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Das Schädel-Hirn-Trauma (SHT) entsteht durch äußere Gewalteinwirkung auf den Kopf und verursacht mechanisch eine Schädigung des Hirngewebes. Zusätzlich tragen sekundäre Pathomechanismen, wie Entzündungsprozesse und die Schädigung der Blut-Hirn-Schranke (BHS), dazu bei, dass sich das initial geschädigte Läsionsareal im Laufe der Zeit vergrößert. Vor allem bei jungen Erwachsenen ist das SHT eine der häufigsten Ursachen für bleibende Behinderungen und Todesfälle. Aufgrund der schweren Auswirkungen des SHT und der bislang fehlenden Therapieoptionen ist die Identifizierung neuer Zielstrukturen für eine kausale Therapie von größter Bedeutung. Ausgehend von tierexperimentellen Studien ist das Kallikrein-Kinin-System (KKS) ein besonders erfolgversprechender Angriffspunkt zur Behandlung des SHT. Die Aktivierung des KKS über den Gerinnungsfaktor XII (FXII) und die darauf folgende Bildung von Bradykinin sind mit dem Entstehen von Hirnödemen und Entzündungsreaktionen assoziiert. Vorangegangene Studien haben weiterhin die Frage aufgeworfen, ob und in welchem Maße thrombotische Prozesse einen Einfluss auf die Pathophysiologie und die sekundären Hirnschädigungen nach SHT haben. Da FXII sowohl das KKS als auch die intrinsische plasmatische Gerinnungskaskade initiiert und somit zur Fibrinbildung beiträgt, stand FXII im Mittelpunkt der Untersuchungen dieser Dissertation. Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit den Fragen, (I) inwiefern FXII eine Rolle bei der sekundären Hirnschädigung nach Trauma spielt und (II) ob thrombotische Prozesse ein pathophysiologisches Merkmal nach Trauma darstellen. In zwei unterschiedlichen Trauma-Modellen wurden FXII-defiziente Tiere und mit einem spezifischen Inhibitor des aktivierten FXII (FXIIa) behandelte Tiere gegen Kontrolltiere nach SHT verglichen. Die Analyse der funktionellen Ausfallerscheinungen und des Ausmaßes an neuronaler Degeneration zeigte, dass FXII-Defizienz und FXIIa-Inhibition vor den Auswirkungen eines SHT schützen. Als zugrundeliegende Mechanismen wurden die Reduktion von thrombotisch verschlossenen Gefäßen in der Mikrovaskulatur des Gehirns sowie der Schutz vor BHS-Störungen und verringerte inflammatorische Prozesse identifiziert. Weiterhin wurde festgestellt, dass eine Blockade der intrinsischen Gerinnungskaskade über FXII keine intrazerebralen Blutungen auslöst. In Gewebeproben von Patienten mit SHT wurde gezeigt, dass Thrombozytenaggregate auch im klinischen Verlauf auftreten und sich somit die tierexperimentellen Befunde auf die humane Situation übertragen lassen. Insgesamt tragen die Ergebnisse dazu bei, die komplexen und vielfältigen Pathomechanismen nach SHT besser zu verstehen und vor allem die Relevanz thrombo-inflammatorischer Prozesse nach SHT aufzuzeigen. Die gezielte Blockade des FXII(a) könnte als therapeutisches Prinzip zur Abschwächung der Sekundärschaden nach SHT geeignet sein.
Das Körperselbstgefühl (KSG) bezeichnet das Gefühl, einen bestimmten Kör-perteil als dem eigenen Körper zugehörig zu empfinden. Es erscheint stabil und nicht störbar, lässt sich jedoch bei den meisten Menschen experimentell beein-flussen. Ein Beispiel hierfür ist die Puppenhandillusion (PHI), bei der die nicht sichtbare eigene Hand des Probanden und eine sichtbare Plastikhand in glei-cher Stellung an den gleichen Fingerstellen synchron mit zwei Pinseln bestri-chen wird, wodurch die Wahrnehmung entsteht, die Plastikhand sei die eigene. Veränderungen des KSG können jedoch auch im Rahmen neurodegenerativer Erkrankungen vorkommen. So nimmt beim kortikobasalen Syndrom (CBS) etwa die Hälfte der Patienten im Krankheitsverlauf einen Arm und seine Bewegungen als fremd war ("Alien-limb“-Phänomen). Das CBS beginnt oft einseitig und ist durch eine rasch fortschreitende, akinetisch-rigide Parkinson-Symptomatik, aber auch durch kortikale Funktionsstörungen gekennzeichnet, so dass es ne-ben einer Störung des KSG auch zu einer Störung der räumlichen Aufmerk-samkeit (Hemineglect) kommt. Bislang wurde der Zusammenhang zwischen Raumwahrnehmung, KSG und PHI bei gesunden älteren Menschen noch nicht systematisch untersucht. Ebenso wenig war bisher bekannt, inwieweit das KSG bei CBS-Patienten durch die PHI modulierbar ist. Wir untersuchten 65 gesunde ältere Probanden (60 - 90 Jahre) ohne neurologi-sche Vorerkrankungen sowie zehn Patienten zwischen 59 und 77 Jahren mit wahrscheinlichem oder möglichem CBS. Den kognitiven und orientierend seeli-schen Zustand eruierten wir mit Hilfe des PANDA- und des Uhrentests, die Raumwahrnehmung testeten wir mittels des Milner-Landmark-Tests sowie des Letter-Cancellation-Tests, das spontane Körperselbstgefühl wurde mittels eines Fragebogens erfasst. Der PHI-Versuch wurde mit synchroner sowie asynchro-ner taktiler Stimulation durchgeführt, das Auftreten eines Selbstgefühls für die Plastikhand wurde subjektiv über spontane Äußerungen und einen etablierten Fragebogen, objektiv über den sog. propriozeptiven Drift der stimulierten Hand erfasst. Unter den Kontrollprobanden fanden sich 12% mit einer wahrscheinlichen De-menz, wohingegen dies bei 80% der CBS-Patienten der Fall war. Im Milner-Landmark-Test zeigte sich bei den Kontrollprobanden eine Überschätzung des rechten Segmentes einer mittig geteilten Linie, entsprechend einem milden Hemineglect, bei den CBS-Patienten konnte keine einheitliche Tendenz festge-stellt werden. Das spontane Körperselbstgefühl stellte sich bei nahezu allen Probanden als intakt dar, während sich bei vier Patienten mit CBS Hinweise auf aktuelle oder intermittierende Störungen desselben ergaben. Die Puppenhandil-lusion war in der Gruppe gesunder Älterer bei synchroner Stimulation auslös-bar, nicht jedoch bei asynchroner Stimulation. Eine Lateralisierungstendenz zeigte sich nicht. Darüber hinaus konnte bei den Probanden eine positive Korre-lation zwischen dem propriozeptiven Drift der linken Hand nach synchroner Stimulation und dem Hemineglect nach links gefunden werden. Bei den CBS-Patienten fand sich unabhängig von der Stimulationsart (synchron oder asyn-chron) eine erhöhte Bereitschaft, die linke Puppenhand ins eigene Körperbild zu integrieren. Das Auftreten der PHI bei gesunden älteren Probanden ist vergleichbar mit den Daten jüngerer Probandengruppen. Hinweise auf eine hemisphärische Laterali-sierungstendenz der PHI ergaben sich nicht, jedoch scheint der in dieser Grup-pe festgestellte leichtgradige Hemineglect nach links den multisensorischen Prozess zu beeinflussen, eine künstliche Hand in das eigene Körperschema zu integrieren. Bei den CBS-Patienten war die PHI unabhängig vom Stimulations-modus links besser auslösbar als rechts, was mit vorwiegend rechtshemisphä-rischen krankheitsbedingten Veränderungen des multisensorischen Integrati-onsprozesses vereinbar ist.
Die Rolle thromboinflammatorischer Vorgänge in der Pathogenese des ischämischen Schlaganfalls ist in den letzten Jahren immer mehr in den wissenschaftlichen Fokus gerückt. Plasmakallikrein (PK) spaltet von hochmolekularem Kininogen (KNG) Bradykinin (BK) ab und ist dadurch Ausgangspunkt des proinflammatorischen Kallikrein-Kinin-Systems (KKS). Zum anderen kann es den Gerinnungsfaktor XII (FXII) aktivieren, den Ausgangspunkt der intrinsischen Gerinnungskaskade. Es initiiert also sowohl inflammatorische als auch thrombotische Vorgänge. Daher wurde in dieser Arbeit der Effekt einer Blockade PKs in einem Mausmodell der fokalen zerebralen Ischämie untersucht – und zwar sowohl durch genetische Depletion als auch durch pharmakologische Blockade. Beide Ansätze brachten einen nachhaltigen protektiven Effekt in Bezug auf Infarktgrößen und funktionelles Outcome, ohne die Blutungsgefahr zu erhöhen.