kleine Moleküle mit großer biologischer Aktivität zu bevorzugen sind, wurde die „ligand efficiency“, die inhibitorische Potenz unabhängig vom Molekulargewicht, für die Verbindungen berechnet. Für die Substanzbibliothek wurde eine gute Korrelation von „ligand efficiency“ und GOLDscore pro Schweratom erzielt (R2=0.65), beste Substanzgruppen waren monoalkylierte Uracil- und Isatin-Derivate. Der beste Wert wurde für das Isatin-Derivat 1a erzielt. Mit den erarbeiteten theoretischen und experimentellen Ergebnissen und den etablierten Methoden bietet diese Arbeit eine wichtige Grundlage, um erste „hits“ von KasA-Inhibitoren zu neuen Leitstrukturen für Wirkstoffe gegen Mycobakterium tuberculosis zu entwickeln.
Die Spaltung verschiedener Zuckerverbindungen ist ein elementarer Vorgang in allen Lebewesen. Im Rahmen dieser Arbeit wurden Enzyme untersucht, die Saccharose, einen wichtigen Energieträger und Botenstoff, in Fructose und Glucose spalten. Sie liefert einen umfassenden Überblick saccharosespaltender Enzyme und deren Inhibitoren, der erstmals die Gebiete der β-Fructofuranosidasen und der α-Glucosidasen vereinigt. Invertasen (β-Fructofuranosidasen, Abspaltung der Fructose) spielen eine zentrale Rolle im Metabolismus der Pflanzen und werden auf vielfältige Art und Weise reguliert. Im Rahmen dieser Arbeit wurden Veränderungen in der Aktivität durch verschiedene Einflüsse in vitro untersucht. Dabei konnte gezeigt werden, dass die Temperaturoptima der Invertasen erstaunlich hoch liegen. Das Verhalten der getesteten alkalischen / neutralen Invertase aus Lolium temulentum unterschied sich bei vielen Tests von dem der anderen eingesetzten Invertasen. Auch in Tieren bzw. im Menschen sind saccharosespaltende Enzyme, hier bezeichnet als Sucrasen bzw. α-Glucosidasen (Abspaltung der Glucose), an vielen wichtigen Vorgängen beteiligt, etwa der Glykosilierung von Proteinen oder der Verdauung. Die humane Sucrase-Isomaltase aus dem Dünndarm ist ein Target in der Diabetestherapie. Erstmals konnte die humane Sucrase als aktive Untereinheit in der Hefe Pichia pastoris exprimiert werden. Neben den Enzymen selbst wurden das Wirkspektrum und die Wirkstärke verschiedener Inhibitoren untersucht. Dabei konnte festgestellt werden, dass Acarbose, ein Pseudotetrasaccharid, das in der Diabetestherapie verwendet wird, auch pflanzliche Invertasen hemmt. Die in ihrer Struktur zueinander sehr ähnlichen Iminozucker DMDP, Miglitol und Calystegin B2 unterschieden sich erheblich in ihrer Hemmaktivität. DMDP ist dabei am potentesten, Miglitol führt teilweise zu einer erhöhten Invertaseaktivität und Calystegin B2 verfügt nur über ein beschränktes Hemmspektrum. Pflanzliche proteinogene Invertaseinhibitoren hemmten auch die humane Sucrase und die Hefeinvertase; wurden die Inhibitorproteine in P. pastoris exprimiert und dabei glykosiliert, hatten sie keine Hemmaktivität. Als einziger Inhibitor zeigte Miglitol der getesteten alkalischen / neutralen Invertase gegenüber ein Verhalten, das als selektiv bezeichnet werden kann, da die Hemmung mit Konzentrationen, die um den Faktor 1000 niedriger waren als bei anderen Invertasen, eintrat. Für die Suche nach neuen Inhibitoren wurden ein Screening und eine Literaturrecherche zum Thema Pflanzen in der Diabetestherapie bzw. pflanzliche Glucosidasehemmstoffe durchgeführt. Die Literaturrecherche weist darauf hin, dass eine große Anzahl an Pflanzen potentielle Wirkstoffe beinhalten könnte. Das Screening nach neuen Hemmstoffen wurde größtenteils mit Pflanzenextrakten aus der Traditionellen Chinesischen Medizin durchgeführt. Dabei wurden hemmende Extrakte entdeckt, die weiter auf ihre aktiven Komponenten hin untersucht werden sollten.
Die Zahl der Tuberkuloseerkrankungen ist in den letzten Jahrzehnten weltweit gestiegen. Da es an innovativen Antituberkulotika mangelt, werden nach wie vor Medikamente der ersten Generation eingesetzt. Das wachsende Problem sind multi-resistente und extrem-resistente Bakterienstämme, die kaum oder gar nicht auf die medikamentöse Therapie ansprechen. Charakteristisch für M. tuberculosis ist eine dicke Zellwand. Der Aufbau der Zellwand ermöglicht es dem Bakterium in den Makrophagen zu persistieren und sich dort zu vermehren. Die Zellwand ist reich an Mykolsäuren und so wenig durchlässig für Fremdstoffe. Das mykobakterielle Zellwandskelett kann man in zwei Teile unterteilen, den Zellwandkern und die äußere Lipidhülle. Die freien Lipide der äußeren Lipidhülle dienen als Signalmoleküle im Krankheitsverlauf und interkalieren mit den Mykolsäuren des Zellwandkerns. M. tuberculosis besitzt für die Fettsäurebiosynthese zwei Enzymkomplexe: Die Typ-I-Fettsäuresynthase, die auch in Säugetieren zu finden ist, produziert Fettsäuren von C16- bis C26-Kettenlänge, die dann in der Typ-II-Fettsäuresynthase (FAS-II) zu Meromykolsäuren verlängert werden. Im Synthesezyklus des FAS-II sind mehrere monofunktionale Enzyme hintereinander geschaltet. Wird eines dieser Enzyme in seiner Funktion gestört, kumulieren Zwischenprodukte und benötigte Zellwandlipide können nicht synthetisiert werden. In der Folge wird die Zellwand instabil und das Bakterium stirbt. Die mykobakterielle Lipidbiosynthese ist somit ein ideales Target für die Entwicklung neuer Antituberkulotika. Ziel dieser Arbeit war es, eine neue Inhibitorklasse des FAS-II Enzyms InhA des M. tuberculosis mittels virtuellem Screening zu finden. Für das virtuelle Screening wurden drei aufeinander aufbauende Pharmakophorhypothesen entwickelt und mit diesen zwei unabhängige Datenbanken durchsucht. Als Grundlage für die Berechnungen des virtuellen Screenings diente die PDB Röntgenkristallstruktur 2h7m mit dem Liganden 1-Cyclohexyl-N-(3,5-dichlorophenyl)-5-oxopyrrolidin-3-carboxamid. Für die Erstellung der Pharmakophorhypothesen wurden zuerst die Strukturen des Enzyms mit und ohne Ligand bezüglich ihrer Konformationsunterschiede vor allem im Bereich der Bindetasche analysiert. Als nächstes wurden die Wechselwirkungen des Liganden mit den Aminosäuren der Bindetasche und dem Cofaktor näher analysiert und die verschiedenen Wechselwirkungsarten hinsichtlich ihrer Relevanz für eine inhibitorische Aktivität beurteilt. Schließlich wurde eine Bindetaschenanalyse durchgeführt und Hotspots für unterschiedliche chemische Funktionalitäten berechnet. Für das Datenbankenscreening wurden das ZINC 'drug-like' Subset (2005) und CCGs MOE 2006 Vendor Compound 3D Collection verwendet, beides Datenbanken exklusiv kommerziell erhältlicher Verbindungen. Das ZINC 'drug-like' Subset wurde über einen für InhA individuell angepassten hierarchischen Filter numerisch reduziert. Von den verbleibenden Verbindungen wurde eine Konformerendatenbank berechnet. Die MOE 2006 Vendor Compound 3D Collection lag bereits als Konformerendatenbank vor und wurde für das Screening 'as-is' verwendet. Mit den Pharmakophorhypothesen I und II wurde das reduzierte ZINC 'drug-like' Subset gescreent. Für die Treffer wurden Fingerprints berechnet, sie danach mithilfe des Tanimotokoeffizienten nach ihrer Ähnlichkeit in Cluster eingeteilt und visuell analysiert; 149 Verbindungen wurden für die Dockingsimulationen ausgewählt. Die MOE Konformerendatenbank wurde ebenso über einen für InhA individuell angepassten hierarchischen Filter numerisch reduziert und mit der Pharmakophorhypothese III gescreent, 28 Verbindungen wurden für die Dockingsimulationen ausgewählt. Die Dockingsimulationen wurden mit den Programmen MOE Dock und Autodock durchgeführt. Die Ergebnisse wurden numerisch ausgewertet und innerhalb der Bindetasche relativ zur jeweiligen zugrunde liegenden Pharmakophorhypothese visuell analysiert; 27 Substanzen wurden schließlich für die Testungen ausgewählt. Die Testungen erfolgten mit einem enzymatischen Assay und einem Assay an attenuierten M. tuberculosis Für die Etablierung des enzymatischen Assays wurde das Enzym InhA mittels Vektortransformation in E. coli überexprimiert und säulenchromatographisch aufgereinigt. Das Substrat 2-trans-Octenoyl-Coenzym A wurde synthetisiert. Von den 27 ausgewählten Substanzen waren 9 im Handel erhältlich und wurden schließlich auf ihre inhibitorische Aktivität getestet. Es wurden ein Thiazolidin-2,4-dion, ein 2-Thioxoimidazolidin-4-on und ein Sulfonamid als aktive Substanzen gefunden.
Als einer der ersten gegen HIV gerichteten Restriktionsfaktoren konnte die Cytidindeaminase APOBEC3G isoliert werden. Dieses zelluläre Enzym hemmt äußerst effizient die Replikation von HIV. Weiterführende Untersuchungen konnten demonstrieren, dass die Hemmung der Virusreplikation hauptsächlich auf einer Deaminase-katalysierten G zu A-Hypermutation des viralen Genoms während der Reversen Transkription beruht. Als Gegenstrategie zur antiretroviralen Wirkung von A3G kodiert HIV-1 das Protein Vif (virion infectivity factor), welches durch eine direkte Wechselwirkung den Ubiquitin-abhängigen proteasomalen Abbau von A3G bewirkt. Vor diesem Hintergrund wird der Inhibition des Vif induzierten A3G- Abbaus großes Potential als neuartiges Wirkstoffziel bei der Behandlung von HIV Infektionen vorhergesagt. Das Ziel der vorliegenden Arbeit bestand deshalb in der Etablierung von zellulären Screening-Assays für die Identifizierung von Inhibitoren des Vif induzierten A3G-Abbaus. Im Rahmen dieser Arbeit konnten insgesamt vier fluoreszenzbasierte zelluläre Assays erfolgreich entwickelt und als Screeningsysteme für die Wirkstoffsuche etabliert werden. Drei dieser Assays basieren auf stabilen Zelllinien, von denen eine Vif und ein mit EYFP markiertes A3G ko-exprimiert. Dieser sogenannte A3G-Abbauassay stellt den primären Assay für die Identifizierung von Inhibitoren des Vif induzierten A3G-Abbaus dar und wird durch zwei weitere Zelllinien-basierte Assays ergänzt. Diese sekundäre Assays erlauben die Detektion von Substanzen, die falsch-positive oder falsch-negative Signale im A3G-Abbauassays generieren. Zusammengenommen ermöglichen die drei Assays die präzise Identifizierung von Inhibitoren, die spezifisch auf den A3G-Abbau wirken und stellen damit eine wesentliche Verbesserung bereits existierender Screeningsysteme dar. Weiterhin wurde ein auf dem Prinzip der bimolekularen Fluoreszenzkomplementation (BiFC) basierendes Testsystem entwickelt. Besagtes System misst die direkte Interaktion zwischen Vif und ElonginC in lebenden Zellen und repräsentiert damit ein weiteres Testsystem für die Identifizierung von Inhibitoren der Vif induzierten A3G-Degradation. Den zweiten Teil dieser Arbeit umfasste die Analyse von Derivaten des Vif Antagonisten RN-18 und neu entwickelten niedermolekularen Inhibitoren der Vif-ElonginC- Interaktion. Als ein wichtiges Ergebnis der Derivat-Analyse ergab sich, dass RN-18 zytotoxisch wirkt und im hier etablierten A3G-Abbauassay ein falsch-positives Signal generiert. Unter den analysierten Vif-ElonginC-Interaktionsinhibitoren fand sich eine Verbindung, die in einem initialen Screening, unter Verwendung des A3G-Abbauassays, eine deutliche Inhibition der Vif induzierten A3G-Degradation bewirkte. Zusammenfassend konnten im Rahmen dieses Promotionsprojektes erfolgreich mehrere Screeningsysteme für die Identifizierung von spezifischen Inhibitoren des A3G-Abbaus etabliert werden. Diese Systeme werden zukünftig dazu beitragen, dass Auffinden von neuartigen Therapeutika für die Behandlung von HIV-Infektionen zu beschleunigen.
Identifizierung und Testung spezifischer Inhibitoren des Energiestoffwechsels von Tumorzellen
(2011)
Charakteristisch für viele maligne Tumorzellen ist eine erhöhte Aufnahme von Glucose und die Bildung großer Mengen Milchsäure auch in Anwesenheit von Sauerstoff (Warburg Effekt) und eine verminderte Nutzung des Zitratzyklus. Als Grund werden Defekte in der mitochondrialen Atmungskette diskutiert. Aber auch eine durch Onkogene gesteigerte Glykolyserate, könnte ursächlich sein. Ein weiterer für Tumorzellen wichtiger Stoffwechselweg, in dem Glucose abgebaut wird, ist der Pentosephosphatweg, dessen Blockade das Wachstum der Krebszellen hemmen könnte. Zudem stellt die Manipulation derjenigen Signalwege, die in den Tumorstoffwechsel involviert und in Tumorzellen überaktiviert (Ras/PI3K/Akt/mTOR- und Raf/MEK/ERK-Signalweg) oder unterdrückt (oxidative Phosphorylierung) sind, mögliche Ansatzpunkte dar. In dieser Arbeit wurde daher in vitro die Wirkung von 15 Substanzen an drei verschiedenen Tumorzelllinien und vier verschiedenen benignen Zellen untersucht, welche in die oben genannten charakteristischen Stoffwechselwege von Tumorzellen eingreifen und gegenwärtig intensiv als mögliche Tumortherapeutika diskutiert werden. Ziel war es, geeignete Kandidaten für eine zielgerichtete Therapie zu identifizieren. Der Schwerpunkt dieser Arbeit war die Beeinflussung des Glucosestoffwechsels in Tumorzellen. Da Glucose sowohl aerob als auch anaerob verstoffwechselt werden kann, wurden in einem ersten Ansatz zum einen Substanzen gestestet, die die Glykolyse auf verschiedenen Ebenen hemmen, zum anderen wurden Substanzen untersucht, die den mitochondrialen Stoffwechsel beeinflussen. Die Wirkung aller 15 Substanzen wurde zunächst jeweils als Einzelbehandlung getestet. Hierbei führten nur sehr hohe Konzentrationen in Tumorzellen zu einem drastisch verminderten ATP-Gehalt, die für benigne Zellen aber ebenfalls toxisch waren. Daher wurde in einem zweiten Schritt untersucht, ob durch die gleichzeitige Manipulation des Glucosestoffwechsels und des mitochondrialen Stoffwechsels mit jeweils subtoxischen Konzentrationen eine tumorselektive Wirkung erreicht werden kann. Bei der Kombination der Substanzen Oxythiamin/NaDCA bzw. 2-DG/Rotenon ergaben sich zwar synergistische Effekte auf die Verminderung des ATP-Gehaltes in den getesteten Tumorzellen, eine generelle tumorselektive Wirkung konnte jedoch durch die kombinierte Behandlung nicht erreicht werden. In jüngster Zeit mehren sich die Hinweise, dass die Glutaminolyse einen sehr wichtigen Stoffwechselweg für Energiegewinnung und Syntheseprozesse von Tumorzellen darstellt. Deshalb wurde in einem dritten Schritt untersucht, ob durch die Hemmung der Glutaminolyse mit der Substanz 6-Diazo-5-oxo-L-norleuzin (DON) eine tumorspezifische Wirkung erreicht werden kann. In der Tat konnte durch DON eine andeutungsweise tumorselektive Wirkung auf den ATP-Gehalt der Zellen erzielt werden, jedoch war das therapeutische Fenster sehr eng. Durch die Hemmung der oxidativen Phosphorylierung wurde in allen drei untersuchten Tumorzelllinien eine gesteigerte Milchsäureproduktion nachgewiesen. Dies ist ein eindeutiger Hinweis dafür, dass in diesen Tumorzellen die Mitochondrien keine Defekte aufweisen. Die hier untersuchten benignen und malignen Zellen wurden hinsichtlich des Glucosestoffwechsels mit verschiedenen Methoden näher charakterisiert, um zu beurteilen, ob sich die Zellen in ihrem Stoffwechselphänotyp unterscheiden. Bei der Quantifizierung der Glucoseaufnahme wurde deutlich, dass auch manche benigne Zellen deutliche Mengen an Glucose aufnehmen, welche allerdings nur der Tumorzelllinie mit der niedrigsten Aufnahme glich. Mittels immunhistochemischer Färbungen wurden charakteristische Proteine des Zuckerstoffwechsels dargestellt. Zudem wurde die Expression von zentralen Genen des Stoffwechsels auf mRNA- bzw. Proteinebene untersucht. Hierbei wurde deutlich, dass sowohl Tumorzellen als auch manche benigne Zellen für die Glykolyse typische Proteine bzw. mRNA stark exprimieren. Fazit der Charakterisierung ist, dass es zwischen den hier verwendeten malignen und benignen Zellen keine eindeutige Differenzierung aufgrund des Stoffwechselprofils gibt, sondern sich die getesteten Zellen nur graduell unterscheiden. Dieses Ergebnis erklärt möglicherweise die geringe Tumorspezifität der getesteten Substanzen. Im Vergleich mit den vielversprechenden Ergebnissen aus der Literatur zeigten die hier gewonnenen in vitro-Daten eindeutig, dass die Wirkung von potenziell tumorhemmenden Substanzen je nach Tumorzelltyp extrem verschieden war. Dies beruht darauf, dass der vorherrschende Stoffwechseltyp (oxidativ bzw. glykolytisch) für jede Tumorentität verschieden ist. Daher muss vermutlich für jede Tumorentität bzw. sogar für jeden Patienten individuell die Wirkung und der Nutzen einer Hemmung des Tumorstoffwechsels untersucht werden, bevor künftig an eine zielgerichtete Therapie gedacht werden kann.
Das Ziel der vorliegenden Arbeit war es, eine neue Struktur abgeleitet von den potenten Aziridin-2,3-dicarboxylaten zu synthetisieren und diese dann an verschiedenen humanen und parasitären Cystein-Proteasen zu testen. Dafür wurde als Baustein die Aziridin-2-carbonsäure gewählt, die an C3-Position unsubstituiert ist und an C2-Position eine Carboxyl-Funktion trägt. Außerdem sollte der Ringstickstoff im Gegensatz zu den bisher bekannten N-acylierten Aziridin-2,3-dicarboxylaten basische Eigenschaften besitzten. Die Struktur der synthetisierten Azridin-2-carboxylate ist daher wie folgt gewählt worden: Die durch Cromwell-Synthese erhaltenen Verbindungen wurden als Racemate oder als Diastereomerengemische erhalten. Dabei wurden die Diastereomeren-Verhältnisse der einzelnen Verbindungen über die Integrale in den 1H-NMR-Spektren bestimmt. Die an Position R3 mit einer Aminosäure substituierten Aziridin-2-carboxylate wurden durch eine Modifikation der Cromwell-Synthese erhalten. Es wurden insgesamt 27 Azridin-2-carboxylate synthetisiert, die dann an verschiedenen Proteasen getestet wurden. Zu den getesteten Cystein-Proteasen gehören die parasitären Enzyme Falcipain 2, 3 und Rhodesain, die virale SARS-CoV Mpro und die humanen Proteasen Cathepsin B und L. Es wurde jeweils ein Screening der Substanzen an den Proteasen durchgeführt. Bei den wirksamen Verbindungen wurden dann die Ki-, ki-, k2nd- oder IC50-Werte bestimmt. Außerdem wurden die Substanzen auch an der SAP2, einer Aspartat-Protease aus Candida albicans, getestet, an der sie allerdings kaum eine Hemmwirkung zeigten. Bei den nicht-selektiven Inhibitoren stellte sich die Verbindung 9.1a, die auch an Rhodesain eine gute Aktivität besitzt, als ein noch potenterer Inhibitor heraus. Hauptsächlich zeigten an Rhodesain Verbindungen eine gute Hemmwirkung, die Nε- oder Nα-geschütztes Lysin-, Phenylalanin- oder Asparaginsäureester als Substituenten enthalten. Dabei waren die Verbindungen 9.1a/b, 4.9b und 4.8a/b die potentesten Inhibitoren am Rhodesain und 9.1b, 9.2, 4.4b und 4.8b an Falcipain 2 und 3. An der SARS-CoV Mpro hemmte die Verbindung 9.1b am besten. Es wurde weiterhin die Abhängigkeit der Aktivität der parasitären Cystein-Protease Rhodesain vom pH-Wert bestimmt, indem die Fluoreszenzzunahme durch die hydrolytische Spaltung des Substrates durch das Enzym bei pH-Werten zwischen 2.5 und 8.0 über 30 min vermessen wurde. Dabei zeigte sich, dass das Rhodesain in einem sehr weiten pH-Bereich von 3.0 – 8.0 eine sehr hohe Aktivität aufweist (80 – 100 %) und erst im relativ sauren Bereich bei pH 2.5 die Aktivität nachlässt (~ 60 %). Außerdem wurde auch die Hemmung von Rhodesain durch 9.1b in Abhängigkeit vom pH-Wert analysiert, wobei die Hemmstärke im sauren pH-Bereich durch die Protonierung des Stickstoffes des Aziridinringes sehr stark zunahm. Im Rahmen des SFB630 („Erkennung, Gewinnung und funktionale Analyse von Wirkstoffen gegen Infektionskrankheiten“) konnten viele der synthetisierten Verbindungen an verschiedenen Krankheitserregern, wie Trypanosoma brucei brucei, Leishmania major, sowie an sog. Problemkeimen, zu denen die gram-negativen Erreger Pseudomonas aeruginosa und Escheria coli, sowie die gram-positiven Staphylococcus-Arten S. aureus (Linie 325, 8325) und S. epidermidis (Linie RP62) gehören, untersucht werden. Dabei stellten sich die Verbindungen 9.1a/b an Trypanosoma brucei brucei als wirksame Inhibitoren gegen den Erreger heraus. Dies korreliert auch sehr gut mit der hohen Aktivität der beiden Verbindungen gegen Rhodesain (9.1a: Ki: 15.41 µM; 9.1b: Ki: 2.99 µM), wobei die Verbindung 9.1b allerdings an Makrophagen toxisch wirkte (9.1b: IC50: 80 µM). Außerdem war 9.1b auch ein Inhibitor des Wachstumes und der Biofilmbildung von S. aureus. Gegenüber Plasmodium falciparum zeigten die Verbindungen 4.9a/b (4.9a: IC50: 0.5 µM; 4.9b: IC50: 2.2 µM) und 9.4 (9.4: IC50: 1.7 µM) die größte Aktivität, wobei allerdings diese Verbindungen keine Hemmung an den Falcipainen aufwiesen und somit das Target der Inhibition noch ungeklärt ist. Im Rahmen eines Auslandsaufenthaltes in der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Philip Rosenthal, San Francisco, California, wurde außerdem ein Screening verschiedener im Arbeitskreis synthetisierter Substanzklassen an Falcipain 2, 3 und an Plasmodium falciparum durchgeführt. Die dabei getesteten Substanzklassen sind in Abb. 6.1 aufgezeigt. Die Aziridin-2,3-dicarboxylate II-c, I-v und I-j zeigten dabei die beste Aktivität, sowohl an den Falcipainen als auch an dem Parasiten. Unter den Epoxiden und an Position C3 substituierten Aziridin-2-carboxylaten ist die Verbindung IV-2 die einzige, die eine Hemmwirkung aufweist. Unter den anderen getesten Verbindungen zeigten nur die Ethacrynsäure-Derivate VII-b und VII-f eine antiplasmodiale Aktivität.
Die STATs (signal transducers and activators of transcription) sind eine Familie latent zytoplasmatischer Transkriptionsfaktoren, die Signale von der Zellmembran in den Zellkern weiterleiten. Ein Mitglied der Proteinfamilie, STAT3, ist aufgrund übermäßiger Tyrosinkinase-Aktivität in einer breiten Vielzahl von Krebszelllinien und menschlichen Tumoren konstitutiv-aktiv. Um kleine organische Moleküle zu identifizieren, die die Funktion der SH2-Domäne von STAT3 blockieren und dadurch die Aktivität und die Dimerisierung des Proteins inhibieren, wurde ein Hochdurchsatz-Verfahren entwickelt, welches auf Fluoreszenzpolarisation beruht. Das Prinzip dieses Verfahrens war die Bindung eines Fluorescein-markierten Phosphotyrosin-Peptids, welches von gp130, einer Untereinheit des Interleukin-6-Rezeptors, abgeleitet war, an nicht phosphoryliertes STAT3-Protein. Der Kd Wert dieser Bindung betrug 150 nM und der Assay war stabil im Hinblick auf die Salzkonzentration, der Konzentration an Dimethylsulfoxid und der Zeit. Der Assay wurde auf ein 384-Lochplattenformat angepasst und wies einen Z’-Wert von 0,87 auf. Das Fluorscein-markierte Phosphotyrosin-Peptid band spezifisch an die SH2-Domäne von STAT3 und die Bindung konnte durch Phosphotyrosin-Peptide unterschiedlich stark inhibiert werden. Die Hochdurchsatz-Analyse mehrerer Substanzbibliotheken führte schließlich zur Identifikation eines spezifischen STAT3-Inhibitors, Stattic (STAT three inhibitory compound). Stattic ist das erste nicht-peptidische kleine Molekül, welches selektiv die Funktion der STAT3-SH2-Domäne beeinträchtigte. Dabei spielte der Aktivierungszustand von STAT3 in vitro keine Rolle. Die gleichzeitige Inkubation mit Stattic führte im Fluoreszenzpolarisations-Assay zur Inhibition der Bindung des Fluorescein-markierten Phosphotyrosin-Peptids an die SH2-Domäne von STAT3. Diese antagonistische Reaktion stellte sich als stark temperaturabhängig heraus und hatte in vitro bei der physiologisch relevanten Temperatur von 37°C nach 60 Minuten einen IC50 Wert von 5,1 µM. Zusammen mit einer Abhängigkeit von der Zeit wiesen die Ergebnisse auf eine irreversibel ablaufende Reaktion unter Knüpfung einer kovalenten Bindung zwischen Stattic und STAT3 hin. Die Inhibition war spezifisch gegenüber der Bindung verschiedener Fluorescein-markierten Phosphotyrosin-Peptide an die jeweiligen Proteine STAT1, STAT5b und Lck und Stattic hatte ebenfalls nur einen sehr geringen Effekt auf die Proteindimerisierung von c-Myc/Max und Jun/Jun. Die genauere Betrachtung der Kinetik der antagonistischen Reaktion zeigte eine signifikante Verlangsamung der Reaktionsgeschwindigkeit beim Vergleich zwischen STAT3 und STAT1 bzw. STAT3 und STAT5b. Die Inhibierung der Bindung des entsprechenden Fluorescein-markierten Phosphotyrosin-Peptids an das Protein Lck durch Stattic war hingegen nicht zeitabhängig. Diese Versuche zeigten eine deutliche Präferenz der Bindung von Stattic an das Protein STAT3. Die Verdrängung des Fluorescein-markierten Phosphoytrosin-Peptids von der STAT3-SH2-Domäne durch Stattic verlief kompetitiv zur Inhibition mit einem Phophotyrosin-Peptid, welches an die SH2-Domäne von STAT3 bindet. In Verbindung mit den vorherigen Experimenten wies dies auf eine kovalente Bindung von Stattic innerhalb des STAT3-Proteins hin. Eine abschließende Struktur-Wirkungs-Beziehung in vitro zeigte die Notwendigkeit sowohl von der Nitrogruppe als auch von der Doppelbindung der Vinylsulfongruppe in Stattic für die Bindung an STAT3 und untermauerte die These, dass Stattic kovalent innerhalb des STAT3-Proteins bindet. In zellbiologischen Systemen wurde die Wirksamkeit von Stattic anhand verschiedener molekularbiologischer Assays bestätigt. Stattic inhibierte selektiv die Tyrosinphosphorylierung von STAT3 in HepG2 Zellen, in NIH3T3/v-Src Zellen und in den Brustkrebszelllinien MDA-MB-231 und MDA-MB-435S. Aber auch bereits phosphorylierte STAT3-Proteine wurden durch Stattic in vitro an der Homodimerisierung gehindert, was in einer EMSA-Analyse gezeigt wurde. Somit inhibierte Stattic in vitro selektiv die Signalkette von STAT3 unabhängig von dessen Aktivierungszustand. Andere Signalketten oder die Funktion der in der Signalkette über STAT3 liegenden Tyrosinkinasen wurden in Zellen nicht beeinflusst. Im Folgenden konnte demonstriert werden, dass Stattic als direkter STAT3-Inhibitor dessen Lokalisierung in den Zellkern inhibierte, nicht jedoch die Lokalisierung des Gegenspielers STAT1. Weiterhin reduzierte der Einsatz von Stattic selektiv das von v-Src in NIH3T3 Zellen induzierte und von STAT3-abhängige Wachstum von Kolonien in Weichagar. Dass Stattic schließlich selektiv die Apoptoserate in Zellen mit konstitutiver STAT3-Aktivtät erhöhte, bestätigte die bisherigen Daten. Mit Stattic konnte daher ein neues biologisches Werkzeug generiert werden, um selektiv STAT3 in Zelllinien oder Tumoren in Tiermodellen auszuschalten, die eine konstitutive STAT3-Aktivität aufweisen.
Die Cystein-Proteasen der Säuger und Parasiten wurden erst in den letzten zwei Jahrzehnten als pharmazeutisch/medizinisches Target erkannt. Die genauen Aufgaben der einzelnen Enzyme dieser sehr umfangreichen und ständig wachsenden Protease-Familie bleiben zwar teilweise noch unbekannt, es ist jedoch klar, dass ihre Aufgabe nicht nur der unspezifische Protein-Abbau ist. Das Ziel der vorliegenden Arbeit waren die Synthese einer Reihe peptidomimetischer Inhibitoren mit elektrophilem Aziridin-2,3-dicarbonsäure-Baustein und deren Testung an den Proteasen Cathepsin B (human), Cathepsin L (Paramecium tetraurelia), Falcipain-2 (Plasmodium falciparum) und Rhodesain (Trypanosoma brucei rhodesiense). Die Verbindungen sind als irreversible Inhibitoren der Proteasen konzipiert. Der Aziridin-Baustein als Elektrophil wird durch den Cystein-Rest des aktiven Zentrums der Proteasen angegriffen, es erfolgt eine nucleophile Ringöffnung und damit die irreversible Alkylierung der Proteasen. Die Aziridin-Bausteine wurden entweder stereoselektiv aus Tartraten oder als Racemate aus Fumaraten dargestellt. Durch NMR-spektroskopische Versuche wurde der Mechanismus der Epimerisierung der als Intermediate der stereoselektiven Synthese auftretenden Azidoalkohole aufgeklärt. Die N-Acylierung des Aziridin-Bausteins mit den Aminosäuren bzw. Dipeptiden erfolgte über Segmentkopplungen oder über eine schrittweise Anknüpfung der Aminosäuren. Es wurden dabei verschiedenste Methoden der Peptidchemie eingesetzt. Die Hemmkonstanten der synthetisierten Substanzen wurden in einem kontinuierlichen fluorimetrischen Mikrotiterplatten-Assay bei Inhibitor-Konzentrationen von 0.35 - 140 µM ermittelt. Als Substrat diente für alle Enzyme Z-Phe-Arg-AMC. Der Nachweis der Irreversibilität der Hemmung wurde durch Dialyse-Versuche und die Affinitätsmarkierung von Cathepsin L und Falcipain 2 mit Hilfe eines Biotin-markierten Inhibitors erbracht. Bei Inhibitoren, die eine zeitabhängige Hemmung aufweisen, wurden die Alkylierungskonstanten (ki –Werte) ermittelt. Diese sind im Vergleich zu den Konstanten der Epoxysuccinyl-Peptide ca. 1000x kleiner, was frühere Untersuchungen bestätigt. Aus den ermittelten Dissoziationskonstanten (Ki) ist die Selektivität für Cathepsin-L-ähnliche Proteasen eindeutig. Dabei wird die Reihenfolge RD > CL > FP >>> CB gefunden. Der beste Inhibitor für alle Enzyme ist die Substanz 116C (BOC-(S)-Leu-(S)-Azy-(S,S)-Azi(OBn)2), für die Hemmkonstanten im unteren micromolaren bzw. sogar nanomolaren Bereich gefunden werden. Unter den Substanzen finden sich auch einige, die für einzelne Enzyme selektiv sind. Für CL sind es die Verbindungen 517C, 105G, Z-023B, 023A; für CB 034A und 013B und für RD 112C, 222C, 105B, 013A. Dabei gibt es zwei Inhibitoren (105A, 517G), die selektiv nur die parasitären Enzyme FP und RD hemmen. Die Analyse der Struktur-Wirkungs-Beziehungen ergab, dass in Abhängigkeit von den Substituenten am Aziridinring (Benzylester, Ethylester, Disäure), von den Substituenten am Aziridin-Stickstoff (Phe-Ala, Leu-Xxx, Gly-Xxx, Xxx = cyclische Aminosäure) und der Stereochemie unterschiedliche Bindungsmodi vorliegen müssen. Erste Docking-Versuche, die in Kooperation mit der Arbeitsgruppe Baumann (Institut für Pharmazie und LMC, Universität Würzburg) durchgeführt wurden, bestätigen dies. Postuliert wird für Inhibitoren, die die Sequenz Leu-Pro enthalten, eine Bindung an die S`- Seite von Cathepsin L. Dies erklärt die Selektivität dieser Inhibitoren, denn innerhalb der S`-Substratbindungstaschen finden sich die größten strukturellen Unterschiede zwischen Cathepsin B und den Cathepsin-L-ähnlichen Proteasen. Im Gegensatz dazu wird für eines der Phe-Ala-Derivate eine Bindung an die S-Taschen postuliert, die zwischen den einzelnen Proteasen geringere strukturelle Unterschiede aufweisen. Dieser Inhibitor hemmt, wie fast alle Phe-Ala-Derivate, dementsprechend auch Cathepsin B besser als die Leu-Xxx-Derivate. In Rahmen einer Kooperation mit der Arbeitsgruppe Engels Institut für Organische Chemie, Universität Würzburg) wurden quantenchemische Rechnungen durchgeführt, die u.a. den Einfluss von Substituenten auf die Kinetik und Thermodynamik der nucleophilen Ringöffnung untersuchten. Vorhergesagt wurde, dass Substituenten am Aziridin-Stickstoff, die den Übergangzustand stabilisieren (N-Formyl), zu einer besseren Hemmung führen sollten. Das darauf hin synthetisierte N-Formylaziridin-2,3-dicarboxylat 008B weist eine etwa 5000x bessere Hemmung von CL auf als das nicht-formylierte Diethylaziridin-2,3-dicarboxylat. Die gezielt als "affinity label" entwickelte Biotin-markierte Verbindung 999C wurde zur Identifizierung von Cystein-Proteasen, die von Plasmodium falciparum exprimiert werden, eingesetzt (Kooperation mit der Arbeitsgruppe Gelhaus/Leippe, Institut für Zoologie, Universität Kiel).