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- N-8985-2015 (1)
Bei einer Gruppe von 9 gesunden Probanden wurde während einer EEG-Ableitung mit 64 Kanälen der Span-of-Apprehension-Test durchgeführt. Auf der Verhaltensebene zeigte sich mit Zunahme des Schweregrades des SAT, d.h. mit Zunahme der Distrakto-renanzahl, eine Verlängerung der Reaktionszeiten sowie eine Zunahme der Fehlerrate. Weder auf der Verhaltensebene noch bei den evozierten Potentialen fand sich ein Un-terschied zwischen Zielbuchstaben F oder T. Eine erhöhte Anforderung an die Probanden während des SAT spiegelt sich in den evo-zierten Potentialen wie folgt wieder: Die frühen Potentiale (p150) zeigen erhöhte Amp-lituden sowie erniedrigte Latenzen, d.h. die Aktivität tritt früher und stärker auf. Dies kann mit der für die schwierigere Aufgabe notwendigerweise verstärkten Aufmerksam-keitsleistung erklärt werden. Dagegen treten die später evozierten Potentiale (p300) bei erhöhter Anforderung mit verlängerter Latenz und niedrigerer Amplitude auf. Zudem bewegen sich die Feldschwerpunkte auseinander. Dies kann zwar auf eine diffusere und oberflächlichere Aktivierung von Neuronenverbänden aufgrund der komplexeren Auf-gabenstellung hinweisen. Da jedoch auch die Fehlerrate anstieg, ist als plausible Erklä-rung anzunehmen, dass die synchrone Neuronenaktivität, die zur Aufgabenbewältigung nötig ist, bei Überschreiten der Leistungsgrenze Unregelmäßigkeiten im Sinne fehler-hafter Prozesse aufweist, die sich im Mittelwert der hirnelektrischen Potentiale als Amplitudenreduktion, auf Verhaltensebene durch falsche Antworten abbilden. Die Daten der Verhaltensebene stimmen mit den Erkenntnissen diverser neuropsycho-logischer Untersuchungen überein. Die Ergebnisse aus den kognitiv-evozierten Potenti-alen passen gut zu den aus der Literatur bekannten modulierenden Variablen Komplexi-tät und Aufmerksamkeit. In dieser Studie konnte nun erstmals mit einer hochauflösenden EEG-Untersuchung systematisch der modulierende Einfluss des Schwierigkeitsgrades des SAT auf die Komponenten der evozierten Potentiale nachgewiesen werden, d.h. inwieweit Kompo-nenten der evozierten Potentiale graduell je nach Schweregrad der Aufgabe verändert werden. Gerade in der Forschung mit schizophren erkrankten Patienten wurde der SAT als Verhaltensmaß eingesetzt. Diese Patientengruppe zeichnet sich durch Defizite im Bereich der Aufmerksamkeitsleistung und folglich Defizite in der Bearbeitung komple-xerer Aufgaben aus. Aus der Kombination beider Methoden lassen sich in Zukunft bei dem auch für diese Patientengruppe leicht durchzuführenden Test Aussagen über die Veränderung der hirnelektrischen Aktivität gegenüber gesunden Probanden erwarten. Als wesentliche Schlussfolgerung für die Aktivierung von messbaren hirnphysiologi-schen Prozessen durch kognitive Aufgaben kann festgestellt werden, dass eine Steige-rung des Schwierigkeitsgrades über die optimale individuelle Leistung hinaus zur Kon-tamination der Messungen mit fehlerhaften Prozessen zu führen scheint und somit zu schwer oder nicht interpretierbaren Ergebnissen führt. Dies erfordert ein grundsätzli-ches Umdenken bei der Anwendung und Entwicklung von neurophysiologischen Tests in der modernen funktionellen Hirnforschung, da diese Tests traditionell v. a. durch Variablen auf Verhaltensebene beurteilt werden (nämlich Fehlerraten), die erst dann aussagekräftig werden, wenn das System hirnphysiologisch gesehen bereits übersteuert ist.
In der Vergangenheit wurden zahlreiche Untersuchungen durchgeführt, um die Bedeutung Neurotropher Faktoren (NTF) in der Pathogenese der Alzheimer Demenz bzw. schizophrener Psychosen besser zu verstehen, um daraus therapeutische Schlüsse zu ziehen (Hefti und Weiner, 1986; Koliatsos et al., 1991; Narisawa-Saito et al., 1996; Thome et al., 1996). Es stand zur Diskussion, ob es zu Veränderungen der BDNF- und NT 3-Konzentrationen in verschiedenen Gehirnregionen von Patienten mit DAT bzw. schizophrener Psychosen verglichen mit neuro-psychiatrisch unauffälligen Personen kommt, und darüber hinaus, ob diese ursächlich an der Entstehung dieser Erkrankungen beteiligt sein könnten. Wir fanden Veränderungen der NTF-Konzentrationen u.a. im zerebralen Cortex bei Patienten mit DAT. Die Hypothese, daß ein Mangel an NTF zu einer fortschreitenden Atrophie cholinerger Strukturen des basalen Vorderhirns und einer Degeneration hippocampaler Neuronen führt, wird somit durch unsere Ergebnisse bezüglich des zerebralen Cortex teilweise gestützt (Conner et al., 1997). Darüber hinaus zeigen sich Hinweise für eine kompensatorische Produktion bestimmter NTF, wie BDNF, in den Prädilektionsstellen der degenerativen Veränderungen, wie dem Hippocampus und der Substantia innominata. Dies wird durch Befunde anderer Arbeitsgruppen gestützt, die nach chronischer Degeneration und Apoptose cholinerger Vorderhirnzellen reaktives Dendritenwachstum erkennen konnten. Weitere Untersuchungen zeigen, daß Neuronen, die auf degenerative Veränderungen in der DAT empfindlich reagierten, ein hohes Maß an struktureller Plastizität zeigten, was als Teil einer kompensatorischen Reaktion bei der DAT interpretiert wird (Arendt et al., 1995c-d). Diese Vorgänge werden durch BDNF und NT 3 induziert und beeinflußt (Lindholm et al., 1994; Kang und Schumann, 1996; Bartrup et al., 1997; Canossa et al., 1997). Therapeutisch bewirkt beispielsweise die Infusion von NT 3 und NGF, nicht aber BDNF, eine Verbesserung der Gedächtnisleistung von gealterten Ratten (Fischer et al., 1994). Nach zerebralen hypoglykämischen, traumatischen und ischämischen Geschehnissen im Gehirn findet sich eine kompensatorisch erhöhte Produktion der NTF (Lindvall et al., 1992). In der Zusammenschau ist zu erkennen, daß die BDNF-Konzentration im zerebralen Kortex von Patienten mit schizophrener Psychose, verglichen mit neuro-psychiatrisch unauffälligen Kontrollpersonen, signifikant erhöht und die NT 3–Konzentration erniedrigt ist. Das spricht für eine unterschiedliche Verteilung und Funktionsweise beider Neurotrophine im ZNS, v.a. im zerebralen Cortex. Dies wird durch weitere Befunde der Literatur gestützt (Narisawa-Saito et al., 1996) sowie durch unsere Befunde bei der DAT und während des natürlichen Alterungsprozesses bestätigt. In unserer Arbeit zeigen sich Veränderungen der NTF-Konzentrationen bei Patienten mit schizophrenen Psychosen in Kortex und im limbischen System (Hippocampus: signifikante Erniedrigung der BDNF-Konzentration, Thalamus: signifikante Erhöhung der NT 3-Konzentration), für das in der Literatur makroskopische, mikroskopische und funktionelle Alterationen im Rahmen schizophrener Psychosen beschrieben sind (Benes et al., 1991; Shenton et al., 1992). In bildgebenden Verfahren sind strukturelle und funktionelle Veränderungen, die mit den Symptomen einer Schizophrenie korrelieren, festgestellt worden. Die meisten dieser Studien wurden an unmedizierten Patienten durchgeführt. Veränderungen im Gehirn dieser Patienten können damit direkt mit der Psychose und mit Vulnerabilitätsfaktoren, wie einer embryonalen Entwicklungsstörung, in Verbindung gebracht werden und sind eher nicht als Folge einer medikamentösen Therapie zu sehen (Gur, 1998). In einer anderen Studie wird gezeigt, daß sich keine Veränderungen der NTF-Konzentration von schizophrenen Patienten mit und ohne neuroleptische Therapie zeigen (Schramm et al., 1998; Takahashi et al., 2000). Darüber hinaus gibt es im Tiermodell keinen Anhaltspunkt für eine Veränderung der NTF-Konzentration in den von uns gemessenen Gehirnarealen durch chronische Neuroleptikagabe (Schramm et al., 1998; Takahashi et al., 2000). Dies spricht dafür, daß die in unserer Arbeit gefundenen Veränderungen der NTF-Konzentration bei Patienten mit Erkrankung aus dem schizophrenen Formenkreis in Zusammenhang mit der Psychose selbst bzw. deren Ätiopathogenese stehen und kein Epiphänomen oder psychopharmakologisches Artefakt darstellen, somit findet sich weiter Evidenz für die Neurotrophinhypothese schizophrener Psychosen. Unsere Ergebnisse zeigen unterschiedliche Veränderungen der NTF im Rahmen beider Erkrankungen v.a. in den entsprechenden pathognomonischen Gehirnregionen (SCH und DAT). Dies deutet auf die unterschiedlichen Rollen der NTF im Krankheitsprozeß dieser Erkrankungen hin. Es läßt sich der Schluß daraus ableiten, daß DAT und schizophrene Psychosen vermutlich auf unterschiedliche Pathomechanismen zurück-zuführen sind.