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Die akute Graft-versus-Host Erkrankung (GvHD), insbesondere die Darm GvHD, stellt weiterhin eine der Hauptursachen für Mortalität und Morbidität nach allogener SZT dar. Aktivierte, alloreaktive Spender T-Zellen infiltrieren dabei über die Blutbahn die intestinale Lamina Propria. Erst kürzlich konnten wir zeigen, dass neben der vaskulären Migration ein Teil der Spender T-Zellen auch direkt aus den PP in die angrenzende Lamina Propria migrieren. Um Faktoren, die diese direkte Migration fördern, zu untersuchen und die direkt migrierenden T-Zellen genauer zu charakterisieren, verwendeten wir ein MHC-inkompatibles Mausmodell zur Induktion einer akuten GvHD.
Durch RNA Sequenzierung und Massenspektrometrie lasermikrodissezierter Darmschleimhautproben konnte eine starke Expression der Chemokine CXCL9, CXCL10, CXCL11, CCL3, CCL4 und CCL5 während der akuten intestinalen GvHD aufgezeigt werden. Neben CCL4 und XCL1 wiesen verschiedene Faktoren der T-Zellaktivierung, wie CD3ζ, LAT, Lck und ZAP70, sowie Faktoren der zytoskelettalen Reorganisation, wie Dock2, Coro1α und Parvin-γ, eine vermehrte Expression insbesondere nahe der PP auf. Die Expression der migrationsfördernden Faktoren Coro1α und Parvin-γ in Spender T-Zellen nahe der PP konnte anschließend mittels histologischen Immunfluoreszenzfärbungen bestätigt werden. Durchflusszytometrische Analysen konnten weiterhin eine vermehrte Expression von CCR5, CCR9 und Intgerin α4β7 auf den vornehmlich Tbet+ Spender T-Zellen nahe der PP nachweisen. Funktionelle in vitro Migrationsversuche zeigten abschließend, dass in vivo aktivierte Spender T-Zellen eine gerichtete Migration in Richtung auf CXCL11 und zu späterem Zeitpunkt auch auf CCL4 vollziehen können.
Zusammenfassend zeigt diese Arbeit die Bedeutung zahlreicher Chemokine für das sequenzielle T-Zell-Homing während der akuten intestinalen GvHD. Neben der insbesondere durch Faktoren der zytosekeletalen Reorganisation vermittelten amoeboiden Migration kann auch eine mesenchymale Fortbewegung über Faktoren wie CCR5, CCR9 und Integrin α4β7 die direkte Migration der T-Zellen fördern. Den direkt migrierenden vornehmlich TH1 polarisierten Zellen folgen weitere, CD27 und Integrin αLβ2 exprimierende, zytotoxische T-Zellen aus der Blutbahn. Die direkt migrierenden Zellen könnten als Initiator und Potentiator der intestinalen T-Zell Infiltration wirken und müssen für zukünftige therapeutische Strategien nicht nur der Darm GvHD, sondern der intestinalen Inflammation im Allgemeinen mitberücksichtigt werden.
Das Ziel der vorliegenden Arbeit war die Untersuchung der Reaktionen von Migränepatientinnen mit episodischer (EM) und häufiger Migräne (HM) auf verschiedene Aspekte des Triggerfaktors „Negativer Affekt“ wie Stress und negative Emotionen. Die Ergebnisse der beiden Gruppen wurden mit denen gesunder Kontrollpersonen verglichen (KG). Zur Ermittlung des Aufmerksamkeitsverhaltens gegenüber emotionalen Reizen wurden zwei Emotionale Stroop Tests (EST) durchgeführt. Erwartet wurde ein Aufmerksamkeitsbias der Patientinnen hinsichtlich negativer emotionaler Reize. Im EST 1 wurden allgemeine affektive Wörter der Valenzen positiv, neutral und negativ verwendet. Die Probandinnen sollten auf die Wortfarbe mit Tastendruck reagieren und den Wortinhalt ignorieren. Im EST 2 wurden emotionale Gesichtsausdrücke (ärgerlich, freundlich, neutral) als Reize verwendet. Dabei sollte die Rahmenfarbe der Bilder per Tastendruck bestimmt werden und der Inhalt ignoriert werden. Zur Auswertung wurden Emotionale Stroop Interferenzen (ESI) zum Vergleich Reaktionszeitdifferenzen negativ-neutral und negativ-positiv berechnet. Der erwartete Aufmerksamkeitsbias der HM für negative emotionale Reize wurde dabei nicht gefunden. Dafür zeigten im EST 2 die KG einen Aufmerksamkeitsbias für ärgerliche Gesichter. Ein signifikanter Gruppenunterschied in EST 2 mit sehr niedrigen, im Vergleich negativ-positiv sogar negativen ESI der HM ließ auf ein Vermeidungsverhalten dieser Gruppe ärgerlichen Gesichtern gegenüber schließen. Dieses wurde als Vermeidung negativer sozialer Reize interpretiert und zum gelernten, möglicherweise dysfunktionalen Vermeidungsverhalten von Migränepatienten potentiellen Triggersituationen gegenüber in Bezug gesetzt. Weiterhin wurden die Probandinnen mit dem „Paradigma der Öffentlichen Rede“ psychosozialem Stress ausgesetzt, indem sie vor einer Videokamera unter Beobachtung eine Rede halten sowie eine Kopfrechenaufgabe lösen sollten. Vorher und nachher wurden insgesamt vier Speichelproben zur Bestimmung des Stresshormons Kortisol genommen. Zudem wurden die Druckschmerzschwellen vor und nach dem Experimentalteil gemessen. Die erwartete Kortisolreaktion als Antwort auf die psychosoziale Stressaufgabe blieb aus. Ursache dafür kann die Stichprobenzusammensetzung mit 98% Frauen sein, deren Kortisolreaktion auf Stress durch hormonelle Schwankungen im Experiment nur unzuverlässig stimulierbar ist. Bei der Berechnung der Gesamtkortisolausschüttung über die Zeit zeigte sich im Gegensatz zu dem erwarteten erhöhten Kortisolspiegel der Migränepatientinnen ein linearer Abfall des Spiegels von KG, über EM zu HM, mit den niedrigsten Werten der HM. Diese Ergebnisse könnten auf Veränderungen der Hypophysen-Nebennieren (HHN)-Achse im Sinne eines Hypokortisolismus bei Migränepatientinnen widerspiegeln, der weiterer Klärung bedarf, z.B. durch die Bestimmung eines Kortisoltagesprofils bei Patientinnen. Eine veränderte Funktion der HHN-Achse könnte außerdem zu einer inadäquaten Reaktion auf Stresssituationen beitragen. Die bei Patientinnen ausbleibende Veränderung der Druckschmerzschwelle in Reaktion auf Stress lässt ebenfalls auf eine ungenügende Stressreaktion der Patientinnen schließen. Am Ende der Untersuchung, nach einer Entspannungsphase von 50 Minuten, wurde den Probandinnen Blut abgenommen, in dem die mRNA- und Proteinkonzentrationen ausgewählter pro- und antiinflammatorischer Zytokine bestimmt wurden. Die Analyse der Zytokinkonzentrationen mit Luminex ergab für die Proteindaten aufgrund zu geringer verwertbarer Daten kein interpretierbares Bild. Die mittels Real Time Quantitativer PCR erhaltenen mRNA-Konzentrationen spiegelten die Schmerzfreiheit der Patienten wieder, mit im Vergleich zu KG verringerten proinflammatorischen Zytokinen (TNF-alpha, IL-1beta, IL-2, IL-6) und dem ebenfalls verringerten antiinflammatorischen Zytokin IL-10, sowie dem deutlich erhöhten antiinflammatorischen IL-4. Die im Vergleich zur KG überregulierten Zytokine im schmerzfreien Intervall weisen auf veränderte Regulierungsmechanismen des Immunsystems für die Schmerzmediatoren Zytokine hin. Weitere Schmerzmediatoren könnten ebenfalls verändert sein, was weiterer Klärung in nachfolgenden Studien bedarf. Alles in allem konnten verschiedene Veränderungen in den psychologischen und endokrinen Reaktionen der Migränepatientinnen auf Bestandteile des Triggers „Negativer Affekt“ sowie in der Schmerzregulierung gefunden werden, wobei die Veränderungen bei Patientinnen mit Häufiger Migräne stärker auftraten. Dies weist auf eine mögliche Rolle der einzelnen untersuchten Komponenten bei der Migränechronifizierung hin, was in weiteren Studien vertiefend untersucht werden sollte.
In dieser Arbeit wurde untersucht, ob eine anodale tDCS über der Elektrodenposition AF3 und der Kathode über dem kontralateralen Mastoid Extinktionslernen modulieren kann. Auf Basis aktueller Forschungsergebnisse wurden die Hypothesen aufgestellt, dass im Vergleich von real stimulierter zu sham stimulierter Gruppe ein Unterschied in der Hautleitfähigkeitsrekation, dem Arousalrating und dem Valenzrating der Versuchsteilnehmenden im Vergleich von CS+ und CS- und im zeitlichen Verlauf von Akquisition zu Extinktion gezeigt werden kann. Um dies zu prüfen wurde eine randomisiert doppelt-verblindete Studie mit insgesamt 86 Probanden durchgeführt, von denen nach Überprüfen einer suffizienten Furchtkonditionierungsreaktion nach der Akquisitionsphase noch 46 Teilnehmer eingeschlossen wurden. Diese wurden auf zwei tDCS Gruppen im Sinne von realer Stimulation und sham Stimulation verblindet und zufällig aufgeteilt. Alle Teilnehmer durchliefen ein eintägiges Furchtkonditionierungsparadigma mit drei Phasen: Habituation, Akquisition und Extinktion. Während allen Phasen wurde die Hautleitfähigkeitsreaktion gemessen und die Probanden wurden gebeten die ihnen präsentierten Stimuli hinsichtlich deren Valenz und Arousal einzuschätzen. Die tDCS fand in einer zehnminütigen Pause vor der Extinktion und während destdcs
Extinktionsdurchlaufs statt. In den Ergebnissen zeigt sich kein differenzieller Effekt der tDCS. In den erhobenen Hautleitfähigkeitsdaten zeigt sich in der frühen Extinktionsphase eine verringerte Hautleitfähigkeit in der verum stimulierten tDCS Gruppe unabhängig davon, ob ein CS+ oder ein CS- zu sehen war. Dies deutet auf eine generell verminderte Aufregung bei realer tDCS hin. In den Bewertungen bezüglich Arousal und Valenz findet sich ebenfalls kein Effekt der tDCS. In den Bewertungen zeigt sich jedoch die erfolgreiche Konditionierung und deren Extinktion. Nachfolgend stellt sich die Frage, ob zukünftig Paradigmen mit einem zweitägigen Design bevorzugt werden sollten, da diese realen Bedingungen näherkommen und teilweise auch Effekte der tDCS gezeigt haben. Abschließend lässt sich die große Rolle des vmPFC in der Verarbeitung von aversiven Reizen darstellen und betonen, welch großes Potential in einer Beeinflussung der Aktivität des vmPFC liegt, das zukünftig genauer untersucht werden muss.
Modulation CD4+ humaner Treg- und Tconv-Zellen durch Inhibition der sauren Sphingomyelinase in vitro
(2020)
Die saure Sphingomyelinase (ASM) stellt durch die Umwandlung von Sphingomyelin in Ceramid und Phosphorylcholin ein zentrales, fein reguliertes Enzym im Sphingolipidmetabolismus dar. Dadurch nimmt es Einfluss auf verschiedene zelluläre Mechanismen wie Signalvermittlung, Endo- und Exozytose und Zellaktivierung. Dementsprechend weitreichend ist auch die Bedeutung der ASM bei verschiedenen Krankheiten wie Arteriosklerose, Depression oder Neoplasien. Auch auf das Immunsystem, insbesondere auf die Signalvermittlung durch T-Zellen innerhalb des adaptiven Immunsystems, nimmt die saure Sphingomyelinase Einfluss. Aufbauend auf früheren Forschungsarbeiten zur pharmakologischen und genetischen Hemmung der ASM im Mausmodell untersuchten wir, welche Auswirkungen die Hemmung dieses Enzyms in humanen Zellkulturen auf die Population regulatorischer und konventioneller T-Zellen haben. Hierzu verwendeten wir die beiden selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmer Sertralin und Citalopram; zwei antidepressiv wirksame Medikamente, die durch eine Verdrängung der ASM von der lysosomalen Membran eine hemmende Wirkung ausüben. Wir konnten zeigen, dass diese beiden Substanzen sowohl in Maus-T-Zellen, als auch in humanen T-Zellen, in der Lage sind, die Aktivität der sauren Sphingomyelinase zu inhibieren. Durch Kultivierung von Immunzellen der Maus zusammen mit den Inhibitoren konnte darüber hinaus eine Erhöhung der Treg-Zellfrequenz erreicht werden. Verschiedene Zellkulturexperimente mit humanen PBMCs zeigten weiterhin, dass unter gewissen Umständen so auch eine Vermehrung regulatorischer T-Zellen im Menschen möglich ist, und dass dies mutmaßlich durch Einbindung der ASM im CD3/CD28-Signalweg bedingt ist. In mit AntiCD3-Antikörper stimulierten experimentellen Ansätzen kam es jedoch nur bei einzelnen Individuen, die als Responder identifiziert werden konnten, zu einer Treg-Zellvermehrung. Umgekehrt kam es durch externe Zugabe von C6-Ceramid zu einer Verringerung des Anteils an regulatorischen T-Zellen. Des Weiteren wurden verschiedene Veränderungen im Expressionsverhalten von Treg- und Tconv-Zellen bezüglich CD25, CD69 und CTLA-4 in Anwesenheit der ASMInhibitoren beobachtet. Weiterhin bestätigte sich, dass die pharmakologische Hemmung der sauren Sphingomyelinase auch Auswirkungen auf die Effektorfunktion von T-Zellen hat. Während die Proliferation der Zellen weitgehend unbeeinträchtigt blieb, kam es zu einer verringerten Sekretion der Zytokine IFN-gamma, TNF, IL-5 und IL-10. In ihrer Gesamtheit sprechen diese Ergebnisse dafür, dass Inhibitoren der sauren Sphingomyelinase begünstigend auf Krankheitsgeschehen mit überschießender oder dysregulierter Aktivität des Immunsystems einwirken könnten. Immunmodulatorischen Wirkungen durch Inhibition der ASM erklären möglicherweise auch Einflüsse auf das Immunsystem, die für verschiedene Antidepressiva beschrieben wurden. Insgesamt ist die Bedeutung der sauren Sphingomyelinase innerhalb der Regulation des adaptiven Immunsystems jedoch noch ein weitgehend ungeklärtes Thema mit vielen offenen Fragen. Daher ist auch in Zukunft weitere klinische und experimentelle Forschung erforderlich, um zu klären, welchen Einfluss dieses Enzyms auf Immunzellen hat und wie sich dieser auch klinisch anwenden lässt.
Angsterkrankungen sowie die posttraumatische Belastungsstörung sind weit verbreitete psychische Erkrankungen. Trotz gut evaluierter Therapiemethoden gibt es immer noch therapierefraktäre oder rezidivierend erkrankende Patienten, für die nicht-invasive Hirnstimulationsverfahren wie die transkranielle Gleichstromstimulation (tDCS) eine zusätzliche Option darstellen können. Diese Studie untersuchte daher die förderliche Wirkung der tDCS auf das Extinktionslernen, dem neuronalen Hintergrundmechanismus der Expositionstherapie. Für die Untersuchung der Extinktionsprozesse wurde ein Ein-Tages-Furchtkonditionierungsparadigma mit weiblichen Gesichtern als konditionierte Stimuli (CS) und einem 95 dB lauten weiblichen Schrei als unkonditionierten Stimulus verwendet. Die tDCS zielte darauf ab den ventromedialen präfrontalen Kortex (vmPFC), ein wichtiges Kontrollareal der Extinktion, zu aktivieren, wohingegen furchtgenerierende dorsomediale Hirnareale von der Stimulation ausgespart bleiben sollten. Hierfür wurden zwei ca. 4 x 4 cm große Elektroden in bitemporaler Anordnung etwas unterhalb der EEG 10-20-Positionen F7 und F8 appliziert und ein Gleichstrom mit einer Stärke von 1.5 mA verwendet. Die 20- minütige Stimulation startete während einer 10-minütigen Pause zwischen Akquisition und Extinktion und lief bis zum Ende der Extinktion durch. Die gesunden Probanden wurden randomisiert und doppelt verblindet zwei sham- und zwei real-Stimulationsgruppen mit jeweils entgegengesetzten Stromflussrichtungen zugeordnet. Zur Messung der Furchtreaktion dienten die elektrodermale Reaktion sowie subjektive Arousal- und Valenzbewertungen. Zusätzlich wurde die Kontingenzerwartung sowie verschiedene Fragebögen zu Depressivität, Affekt, State- und Trait-Angst, Angstsensitivität und Händigkeit erhoben. Die Untersuchung der Effekte von tDCS und Stromflussrichtung erfolgte bei allen erfolgreich konditionierten Probanden (N = 84) mittels generalisierten Schätzgleichungen. Erwartet wurde insbesondere eine Verbesserung des frühen Extinktionslernens in den real-Stimulationsgruppen, wobei vermutetet wurde, dass rechts und links anodaler Stromfluss nicht zu identischen Resultaten führen würde. Die Ergebnisse wiesen auf eine Verbesserung der frühen Extinktion unter tDCS hin. Der Effekt spiegelte sich in den Maßen der elektrodermalen Aktivität in einer stärkeren Reduktion der CS+/CS- Diskrimination und einem beschleunigten Reaktionsverlust auf CS+ wider. Der vermittelnde Mechanismus kann im intendierten Aktivitätsanstieg des vmPFC liegen, eine Steigerung der dopaminergen Neurotransmission ist jedoch ebenso denkbar. Zusätzlich ist auch die Verbesserung der Prozessierung von prediction errors durch die Veränderung der Dopaminsekretion bzw. Aktivitätssteigerung im vmPFC, Orbitofrontalkortex und mittleren temporalen Gyrus möglich. Die subjektiven Valenz- und Arousalbewertungen zeigten sich während des gesamten Experiments unbeeinflusst von der tDCS. Neben diesem Haupteffekt kam es zu weiteren nicht erwarteten Effekten. Einer dieser bedeutsamen Nebeneffekte war ein kurzer initialer Reaktionsanstieg auf den CS- zu Beginn des ersten und zweiten Extinktionsblocks in beiden real-Stimulationsgruppen, der u. a. mitverantwortlich für deren stärkeren Verlust der CS+/CS- Diskrimination war. Auch negative Auswirkungen auf die stimulierten Personen – insbesondere in Kombination mit Angsterkrankungen – können eine denkbare Folge hiervon sein. Daher stellt dieser Nebeneffekt eine wichtige Limitation des Hauptergebnisses dar, dessen Ursachen dringend in weiteren Studien evaluiert werden sollten. Als mögliche Gründe werden ein Verlust der Sicherheitsinformation des CS-, Angstgeneralisierungseffekte sowie ein erhöhtes Maß an sustained fear vermutet. Darüber hinaus wurden unerwarteterweise auch keinerlei Unterschiede der Stromflussrichtung während der frühen Extinktion manifest, in der späten bzw. gesamten Extinktion zeigten sich jedoch verschiedene Vor- und Nachteile. Vorteilhaft an der rechts anodalen im Vergleich zur links anodalen Stimulation war ein geringerer gemittelter Reaktionsanstieg auf CS+ und CS- zu Beginn des zweiten Extinktionsblocks. Dieser Effekt beruhte vermutlich auf einer Steigerung der Emotionsregulation durch Stimulation des rechten inferioren frontalen Gyrus. Als nachteilig erwies sich jedoch, dass die Reduktion der State-Angst während der Extinktion unter rechts anodaler tDCS geringer ausfiel. Bei Angstpatienten gibt es Hinweise auf eine Unteraktivierung des linken Frontalkortex, sodass angstreduzierende Effekte durch linksfrontale Aktivierung denkbar sind. Die Wahl der Stromflussrichtung sollte demnach je nach gewünschten Effekten und Angstausmaß der stimulierten Probanden abgewogen werden. Aufgrund der experimentellen Anordnung ergeben sich einige Limitationen dieser Studie. Der gesamte Extinktionsvorgang war in allen Gruppen nur von sehr kurzer Dauer, dadurch hielten auch die positiven Effekte in den real-Stimulationsgruppen nicht lange an. Zudem fand keine Testung des Extinktionsrecalls statt, sodass keine Aussage über die langfristige Wirkung der tDCS gemacht werden kann. Da die Stimulation direkt nach der Akquisition gestartet wurde, kann es neben bzw. anstelle einer Verbesserung des Extinktionslernens auch zu einer Störung der Furchtkonsolidierung und dadurch zu einer geringeren Furchtexpression gekommen sein. Zudem ist der vmPFC, das Hauptstimulationsziel dieser Studie, ebenso an der Suppression von Furchtreaktionen beteiligt, somit könnte auch dieser Mechanismus für die gefundenen Effekte verantwortlich sein. Eine Replikation der Studienergebnisse in einem mehrtägigem Konditionierungsparadigma wäre damit sinnvoll, um die Dauer und Hintergründe der gefundenen Effekte besser zu verstehen. Insgesamt bilden die Ergebnisse dieser Studie eine gute Basis zur Anwendung der tDCS des vmPFC zur Verbesserung des Extinktionslernens. Die Schwächen des hier getesteten Stimulationsprotokolls sollten jedoch in künftigen Studien weiter evaluiert und reduziert werden. Falls Testungen an Angstpatienten schließlich zu Erfolgen führen, könnte die tDCS des vmPFC als günstige und leicht anwendbare Ergänzung zu Expositionstherapien bei Patienten mit bisher therapieresistenten oder rezidivierenden Angsterkrankungen eingesetzt werden.
Emotionale Kontrolle ist für unsere Zusammenleben unerlässlich. Zum neuronalen Netzwerk der Emotionsverarbeitung und Emotionskontrolle gehört auch der rechte inferiore präfrontale Kortex, wobei seine Funktion häufig mit der einer Bremse verglichen wird. Die Antizipationsangst, die bei manchen Angststörungen eine Rolle spielt und das daraus resultierende Vermeidungsverhalten, bieten einen relevanten Zusammenhang, den man in der Therapie von Angsterkrankungen beeinflussen könnte. Hierbei bieten nichtinvasive Hirnstimulationsverfahren einen möglichen Ansatzpunkt und der rechte IFG ein mögliches Ziel. In dieser Studie stimulierten wir den rechten inferioren frontalen Gyrus (rIFG) mittels anodaler transkranieller Gleichstromstimulation (tDCS) um zu prüfen, ob dadurch die emotionale Anspannung moduliert werden kann. Zu diesem Zwecke wurde der rIFG bei gesunden Probanden (N = 80), aufgeteilt in eine tDCS Gruppe und eine Sham Gruppe, über einen Zeitraum von 20 Minuten mit einer Stromstärke von 2 mA und einer Elektrodengröße von 35 cm² elektrisch stimuliert. Währenddessen wurde die Hautleitfähigkeiten (SCL) als psychophysiologischer Parameter in Antizipation eines akustischen neutralen bzw. aversiven Reizes gemessen. Die Art des akustischen Reizes war dabei für die Probanden durch einen visuellen Hinweisstimulus vorhersehbar, jedoch war der Zeitpunkt der Präsentation des akustischen Reizes nicht vorhersehbar. Dadurch konnte emotionale Anspannung in Antizipation des aversiven Stimulus induziert werden, was wir durch ein insgesamt höheres SCL während der aversiven Bedingung nachweisen konnten. Wir konnten einen signifikanten Effekt der tDCS des rIFG auf die psychophysiologischen Parameter der Antizipationsangst nachweisen. Der Effekt beruhte dabei auf einem geringeren Anstieg des Hautleitfähigkeitslevels der tDCS Gruppe von neutraler zu aversiver Bedingung im Vergleich zu Sham Gruppe. Wir können daher bestätigen, dass es möglich ist die physiologische Reaktion bei emotionaler Anspannung durch tDCS des rIFG zu regulieren. Darüber hinaus können wir dadurch die angenommene Rolle des rIFG in der Emotionsregulation bestätigen. Dieser scheint daher ein vielversprechender Stimulationsort für tDCS zur Verstärkung der emotionalen Kontrolle zu sein. Auf Basis unserer Ergebnisse, könnte in zukünftigen Studien tDCS des rIFG in Kombination mit Verhaltenstherapie bei Angsterkrankungen oder zur Modulation von Vermeidungsverhalten eingesetzt werden. Durch unseren Versuch konnte damit ein grundlegender Beitrag für zukünftige Therapiestudien im Zusammenhang mit tDCS geleistet werden.
Die alveoläre Echinokokkose (AE) ist eine lebensbedrohliche Erkrankung des Menschen, welche durch das infiltrative Wachstum des Metazestoden-Larvenstadiums des Fuchsbandwurms (Echinococcus multilocularis) in der Leber verursacht wird. Das tumorartige Wachstum des Metazestoden beruht auf einer Echinococcus-spezifischen Modifikation der anterior-posterioren-Körperachse (AP Achse). Es wird vermutet, dass dabei der anteriore Pol der invadierenden Oncospären-Larve zunächst abgeschaltet wird und sich der Metazestode anschließend asexuell als vesikuläres, posteriorisiertes Gewebes im Wirt vermehrt. Nach massiver Proliferation wird der anteriore Pol reetabliert und führt zur Bildung zahlreicher Bandwurm-Kopfanlagen (Protoskolizes). Da die Ausbildung der AP Körperachse evolutionsgeschichtlich konserviert über den wingless-related (Wnt)-Signalweg gesteuert wird, wurde in dieser Arbeit die Rolle von Wnt-Signaling bei der Musterbildung von E. multilocularis über molekular- und zellbiologische Studien näher beleuchtet.
Zentraler methodischer Ansatz der vorliegenden Arbeit war ein E. multilocularis Stammzell-Kultursystem, das Primärzellsystem, welches die in vitro-Generierung von Metazestoden-Vesikeln durch Proliferation und Differenzierung von germinativen Zellen (Stammzellen) erlaubt. Über RNA-Sequenzierung wurde zunächst gezeigt, dass in Primärzellkulturen sowohl Markergene für posteriore Entwicklung in Richtung Metazestode wie auch für Anterior-und Protoskolexmarker exprimiert werden. Unter Verwendung von RNA-Interferenz (RNAi) wurde anschließend ein erfolgreicher Knockdown des vermuteten Hauptregulators des kanonischen Wnt-Signalwegs, β Catenin (em-bcat1), erreicht und führte zu einem charakteristischen, sogenannten ‚red dot‘ Phänotyp, dem ersten jemals beschriebenen RNAi Phänotyp für E. multilocularis-Primärzellen. Primärzellkulturen nach em-bcat1 RNAi zeigten eine stark verminderte Fähigkeit, Metazestoden-Vesikel zu bilden sowie eine Überproliferation von germinativen Zellen. Zusätzliche RNA-Seq-Analysen des Transkriptoms von RNAi(em-bcat1)-Kulturen zeigten eine signifikant verringerte Expression von Posterior- und Metazestodenmarkern, während Anterior- und Protoskolexmarker deutlich überexprimiert wurden. Durch umfangreiche Whole-mount-in-situ-Hybridisierung (WMISH)-Experimente wurden diese Daten für eine Reihe ausgewählter Markergene für posteriore (Metazestode; em-wnt1, em-wnt11b, em-muc1) und für anteriore Entwicklung (Protoskolex; em sfrp, em-nou-darake, em npp36, em-frizzled10) verifiziert. In allen genannten Fällen zeigte sich durch Änderung der Polarität eine verminderte Genexpression von Posteriormarkern, während Anteriormarker deutlich erhöht exprimiert wurden. Ähnlich wie bei den verwandten, freilebenden Planarien, führt demnach ein Knockdown des zentralen Wnt-Regulators β-Catenin bei E. multilocularis zu einer anteriorisierten, Anterior- und Protoskolexmarker dominierte Genexpression, welche der posteriorisierten Entwicklung zum Metazestoden entgegenwirkt.
Neben Markergenen für die Ausbildung der AP-Achse wurden in dieser Arbeit auch solche für die medio-laterale (ML)-Körperachse bei Zestoden erstmals beschrieben. So zeigte sich, dass ein Slit-Ortholog (em slit) im E. multilocularis Protoskolex im Bereich der Körper-Mittellinie exprimiert wird und lieferte Hinweise darauf, dass, ähnlich zur Situation bei Planarien, die ML Achse von E. multilocularis durch Morphogengradienten aus slit (Mittellinie) und wnt5 (lateral) definiert wird. Im Metazestoden wird hingegen nur em-slit exprimiert. Der Metazestode besitzt damit als posterior-medianisiertes Gewebe Anlagen zur Polarität zur AP- und ML-Achse, welche erst mit Bildung von Protoskolizes vollständig etabliert werden. Schließlich deuten die Ergebnisse dieser Arbeit darauf hin, dass bei der Wiederherstellung der Körperachsen während der Entwicklung von Protoskolizes Hedgehog (Hh)-Signale entscheidend mitwirken.
Zusammenfassend wurde in dieser Arbeit der zentrale Faktor des kanonischen Wnt Signalwegs, β-Catenin, als Hauptregulator der Entwicklung des tumorartig wachsenden E. multilocularis-Metazestoden identifiziert. Zudem wurde gezeigt, dass zur Metazestodenbildung neben einer Echinococcus-spezifischen Modifikation der AP Körperachse auch eine solche der ML Achse beiträgt. In humanen malignen Tumoren sind der Wnt-, Slit-Robo- und Hh-Signalweg gut erforschte Wirkstofftargets und könnten in Zukunft in ähnlicher Weise für eine zielgerichtete Therapie von AE dienen.
Die alveoläre Echinokokkose (AE), verursacht durch das Metacestoden- Larvenstadium des Fuchsbandwurms Echinococcus multilocularis (E. multilocularis), ist eine lebensbedrohliche Zoonose der nördlichen Hemisphäre mit eingeschränkten therapeutischen Möglichkeiten. Bei der Suche nach neuen Therapeutika haben Mitogen-activated Proteinkinase (MAPK) -Kaskaden als pharmakologische Zielstrukturen aufgrund ihrer essentiellen Rolle bei der Zellproliferation und -differenzierung ein großes Potenzial. In der vorliegenden Arbeit wurden durch BLAST- und reziproke BLAST-Analysen elf potenzielle MAPK Kinase Kinasen (MAP3K), fünf potenzielle MAPK Kinasen (MAP2K) und sechs potenzielle MAPK im E. multilocularis-Genom identifiziert, die teils hoch konserviert sind und in nahezu allen Entwicklungsstadien des Parasiten exprimiert werden. Diese Erkenntnisse lassen auf ein komplexes MAPK-Signaltransduktions- system in E. multilocularis mit großer Bedeutung für den Parasiten schließen. Transkriptomdatenanalysen und Whole Mount in Situ Hybridisierung (WMISH) zeigten, dass emmkkk1 (EmuJ_000389600) als einzige MAP3K neben der Expression in postmitotischen Zellen in besonderem Maße in proliferativen Stammzellen des Parasiten exprimiert wird und somit eine wichtige Rolle bei der Differenzierung von Stammzellen spielen könnte. In Yeast-Two-Hybrid (Y2H) -Wechselwirkungsassays wurden Interaktionen von mehreren upstream- (EmGRB2) und downstream- wirkenden Signalkaskadekomponenten des JNK (EmMKK3, EmMPK3) und ERK (EmMKK3, EmMPK4) -Signalwegs gefunden. Daraus lässt sich schließen, dass EmMKKK1, analog zu seinem humanen Homolog HsM3K1, eine zentrale Rolle bei der Echinococcus-Wachstumsregulation durch Rezeptortyrosinkinasen und vielfältige weitere Funktionen im Parasiten besitzt. Anhand von Erkenntnissen an Platyhelminthes kann daher von einem großen Potenzial dieser neu charakterisierten Signalwege als chemotherapeutische Angriffspunkte ausgegangen werden, wenngleich erste RNA-Interferenz (RNAi)- und Inhibitorstudien an emmkkk1, emmpk1 und emmpk4 keine durchschlagenden Effekte auf das Überleben von Primärzellkulturen und die Bildung von Metacestodenvesikeln zeigten. Zusammenfassend konnte in der vorliegenden Arbeit mit EmMKKK1 und neuen ERK- und JNK-Signalwegen zentrale Komponenten der komplexen MAPK-Signalkaskaden in E. multilocularis identifiziert werden, die höchstwahrscheinlich einen großen Beitrag zur enormen Regenerationsfähigkeit der Echinococcus-Stammzellen leisten und vom Wirt abgeleitete Signale wie Insulin, Epidermaler Wachstumsfaktor (EGF) und Fibroblasten-Wachstumsfaktor (FGF) über EmGRB2 in Proliferationsnetzwerke des Parasiten integrieren. Arzneimittel-Screening-Assays, die auf diese Signalwege abzielen, könnten daher zu alternativen Arzneimitteln führen, die alleine oder in Kombination mit einer bestehenden Chemotherapie (Benzimidazol) die Prognose von für AE-Patienten verbessern könnten.
Die Stimulation des CD95-Todesrezeptors durch seinen natürlichen membranständigen Li-ganden CD95L führt zur kontextabhängigen Aktivierung von sowohl apoptotischen als auch nicht-apoptotischen Signalwegen. Durch Proteolyse wird aus dem membranständigen CD95L löslicher trimerer CD95L freigesetzt. Die Bindung von löslichem trimerem CD95L an CD95 ist nicht ausreichend, um die CD95-Signaltransduktion effizient zu stimulieren. Die Fähigkeit von löslichen CD95L-Trimeren CD95-vermittelte Signalwege robust zu aktivieren kann jedoch durch Oligomerisierung und artifizielle Immobilisierung an eine Oberfläche drastisch gesteigert werden. In dieser Arbeit wurde zunächst bestätigt, dass nur oligomere CD95L-Varianten, die z.B. durch Antikörpervernetzung von N-terminal getaggten rekombinanten CD95L-Varianten oder durch eine gentechnisch erzwungene Hexamerisierung von CD95L-Molekülen erhalten wur-den, in der Lage sind, effizient apoptotische und nicht-apoptotische Signalwege zu aktivieren. Ferner zeigte sich dann, dass die Bindung von löslichen CD95L-Trimeren nicht ausreichend ist, um die Translokation von CD95-Molekülen in detergenzunlösliche „Lipid Raft“- Membrandomänen zu stimulieren. Die „Lipid Raft“-Translokation ist ein zentrales Ereignis bei der CD95-Aktivierung und vor allem für die Induktion der Apoptose bedeutsam. Dabei ist ein selbstverstärkender Prozess aus Caspase-8-Aktivierung und „Lipid Raft“-Assoziation des CD95 von Bedeutung. Um die Interaktion von CD95 und CD95L mit Hilfe von hoch sensitiven zellulären Bindungs-studien analysieren zu können, wurden in dieser Arbeit desweiteren CD95L-Fusionsproteine entwickelt und hergestellt, an welche N-terminal eine Gaussia princeps Luziferase (GpL)- Reporterdomäne gekoppelt ist. So konnte mit den GpL-CD95L-Fusionsproteinen gezeigt werden, dass die Oligomerisierung von CD95L-Trimeren keinen Effekt auf die Ligandenbele-gung des CD95 hat. Dies spricht dafür, dass die höhere spezifische Aktivität von oligomeri-sierten CD95L-Trimeren nicht auf einer Aviditäts-vermittelten Zunahme der apparenten Affi-nität beruht, sondern dies deutet darauf hin, dass die sekundäre Aggregation von sich initial bildenden trimeren CD95L-CD95-Komplexen eine entscheidende Rolle in der CD95-Aktivierung spielt. Durch Scatchard-Analysen zeigte sich ferner, dass trimerer CD95L mit mindestens zwei zellulären Bindungsstellen unterschiedlicher Affinität interagiert. Bindungs-studien mit löslichen monomeren und trimeren GpL-CD95-Rezeptoren an membranständigen CD95L, als auch Inhibitionsstudien ergaben, dass trimerer CD95 weitaus besser an CD95L bindet. Dies legt nahe, dass es sich bei den zuvor beobachteten hoch- und niederaffinen Bindungsstellen für CD95L um monomere bzw. prä-assemblierte CD95-Moleküle handelt. Die GpL-CD95L-Fusionsproteine wurden auch genutzt, um die CD95-Translokation in „Lipid Rafts“ zu analysieren. So wurde trimerer GpL-CD95L als „Tracer“ zur Markierung von inaktiven CD95-Molekülen eingesetzt. Nach Aktivierung der übrigen freien CD95-Moleküle mit hoch aktivem hexameren Fc-CD95L konnte eine Zunahme der inaktiven GpL-CD95L-markierten Rezeptoren in „Lipid Rafts“ beobachtet werden. Offensichtlich stimulieren also aktivierte CD95-Moleküle in „trans“ die Ko-Translokation inaktiver CD95-Rezeptoren in „Lipid Rafts“. Dies bestätigte sich auch in Experimenten mit Transfektanten, die einen chimären CD40-CD95-Rezeptor exprimieren. Letzterer ist nach Stimulation mit CD40L in der Lage, intrazellu-läre CD95-vermittelte Signalwege zu aktivieren. Die Aktivierung von CD95-assoziierten Sig-nalwegen durch Stimulation von endogenem CD95 in CD40-CD95-Transfektanten resultierte nun in der Ko-Translokation von unstimulierten CD40-CD95-Rezeptoren in „Lipid Rafts“. Vice versa zeigte sich die Ko-Translokation von endogenem CD95 nach spezifischer Aktivierung des chimären CD40-CD95-Rezeptors. Schlussendlich erwiesen sich eine funktionsfähige Todesdomäne und die Aktivierung der Caspase-8 als essentiell für die „Lipid Raft“-Assoziation von aktivierten CD95-Molekülen und auch für die durch diese Rezeptorspezies induzierte Ko-Translokation von inaktiven Rezeptoren in „Lipid Rafts“.
Staphylococcus aureus ist ein Kommensale, der die menschliche Haut und Schleimhaut der Nase und des Rachens besiedelt. Der Keim verursacht aufgrund zahlreicher Virulenzfaktoren leichte aber auch schwere Infektionen wie Pneumonie, Endokarditis oder Sepsis. Die Behandlung von S. aureus-Infektionen gestaltet sich heutzutage schwierig, da der Keim Resistenzen gegen verschiedenste Antibiotika ausgebildet hat. Zur Bekämpfung dieser Resistenzen werden neue Antibiotika benötigt, die u.a. mit der Zellphysiologie und der Zellwandwandsynthese der Bakterien interferieren.
Die Zellphysiologie und Zellwandsynthese wird abhängig von der Wachstumsphase und Umwelt-einflüssen in den Bakterien streng reguliert. Neben den Zweikomponentensystemen sind Serin/Threonin-Proteinkinasen und -Phosphatasen wesentliche Sensoren und Regulatoren der Bakterien. Durch Phosphorylierung und Dephosphorylierung bewirken diese beiden Systeme eine Hemmung oder Aktivierung der entsprechenden Zielproteine. Dadurch kann sich die Bakterienzelle an innere und äußere Reize anpassen. In dieser Arbeit wurde die konservierte Serin/Threonin-Proteinkinase Stk und die Serin/Threonin-Phosphatase Stp von S. aureus untersucht. Die beiden Proteine Stk und Stp haben einen großen Einfluss auf die Signalweiterleitung, den zentralen Metabolismus, die Stressantwort, die Antibiotikaresistenz und die Virulenz von S. aureus.
Im ersten Teil dieser Arbeit wird dargelegt, dass Stk und Stp in der bakteriellen Membran lokalisiert sind, dort miteinander interagieren und antagonistisch Zielproteine phosphorylieren bzw. dephospho-rylieren. Die Deletion der Phosphatase Stp bewirkt, dass zahlreiche Proteine in der Zelle permanent phosphoryliert und daher vermutlich nur noch eingeschränkt funktionstüchtig sind. Die ausbleibende Dephosphorylierung der Proteine in der stp-Mutante hat einen dramatischen Effekt auf die Zellwand-synthese und die Virulenz von S. aureus. So hat die stp-Mutante eine verdickte Zellwand und ist weniger virulent als die stk-Mutante und der Wildtypstamm. Im Rahmen dieser Arbeit wird erstmals eine Erklärung präsentiert, die die strukturellen Besonderheiten von Stk und deren Auswirkung auf die Zellwandsynthese zusammenführt: In der stp-Mutante akkumulieren Zellwandvorläufer in der Zelle, da vermutlich die entsprechenden Zellwandsyntheseproteine durch Stk-vermittelte Phosphorylierung gehemmt werden. Die Proteine FemXAB nehmen eine zentrale Rolle in der Zellwandsynthese ein, indem sie die Pentaglycin-Interpeptidbrücke des Zellwandvorläufers Pentaglycin-Lipid II syntheti-sieren. Stk wird durch die Bindung seiner extrazellulären Domänen an Pentaglycin-Lipid II aktiviert. In der vorliegenden Arbeit konnte FemX als in vitro Substrat von Stk und Stp identifiziert werden. Die permanente Phosphorylierung von FemX in der stp-Mutante führt zur verminderten Synthese der Pentaglycin-Brücken am Lipid II und infolgedessen zum Einbau von unvollständigen Muropeptiden in den neuen Peptidoglycanstrang. Diese strukturelle Veränderung führt zur Verdickung der Zellwand und folglich zur verminderten Empfindlichkeit gegenüber der Glycyl-Glycinpeptidase Lysostaphin. Neben FemX interagiert Stk mit weiteren Zellwandsyntheseproteinen wie FemAB und einigen Zellteilungsproteinen. Diese Ergebnisse verdeutlichen, dass Stk das Vorkommen seines extrazellulären Liganden Lipid II detektiert und dementsprechend die Zellwandsynthese über FemX reguliert.
Im zweiten Teil der Arbeit wurde anhand verschiedener Omics-Techniken die stk-, stp- und stk/stp-Mutante im Vergleich zum S. aureus NewmanHG Wildtyp charakterisiert. Dabei zeigten sich teilweise große Unterschiede zwischen der stp-Mutante und den anderen Stämmen. Mit diesen Unter-suchungen konnten Ergebnisse aus anderen Studien bestätigt und mit weiteren Daten untermauert werden. So lässt sich die verminderte Virulenz der stp-Mutante mit der reduzierten Expression und Sekretion von Toxinen wie Hämolysinen und Leukozidinen erklären. Dies führt zu einer verminderten Hämolyse von Erythrozyten und einer verminderten Immunantwort gegen diese Toxine im Infektions-versuch. Stk und Stp phosphorylieren bzw. dephosphorylieren Transkriptionsfaktoren und Antwort-regulatoren von Zweikomponentensystemen, was zu der veränderten Expression und Sekretion der Virulenzfaktoren führt. Die Analyse der Mutanten offenbart, dass Stk ein negativer und Stp ein positiver Regulator der Virulenz in S. aureus ist. Außerdem regulieren Stk und Stp zentrale Aspekte des Metabolismus in S. aureus. So ist die Konzentration an Nukleotidtriphosphaten in der stp-Mutante reduziert, was auf eine verminderte Expression der Gene der Pyrimidinsynthese zurückzuführen ist. Anhand dieser Ergebnisse wird deutlich, dass Stk und Stp wesentliche Aspekte der Zellphysiologie wie die Zellwandsynthese, den zentralen Metabolismus und die Virulenz von S. aureus regulieren.
Der Zusammenhang von neuropathischem Schmerz mit einer gestörten Blut-Nerven-
Schranke (BNS) ist bekannt. Die BNS wird durch Tight Junction Proteine (TJP) gebildet.
Netrin-1 (Ntn1) hat je nach Rezeptorbindung verschiedene Effekte auf TJP und somit auf
die Barriereeigenschaften.
In dieser Arbeit wurde im Tiermodell (Chronic Constriction Injury-CCI) untersucht, ob
Netrin-1 einen Einfluss auf die BNS hat und die Wirkung der Rezeptoren Unc5b und
Neogenin-1 beleuchtet. Es wurde untersucht, ob der barrierestabilisierende Netrin-1-
Spiegel auch von neuropathischen Schmerzen, im Speziellen durch „Chronic Regional
Pain Syndrom“ (CRPS), beeinflusst wird.
Männl. Wistar-Ratten wurde lokal Unc5b Antikörper injeziert oder nach Netrin-1 Gabe
der Neogeninrezeptor durch lokale Neogenin-1-siRNA Injektion geblockt. Die mRNA
Expression von Ntn1, seine Rezeptoren sowie der TJP (Claudine-Cldn) wurde mittels q-
PCR untersucht. Netrin-1 wurde im Rattennerven mittels Western Blot bestimmt. Die
Netrin-1-Spiegel im Plasma von CRPS Patient*innen und Kontrollen wurde mittels ELISA
bestimmt. Im Rattenmodell war die Ntn1 vermehrt exprimiert, die Proteinexpression
mittels Western Blot tendenziell vermindert. Die Claudinexpression war nach CCI
herabreguliert. Netrin-1-Injektion steigerte die Expression von Cldn5 und 19. Der
Netrin-1-Rezeptor UNC5B wird bei Neuropathie verstärkt und Neogenin-1 vermindert
exprimiert. Die Expression von Cldn 12 und Cldn19 war bei Blockade des Unc5b
Rezeptors gesteigert und bei Blockade des Neogenin-1 Rezeptors tendenziell
vermindert. Im Plasma von CRPS Patient*innen zeigte sich ein verminderter Netrin-1-
Spiegel.
Die Ergebnisse der vorliegenden Experimente legen nahe, dass Netrin-1 über die
Stabilisierung der Blut-Nerven-Schranke einen lindernden Effekt auf neuropathische
Schmerzen hat und sich auch die Expression dieses Proteins durch CRPS verändert.
Das Medulloblastom ist der häufigste, maligne Hirntumor des Kindesalters. In den letzten Jahren ist es gelungen, molekularbiologisch definierte Subgruppen innerhalb dieser Tumorentität zu definieren, die sich durch ein unterschiedliches therapeutisches Ansprechen differenzieren lassen. Es werden vier Gruppen abgegrenzt: Tumore mit Aktivierung des WNT-Signalwegs, des SHH-Signalwegs, sowie der Gruppe 3, die sich vor allem durch eine Myc Amplifikation auszeichnen und Gruppe 4, in der MycN amplifiziert wird. Während Patienten mit SHH- und WNT-Tumoren eher eine günstige Prognose haben, ist der Bedarf an neuen Therapieansätzen für Patienten mit Gruppe 3- und Gruppe 4-Tumoren auf Grund der schlechten Prognose sehr hoch. Die aus einem malignen Pleuraerguss eines Gruppe 3-Medulloblastom Patienten gewonnenen Tumorzellen konnten erfolgreich als permanente Zelllinie etabliert sowie in vitro und in vivo charakterisiert werden. Dieses Tumormodell habe ich in meiner Dissertationsarbeit genutzt um die zytotoxische Wirkung neuer Zytostatika und Inhibitoren Kombinationen auf das Gruppe 3-Medulloblastom in vitro und im Tiermodell zu untersuchen. Bei der Auswahl neuer Therapieansätze galt die Maßgabe, Substanzen zu wählen, die für den klinischen Einsatz geeignet sind, neue gezielte zytostatische Mechanismen aufweisen und bei denen bereits publizierte Vorarbeiten nahelegen, dass diese das ZNS tatsächlich erreichen. In unserem in vitro Modell testeten wir 23 Substanzen und wählten dann die fünf vielversprechendsten für das subkutane Tumormausmodell aus. Als Vergleichsgruppen für das Therapieansprechen wählten wir die Kombination aus Cisplatin und Etoposid, die gerade bei den Patienten mit einem HochrisikoMedulloblastom die Therapie der Wahl ist. Im ersten Tierversuch konnte gezeigt werden, dass Gemcitabin als Monotherapie den gleichen zytotoxischen Therapieeffekt zeigt, wie Cisplatin und Etoposid in Kombination. Deshalb war nun das Ziel eine Substanz zu finden, welche dann in Kombination mit Gemcitabin einen besseres Therapieansprechen als die Standardtherapie zeigt. Bei der Tumorpräparation im initialen Tierversuch fiel auf, dass die Tumoren stark vaskularisiert sind. Nach dieser Beobachtung stellten wir uns die Fragen, ob die Inhibition des Vaskularisierungsvorgangs im Tumor einen additiven zytotoxischen Effekt auf das Tumorwachstum hat. Daraufhin erweiterten wir die Suche nach geeigneten Substanzen für das Gruppe 3-Medulloblastom um Multikinaseinhibitoren, die auch VEGF-Rezeptoren inhibieren. Überraschenderweise konnten wir zeigen das Gemcitabin in Kombination mit verschiedenen VEGF-Rezeptor-Inhibitoren in den Toxizitätsversuchen in vitro eine 10.000 fach niedrigere EC50 hat als die Kombination aus Cisplatin und Etoposid. Auch in den anschließenden Tierversuchen konnten wir zeigen, dass Gemcitabin in Kombination mit Axitinib einen besseren Therapieerfolg bezogen auf das Tumorwachstum zeigt, als die bisherige Standardtherapie. Darüber hinaus verloren die Tiere, die mit Gemcitabin und Axitinib behandelt wurden deutlich weniger an Gewicht, als die Tiere die die Standardtherapie erhielten. Zusammenfassend können wir zeigen, dass Axitinib, ein neuer pan-VEGF-Rezeptor-Inhibitor der bisher nur in anderen Tumorentitäten wie dem Nierenzellkarzinom zum Einsatz kommt, in Kombination mit Gemcitabin, einem Nukleosidanalogon, einen deutlichen zytotoxischen Effekt an Medulloblastom Zelllinien in vitro als auch im subkutanen und orthotopen Tiermodell hat. Diese Ergebnisse könnten die Basis sein für neue therapeutische Strategien gegen das Gruppe 3-Medulloblastom bei Kindern, die die bisherige Therapie nicht mehr tolerieren oder bereits irreversible Nebenwirkungen der Standardtherapie entwickelt haben
Diffusionsgewichtete MR-Bilder sind ein wichtiger Bestandteil für die klinische Diagnostik
verschiedener Pathologien, wie z.B. bei Schlaganfall oder Tumoren. Meistens
wird ein mono-exponentielles Diffusionsmodell verwendet und über verschiedene
Raumrichtungen gemittelt. Der Einfluss von Fluss auf das diffusionsgewichtete
Signal und eine mögliche Richtungsabhängigkeit werden dabei vernachlässigt. Dabei
machen Diffusionsmodelle, die mehr Eigenschaften des Signals abbilden, unter
Umständen eine genauere Diagnostik möglich. Mit DTI wird die Richtungsabhängigkeit
der Diffusion erfasst und bei IVIM wird der Beitrag von Fluss zum Signal
berücksichtigt. Die Niere ist ein stark strukturiertes Organ und weist Anisotropie
in der Diffusion auf. Außerdem ist die Niere ein sehr gut durchblutetes Organ. DTI
und IVIM beschreiben also unabhängig voneinander zwei wichtige Aspekte des diffusionsgewichteten
Signals in der Niere, ohne dass der Vorteil des jeweils anderen
Modells Beachtung findet.
In dieser Arbeit wurde das Modell IVOF zur umfassenden Beschreibung von Diffusionssignal
vorgestellt, bei dem sowohl die Richtungsabhängigkeit der Diffusion,
als auch das Signal der fließenden Spins und deren Richtungsabhängigkeit abgebildet
wird. Die Vorteile von DTI und IVIM werden also in IVOF vereint und darüber
hinaus auch die mögliche Anisotropie die Flusssignals berücksichtigt. Es konnte gezeigt
werden, dass dieses Modell das diffusionsgewichtete Signal in der menschlichen
Niere besser beschreibt als die herkömmlichen Modelle (DTI und IVIM) und auch
besser als eine Kombination von DTI und IVIM, bei der ein isotroper Flussanteil
des Signals angenommen wird.
Es wurde weiterhin gezeigt, dass selbst wenn der Flussanteil im verwendeten Diffusionsmodell
berücksichtigt wird, der tatsächlich gemessene Flussanteil in der Niere
von der Art der Messung, d.h. Bewegungsempfindlichkeit des Gradientenschemas
abhängt. Das bedeutet, dass der mikroskopische Fluss in der Niere nicht, wie häufig
angenommen, komplett zeitlich inkohärent ist. Bei Vergleichen von IVIM Studien
an der Niere ist es deshalb notwendig, die Bewegungsempfindlichkeit der jeweiligen
Gradientenschemata zu berücksichtigen. Wie groß das absolute Verhältnis von kohärent zu inkohärent fließendem Signal ist, konnte nicht festgestellt werden. Ebenso
wenig konnte die absolute Flussgeschwindigkeit bzw. die Art des Flusses (Laminare
Strömung, Pfropfenströmung, oder andere) ermittelt werden.
TSE hat sich als vielversprechendes, artefaktfreies Verfahren für die Aufnahme
diffusionsgewichteter Bilder der Niere gezeigt. Im Vergleich mit dem Standardverfahren EPI wurden ähnliche Werte der Parameter von DTI und IVIM gefunden.
Abweichungen zwischen EPI und TSE sind vor allem durch die Unschärfe der TSE
Bilder aufgrund von T2-Zerfall zu erklären. Bis zur klinischen Anwendbarkeit diffusionsgewichteter
TSE Bilder bzw. Parameterkarten sind noch einige Weiterentwicklungen
der Methode nötig. Vor allem sind schärfere TSE Bilder erstrebenswert und
es sollten mehrere Schichten in einer klinisch vertretbaren Zeitspanne aufgenommen
werden, ohne dass dabei die zulässigen SAR Grenzwerte überschritten werden.
Bei allen Untersuchungen in dieser Arbeit handelt es sich um Machbarkeitsstudien.
Daher wurden alle Messungen nur an erwachsenen, gesunden Probanden durchgeführt, um zu zeigen, dass das jeweilige vorgeschlagene Modell zu den Daten passt
bzw. dass die vorgeschlagene Methode prinzipiell funktioniert. Bei welchen Pathologien
die hier vorgeschlagenen Methoden und Modelle einen diagnostischen Nutzen
haben, muss in zukünftigen Studien erforscht werden. Außerdem wurden keine b-
Werte zwischen 0 und 200 s/mm2 aufgenommen, bei denen fließende Spins noch
signifikant zum Signal beitragen. Betrachtet man die Ergebnisse der Diffusionsbildgebung
mit verschiedenen m1 in dieser Arbeit, dann ist neben dem b-Wert auch die
Bewegungsempfindlichkeit m1 nötig, um das Signal in diesem Bereich korrekt zu
beschreiben.
Alles in allem sollte der Beitrag von Fluss zum diffusionsgewichteten MR-Signal
in der Niere immer berücksichtigt werden. Die vielfältigen Einflüsse, die unterschiedliche
Parameter auf das Signal von Mikrofluss haben, wurden in dieser Arbeit untersucht
und präsentieren weiterhin ein spannendes Feld für kommende Studien.
Diffusionsgewichtete TSE Sequenzen sind auch für die klinische Diagnostik eine potentielle
Alternative zu Artefakt-anfälligen EPI Sequenzen. Bis dahin sollten jedoch
die Bildschärfe und Abdeckung der diffusionsgewichteten TSE Sequenz weiter verbessert
werden.
NFATc3 in der akuten GvHD
(2023)
Bei Leukämien, Lymphomen und dem Multiplen Myelom stellt die allogene hämatopoetische Stammzelltransplantation (allo-HCT) oft die letzte kurative Therapieoption dar. Spender-T-Zellen (v.a. CD8+-T-Zellen), die im Transplantat enthalten sind, erkennen nach Chemo-/Strahlentherapie verbliebene Reste des entarteten Empfängergewebes, eradizieren dieses und verhindern somit ein Tumorrezidiv (Graft-versus-Leukämie Reaktion/GvL). Häufig attackieren Spender-T-Zellen (v.a. CD4+-Th1-Zellen) aber auch nicht-malignes Gewebe (z.B. Haut, Leber und Darm), was bis zum Tod des Patienten führen kann (Graft-versus-Host Disease/GvHD). Calcineurin-Inhibitoren wie Cyclosporin A (CsA) und Tacrolimus, die oft schon prophylaktisch verabreicht werden, verhindern über eine unselektive Inhibition aller Mitglieder der NFAT-Transkriptionsfaktorfamilie (Nuclear factor of activated T-cells) die Aktivierung der Spender-T-Zellen. Es folgt eine klinische Besserung der GvHD-Symptomatik, während jedoch der GvL-Effekt ebenfalls supprimiert wird. Bisherige Untersuchungen unserer Arbeitsgruppe am Mausmodell hatten gezeigt, dass die selektive Inhibition eines NFAT-Familienmitgliedes (NFATc1 oder NFATc2) in den Donor-T-Zellen zu einer signifikanten Besserung der aGvHD bei jedoch erhaltener GvL führt. Es wurde nun der Einfluss des dritten, in Lymphozyten exprimierten NFAT-Mitglieds NFATc3 im Kontext der aGvHD untersucht.
Zur Basisanalyse der neu kreierten Nfatc3fl/fl.Cd4cre- und Nfatc1fl/fl.Nfatc3fl/fl.Cd4cre-Mauslinien erfolgten durchflusszytometrische und Western-Blot-Analysen. Anschließend wurden In-vivo-Untersuchungen unter Verwendung eines etablierten major-mismatch-aGvHD-Modells (H-2b→H-2d) durchgeführt.
Es konnte gezeigt werden, dass durch eine NFATc3- (+/- NFATc1-) Defizienz direkt ex vivo die CD4+/CD8+-Ratio durch Abnahme der CD4+- hin zu den CD8+-T-Zellen verschoben wird. Auch zeigte sich in den entsprechenden Genotypen eine Abnahme der naiven- und dafür vice versa eine Zunahme der Effektor-T-Zellen. In den wiederholt durchgeführten aGvHD-Versuchen zeigte sich in vivo als Korrelat der (ebenfalls erneut nachgewiesenen) Abnahme des CD4+/CD8+-Quotienten in den Zielorganen eine geringere Expansion der NFAT-defizienten als der wildtypischen T-Zellen. Leider spiegelte sich dies nicht in dem clinical score zur Quantifizierung der aGvHD-Symptomatik wider. Auch das Körpergewicht der Versuchsgruppe nahm rapide ab. Ursächlich hierfür ist – als Korrelat zur direkt ex vivo nachgewiesenen Aktivierungsneigung – ein vermehrter Th1-Shift der NFATc3 (+/-NFATc1-) defizienten T-Zellen.
Eine Inhibierung von NFATc3 – im Gegensatz zu NFATc1 und NFATc2 – ist demzufolge kein sinnvoller Ansatzpunkt für eine mögliche, zielgerichtetere aGvHD-Therapie. Der positive Effekt der reduzierten Proliferationsneigung der NFATc3-defizienten Lymphozyten wird durch deren vermehrte Aktivierungsneigung mit erhöhter Sekretion von pro-inflammatorischen Zytokinen zunichte gemacht.
Die Nicotinamid-N-Methyltransferase (NNMT) reguliert den Energiehaushalt des Fettgewebes und spielt eine Rolle in der Pathogenese von Adipositas. Während die NNMT-Expression im Fettgewebe und die Konzentrationen von NNMT-Metaboliten in Serum und Urin vielfach beschrieben sind, ist bisher wenig über die spezifische Aktivität des Enzyms im humanen Fettgewebe bekannt. Ziel der vorliegenden Arbeit war es, eine fluoreszenzbasierte Methode zur Bestimmung der NNMT-Aktivität zu entwickeln und die spezifischen Aktivitäten im Fettgewebe von nicht adipösen und adipösen Probanden zu vergleichen. Eingeschlossen wurden 43 Probanden (16 adipöse, 15 nicht adipöse, 12 ehemals Adipöse nach bariatrischer Operation) in einer monozentrischen analytischen Querschnittsanalyse. Es wurde eine Methode entwickelt, optimiert und validiert, mit der die NNMT-Aktivität zahlreicher Proben unter Anfangsbedingungen in überschaubarer Zeit gemessen werden kann. Die Michaelis-Menten-Konstanten für die Kosubstrate Nicotinamid und S-Adenosylmethionin wurden mit 0,19 ± 0,11 mmol/l und 5 ± 2,5 µmol/l (Mittelwert ± Standardabweichung) bestimmt, was mehreren veröffentlichten Werten entspricht. Die spezifischen Aktivitäten im subkutanen Fettgewebe der adipösen, nicht adipösen und ehemals adipösen Probanden wurden mit 34 ± 19, 51 ± 44 und 90 ± 21 pU/mg bestimmt. Entgegen der Annahme war die Aktivität bei adipösen Probanden gegenüber nicht adipösen also nicht erhöht. Überraschend wurden sogar die höchsten Aktivitäten bei den ehemals Adipösen gemessen (p < 0,05 in der Varianzanalyse). Die Aktivitäten im Omentum-majus-Fettgewebe betrugen 57 ± 14 pU/mg (Adipöse) und 85 ± 66 pU/mg (nicht Adipöse). Die Aktivität im Omentum majus war zudem signifikant höher als im subkutanen Fett (p = 0,01).
Wie es zu einer Steigerung der NNMT-Aktivität nach Gewichtsabnahme kommt, konnte in der vorliegenden Arbeit nicht untersucht werden. Vorläufige eigene Experimente mit Mäusen legen aber nahe, dass NNMT während der Entwicklung von Adipositas dynamisch reguliert ist. Dies muss Gegenstand zukünftiger Untersuchungen sein, auch um NNMT als mögliches Ziel therapeutischer Interventionen zur Bekämpfung der sich pandemisch ausbreitenden Adipositas und ihrer Folgeerkrankungen zu definieren.
Das humane Schädeldach besteht aus fünf Schädelplatten, die durch intramembranöse Ossifikation entstehen. Wenn diese in der Embryonalentwicklung aufeinandertreffen, bilden sich Schädelnähte aus, die eine Fusion der Schädelplatten verhindern und damit ein Schädelwachstum parallel zu Gehirnentwicklung ermöglichen. Für diesen Prozess ist eine Balance aus Zellproliferation und Differenzierung nötig, deren Aufrechterhaltung wiederum durch eine komplexe Regulation von verschiedenen Signalwegen gewährleistet wird. Störungen in diesem regulatorischen System können zu einer vorzeitigen Fusion der Schädelplatten, Kraniosynostose genannt, führen. Die Kraniosynostose ist eine der häufigsten kraniofazialen Fehlbildungen beim Menschen. Durch kompensatorisches Wachstum an den nicht fusionierten Suturen entstehen charakteristische Schädeldeformationen, die sekundär einen erhöhten intrakranialen Druck zur Folge haben können. Eine vorzeitige Fusion der Suturen kann sowohl isoliert als auch syndromal zusammen mit weiteren klinischen Auffälligkeiten vorliegen. Bisher sind über 150 verschiedene Kraniosynostose Syndrome beschrieben und insgesamt 25-30% aller Kraniosynostose Patienten sind von einer syndromalen Form betroffen. Da die klinischen Merkmale der Kraniosynostose Syndrome variabel sind und zum Teil überlappen, ist eine klare klinische Diagnose häufig erschwert. Sowohl Umwelteinflüsse als auch genetische Veränderungen können die Ursache für Kraniosynostosen sein. Vor allem bei syndromalen Kraniosynostosen wurden genetische Veränderungen, wie beispielsweise Mutationen in den Genen FGFR2, FGFR3, TWIST1 und EFNB1, identifiziert. Darüber hinaus wurden chromosomale Veränderungen wie partielle Monosomien von 7p, 9p oder 11p sowie partielle Trisomien von 5q, 13q oder 15q mit Kraniosynostose assoziiert. Trotzdem ist in über 50% der Fälle die genetische Ursache unbekannt und die Pathogenese von Kraniosynostosen noch nicht vollständig geklärt.
Ziel dieser Arbeit war es neue genetische Ursachen bei Kraniosynostose Patienten zu identifizieren und so zur Aufklärung der Pathogenese beizutragen. Es wurde die genomische DNA von 83 Patienten molekulargenetisch durch Mikroarray basierte vergleichende Genomhybridisierung (Array-CGH) oder durch ein speziell entworfenes Next Generation Sequencing (NGS) Genpanel untersucht. Bei 30% der Patienten konnte eine potentiell pathogene Veränderung identifiziert werden. Davon waren 23% chromosomale Aberrationen wie unbalancierte Translokationen, isolierte interstitielle Verluste und ein Zugewinn an genomischen Material. Bei zwei Patienten wurden unbalancierte Translokationen mit partieller 5q Trisomie nachgewiesen. Das Gen MSX2 liegt innerhalb des duplizierten Bereichs, sodass möglicherweise eine MSX2 Überexpression vorliegt. Für ein normales Schädelwachstum ist jedoch die richtige Menge an MSX2 kritisch. Des Weiteren wurde eine partielle Deletion von TCF12 detektiert, die in einer Haploinsuffizienz von TCF12 resultiert. TCF12 Mutationen sind mit Koronarnahtsynosten assoziiert. In einem anderen Fall lag das Gen FGF10 innerhalb der duplizierten 5p15.1-p12 Region. Das Gen kodiert für einen Liganden des FGF Signalwegs und wurde bisher noch nicht mit Kraniosynostose assoziiert. Aufgrund dessen wurden Analysen im Tiermodell Danio rerio durchgeführt. Eine simulierte Überexpression durch Injektion der fgf10a mRNA in das 1-Zell Stadium führte zu schweren Gehirn-, Herz- und Augendefekten.
Mittels NGS wurden 77% der potentiell pathogenen genetischen Veränderungen identifiziert. Hierfür wurde in dieser Arbeit ein Genpanel erstellt, das 68 Gene umfasst. Es wurden sowohl bekannte Kraniosynostose- als auch Kandidaten-Gene sowie Gene, die mit der Ossifikation assoziiert sind, in die Analyse eingeschlossen. Das Genpanel wurde durch die Sequenzierung von fünf Kontrollproben mit bekannten Mutationen erfolgreich validiert. Anschließend wurde die genomische DNA von 66 Patienten analysiert. Es konnten 20 (potentiell) pathogene Varianten identifiziert werden. Neben bereits bekannten Mutationen in den Genen FGFR1, FGFR2, FGFR3 und TWIST1, konnten zusätzlich 8 neue, potentiell pathogene Varianten in den Genen ERF, MEGF8, MSX2, PTCH1 und TCF12 identifiziert werden. Die Ergebnisse dieser Arbeit tragen dazu bei das Mutationsspektrum dieser Gene zu erweitern. Bei zwei der Varianten handelte es sich um potentielle Spleißvarianten. Für diese konnte in einem in vitro Spleißsystem gezeigt werden, dass sie eine Änderung des Spleißmusters bewirken. Der Nachweis von zwei seltenen Varianten in den Genen FGFR2 und HUWE1 hat außerdem dazu beigetragen die Pathogenität dieser spezifischen Varianten zu bekräftigen. Eine Variante in POR, die aufgrund bioinformatischer Analysen als potentiell pathogen bewertet wurde, wurde nach der Segregationsanalyse als wahrscheinlich benigne eingestuft. Zusammenfassend konnten bei etwa einem Drittel der Patienten, die mit dem NGS Genpanel analysiert wurden, eine genetische Ursache identifiziert werden. Dieses Genpanel stellt somit ein effizientes diagnostisches Tool dar, das zukünftig in der genetischen Routine-Diagnostik von Kraniosynostose-Patienten eingesetzt werden kann. Die Ergebnisse dieser Arbeit zeigen, dass sowohl eine Untersuchung auf CNVs als auch auf Sequenzänderungen bei Kraniosynostose Patienten sinnvoll ist.
Dendritische Zellen (DC) spielen eine Schlüsselrolle im Immunsystem. Sie dienen als professionelle antigenpräsentierende Zellen und können eine antigenspezifische Immunantwort initiieren, indem sie naive T-Zellen primen.
DC können auch verwendet werden, um T-Zellen im Kontext der onkologischen Immuntherapie zu stimulieren. In vitro können sie leicht aus Monozyten differenziert werden. Die daraus resultierenden unreifen DC können bereits Antigene phagozytieren und präsentieren, sie aktivieren jedoch noch keine Immunantwort solange keines der aufgenommenen Antigene als pathogen erkannt wird. Die Ausreifung einer unreifen, tolerogenen DC zu einer immunogenen reifen DC kann, neben anderen Methoden, durch einen Cocktail aus TLR-Liganden oder Zytokinen erreicht werden. Die Auswahl der Substanzen in diesem Cocktail bestimmt den Phänotyp und die funktionellen Eigenschaften der resultierenden reifen DC. Einige der benötigten Fähigkeiten der DC in der Tumorimmuntherapie, wo sie aus Patientenmonozyten generiert, mit Tumorantigen beladen und dem Patienten wieder zugeführt werden sollen, umfassen die Migration zu den T-Zell-Zonen der Lymphknoten, Antigenpräsentation auf sowohl MHC-I- als auch MHC-II-Molekülen, Zytokinproduktion für die Direktion der T-Zell-Antwort wie IL-12p70, und die Expression von Oberflächenmarkern wie der kostimulatorischen Moleküle CD80 und CD86.
In der Vergangenheit wurde gezeigt, dass durch Zugabe von Prostaglandin E2 (PGE2) zu einem Cocktail mit dem synthetischen TLR3-Liganden poly-I:C und dem TLR7/8-Liganden R848 (Resiquimod) sowohl eine gute migratorische Fähigkeit als auch eine erhöhte IL-12p70-Produktion erreicht werden kann, während etwa die Fähigkeit zur Antigen-Kreuzpräsentation reduziert erschien. Anhand von Monozyten anonymer gesunder Spender beleuchtet diese Arbeit daher den Effekt von PGE2 auf monozytenderivierte DC näher, indem seine konzentrationsabhängige Wirkung auf deren Phänotyp untersucht wird. In den durchgeführten Versuchen wurde dabei die Expressionsdichte der Oberflächenmarker CD83, CD80 und CD86, HLA-DR und CCR7 sowie der monozytäre Marker CD14 durchflusszytometrisch analysiert. Die Ergebnisse zeigen bei Exposition mit PGE2 dosisabhängig eine Heraufregulation von CD80, CD83, CD86 und CCR7 in der Population reifer DC, deren Maximum in unteren mikromolaren Konzentrationen erreicht wird. Gleichzeitig induzierte PGE2 dosisabhängig auch die Entstehung einer zweiten Zellpopulation mit anderen Eigenschaften, die stattdessen den monozytären Marker CD14 re-exprimierte. Dies ist für künftige Studien eine interessante Beobachtung, da sie eine differenzierte Betrachtung beider resultierender Subpopulationen anregt.
Die Einhaltung eines gesunden Lebensstils, einschließlich der Behandlung modifizierbarer kardiovaskulärer Risikofaktoren, beeinflusst maßgeblich die Entstehung und Progression von Herz-Kreislauf-Erkrankungen (HKE). So reduziert eine ausgewogene Ernährungsweise, ausreichend körperliche Aktivität, Tabakverzicht, das Halten des Normalgewichtes sowie die Behandlung einer Hypertonie, Hyperlipidämie und Diabetes mellitus, die kardiovaskuläre Morbidität und Mortalität.
Die vorliegende Arbeit widmet sich (a) der Prävalenz und leitliniengerechten Kontrolle kardiovaskulärer Risikofaktoren von Teilnehmern aus der Allgemeinbevölkerung der STAAB Kohortenstudie („Häufigkeit und Einflussfaktoren auf frühe Stadien A und B der Herzinsuffizienz in der Bevölkerung“) sowie der Schätzung des 10-Jahres Risikos für tödliche HKE in diesem Kollektiv. Weiterhin wurde (b) der Einfluss von medikamentenbezogenen Überzeugungen auf die Blutdruckkontrolle von Teilnehmern der STAAB Kohortenstudie untersucht. Schließlich wurde (c) der Erhalt von ärztlichen Lebensstilempfehlungen sowie deren Determinanten bei Teilnehmern der STAAB Kohortenstudie sowie der EUROASPIRE IV Studie („European Action on Secondary and Primary Prevention by Intervention to Reduce
Events“) in Deutschland betrachtet.
Die STAAB Kohortenstudie untersucht die frühen asymptomatischen Formen der Herzinsuffizienz-Stadien A und B in einer repräsentativen Stichprobe von 5.000 Personen
ohne symptomatische Herzinsuffizienz im Alter von 30 bis 79 Jahren aus der Allgemeinbevölkerung mit Wohnsitz in der Stadt Würzburg.
Die EUROASPIRE IV Studie untersuchte bei 7.998 Koronarpatienten im Alter von 18 bis 79
Jahren aus insgesamt 24 Europäischen Ländern (536 Patienten aus Deutschland) im Zeitraum 2012 bis 2013 die Risikofaktoren sowie die Umsetzung der leitliniengerechten Versorgung und Prävention von HKE im europäischen Vergleich. Die Datenerhebung beider Studien erfolgte durch ein geschultes Studienpersonal nach standardisierten Vorgaben.
Die Prävalenz und Kontrolle kardiovaskulärer Risikofaktoren nach den aktuellen Vorgaben der „European Society of Cardiology“ (ESC) wurde bei insgesamt 1.379 Teilnehmern, die zwischen Dezember 2013 und April 2015 an der STAAB Kohortenstudie teilgenommen haben, untersucht. Es zeigte sich eine hohe Prävalenz der kardiovaskulären Risikofaktoren Hypertonie (31.8%), Hyperlipidämie (57.6%) und Diabetes mellitus (3.5%). Hierbei erreichten
trotz Pharmakotherapie über die Hälfte der Teilnehmer mit einem Bluthochdruck (52.7%) oder erhöhten LDL-Cholesterinwerten (56.7%) sowie 44.0% der Personen mit einem Diabetes mellitus die empfohlenen Grenzwerte nicht. Weiterhin wurde erstmalig zu Studienbesuch eine Hypertonie (36.0%), Hyperlipidämie (54.2%) oder ein Langzeitzuckerwert (HbA1c) >6.5% (23.3%) detektiert. In der jüngsten Altersgruppe (30-39 Jahre) fand sich der höchste Anteil von unbekanntem Bluthochdruck (76.5%) sowie hohem LDL-Cholesterin (78.0%) und die Altersgruppe 60-69 Jahren wies mit 43.5% die höchste Prävalenz für einen bislang nicht detektierten HbA1c >6.5% auf. Die Akkumulation von drei oder mehr kardiovaskulären Risikofaktoren war mit dem männlichen Geschlecht, einem höheren Alter und einem niedrigeren Bildungsgrad assoziiert. Von 980 mittels SCORE („Systematic Coronary Risk Evaluation“) Risiko-Chart untersuchten Teilnehmern befanden sich jeweils 56.6%, 35.8% und 7.5% in der niedrigen, mittleren und hohen bis sehr hohen SCORE-Risikogruppe für tödliche HKE. Das Hochrisiko-Kollektiv für tödliche HKE war vorwiegend männlich und wies häufiger eine Hypertonie oder ein hohes LDL-Cholesterin auf.
Der Einfluss von Überzeugungen gegenüber antihypertensiver Medikation auf die Blutdruckkontrolle wurde an 293 Teilnehmern, die von Oktober 2014 bis März 2017 an der STAAB Kohortenstudie teilgenommen haben, untersucht. Auf ihre Medikamente gesundheitlich angewiesen zu sein gaben 87% der Teilnehmer an, 78.1% stimmten der Aussage zu, dass ihre Medikamente sie vor einer Verschlechterung ihrer Gesundheit schützen. Es zeigte sich ein inverser Zusammenhang zwischen einem höheren Maß an Bedenken gegenüber der verordneten blutdrucksenkenden Medikation und einer besseren Blutdruckkontrolle bei Frauen. Ein signifikanter Zusammenhang zwischen Bedenken gegenüber einer antihypertensiven Medikation und der Blutdruckkontrolle bei Männern ließ sich hingegen nicht feststellen. Es konnten keine statistisch signifikanten Assoziationen für die Notwendigkeit von Medikation in der vorliegen Untersuchung gezeigt werden.
Die Häufigkeit und Determinanten für die Empfehlung eines ärztlichen Lebensstils wurde bei 665 Teilnehmern der STAAB Kohortenstudie ohne vorbestehende HKE (Primärprävention) und bei 536 Koronarpatienten der EUROASPIRE IV Studie (Sekundärprävention) untersucht.
Mit Ausnahme der Empfehlung zum Rauchverzicht erhielten die Patienten der EUROASPIRE IV Studie häufiger ärztliche Lebensstilempfehlungen verglichen mit Teilnehmern der STAAB Kohortenstudie: (Rauchverzicht: STAAB 44.0%, EUROASPIRE 36.7%; Gewichtsreduktion: STAAB 43.9%, EUROASPIRE 69.2%; körperliche Aktivität steigern: STAAB 52.1%, EUROASPIRE 71.4%; gesundes Ernährungsverhalten: STAAB 43.9%, EUROASPIRE 73.1%). Die Chance für den Erhalt von mindestens 50% aufgrund der individuellen Risikofaktoren adäquaten ärztlichen Lebensstilempfehlungen war bei STAAB Teilnehmern mit offensichtlichen oder beobachtbaren kardiovaskulären Risikofaktoren signifikant erhöht (BMI >25kg/m2, Hypertonie, Hyperlipidämie und Diabetes mellitus).
Hingegen erhielten Patienten mit einer vorbestehenden HKE signifikant häufiger eine ärztliche Lebensstilempfehlung bei einem Diabetes mellitus, wobei die Empfehlungshäufigkeit mit zunehmendem Alter abnahm. Die weitergehende nicht publizierte Analyse des Interaktions
Modells zeigte, dass der Zusammenhang zwischen dem Alter und der Empfehlungshäufigkeit bei Patienten mit bereits bestehender HKE stärker ausgeprägt war, als bei Teilnehmern der STAAB Kohortenstudie ohne koronare HKE. Weiterhin war der Zusammenhang zwischen einer adäquaten Lebensstilempfehlung und Hyperlipidämie bei Teilnehmern ohne koronares Ereignis signifikant stärker ausgeprägt, im Vergleich zu Patienten mit einer bereits bestehender HKE.
Die Ergebnisse zeigten ein erhebliches Potenzial für eine verbesserte Umsetzung leitliniengerechter Behandlung modifizierbarer kardiovaskulärer Risikofaktoren in der Primär- und Sekundärprävention. Vor dem Hintergrund einer hohen Anzahl kardiovaskulärer Risikofaktoren bei jungen Erwachsenen sollte die Bedeutung der Langzeitfolgen im Arzt
Patienten-Gespräch hervorgehoben und bei der Erarbeitung von Präventionsstrategien, insbesondere für junge Altersgruppen, Beachtung finden. Geschlechtsspezifische
Determinanten hinsichtlich der Kontrolle kardiovaskulärer Risikofaktoren sowie Befürchtungen gegenüber der Medikation sollten stärker im Arzt-Patientengespräch berücksichtigt werden.
Zur Stärkung der Compliance des Patienten bei der Umsetzung eines gesunden Lebensstils,
sollte der Arzt hinsichtlich der Bedeutung von Lebensstilintervention, aber auch im Umgang mit schwierigen Situationen, wie die Empfehlung einer Gewichtsreduktion, sensibilisiert und bei der richtigen Handhabung der Leitlinienempfehlung stärker unterstützt werden.
Die chronische Niereninsuffizienz (CKD) gilt als wichtiger prognostischer Faktor bei Patienten mit koronarer Herzerkrankung (KHK). Das Bewusstsein (Awareness) für das Vorliegen einer CKD bei Ärzten wie bei Patienten kann bei der Therapie von KHK-Patienten eine entscheidende Rolle spielen. Ziel dieser Arbeit war die Beschreibung der zeitlichen Trends der CKD-Prävalenz sowie der Awareness bei KHK-Patienten und Ärzten im Rahmen der EUROASPIRE (EA) V Studie im Studienzentrum Würzburg. EA V ist eine multizentrische Querschnittsstudie der European Society of Cardiology (ESC) zur Untersuchung der Qualität der Sekundärprävention bei KHK-Patienten, die 6-24 Monate vor dem Studienbesuch stationär behandelt wurden. Nierenfunktion und Nierenerkrankung wurden mit der glomerulären Filtrationsrate (eGFR) und der Urin Albumin-Kreatinin-Ratio abgeschätzt und klassifiziert. Die CKD Awareness der Patienten wurde anhand standardisierter Fragen erhoben. Die CKD Awareness der Ärzte wurde über die ICD-10 Codierung in der Patientenakte sowie die Dokumentation im Entlassungsbrief erfasst. Die Ergebnisse wurden mit der Würzburger EUROASPIRE IV (2012/13) Substudie verglichen. In EA V wurden 219 KHK-Patienten (Median 70 Jahre, 81% Männer) in Würzburg eingeschlossen. Bei Studienbesuch betrug die Prävalenz der CKD 32%, davon waren sich 30% der Patienten der CKD bewusst. Bei 26% der 73 Patienten mit während des Index-Krankenhausaufenthaltes apparenter Nierenfunktionseinschränkung wurde diese auch im Entlassungsbrief dokumentiert und bei 80% korrekt in der Patientenakte codiert. Im Vergleich zu EA IV zeigte sich die eingeschränkte Nierenfunktion während des Krankenhausaufenthaltes (p=0,013) und während des Studienbesuchs (p=0,056) häufiger. Bezüglich der CKD Awareness bei Ärzten und Patienten gab es keine signifikanten Unterschiede bezogen auf die gesamten Kohorten. Im Frühstadium G3a zeigte sich eine statistisch signifikant geringere CKD Awareness der Patienten in EA V verglichen mit EA IV. Die CKD ist eine häufige Komorbidität bei KHK-Patienten. Die CKD Awareness ist bei Patienten, aber auch Ärzten niedrig. Aus dieser Konstellation ergeben sich Handlungsaufträge für eine gezielte Aufklärung von Patienten und nachhaltig wirksame Fortbildung der behandelnden Ärzte.
Angsterkrankungen stellen mit einer 12-Monats-Prävalenz von 14% die häufigsten psychischen Erkrankungen in der westlichen Gesellschaft dar. Angesichts der hohen querschnittlichen wie sequentiellen Komorbidität von Angsterkrankungen, der ausgeprägten individuellen Einschränkungen sowie der hohen ökonomischen Belastung für das Gesundheitssystem ist neben therapeutischen Behandlungsansätzen die Entwicklung von kurzzeitigen, kostengünstigen und leicht zugänglichen Präventionsmaßnahmen von großer Bedeutung und steht zunehmend im Fokus des gesundheitspolitischen Interesses, um die Inzidenz von Angsterkrankungen zu reduzieren. Voraussetzung für die Entwicklung von gezielten und damit den effektivsten Präventionsmaßnahmen sind valide Risikofaktoren, die die Entstehung von Angsterkrankungen begünstigen. Ein Konstrukt, das in der Literatur als subklinisches Symptom in Form einer kognitiven Vulnerabilität für Angsterkrankungen und damit als Risikofaktor angesehen wird, ist die sogenannte Angstsensitivität (AS). AS umfasst die individuelle Tendenz, angstbezogene körperliche Symptome generell als bedrohlich einzustufen und mit aversiven Konsequenzen zu assoziieren.
Das Ziel der vorliegenden Arbeit war daher die Etablierung und Validierung eines Präventionsprogramms zur Reduktion der AS an einer nicht-klinischen Stichprobe von 100 Probanden (18-30 Jahre) mit einer erhöhten AS (Anxiety Sensitivity Index [ASI-3] ≥17) sowie die Rekrutierung von 100 alters- und geschlechtsangeglichenen Probanden mit niedriger Angstsensitivität (ASI-3 <17). In einem randomisiert-kontrollierten Studiendesign durchliefen die Probanden mit hoher AS entweder das über fünf Wochen angelegte „Kognitive Angstsensitivitätstraining“ (KAST) als erste deutschsprachige Übersetzung des Computer-basierten „Cognitive Anxiety Sensitivity Treatment“ (CAST) von Schmidt et al. (2014) oder wurden der Wartelisten-Kontrollgruppe zugeteilt. Das KAST Training bestand aus einer einmaligen Vermittlung kognitiv-behavioraler Psychoedukation zum Thema Stress und Anspannung sowie deren Auswirkungen auf den Körper und der Anleitung von zwei interozeptiven Expositionsübungen (‚Strohhalm-Atmung‘ und ‚Hyperventilation‘), die über den anschließenden Zeitraum von fünf Wochen in Form von Hausaufgaben wiederholt wurden.
Es konnte gezeigt werden, dass die Teilnehmer des KAST-Programms nach Beendigung des Trainings (T1) eine signifikant niedrigere AS-Ausprägung im Vergleich zur Wartelisten-Kontrollgruppe aufwiesen und diese Reduktion auch über den Katamnese-Zeitraum von sechs Monaten (T2) stabil blieb. Ergänzend wurde auch die Targetierbarkeit weiterer intermediärer Risikomarker wie der Trennungsangst (TA), des Index der kardialen Sensitivität sowie der Herzratenvariabilität (HRV) untersucht, die jedoch nicht durch das KAST-Training direkt verändert werden konnten. Im Vergleich der Subgruppen von Probanden mit hoher AS und gleichzeitig hoher TA (Adult Separation Anxiety Questionnaire [ASA-27] ≥22) und Probanden mit hoher AS, aber niedriger TA (ASA-27 <22) zeigte sich, dass die AS-TA-Hochrisikogruppe ebenfalls gut von der KAST-Intervention profitieren und eine signifikante Reduktion der AS erzielen konnte, indem sie sich bei T1 dem Niveau der Gruppe mit niedriger TA anglich. Zudem korrelierte die prozentuale Veränderung der Einstiegswerte der inneren Anspannung während der Strohhalm-Atmungsübung positiv mit der prozentualen Veränderung der dimensionalen TA bei T1.
Zusammenfassend weisen die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit erstmalig auf die Wirksamkeit der deutschsprachigen Übersetzung des CAST-Programms (Schmidt et al., 2014), eines Computer-basierten, und damit leicht zu implementierenden sowie kostengünstigen Programms, in Bezug auf die Reduktion der AS sowie indirekt der TA hin und können damit zur indizierten und demnach besonders effektiven Prävention von Angsterkrankungen in Hochrisikogruppen beitragen.
Bei der Entstehung und Aufrechterhaltung von Furcht und Angsterkrankungen stellt, neben der Furchtkonditionierung, die Generalisierung der konditionierten Furcht einen wesentlichen Mechanismus dar. Die der Generalisierung zugrunde liegenden psychologischen und biologischen Prozesse sind jedoch beim Menschen bisher nur wenig untersucht.
Ziel dieser Arbeit war, anhand eines neu entwickelten experimentellen Paradigmas den Einfluss eines psychometrisch bestimmbaren angstspezifischen Faktors sowie der mit Furcht und Angst assoziierten Genotypen Stathmin1, COMT Val158Met und BDNF Val66Met auf die Furchtkonditionierung und Generalisierung konditionierter Furcht zu untersuchen und somit mögliche Risikofaktoren für die Entstehung von Angsterkrankungen zu bestimmen. Hierfür wurden N = 126 gesunde Versuchspersonen (n = 69 weiblich; mittleres Alter M = 23.05, SD = 3.82) für die genannten Polymorphismen genotypisiert und zu ängstlichen und affektiven Symptomen befragt. In einer Akquisitionsphase wurden den Probanden zwei neutrale weibliche Gesichter präsentiert (CS), von denen eines mit einem Schrei sowie einem ängstlichen Gesichtsausdruck (UCS) gepaart wurde. Der sich anschließende Generalisierungstest erfolgte anhand von vier Gesichtern, die in der Ähnlichkeit zwischen den beiden CS schrittweise übergingen. Die Furchtreaktion wurde über die Bewertung von Valenz, Arousal und Kontingenzerwartung sowie über die Hautleitfähigkeitsreaktion (SCR) erfasst.
Die Analyse der Fragebögen anhand einer Hauptachsenanalyse und anhand von Strukturgleichungsmodellen erbrachte eine zweifaktorielle Lösung, die die Konstrukte Depression und Angst abbildete. Nur der Faktor Angst war mit einer veränderten Furchtkonditionierung und Furchtgeneralisierung assoziiert: Hoch Ängstliche zeigten eine stärkere konditionierte Furchtreaktion (Arousal) und wiesen eine stärkere Generalisierung der Valenzeinschätzung und Kontingenzerwartung auf. Für den Stathmin1 Genotyp ergaben sich geschlechtsspezifische Effekte. Bei den männlichen Versuchspersonen zeigte sich in Folge der Akquisition ein stärkerer Abfall der Valenz für den CS+ in der Gruppe der Stathmin1 T Allelträger, die ebenfalls eine stärkere Generalisierung der Furchtreaktion, abgebildet in allen verbalen Maßen, aufwiesen. Ein gegenteiliger Befund ergab sich für die Gruppe der Frauen, insofern eine mit dem Stathmin1 C Allel assoziierte höhere Generalisierung der Valenz, des Arousals und der Kontingenzerwartung festgestellt werden konnte. Für den COMT Val158Met Genotyp ergaben sich keine Einflüsse auf die Akquisition der konditionierten Furcht. Für Träger des COMT 158Val Allels zeigte sich jedoch eine stärkere Generalisierung der Valenz und der Kontingenzerwartung. Auch für den BDNF Val66Met Genotyp konnte keine Veränderung der Furchtakquisition beobachtet werden. Es ergaben sich jedoch Hinweise auf eine erhöhte Generalisierung der Kontingenzerwartung in der Gruppe der BDNF 66Val Homozygoten. Für keinen der beschriebenen Faktoren konnte ein Einfluss auf die Furchtkonditionierung oder deren Generalisierung anhand der SCR abgebildet werden.
Unsere Ergebnisse weisen auf einen psychometrisch erfassbaren Faktor und genetische Einflüsse hin, die über den Prozess einer stärkeren Generalisierung der konditionierten Furcht das Risiko für die Entstehung von Angsterkrankungen erhöhen können. Jedoch sollten die Befunde in größeren Stichproben repliziert werden. Neben der frühzeitigen Identifikation von Risikofaktoren sollten in zukünftigen Studien darüber hinaus wirksame Maßnahmen zur Prävention und Intervention entwickelt werden, um diesem Risiko entgegen zu wirken.
Alle Retroviren prozessieren ihre Pol- und Strukturproteine mit Hilfe der viralen Protease. In dieser Arbeit wurden zentrale Mechanismen der Regulation der foamyviralen Protease untersucht und charakterisiert. Dazu wurde eine chromatographische Virusreinigungsmethode entwickelt und die relative Pol- und Env-Enkapsidierung bestimmt. Foamyviren enthalten weniger Pol als andere Retroviren aber deutlich mehr Env als humane Immunodefizienzviren. Die Pol-Inkorporation könnte durch die limitierte Prozessierung mit nur einer einzigen Schnittstelle in Gag und Pol kompensiert werden. Deshalb wurde untersucht, ob die foamyvirale Protease ein beschränktes Schnittstellenrepertoire aufweist. In Zellkulturen sind die Schnitt-stellenpositionen P2’ und P2 auf die Aminosäurereste Valin und Valin/Asparagin beschränkt. Demnach hat die foamyvirale Protease ein eingeschränkteres Schnittstellenrepertoire als die Protease des humanen Immunodefizienzvirus. Weiterhin wurde hier gezeigt, dass die vollständige reverse Transkription die Prozessierung von Gag voraussetzt und Proteaseaktivität-defiziente oder Gag-Schnittstellen-defiziente Viren keine vollständige cDNA bilden können. Demnach kompensieren Foamyviren die niedrige Proteasekonzentration, indem sie sicherstellen, dass die reverse Transkription erst nach der Gag-Maturation vollendet werden kann.
Weiterhin wird bei humanen Immunodefizienzviren durch die Gag-Maturation die essenzielle Mobilität der wenigen Env-Trimere auf der Hüllmembran getriggert. Die erstmals in dieser Arbeit bei Foamyviren quantifizierte Env-Menge ergab, dass Foamyviren 28 mal mehr Env- pro Gag-Molekül als humane Immunodefizienzviren besitzen. Wahrscheinlich dient dieser hohe Env-Gehalt der Kompensation der eingeschränkten Env-Mobilität, die durch die limitierte Gag-Prozessierung an nur einer carboxyterminalen Schnittstelle verursacht wird.
Da für die Aktivierung der foamyviralen Protease virale Ribonukleinsäure benötigt wird, wurde untersucht, welche Pol-Domänen für die Aktivierung der Protease benötigt werden. Im Gegensatz zur Integrase, deren Deletion in reduzierter Proteaseaktivität resultierte, war die funktionelle RNaseH-Domäne essenziell für die Gag-Prozessierung. Die Substitution der foamyviralen RNaseH durch RNaseH-Domänen von anderen Retroviren resultierte in genomunabhängiger Proteaseaktivität in Zellen und genomabhängiger Proteaseaktivität in den rekombinanten Viren. Demnach scheint die dimerstabilisierende Funktion der RNaseH durch direkte Protein-Protein-Interaktion oder durch unspezifische RNA-Bindung verursacht zu werden.
Die Unterscheidung zwischen körpereigenen und körperfremden Strukturen ist eine grundlegende Herausforderung der spezifischen Immunantwort. Pathologische Veränderungen dieser Abgrenzung können zu schwerwiegenden Autoimmunerkrankungen wie beispielsweise Diabetes Mellitus, Rheumatischer Arthritis oder Multipler Sklerose führen. Um unerwünschte (Auto-) Immunreaktionen zu verhindern, existieren verschiedene Formen von peripheren Toleranzmechanismen, die durch viele Transkriptionsfaktoren wie z. B. ICER (inducible cAMP early repressor), NFAT (nuclear factor of activated T cells) und Foxp3 (forkhead box protein p3) kontrolliert werden. Foxp3+ regulatorische T-Zellen (Tregs) sind spezialisierte immun-suppressive Lymphozyten, welche die Aktivierung anderer Immunzellen unterdrücken können. Einer der möglichen Mechanismen ist der Transfer zyklischen Adenosin-Monophosphats (cAMP) von Tregs in konventionelle T- und B-Lymphozyten. Die erhöhte intrazelluläre Konzentration an cAMP führt in Effektorzellen zur Induktion und Kerntranslokation von ICER. Der transkriptionelle Repressor ICER supprimiert die Expression vieler NFAT-regulierter Gene und hemmt darüber hinaus die Induktion der NFATc1/αA-Isoform selbst. Diese Isoform wird speziell in pro-inflammatorischen Effektorzellen hochreguliert und ist maßgeblich an deren spezifischem transkriptionellen Programm beteiligt. Foxp3 ist ein zentraler Faktor für die Bildung und Funktion sowohl Thymus-generierter nTregs als auch peripher (TGFβ-) induzierter iTregs. Die Kontrolle des Foxp3-Gens wird in iTregs – überraschenderweise aber nicht in nTregs – durch NFAT-Faktoren reguliert. Allerdings hemmt Foxp3 durch eine negative Rückkopplung wiederum die Induktion und Aktivität von NFATc1/αA. Dies stellt somit ein weiteres Regulativ dar, wobei Foxp3 nicht nur die Plastizität, sondern auch die Funktion von immun-suppressiven T-Zellen steuert. Zusätzlich regulieren die verschiedenen NFAT-Faktoren auch die Antigen präsentierenden dendritischen Zellen (DCs). Während NFATc1 und NFATc2 die Differenzierung und Proliferation von DCs beeinflussen, reguliert NFATc3 deren Zytokinexpression und steuert indirekt auch die nachfolgende T-Zell-Immunantwort. Die Kontrolle der Genregulation in Immunzellen durch die Transkriptionsfaktoren ICER, NFAT und Foxp3 erfüllt somit spezifische Funktionen der Immunität, reguliert aber gleichzeitig wichtige Aspekte der peripheren Toleranz, um schädliche (Auto-) Immunreaktionen zu verhindern.
Toleranz gegenüber Selbstantigenen in den peripheren Geweben kann durch CD4+ CD25+ Foxp3+ regulatorische T-Zellen (Tregs) vermittelt werden. Diese Zellen entstehen entweder in Folge der thymischen T-Zellselektion (natürlich vorkommende Tregs, nTreg) oder durch Konversion aus naiven T-Zellen in den peripheren lymphatischen Organen (induzierte Tregs, iTregs). Im Vorfeld der Arbeit war bereits bekannt, dass Dendritische Zellen (DZ) eine wichtige Rolle bei der Generierung von iTreg spielen. Allerdings bestand weitestgehend Unklarheit darüber, welche DZ in welchem Reifungszustand dazu in der Lage sind, iTregs gegen peripher-exprimierte Selbstantigene zu induzieren. Steady-state migratorische DZ (ssmDZ) gelten in dieser Hinsicht als potentielle Kandidaten, da bekannt ist, dass diese DZ bereits unter homöostatischen Bedingungen Selbstantigene aus peripheren Geweben in die drainierenden Lymphknoten transportieren und dort T-Zellen präsentieren können. Ein Ziel der vorliegenden Arbeit war daher, den Phänotyp und die tolerogene Kapazität der ssmDZ in den hautdrainierenden Lymphknoten näher zu untersuchen. Es konnte gezeigt werden, dass ssmDZ einen semireifen MHC IIint CD40hi CD80/CD86int CCR7+ Phänotyp aufweisen und in vitro mit Hilfe von endogenem TGF-β iTregs induzieren können. Darüber hinaus belegt diese Arbeit zusammen mit weiteren Daten aus unserer Arbeitsgruppe, dass ssmDZ in transgenen K5mOVA-Mäusen zellassoziertes epidermales OVA aus der Haut in die drainierenden Lymphknoten transportieren und dort an CD4+ OVA-spezifische TZR-transgene OT-II T-Zellen präsentieren können. Innerhalb der ssmDZ konnten die Langerin+ dermalen DZ als die DZ-Subpopulation eingegrenzt werden, die für die Konversion von naiven OT-II T-Zellen in CD4+ CD25+ Foxp3+ iTregs verantwortlich war. Ferner zeigte sich, dass CD103 nicht als Marker für ssmDZ in den hautdrainierenden Lymphknoten herangezogen werden kann. Ein weiteres Ziel dieser Arbeit war, herauszufinden, welchen Einfluss der Transkriptionsfaktor RelB auf die partielle Reifung und Migration der ssmDZ hat. RelB ist ein Mitglied der NF-κB-Familie und wird mit der Reifung von DZ in Verbindung gebracht. Erste Experimente zeigten eine nukleäre Translokation von RelB in ssmDZ sowie eine verringerte Frequenz dieser DZ in den hautdrainierenden Lymphknoten von relB+/- Mäusen und Mäusen mit einer Defizienz für den RelB-Bindungspartner p52. Allerdings konnte bei Mäusen mit einer DZ-spezifischen RelB-Inaktivierung (RelBDCko Mäuse) eine erhöhte Frequenz an ssmDZ in den hautdrainierenden Lymphknoten festgestellt, die nicht auf einer Zunahme an DZ in der Haut der Tiere zurückzuführen war. Diese Ergebnisse legen einerseits die Vermutung nahe, dass es sich bei den beobachteten Effekte in den relB+/- Mäusen um DZ-extrinsische Auswirkungen auf die ssmDZ handelt. Andererseits scheint RelB unter homöostatischen Bedingungen die Erhaltung und Migration der ssmDZ eher negativ zu beeinflussen. Weitere durchflusszytometrische Analysen wiesen zudem darauf hin, dass RelB in ssmDZ die Expression von Reifungsmarkern nur partiell reguliert. So konnte auf den ssmDZ in den hautdrainierenden Lymphknoten von RelBDCko Mäusen eine erhöhte Expression von CD40 beobachtet werden, während andere Reifungsmarker wie MHC II, CD80 und CD86 nicht signifikant in ihrer Expression betroffen waren. Im Rahmen dieser Arbeit wurde zudem untersucht, wie sich eine RelB-Defizienz in DZ auf die Homöostase und Induktion von Tregs auswirkt. Die hierzu analysierten RelBDCko Mäuse wiesen eine erhöhte Frequenz und absolute Zellzahl an Tregs in allen untersuchten lymphatischen Organen (hautdrainierende Lymphknoten, Milz und Thymus) auf. Darüber hinaus war in diesen Organen auch eine verstärkte Proliferation der Tregs gegenüber den Kontrolltieren festzustellen. Weitere Untersuchungen zeigten, dass die Proliferation der Tregs in RelBDCko Mäusen in den hautdrainierenden Lymphknoten sogar stärker ausfiel als in der Milz. RelB scheint somit die tolerogene Kapazität der DZ zur Regulation der Treg-Expansion im Thymus und in der Peripherie zu beeinflussen. Unter Verwendung von neutralisierenden αIL-2-Antikörpern konnte zudem belegt werden, dass die periphere Proliferation der Tregs in den RelBDCko Mäusen von IL-2 abhängig ist. Damit einhergehend zeigten erste Vorversuche eine erhöhte IL-2-Produktion in den peripheren lymphatischen Organen von RelBDCko Mäusen. Zusammenfassend legen die Daten dieser Arbeit den Schluss nahe, dass ssmDZ in den hautdrainierenden Lymphknoten in der Lage sind, Toleranz durch Induktion von iTregs gegen epidermale Selbstantigene zu induzieren. Untersuchungen an neuartigen Mäusen mit einer konditionalen RelB-Inaktivierung spezifisch in DZ deuten darauf hin, dass die Migration und Reifung von ssmDZ partiell durch RelB reguliert wird. Da Tregs eine Schlüsselrolle bei der Erhaltung der peripheren Toleranz einnehmen, ist die Beobachtung, dass eine RelB-Defizienz in allen DZ zu einer verstärkten Treg-Proliferation und somit zu einer veränderten Treg-Homöostase führt, ein intererssanter Ausgangspunkt für weitere Untersuchungen.
Das kolorektale Karzinom ist eines der häufigsten beim Menschen vorkommenden
Karzinome [2]. Diesem liegen unterschiedliche Mutationen zugrunde, die in knapp 100%
der kolorektalen Karzinome zu einer Überexpression von MYC führen, welches als
Transkriptionsfaktor maßgeblich den Zellzyklus, Proliferation und Vaskularisierung
beeinflusst [10,16]. Damit stellt MYC ein potenzielles Therapieziel in der Behandlung des
Kolorektalen Karzinoms dar. Zusätzlich konnte in den letzten Jahren ein Onkoprotein
namens CIP2A identifiziert werden, welches nach Depletion mit einem Verlust von MYC
Protein einhergeht [69]. Zusätzlich ist CIP2A ein unabhängiger prognostischer Faktor im
Kolorektalen Karzinom [70].
Diese Arbeit konnte zeigen, dass CIP2A-depletierte Zellen einen deutlichen
Wachstumsnachteil gegenüber unbehandelten Zellen zeigen. Dieser Unterschied kann nicht
durch eine gesteigerte Apoptose, sondern vielmehr durch einen verlängerten Zellzyklus
erklärt werden. Weiterhin konnte eine neue Zelllinie mit DOX-induzierbarer shCIP2A
hergestellt werden, die für weitere Experimente genutzt werden kann. Entgegen der
Wirkweise im Zervixkarzinom [69], konnte im kolorektalen Karzinom kein Einfluss auf die
Stabilität von MYC Protein durch CIP2A nachgewiesen werden. Auch konnte der Verlust
von MYC nach CIP2A Knockdown nicht durch gleichzeitige Inhibierung des Abbaus, durch
Okadasäure, MG132 oder in den FBWX7-defizienten Zellen, verhindert werden. Stattdessen
resultiert die Herunterregulation von CIP2A in einem leichten Rückgang der MYC-mRNA
Menge und einem deutlichen Verlust an MYC-Protein. In Zellen mit verschiedenen
Konstrukten der MYC Transkripte kann dieser Verlust an MYC Protein auf eine
translationelle Regulation in der 5’UTR zurückgeführt werden, was eine bisher nicht
beschriebene Wirkweise von CIP2A darstellt. Da CIP2A in normalen Zellen praktisch nicht
exprimiert ist [78], könnte dies ein mögliches Ziel in der Tumortherapie darstellen. Dieses
gilt es in weiteren Experimenten noch genauer zu untersuchen.
Interleukin-6 (IL-6)-Typ Zytokine, allen voran IL-6 und Oncostatin M (OSM), besitzen pleiotrope Eigenschaften und spielen eine wichtige Rolle bei einer Vielzahl biologischer Prozesse. Als Akutphaseinduktoren sind IL-6 und OSM an der Initialisierung entzündlicher und immunologischer Prozesse beteiligt, können aber ebenso die Differenzierung und das Zellwachstum beeinflussen. Ihre biologische Wirkung vermitteln sie über die Bindung an einen multimeren Rezeptorkomplex. Dieser weist im Fall von IL-6 eine hexamere Struktur auf und besteht aus je zwei Molekülen des Glykoproteins 130 (gp130), des IL-6 α Rezeptors (IL-6R) und IL-6. Der Rezeptor von OSM hingegen ist ein Heterodimer und besteht aus gp130 und dem OSM Rezeptor (OSMR) oder aber aus gp130 und dem leukemia inhibitory factor (LIF) Rezeptor (LIFR). Die Zytokine der IL-6-Familie vermitteln die Induktion des Jak/STAT (Januskinase/signal transducer and activator of transcription), PI3K/Akt (Phosphoinositid-3-Kinasen/AKR thymoma oncogene homolog) und MAPK (mitogenaktivierte Proteinkinase) Signalwegs. Da eine unkontrollierte Aktivierung dieser Signalkaskaden jedoch zu chronisch entzündlichen Erkrankungen oder abnormen Zellwachstum führen kann, ist eine Regulation durch verschiedene Rückkopplungsmechanismen essentiell. Neben der Rekrutierung inhibitorisch wirkender Proteine, wie den Mitgliedern der SOCS (suppressors of cytokine signaling) Familie und Tyrosinphosphatasen, gilt die Rezeptorinternalisierung als regulierender Mechanismus.
Der erste Teil der vorliegenden Dissertation geht der Fragestellung nach, wie die Expression des IL-6-Rezeptors während der Differenzierung und Maturierung dendritischer Zellen (DZ) reguliert ist und welche Relevanz die gp130-Internalisierung bei diesen Entwicklungsprozessen spielt.
DZ gehören zu den professionellen antigenpräsentieren Zellen (APZ) und gelten als Bindeglied zwischen der angeborenen und adaptiven Immunantwort. Sie spielen insbesondere bei der Polarisation der T-Helferzellen (Th1, Th2, Th17, Treg) eine wichtige Rolle. DZ repräsentieren eine heterogene Zellpopulation, die auf Basis ihrer Entstehung, ihres Vorkommens und/oder ihrer Funktionen in verschiedene Subtypen unterteilt werden und sich u.a. durch die Expression bestimmter Oberflächenmarker unterscheiden lassen. Es ist bekannt, dass DZ sowohl gp130 als auch den IL-6R auf ihrer Oberfläche exprimieren, weshalb ihre Differenzierung und Maturierung durch IL-6 beeinflusst werden kann. Obwohl Studien der letzten Jahre bereits eindrucksvoll die Relevanz des IL-6-Signals für die DZ Entwicklung belegt haben, bleibt dessen Funktion für diese Prozesse bisher kontrovers diskutiert. Inwiefern eine veränderte Rezeptorexpression auf diesen Zellen Einfluss auf die biologische Wirkung von IL-6 nimmt, wurde bisher nicht untersucht und war daher Ziel der hier durchgeführten Experimente. Mit Hilfe GM-CSF-gereifter DZ aus murinem Knochenmark (KM-DZ) sowie steady state DZ aus peripheren lymphatischen Organen konnte gezeigt werden, dass die Expression von gp130 und IL-6R bereits während der DZ Differenzierung unterschiedlich reguliert ist. Konventionelle DZ (kDZ) aus Milz und Lymphknoten wiesen ein höheres Expressionsniveau für den IL-6-Rezeptor auf als plasmazytoide DZ (pDZ). Es wurde nachgewiesen, dass die gp130 Expression im Verlauf der DZ Differenzierung stetig zunimmt, während nahezu keine Veränderung für die Expression des IL-6R festzustellen war. In weiteren Experimenten konnte darüber hinaus belegt werden, dass die Reifung der DZ, induziert durch Lipopolysaccharid (LPS), Tumornekrosefaktor-α (TNFα) oder Choleratoxin (Ctx), zu einer Cross-Regulation von gp130 führt. Diese konnte im Fall von TNFα und Ctx auf eine vorübergehende Internalisierung des Rezeptors in Folge der Aktivierung der Serin-/Threonin-Kinase MK2 (MAPK-aktivierte Proteinkinase 2) zurückgeführt werden. Untersuchungen von KM-DZ aus der gp130 knockin Mauslinie gp130LLAA, die sich durch eine Punktmutation des beschriebenen Endozytose-Motivs des Rezeptors auszeichnet, führten zu dem Schluss, dass LPS gp130 über einen bisher noch nicht beschriebenen Mechanismus reguliert. Dieser vermittelt eine frühe Clathrin-abhängige Internalisierung von gp130 und führt schließlich zu einer langfristigen Inhibierung der gp130 Expression. Die Regulation der IL-6 Rezeptorexpression ist insofern von Bedeutung als dass vermutet werden kann, dass das IL-6/STAT3-Signal für die Aufrechterhaltung eines unreifen DZ Phänotyps wichtig ist. Ferner kann vermutet werden, dass die Limitierung der Responsivität gegenüber LIF (und vermutlich auch OSM) für die Differenzierung von DZ wichtig ist, da die Expression des LIFR über die Dauer der KM-DZ Differenzierung stark herunterreguliert wurde. Eine Expression des OSMR auf DZ wurde hingegen nicht nachgewiesen und steht demzufolge im Gegensatz zu bisher veröffentlichten Untersuchungen.
Im Rahmen dieses ersten Projekts wurde ebenfalls untersucht, wie sich die veränderte gp130 Endozytose auf die Homöostase myeloider und lymphoider Zellen auswirkt. Bei den hierfür analysierten gp130LLAA Mäusen wurde eine geringfügige Verminderung der Frequenz und absoluten Zellzahl von kDZ in der Milz sowie eine Zunahme der Frequenz und absoluten Zellzahl von pDZ und Makrophagen in den inguinalen Lymphknoten nachgewiesen. Darüber hinaus wurde ein Anstieg in der Frequenz und absoluten Zellzahl von T-Zellen, jedoch eine Abnahme der B-Zellen in der Milz beobachtet.
Im zweiten Teil der Dissertation sollte die OSM-vermittelte Induktion antiviraler Gene in primären humanen dermalen Fibroblasten (HDF) untersucht werden.
Typ I Interferone (IFN) gelten als zentrale Zytokine der antiviralen Immunantwort. Studien der letzten Jahre haben gezeigt, dass eine Reihe proinflammatorischer Zytokine ebenso die antivirale Immunantwort beeinflussen können, indem sie u.a. die Expression der pattern recognition receptors (PRR) regulieren. PRR sind Teil des angeborenen Immunsystems und für die Erkennung von Pathogenen durch die Bindung an konservierte Pathogen-assoziierte molekulare Strukturen (PAMPs, Pathogen-associated molecular patterns) wichtig. Im zweiten Teilprojekt der vorliegenden Arbeit konnte gezeigt werden, dass OSM dazu in der Lage ist, die Induktion der im Zytoplasma lokalisierten PRR Retinoic acid inducible gene-I (RIG-I) und Melanoma differentiation-associated protein 5 (MDA5) zu vermitteln. Mit Hilfe von RNA Interferenzstudien konnte nachgewiesen werden, dass die Expression dieser beiden RNA-Helikasen von der OSM-vermittelten STAT1 Aktivierung abhängig ist und über einen STAT3/SOCS3-abhängigen Mechanismus reguliert wird. Während die Blockade der STAT1 Expression zu einer Inhibierung der OSM-induzierten Expression der Helikasen führte, wurde durch den Verlust von STAT3 oder SOCS3 die Expression von RIG-I und MDA5, aufgrund einer stärkeren und länger anhaltenden STAT1-Phosphorylierung, signifikant erhöht. Zusätzlich konnte ein additiver Effekt zwischen der OSM- und IFNγ-vermittelten Helikasenexpression belegt werden. Dieses Resultat steht im Einklang mit vorhergehenden Veröffentlichungen, die einen Crosstalk zwischen OSM und Typ I IFN bei der antiviralen Abwehr gegen das Hepatitis C Virus beschreiben.
Schlagwörter: Salmonella , Salmonella enterica , Salmonella typhimurium , Salmonellose , Escherichia coli , Shigella , Infektion , Bakterielle Infektion , Zellkultur , HeLa-Zelle , Apoptosis , Metabolismus , Stoffwechsel , Glucose , Glucosetransport , Glucosestoffwechsel , Katabolismus , Kohlenstoff , Kohlenstoffbedarf , Kohlenstoffhaushalt , Kohlenstoffstoffwechsel , Kohlenstoff-13 , Kohlenstoffisotop Salmonella Typhimurium und enteroinvasive E. coli (EIEC) sind fakultativ intrazelluläre Bakterien aus der Familie der Enterobacteriaceae. Während erstere sich nach der Internalisierung durch eukaryotische Zellen normalerweise in einem spezialisierten Phagosom, der Salmonella-enthaltenden Vakuole (SCV), vermehren, replizieren EIEC im Zytoplasma der Wirtszellen. In der vorliegenden Arbeit wurde zunächst durch Mikroinjektion die Fähigkeit von S. Typhimurium 14028s untersucht, ebenfalls im Zytoplasma von Caco-2-Zellen replizieren zu können. Dabei wurde festgestellt, daß ein früher als S. Typhimurium 14028s WT bezeichneter Stamm eine Insertion eines Desoxythymidins an Position 76 des offenen Leserasters von rfbP trägt, einem Gen, dessen Protein an der LPS-Synthese beteiligt ist. Weiterhin synthetisierte dieser Stamm ein rauhes LPS. Aufgrund von Agglutination konnte der Rauh-Stamm nur mit geringem Erfolg mikroinjiziert werden. Hingegen lag 5 h nach der Mikroinjektion einer nicht invasiven Mutante von Salmonella mit vollständigem LPS der Anteil an Caco-2-Zellen, die mehr als 32 Bakterien enthielten, bei etwa 30 %. Der Anteil war 2-3 mal höher als bei früheren Mikroinjektionen in HeLa-Zellen. Daher wurde das Verhalten von HeLa-Zellen nach einer Infektion durch S. Typhimurium ΔsifA - einer Mutante, die aus der SCV ins Zytoplasma entkommt - untersucht. Dabei wurde festgestellt, daß die sifA-Mutante 10 h nach der Infektion die Aktivität der Caspasen 9 und 3 in HeLa-Zellen, aber nicht in Caco-2-Zellen induziert. In weiteren Versuchen wurde die Bedeutung von Glukose, Glukose-6-phosphat und Mannose als Kohlenstoffquellen für die extra- und intrazelluläre Replikation zweier Isolate enteroinvasiver E. coli und eines S. Typhimurium Stammes analysiert. Zu diesem Zweck wurden zunächst definierte Mutanten in den beiden wichtigsten Phosphoenolpyruvat-abhängigen Phosphotransferasesystemen (PTS) für die Aufnahme von Glukose und Mannose, ptsG und manXYZ, sowie im Antiporter für die Aufnahme von Glukose-6-phosphat, uhpT, konstruiert. Bei Wachstum im Minimalmedium mit Glukose als einziger C-Quelle waren die Generationszeiten aller ΔptsG- und ΔptsG, manXYZ-Mutanten im Vergleich zu den Wildstämmen deutlich verlängert. Ebenso wuchsen ΔmanXYZ-Mutanten bzw. ΔuhpT-Mutanten deutlich langsamer auf Mannose bzw. Glukose-6-phosphat. Jedoch ergaben sich hierbei Stamm-spezifische Unterschiede. So erreichte EIEC 4608-58 ΔuhpT in der stationären Phase eine ähnliche Zelldichte wie der Wildstamm in Gegenwart von Glukose-6-phosphat und eine ΔptsG, manXYZ-Mutante von S. Typhimurium 14028s konnte immer noch effizient mit Glukose wachsen. Infektionsversuche mit Caco-2-Zellen zeigten weiterhin, daß die Deletion von ptsG zu einer signifikanten Erhöhung der Adhärenz und Invasivität von EIEC 4608-58 führt, während sich die intrazellulären Generationszeiten aller hier untersuchten Mutanten kaum veränderten. Selbst die ΔptsG, manXYZ, uhpT-Dreifachmutanten der drei hier verwendeten Enterobakterien und die ΔptsG, manXYZ, glk-Mutante von S. Typhimurium 14028s konnten immer noch in Caco-2-Zellen replizieren, wenn auch mit Stamm-spezifisch verringerten Geschwindigkeiten. 13C-Markierungsexperimente mit [U-13C6]-Glukose als Substrat ergaben jedoch, daß in der Tat alle hier untersuchten enterobakteriellen Wildstämme Glukose während der Replikation in Caco-2-Zellen unter Zellkulturbedingungen verwerten. Glukose-6-phosphat, Glukonat oder Fettsäuren konnten dagegen als wichtigste Kohlenstoffquellen für das intrazelluläre Wachstum ausgeschlossen werden. EIEC 4608-58 metabolisierte Glukose jedoch weniger effizient als EIEC HN280 und schien zudem noch zusätzlich C3-Substrate aus der Wirtszelle aufzunehmen. Das Markierungsmuster zeigte einen Stamm-spezifischen Kohlenstofffluß durch Glykolyse und/oder Entner-Doudoroff-Weg, Pentosephosphatzyklus, Citratzyklus und den anaplerotischen Reaktionen zwischen PEP und Oxalacetat. Mutanten mit Deletionen in ptsG und manXYZ konnten auf alternative C3-Substrate wechseln und glichen dies durch eine erhöhte Aufnahme von Aminosäuren aus den Wirtszellen aus.
Viele Membranrezeptoren liegen als über Disulfidbrücken-verbundene Dimere vor. Ein Nachweis der Dimerisierung ist in diesen Fällen methodisch klar und einfach zu erbringen. Für die meisten G-Protein-gekoppelten Rezeptoren dagegen ist weder die Existenz von Di- oder Oligomeren noch deren Funktion eindeutig belegt. Meist wurden Methoden wie Coimmunopräzipitation und Resonanz-Energie-Transfer-Verfahren wie BRET oder FRET verwendet, um Protein-Protein-Interaktionen zu untersuchen. Trotz ihrer hohen Sensitivität besitzen diese Methoden einige Grenzen und können je nach experimentellem Ansatz und Verwendung verschiedener Kontrollen, unterschiedliche Ergebnisse hinsichtlich des Vorliegens einer Protein-Protein-Interaktion liefern. Weder die Stabilität der Interaktion, noch die Fraktion der interagierenden Proteine kann mittels Resonanz-Energie-Transfer-Assays zuverlässig ermittelt werden. Auch die Größe der Komplexe ist nicht oder nur technisch aufwendig bestimmbar. Deshalb wurde in dieser Arbeit eine neue, unabhängige Methode entwickelt, um Rezeptor-Rezeptor-Interaktionen in lebenden Zellen genauer untersuchen zu können. Diese auf „Fluorescence Recovery after Photobleaching“ basierende Mikroskopie-Methode erlaubt die Mobilität von Proteinen zu bestimmen. Um Homointeraktionen zwischen Proteinen messen zu können, müssen zwei Protein-Fraktionen mit unterschiedlicher Mobilität vorliegen. Deshalb wurde eine Rezeptor-Fraktion extrazellulär mit YFP markiert und mit Hilfe polyklonaler Antikörper gegen YFP spezifisch immobilisiert. Die andere Rezeptorfraktion wurde intrazellulär mit CFP oder Cerulean markiert und wurde deshalb nicht von extrazellulären Antikörpern erkannt. So konnten mittels Zwei-Farben-FRAP potenzielle Interaktionen zwischen den immobilisierten extrazellulär-markierten Rezeptoren und den intrazellulär-markierten Rezeptoren durch eine Mobilitätsänderung letzterer detektiert werden. Diese Methode wurde mittels eines monomeren (CD86) und kovalent dimeren (CD28) Rezeptors validiert. Es zeigte sich, dass eine spezifische Immobilisierung extrazellulär-markierter Proteine nur durch polyklonale, nicht aber durch monoklonale Antikörper gegen YFP erreicht werden konnte. Intrazellulär-markierte Proteine wurden hierbei in ihrer Mobilität nicht durch die extrazellulären Antikörper beeinflusst. Bei Immobilisierung des extrazellulär-markierten CD86 war das coexprimierte, intrazellulär-markierte CD86-CFP weiterhin voll mobil. Außerdem zeigte das Monomer CD86 eine vom relativen CFP-YFP-Expressionsverhältnis unabhängige Mobilität. Dieses Ergebnis ließ den Schluss zu, dass extra- und intrazellulär-markiertes CD86 nicht miteinander interagieren und als Monomer vorliegen. Die Mobilität des kovalenten Dimers CD28 war dagegen abhängig vom CFP–YFP-Expressionsverhältnis und stimmte gut mit theoretisch erwarteten Werten für ein Dimer überein. Die Anwendung der Zwei-Farben-Methode zur Untersuchung von Interaktionen zwischen ß1- und ß2-adrenergen Rezeptoren zeigte Unterschiede zwischen beiden Rezeptor-Subtypen. ß1-AR zeigte eine spezifische transiente Interaktion, ß2-AR dagegen lagen als stabile Oligomere höherer Ordnung vor. Die transiente Interaktion zwischen ß1-AR und die stabile Oligomerisierung von ß2-AR wurde nicht nur in HEK 293T-Zellen sondern auch in neonatalen Rattenkardiomyozyten und bei 37 °C beobachtet. Ferner hatte der Aktivierungszustand des jeweiligen Rezeptors keinen Einfluß auf das Ausmaß der Interaktion. Zwischen ß1- und ß2-AR wurde nur eine sehr schwache und instabile Heterointeraktion mittels der Zwei-Farben-FRAP-Methode beobachtet. Um zu überprüfen, ob eine direkte Interaktion zwischen den adrenergen Rezeptoren vorliegt, wurde die BRET-Methode verwendet. Mittels BRET wurde eine direkte Interaktion zwischen ß2-AR festgestellt, jedoch konnte nicht zwischen Dimeren und Oligomeren höherer Ordnung unterschieden werden. Bei ß1-AR fand bei höheren YFP-Rluc-Expressionsverhältnissen ein spezifischer Energietransfer statt. Bei niedrigeren Expressionsverhältnissen lag das Signal jedoch im unspezifischen Bereich. Auch bei Untersuchung der Heterointeraktion zwischen ß1- und ß2-AR konnte keine klare Aussage über eine spezifische Interaktion zwischen beiden Rezeptor-Subtypen getroffen werden.
In der vorliegenden Arbeit wurden die Einflüsse verschiedener genotoxischer Substanzen auf Säugertierzellen untersucht. Da ein Organismus der Ontogenese unterliegt und sich Zellen aus Stamm- und Vorläuferzellen entwickelt, gilt es diese ursprünglichen Zellen vor äußeren Einflüssen zu schützen. Da bisher kaum Untersuchungen von Zellen in verschiedenen Differenzierungsstadien durchgeführt wurden, wurden unter Verwendung vieler unterschiedlicher biologischer Endpunkte Effekte auf die Vitalität, Proliferation, Mitose und Apoptose dieser Zellen untersucht. Zudem erfolgte eine Interpretation der Ausbildung von Mikrokernen, Entstehung von DNS-Schäden und der zugrundeliegenden Reparaturmechanismen.
So konnte mit Hilfe der Untersuchungen der hämatopoetischen Stammzellen und der TK6-Zellen postuliert werden, dass hämatopoetische Stammzellen weitestgehend weniger empfindlich gegenüber Zytostatika (Doxorubicin, Vinblastin, Methylmethansulfonat und Mitomycin C) sind als die lymphoblastoide Zelllinie TK6, welche in der Entwicklungshierarchie den Stammzellen folgt. Die Befürchtung, dass der Mikrokerntest in immortalisierten TK6-Zellen als Grundlage für Genotoxizitätsuntersuchungen nicht genügen würden, konnte mit Hilfe der Versuchsergebnisse dieser Arbeit widerlegt werden. Die Ergebnisse belegen, dass der Mikrokerntest in TK6-Zellen relevant ist, da TK6-Zellen empfindlicher auf genotoxische Agentien im Vergleich zu hämatopoetischen Stammzellen reagieren.
Bei der Untersuchung der Leukämiezelllinie HL-60 wurden die Effekte klassischer (Vinblastin, Vincristin, Vinflunin und Vinorelbin) mit neu synthetisierten Vinca-Alkaloiden (4-Chlorochablastin, 4-Chlorochacristin, 16a, 17b und 18a) verglichen. Vinca-Alkaloide werden sehr häufig mit Nebenwirkungen, wie Neuropathien assoziiert, welche während einer Chemotherapie oftmals zu Therapieabbrüchen durch die Patienten führen. Aus diesem Grund war es erstrebenswert, neuartige Vinca-Alkaloide zu entwickeln, welche weniger Nebenwirkungen aber zugleich eine ähnliche Wirksamkeit aufweisen. Obwohl die Potenz der neuen Substanzen niedriger war als bei Vinblastin, Vincristin und Vinorelbin, zeigte ein Teil eine ähnliche Wirkung wie das Vinca-Alkaloid Vinflunin auf die Krebszelllinie HL-60 auf. Die Ergebnisse diese Arbeit können als erste Indikation in vitro genommen werden, dass sich diese Substanzen in der Krebstherapie als wirksam erweisen könnten und nach weiteren Ergebnissen in vivo als therapeutische Alternativen in Betracht gezogen werden.
Auch bei der vergleichenden Untersuchung von exponentiell wachsenden mit differenzierten Zelllinien konnten Unterschiede detektiert werden. Die Zelllinie HT-22, welche selbst keine Krebszelllinie ist, zeigte nach Differenzierung zu nicht exponentiell wachsenden Zellen eine erhöhte Empfindlichkeit gegenüber dem Alkylanz Methylmethansulfonat, was auf einer verminderten Basenexzisionsreparatur beruhen könnte. Auch die differenzierte Form der Adenokarzinom-Zelllinie CaCo2 zeigte eine gesteigerte Sensitivität gegenüber dem Topoisomerase II-Inhibitor Etoposid auf, wohingegen der unselektive Topoisomerase II-Hemmer Doxorubicin keinen Effekt aufwies. Um den Sachverhalt zu klären ob die festgestellten Unterschiede auf das Enzym Topoisomerase II zurückzuführen oder zellartspezifisch waren, wurden weitere Analysen der Zelllinien HL-60 und deren differenzierten Zellart durchgeführt. Auch hier konnten signifikante Unterschiede bei der Einzelzellgelelektrophorese nach Behandlung mit Doxorubicin und Etoposid festgestellt werden. Neben den in dieser Arbeit nachgewiesenen Unterschieden bei der Reparatur zwischen den Zelltypen, könnten aber auch weitere Faktoren zu Varianzen führen und die Mutagenitätsforschung beeinflussen. Folglich ist davon auszugehen, dass zukünftige Testungen bei der pharmakologischen Substanzentwicklung in verschiedenen Zellsystemen von Nöten sind, bevor neue Substanzen zugelassen werden.
Alles in allem konnte die Komplexität der Ergebnisse zwischen Zellen der verschiedenen Differenzierungsstadien in dieser Arbeit aufgezeigt werden. Deswegen sollte auch bei weiteren Forschungsvorhaben insbesondere ein Augenmerk auf den Differenzierungszustand der zu untersuchenden Zellpopulation geworfen werden.
Das bekapselte, Gram-negative, diplokokkenförmige Bakterium Neisseria meningitidis (Nme) ist ein asymptomatischer Kommensale des oberen Nasenrachenraums im Men-schen. Gerade bei Kindern ist es dem humanspezifischen Pathogen in seltenen Fällen möglich, in den Blutstrom einzuwandern und lebensbedrohliche Krankheitsbilder wie Meningoenzephalitis und Sepsis auszulösen, welche als „Invasive Meningokokkener-krankung“ (IMD) zusammengefasst werden. Jährlich ereignen sich weltweit bis zu 1,2 Mio Fälle von IMD, welche aufgrund des fulminanten Verlaufs und der hohen Letalität gefürchtet sind. In der Bekämpfung der Nme-Sepsis ist das humane Komplementsystem von entscheidender Bedeutung. Vor diesem Hintergrund ist die protektive Rolle des lytischen (Membranangriffskomplex MAK) und opsonisierenden Arms (Opsonine iC3b und C1q) der Komplementkaskade gut dokumentiert. Dagegen ist der Beitrag des in-flammatorischen Arms (Anaphylatoxine C3a und C5a) in der Nme-Sepsis bisher unklar. Aus diesem Grunde wurde mit dieser Arbeit die Rolle des inflammatorischen Arms an-hand des Komplement C5a-Rezeptors 1 (C5aR1) in der Pathophysiologie der Nme-Sepsis am Mausmodell untersucht. Nach Etablierung des murinen, intraperitonealen In-fektionsmodells konnte ein schädlicher Effekt des C5aR1 in der Nme-Sepsis beobachtet werden. Aus der Abwesenheit des C5aR1 resultierte eine höhere Überlebensrate, ein besserer klinischer Zustand, eine niedrigere Bakteriämie und niedrigere Konzentrationen der pro-inflammatorischen Mediatoren IL-6, CXCL-1 und TNF-α. Im Hinblick auf den zellulären Pathomechanismus sprechen Ergebnisse dieser Arbeit dafür, dass der C5aR1 primär eine gesteigerte Freisetzung inflammatorischer Mediatoren durch verschiedene Zellpopulationen triggert (Zytokinsturm), wodurch sekundär Zellparalyse, steigende Bakteriämie und höhere Letalität bedingt sind. Durch Depletionsversuche und Immun-fluoreszenzfärbungen konnte, unabhängig vom C5aR1, eine allgemein protektive Rolle von neutrophilen Granulozyten und Monozyten/Makrophagen in der Nme-Sepsis beo-bachtet werden. Darüber hinaus präsentierte sich der zyklische C5aR1-Antagonist PMX205 als erfolgsversprechende Therapieoption, um Parameter einer murinen Nme-Sepsis zu verbessern. Weitere Untersuchungen sind nötig, um die Wirksamkeit dieser Substanz in der humanen Nme-Sepsis zu erforschen. Zudem könnte das murine, intrape-ritoneale Infektionsmodell zur Klärung der Rolle des C5aR2 in der Nme-Sepsis genutzt werden.
Schicksal von Mikrokernen bzw. mikrokernhaltigen Zellen und Bedeutung von Mikrokernen als Biomarker
(2021)
Mikrokerne sind als wichtiger Biomarker in der Gentoxizitätsforschung seit langer Zeit etabliert und ihre Bildung ist mechanistisch gut verstanden, wohingegen das Mikrokernschicksal und die genaue Funktion von Mikrokernen in der Kanzerogenese unzureichend erforscht sind. Um das Schicksal von Mikrokernen und mikrokernhaltigen Zellen über einen längeren Zeitraum zu untersuchen, wurden HeLa-Zellen, die mit einem GFP-markierten Histon H2B transfiziert worden sind, mittels Lebendzellmikroskopie nach Behandlung mit verschiedenen gentoxischen Agenzien für 96 h untersucht. Parameter wie die Mitose- oder Zelltodrate wurden dabei ebenso wie das Schicksal der Mikrokerne dokumentiert. Während Persistenz und Reinkorporation von Mikrokernen häufig beobachtet wurden, waren Degradation und Auswurf von Mikrokernen selten bis gar nicht zu sehen. Auch konnte ein Teil der mikrokernhaltigen Zellen über mehrere Zellteilungen persistieren und proliferieren, wodurch die in Mikrokernen manifestierte chromosomale Instabilität unverändert bleiben kann. Ein eindeutiger Substanzeinfluss auf das Mikrokernschicksal konnte nicht ausgemacht werden. Extrusion sollte weiterhin durch Behandlung mit Hydroxyurea oder Cytochalasin B in Kombination mit gentoxischer Behandlung induziert werden, es wurde jedoch kein Effekt auf die Extrusionsrate beobachtet. Degradation wurde mittels γH2AX-Antikörperfärbung und transduziertem dsRed-markierten Autophagiemarker LC3B in HeLa-H2B-GFP-Zellen untersucht. Trotz erhöhter DNA-Degradation in Mikrokernen wurde nur selten eine Ko-Lokalisierung mit LC3B beobachtet. Dafür gab es in HeLa-H2B-GFP-Zellen, die zusätzlich mit dsRed markierten Kernmembranmarker Lamin B1 transduziert worden sind, Anzeichen für eine eingeschränkte Mikrokernmembranintegrität. Weiterhin wurden Zytokinese-Block Mikrokerntests nach Behandlung mit Thebain mit und ohne metabolische Aktivierung sowie Celecoxib und Celecoxibderivaten durchgeführt. Hierbei wurde nach Thebainbehandlung nur ohne metabolische Aktivierung und bei Anwesenheit von Zytotoxizität mehr Mikrokerne gefunden, während nach Behandlung mit Celecoxib und Celecoxibderivaten kein Anstieg beobachtet wurde. Zusätzlich wurde der Einfluss durch neurodegenerative Veränderungen auf Mundschleimhautzellen in zwei großen Kohorten untersucht, wobei keine Effekte auf die Häufigkeit von Mikrokernen oder mikrokernhaltigen Zellen zugeordnet werden konnten, während es teilweise bei Parametern, die auf Zytotoxizität hindeuten, zu Veränderungen kam. Es konnte insgesamt gezeigt werden, dass Mikrokerne und mikrokernhaltige Zellen zusätzlich zu ihrer Funktion als Biomarker über wenigstens mehrere Zellteilungen bestehen bleiben können. Auf diese Weise können sie z. B. über Chromothripsis zu einer beschleunigten Kanzerogenese führen, was zu einer schlechten Prognose für Krebspatienten führen kann.
Seit Mitte der 1990er Jahre wurden nationale und regionale Schlaganfallregister in Europa etabliert, die Auskunft über die Versorgungsqualität von Schlaganfallpatienten geben. Bislang lagen nur wenige Daten zu zeitlichen Trends der akuten Schlaganfallversorgung vor. Diese sind jedoch essentiell, um beispielsweise Zusammenhänge zwischen der Einführung potentiell qualitätsverbessernder Maßnahmen und der Entwicklung der Versorgungsqualität feststellen zu können. Die Behandlung von Schlaganfallpatienten auf Stroke Units ist aufgrund der eindeutigen Evidenz aus randomisierten- und Beobachtungsstudien zum Standard geworden. Bislang war unklar, ob demografische und klinische Charakteristika die direkte Aufnahme auf eine Stroke Unit beeinflussen. Zudem war nicht bekannt, ob und wenn ja, in welchem Ausmaß strukturelle Kriterien und der Anteil der Patienten, der auf eine Stroke Unit aufgenommen wurde, die Qualität der Stroke Unit Versorgung beeinflussen. Im Anschluss an die Akutbehandlung im Krankenhaus bzw. nach geeigneten Rehabilitationsmaßnahmen übernehmen pflegende Angehörige häufig die Versorgung der Schlaganfallpatienten im häuslichen Umfeld. Die aktuelle Situation der pflegenden Angehörigen von Schlaganfallpatienten in Deutschland ist bisher jedoch nur unzureichend evaluiert.
In der vorliegenden Dissertation wurden zunächst im Rahmen des „European Implementation Score“-Projektes zeitliche Trends der Qualität der akuten Schlaganfallversorgung in fünf nationalen europäischen Schlaganfallregistern aus Deutschland, England/Wales/Nordirland, Polen, Schottland und Schweden nach zuvor definierten evidenzbasierten Qualitätsindikatoren berechnet. Im zweiten Schritt wurde anhand von Daten der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Schlaganfall Register (ADSR) evaluiert, ob demografische und klinische Patientencharakteristika die direkte Aufnahme auf eine Stroke Unit in Deutschland beeinflussen. Weiterhin wurde der Einfluss struktureller Charakteristika auf die Erfüllung von 11 evidenzbasierter Qualitätsindikatoren in Krankenhäusern, die über eine regionale oder überregionale Stroke Unit verfügen, untersucht. Abschließend wurden im Rahmen des regionalen Telemedizinnetzwerkes TRANSIT-Stroke demografische und klinische Charakteristika von Schlaganfallpatienten, die 3 Monate nach dem Schlaganfall mit dem Erhalt von Pflege durch einen Angehörigen assoziiert waren, identifiziert. Zusätzlich wurden mit standardisierten Erhebungsinstrumenten positive und negative Erfahrungen der Pflege eines Schlaganfallpatienten sowie die selbsteingeschätzte Belastung (deutsche Version des Caregiver Reaction Assessment und Self-Rated Burden Scale) ausgewertet sowie Faktoren, die mit den Pflegeerfahrungen und Belastungen assoziiert sind, evaluiert.
Auf europäischer Ebene konnten wir einen Zusammenhang zwischen der Einführung eines neuen Qualitätsindikators und der Verbesserung der Qualität beobachten. Dies galt insbesondere für die erstmalige Einführung des Qualitätsindikators Dysphagiescreening im deutschen -(2006) und schwedischen Schlaganfallregister (2007). Somit gibt es Hinweise darauf, dass das Monitoring der Qualität der Schlaganfallversorgung zu Qualitätsverbesserungen bzw. auch zu einer vollständigeren Dokumentation führt.
Insgesamt konnten wir ein qualitativ hohes Niveau der akuten Schlaganfallversorgung auf Stroke Units in Deutschland gemäß evidenzbasierter Qualitätsindikatoren feststellen. Patienten mit einem ischämischen Schlaganfall, die am Wochenende aufgenommen wurden (p<0,0001), innerhalb von 3 Stunden nach Symptombeginn im Krankenhaus aufgenommen wurden (p<0,0001), hypertensiv waren (p<0,0001), unter einer Hyperlipidämie (p<0,0001) litten, wurden mit einer höheren Wahrscheinlichkeit auf einer Stroke Unit aufgenommen. Dagegen hatten Patienten mit einem schwereren Schlaganfall (NIHSS>15) eine geringere Chance, auf einer Stroke Unit aufgenommen zu werden (p<0,0001). Der Einfluss struktureller Charakteristika auf die Qualität der Stroke Unit Versorgung war gering. Eine Verbesserung der Qualität könnte noch durch einen höheren Anteil der auf einer Stroke Unit aufgenommenen Patienten erreicht werden.
Im Rahmen der Nachbefragung von Patienten im regionalen Telemedizinnetzwerk TRANSIT-Stroke stellten Frauen mit 70,1% den größten Anteil der pflegenden Angehörigen dar. 74,4% der pflegenden Angehörigen war älter als 55 Jahre. In univariablen und multivariablen logistischen Regressionsanalysen waren ein hohes Alter, ein niedriger Barthel-Index bei Entlassung sowie das Vorliegen von Diabetes signifikant mit einer höheren Wahrscheinlichkeit assoziiert, Pflege von einem Angehörigen zu erhalten. Der Großteil der pflegenden Angehörigen möchte den Angehörigen pflegen und ist gleichzeitig dem Risiko gesundheitlicher Probleme ausgesetzt. Circa ein Fünftel der pflegenden Angehörigen berichtete finanzielle Belastungen aufgrund der Pflegesituation. Depressive Symptome der Patienten waren mit einer höheren Belastung der pflegenden Angehörigen hinsichtlich der selbsteingeschätzten Belastung und den positiven und negativen Erfahrungen assoziiert. Jüngere, männliche Schlaganfallpatienten, mit einem milderen Schlaganfall, die mit einer Partnerin oder Ehepartnerin zusammenleben, scheinen sich oft nicht bewusst zu sein, dass sie Pflege erhalten. Möglich ist hier, dass sie die Unterstützung und Pflege als „normal“ betrachten, während der Partner bzw. die Partnerin dies als tatsächliche Pflege wertet.
Schlaganfallregister eignen sich, um die Qualität der Akutversorgung im Zeitverlauf zu monitorieren und Zusammenhänge zwischen der Einführung potentiell qualitätsverbessernder Maßnahmen und der tatsächlichen Qualität darstellen zu können. Die Qualität der Stroke Unit Versorgung in Deutschland ist auf einem hohen Niveau. Eine Verbesserung der Qualität könnte noch durch einen höheren Anteil der auf einer Stroke Unit aufgenommenen Patienten erreicht werden. Ein Großteil der Schlaganfallpatienten lebt im Anschluss an die Akutversorgung im häuslichen Umfeld, in dem pflegende Angehörige eine wichtige Rolle bei der Versorgung spielen. Pflegenden Angehörigen ist ihre Aufgabe wichtig, sind jedoch aufgrund der Pflege zugleich Belastungen hinsichtlich ihrer Gesundheit, der Gestaltung ihres täglichen Zeitplans und der Finanzen ausgesetzt.
Zur Durchführung peripherer Nervenblockaden werden im klinischen Alltag nichtselektive Lokalanästhetika verwendet, die neben sensorischen auch motorische Nervenfasern blockieren. Diese Arbeit untersucht und beschreibt Grundlagen für die Verwendung selektiv wirksamer Co-Analgetika. Ziel dieser Arbeit war in diesem Kontext die Analyse der intrazellulären Signalwege, welche nach Applikation von rtPA am peripheren Nerven zur Öffnung der perineuralen Barriere und so zu einer opiat- vermittelten Analgesie führen. Gemäß unserer Hypothese bindet rtPA an den LRP-1- Rezeptor und löst eine intrazelluläre Signalkaskade aus: Erk wird phosphoryliert und inhibiert über bislang unklare Mechanismen die Claudin-1-Transkription. Claudin-1 wird weniger in die Zellmembran eingebaut und/oder verlässt durch Endozytose/ Internalisierung die Zellmembran, was zur Öffnung der perineuralen Barriere führt und den Durchtritt selektiv wirksamer Analgetika erlaubt. In der späteren Phase steht die Analyse der Wiederherstellung der Barrierefunktion der Zellmembran im Vordergrund. Die ist von zentraler Bedeutung um eine Schädigung des Nervens durch das Umgebungsmilieu zu verhindern. Vermutlich wird die Wiederherstellung der Barrierefunktion über den Wnt-Signalweg gesteuert. Die Akkumulation von b-Catenin und Cdx2 führt zu einem erneuten Anstieg der Claudin-1-Transkription. Der Claudin-1- Gehalt steigt in Western Blot-Untersuchungen jedoch bereits zu einem früheren Zeitpunkt in der Zellmembran wieder an. Dies legt nahe, dass weitere von der Transkription unabhängige Mechanismen zur Wiederherstellung der Barrierefunktion beitragen. Eine mögliche Alternative zu rtPA stellt katalytisch inaktives rtPAi dar, welches in Untersuchungen ähnliche Ergebnisse wie rtPA zeigte. Dabei könnte die Verwendung von rtPAi anstatt rtPA pathophysiologisch denkbare Komplikationen wie beispielsweise Blutungen verhindern.
In Versuchen anderer Mitglieder der Arbeitsgruppe wurde die Öffnung der perineuralen Barriere mittels immunhistochemischer und funktioneller Untersuchungen bestätigt. Auch konnten keine akute Neurotoxizität oder Blutungsgefahr beobachtet werden. Somit stellt rtPA in Kombination mit Opioiden eine mögliche Alternative zur Verbesserung der postoperativen Analgesie dar, die jedoch weiterer Untersuchungen hinsichtlich von Nutzen, Risiken und Nebenwirkungen bedarf.
Das humane Respiratorische Synzytial-Virus (RSV) gilt als wichtiger Krankheitserreger für Säuglinge und Kleinkinder sowie für ältere Personen und immunsupprimierte Patienten. Krankheitssymptome und teils schwerwiegende Verläufe werden dabei eher einer Immunpathogenese zugeschrieben als der Virusvermehrung selbst. Aus Ermangelung eines adäquaten Tiermodells wird häufig das RSV-verwandte Pneumonievirus der Maus (PVM) als Ersatzmodell für schwere Pneumovirusinfektionen verwendet.
In dieser Dissertation wurde zum einen die spatiotemporale Rekrutierung von zellulären Komponenten der angeborenen und adaptiven Immunantwort im Verhältnis zum Verlauf einer PVM-Infektion in immunkompetenten und immunsupprimierten Wirten untersucht. Zum anderen wurde die Pathogenese einer Pneumovirusinfektion anhand des PVM-Modells in Mauslinien mit definierten Immundefizienzen analysiert.
Wie bereits in einer früheren Untersuchung ermittelt, korrelierte die Rekrutierung von CD8+ T-Lymphozyten mit der Viruseliminierung (Frey et al., 2008). B-Lymphozyten wurden aktiv in das Lungengewebe PVM infizierter C57BL/6-Mäuse rekrutiert, wobei sie perivaskuläre und peribronchiale Foki, die ebenfalls CD4+ T-Zellen enthielten, bildeten. Dies könnte auf die Bildung tertiärer lymphoider Gewebe hindeuten. Die Rekrutierung von Zellen der angeborenen Immunantwort (NK-Zellen, neutrophile Granulozyten) geschah parallel bzw. verzögert zur Virusvermehrung und damit eher spät während der Infektion. Die Rekrutierung von eosinophilen Granulozyten erfolgte erst in der Eliminationsphase der PVM-Infektion zusammen mit CD4+-T-Zellen. Zusätzlich wurde ermittelt, dass Alveolarmakrophagen (AMΦ) in vivo mit PVM infiziert und dabei transient depletiert wurden. Die Depletion der AMΦ schien dabei nicht durch Lymphozytenpopulationen zu erfolgen.
Die Charakterisierung der PVM-Infektion bei Mäusen mit definierten Immundefizienzen ergab, dass B-Lymphozyten zur partiellen Viruskontrolle in T-Zell-defizienten Mäusen beitragen und dadurch zur Protektion vor letalen Verläufen bei diesen Mäusen führen. Die Letalität bei diesen Mäusen, insbesondere in Abwesenheit von funktionellen B-Zellen, war mit Kontrollverlust über die Virusvermehrung assoziiert. B-Lymphozyten
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wurden effizient in das infizierte Lungengewebe von T-Zell-defizienten Mäusen rekrutiert. Das Serum T-Zell-defizienter Mäuse wies eine PVM-neutralisierende Aktivität auf, die mit dem Erscheinen PVM-spezifischer IgM-Antikörper, T-Zell-unabhängig synthetisiert, korrelierte. IgG-Antikörper waren jedoch zu diesen Zeitpunkten (14 d.p.i.) nicht nachweisbar. Dies wurde möglicherweise durch unvollständigen oder verzögerten Reifungsprozess von B-Lymphozyten in T-Zell-defizienten Mäusen reflektiert, da verschiedene Antikörperklassen, wie IgM- und IgG-Antikörper zeitgleich exprimiert wurden.
Eine hohe Heterogenität bzgl. der klinischen Symptome und dem Ausgang der Infektion schien außerdem ein Kennzeichen von PVM-Infektionen unter bestimmten Immundefizienzen zu sein. Der adoptive B-Zell-Transfer in B6.Rag1-/--Mäuse verändert die Krankheitsverläufe nach PVM-Infektion, da einige B-Zell-transplantierte Mäuse ohne klinische Symptome zu zeigen überlebten und andere zwar Gewicht verloren und die Versuchsabbruchkriterien erreichten, aber die Heterogenität der Krankheitsverläufe reduziert war. Adoptiv transferierte B-Lymphozyten wurden außerdem in lymphatische Organe und in infiziertes Lungengewebe rekrutiert und waren in der Lage zu Plasmazellen zu reifen. Es gibt somit erste Indizien, dass B-Zellen zu einem Schutz bei einer akuten PVM-Infektion beitragen.
Das Sprouty-related, EVH1 domain containing protein 2 (SPRED2) ist ein
inhibitorisches, downstream von Ras wirkendes Protein des MAP-Kinase Signalwegs,
welches entscheidenden Einfluss auf die Regulation von Proliferation, Expression von
Proteinen und der zellulären Homöostase hat. Der kardiale Phänotyp von SPRED2-
defizienten Mäusen zeigt nicht nur eine deutliche linksventrikuläre Hypertrophie,
sondern auch eine erhöhte Fibrosierung des Herzgewebes. Zellulär wird die SPRED2-
Defizienz durch die Akkumulation von vesikulären Strukturen innerhalb der Zelle,
sowie eine markant erhöhte Anzahl von Vesikeln entlang der longitudinalen Reihen
der Mitochondrien gekennzeichnet.
Ziel dieser Arbeit war es, den Charakter dieser vesikulären Strukturen näher zu
beleuchten und festzustellen, in welchem Zusammenhang die subzellulär veränderte
Architektur mit der Hypertrophie der SPRED2-defizienten Tiere steht. Um diese
Fragestellung zu beantworten, wurde zunächst nach einem vesikulären
Degradationsmechanismus gesucht, der in SPRED2-/--Cardiomyocyten betroffen sein
könnte. Die Macroautophagie, im folgenden Autophagie bezeichnet, ist ein solcher
Degradationsmechanismus, bei dem selektiv langlebige Proteine und Zellorganellen
abgebaut werden. Es konnten signifikante Veränderung der Protein-Level an
Schlüsselpositionen der Autophagie identifiziert werden. Das Ubiquitin-aktivierende
(E1) Enzym Homolog Atg7 sowie die Cystein-Protease Atg4B zeigen sich im SPRED2-
KO deutlich reduziert. Ebenso Atg16L, das als essentieller Bestandteil des Atg5-
Atg12-Atg16-Konjugationssystems bei der Konjugation von MAPLC3-II an das
Phospholipid Phosphatidylethanolamin beteiligt ist. Die Autophagie-Rate als
Verhältnis von konjugiertem zu unkonjugiertem MAPLC3 ist ebenfalls reduziert. Die
Akkumulation der autophagischen Vesikel zeigt sich kongruent zu dem erhöhten
Protein-Level der autophagischen Cargo-Rezeptoren SQSTM1 und NBR1, sowie des
lysosomalen Markers CathepsinD. Außer der verringerten Autophagie-Rate zeigt sich
in Einklang mit der Fibrosierung des Herzgewebes eine erhöht aktive Caspase-3 als
Marker für Apoptose. Um die mitochondriale Integrität näher zu beleuchten, wurde die
Menge an reaktiven Sauerstoffspezies (ROS) in Wildtyp und SPRED2-KO untersucht.
Hierbei zeigte sich eine erhöhte Menge an ROS im KO, was ein Hinweis auf eine
Beeinträchtigung der Mitochondrien darstellt.
Letztlich wurde die Hypothese überprüft, ob ein gestörter Transport der Vesikel
durch eine Beeinträchtigung der Motorproteine Dynein und Kinesin vorliegt. In der Tat
zeigte sich die Aktivität der Dynein-ATPase verringert in der Abwesenheit von
SPRED2. Diese Beobachtung wird durch die erhöhten Mengen des vSNARE-Proteins
VTI1b unterstützt, was letztlich die Akkumulation der autophagischen Vesikel mit einer
verringerten Fähigkeit zur Membranfusion und dem ineffizienteren Transport der
Vesikel in Einklang bringt.
Da die gesamten Experimente in einem globalen SPRED2-KO System
durchgeführt wurden, können eventuelle Auswirkungen der beeinflussten hormonellen
Situation der SPRED2-KO Tiere auf den Herzphänotyp nicht final ausgeschlossen
werden. Um die genaue Wirkung einer SPRED2-Defizienz auf das Herzgewebe und
das Herz als Organ zu untersuchen, wurde im Rahmen dieser Arbeit eine SPRED2-
defiziente knockout Mauslinie mit konditionalem Potential generiert, die eine
gesteuerte Deletion von SPRED2 im Herzgewebe erlaubt.
Escherichia coli Nissle 1917 (EcN) gehört zu den am besten untersuchten und charakterisierten probiotischen Bakterienstämmen. Seit Beginn des letzten Jahrhunderts wird er als Medikament eingesetzt, um verschiedene Darmerkrankungen wie z.B. Diarrhöe, entzündliche Darmerkrankungen und Verstopfung zu behandeln. Die Flagelle des EcN vermittelt Beweglichkeit und kann die Produktion von humanem β-Defensin 2 (hBD2) durch Epithelzellen induzieren. Somit ist dieses Organell direkt in die probiotische Funktion des EcN involviert. Es konnte gezeigt werden, dass die Flagellen anderer Bakterien, wie z.B. dem probiotischen Stamm Bacillus cereus CH oder den pathogenen Stämmen Pseudomonas aeruginosa und Clostridium difficile, die Adhäsion an intestinalen Mucus, welcher von Epithelzellen sekretiert wird, vermitteln. Allerdings blieb unklar, welcher Teil der Flagelle an welche Mucuskomponente bindet. Die Fähigkeit effizient an Wirtgewebe zu adhärieren wird als wichtiges Attribut eines probiotischen Stammes angesehen. Ex vivo Adhäsionsstudien mit Kryoschnitten humaner Darmbiopsien haben gezeigt, dass die Flagelle des EcN in die effiziente Adhäsion an humanes Darmgewebe involviert sein muss. Aus diesem Grund wurde in dieser Arbeit die Funktion der Flagelle des EcN als Adhäsin untersucht. Zunächst wurde die hyperflagellierte Variante EcN ATHF isoliert und durch verschiedene Experimente, z.B. Schwärmagartests und Elektronenmikroskopie, charakterisiert. Weitere ex vivo Adhäsionsstudien mit EcN ATHF zeigten eine höhere Adhäsionseffizienz dieser hyperflagellierten Variante und bestätigten damit die Rolle der Flagelle bei der effizienten Adhäsion von EcN an die Kryoschnitte der humanen Darmbiopsien. Interessanterweise fungierte die Flagelle in in vitro Studien mit den humanen Epithelzellen Caco-2 und T24 nicht als Adhäsin. Diese Unterschiede zwischen den in vitro und ex vivo Studien führten zu der Annahme, dass die Flagelle des EcN in vivo die Adhäsion an Mucus vermittelt, welcher von den Caco-2- und T24-Zellen nicht produziert wird, aber in den Kryoschnitten der Darmbiopsien nachgewiesen wurde. Diese Vermutung wurde durch in vitro Adhäsionsstudien mit der Mucin-produzierenden Epithelzelllinie LS174-T bestätigt, da die Flagellen für eine effektive Adhäsion an diese Zellen essentiell waren. Zudem reduzierte die Präinkubation flagellierter EcN-Stämme mit Mucin2 ihre Adhäsionseffizienz an Kryoschnitte humaner Darmbiopsien. Um die direkte Interaktion zwischen Flagellen des EcN Wildtyps und Mucus zu zeigen, wurde ein ELISA etabliert. Es konnte eine direkte konzentrationsabhängige Interaktion zwischen isolierten Flagellen des EcN Wildtyps und Mucin2, bzw. humanem Mucus (Kolon) beobachtet werden. Interessanterweise konnte keine Interaktion zwischen isolierten Flagellen des EcN Wildtyps und murinem Mucus (Duodenum, Ileum, Caecum, Colon) festgestellt werden. Dies weist darauf hin, dass die Mucuszusammensetzung zwischen verschiedenen Spezies variiert. Verschiedene Kohlenhydrate, welche bekannte Mucusbestandteile sind, wurden auf ihre Interaktion mit der Flagelle von EcN getestet und Gluconat wurde als ein Rezeptor identifiziert. Die Präinkubation isolierter Flagellen mit Gluconat reduzierte ihre Interaktion mit Mucin2, bzw. humanem Mucus signifikant. Zudem wurde die oberflächenexponierte Domäne D3 des Flagellins, der Hauptuntereinheit der Flagelle, als möglicher Interaktionspartner von Mucin2, bzw. humanem Mucus ausgeschlossen. Flagellen, die aus einer Domäne D3 Deletionsmutante isoliert wurden, zeigten sogar eine effizientere Bindung an Mucin2, bzw. humanen Mucus. Weiterhin konnte gezeigt werden, dass Änderungen des pH-Wertes signifikante Effekte auf die Interaktion zwischen Mucus und isolierten Flagellen hatten, vermutlich aufgrund von Konformationsänderungen. Zusammenfassend wurde in dieser Arbeit die Flagelle als neues und scheinbar wichtigstes Adhäsin in vivo für den probiotischen Stamm EcN identifiziert. Hierfür wurden sowohl eine hyperflagellierte Variante, eine ΔfliC Mutante, sowie der dazugehörige komplementierte Stamm verwendet. EcN ist zudem der erste probiotische Stamm für den eine direkte Bindung der Flagellen an humanen Mucus nachgewiesen werden konnte. Die Mucuskomponente Gluconat konnte dabei als wichtiger Rezeptor identifiziert werden. Da einige pathogene Bakterien ihre Flagelle zur Adhäsion an Wirtsgewebe nutzen, könnte dieses Organell EcN dazu befähigen, mit Pathogenen um die erfolgreiche Kolonisierung des Darms zu konkurrieren, was als wichtige Eigenschaft eines Probiotikums betrachtet wird.
Die Forschungsergebnisse der letzten Jahre liefern immer mehr Hinweise darauf, dass eine klare Unterscheidung von Fitness- und Virulenzfaktoren in vielen Fällen, insbesondere bei extraintestinal pathogenen Escherichia coli, nicht möglich ist. So lässt sich auch bei Harnwegsinfektionen verursachenden E. coli den bakteriellen und teils stammspezifischen Faktoren oftmals nicht eindeutig eine typische Virulenz- oder Fitness-assoziierte Funktion zuordnen. Zudem werden in neueren Studien immer häufiger atypische uropathogene Isolate von E. coli beschrieben, die in ihrem „Virulenzrepertoire“ deutlich von typischen uropathogenen E. coli (UPEC) abweichen, da sie keine klassischen UPEC-Virulenzfaktoren aufweisen. In dieser Arbeit wurden daher Virulenzeigenschaften typischer als auch atypischer UPEC untersucht.
Der Effekt eines bestimmten bakteriellen Faktors auf den Wirtsorganismus wird teilweise indirekt durch sekundäre Modifikation bedingt. Dies offenbart sich beispielsweise am Autotransporterprotein AIDA-I, dessen Konformation durch posttranslationale Glykosylierung stabilisiert wird, wodurch es seine Funktionalität als Adhäsin erhält. Da bisherige Studien zum AIDA-I homologen Autotransporterprotein Antigen 43 (Ag43) auf der Analyse von künstlich glykosyliertem Protein basieren, lag ein Schwerpunkt dieser Arbeit auf der Untersuchung der natürlichen Glykosylierung von Ag43 in UPEC Stamm 536. Es zeigte sich, dass beide Ag43-Varianten von E. coli Stamm 536 natürlicherweise glykosyliert vorliegen, der Grad der Glykosylierung jedoch wesentlich geringer ausfällt als bei natürlich glykosyliertem AIDA-I. Inwieweit die natürliche Glykosylierung von Ag43 zu dessen Funktionalität beiträgt, kann erst durch die Identifizierung der für die Ag43-Glykosylierung verantwortlichen Glykosyltransferase geklärt werden.
Die in silico-Analyse des Genoms von UPEC Stamm 536 für potentielle Glykosyltransferasen von Ag43 lieferte neun Kandidatengene. Die Gene wurde teils im Wildtyp-Hintergrund, teils im rfaH-negativen Hintergrund von E. coli Stamm 536 deletiert und die Mutanten im Anschluss phänotypisch charakterisiert. Die Deletion der Kandidatengene waaF, waaG und waaQ, die für Glykosyltransferasen des LPS-Biosynthesesystems kodieren, führte zu den deutlichsten Unterschieden in Bezug auf Motilität, Curli/Zellulose-Produktion, Hämolyseaktivität und Expression von Typ 1 Fimbrien. Der Einfluss des „knock-out“ der Kandidatengene auf die Glykosylierung von Ag43 muss in weiterführenden Studien untersucht werden.
Zur Charakterisierung des uropathogenen Virulenzpotentials verschiedener E. coli Stämme in vivo hat sich in den letzten Jahren das murine Modell der aufsteigenden Harnwegsinfektion etabliert. Mit Hilfe dieses Modells wurden in der vorliegenden Arbeit sowohl spezifische Deletionsmutanten prototypischer UPEC als auch atypische E. coli Harnwegsisolate bezüglich ihrer Urovirulenz getestet und verglichen. Bei der Untersuchung der klassischen UPEC lag der Fokus auf der möglichen Urovirulenzmodulation durch die folgenden spezifischen Faktoren: dem Autotransporterprotein Ag43, dem „Response regulator“ UvrY, dem Polyketid Colibactin sowie dem Exopolysaccharid poly-β-1,6-N-Acetylglucosamin (PGA). Für Ag43 war bei der Etablierung einer Harnwegsinfektion keine eindeutige Funktion feststellbar. Es ist jedoch denkbar, dass Ag43 zur Langzeitpersistenz im Harnwegstrakt beitragen kann, was in weiteren Studien belegt werden sollte. Die Expression von UvrY in der natürlichen uvrY-Deletionsmutante UPEC Stamm 536 ließ keine Erhöhung des Urovirulenzpotentials im Mausmodell erkennen. In diesem Zusammenhang konnte allerdings gezeigt werden, dass die Expression des Genotoxins Colibactin in UPEC Stamm 536 dessen Virulenz signifikant herabsetzte. Die Untersuchungen zur Relevanz des Exopolysaccharids PGA belegen deutlich, dass PGA für die Langzeitpersistenz von E. coli im murinen Harnwegstrakt benötigt wird. Für die initiale Kolonisierung scheint PGA hingegen keine Bedeutung zu haben. Für atypische UPEC Isolate, die Charakteristika von STEC und EAEC zeigen und sich in ihrem Virulenzmuster deutlich von prototypischen UPEC unterscheiden, ließ sich im murinen Modell der aufsteigenden Harnwegsinfektion, verglichen mit dem UPEC Modellorganismus 536, ein ähnliches, teils sogar erhöhtes uropathogenes Virulenzpotential nachweisen.
Die Ergebnisse der Arbeit untermauern somit die heutige Vorstellung bezüglich der Entwicklung und Etablierung einer Harnwegsinfektion, dass verschiedene E. coli Stämme unterschiedliche (Kontroll-) Mechanismen entwickelt haben, um erfolgreich den Harnwegstrakt kolonisieren und eine Infektion auslösen zu können. Zudem weisen sie darauf hin, dass diese Fähigkeit nicht auf Isolate typischer phylogenetischer UPEC Entwicklungslinien beschränkt und auf das Vorhandensein charakteristischer UPEC Virulenzfaktoren angewiesen ist.
Die Therapie von bakteriellen Infektionen beruht heutzutage zum Großteil auf dem Einsatz von Antibiotika. Die schnelle Entwicklung und rasche Verbreitung von resistenten Stämmen mancher Erreger gegen diese Antibiotika stellt ein enormes Problem für das Gesundheitswesen dar. Da momentan zur Antibiotikatherapie keine Alternativen bestehen, kommt der Erforschung neuer potenzieller Wirkstoffe eine sehr große Bedeutung zu. In einem Screening-Verfahren lagen die minimalen Hemmkonzentrationen einiger bisquartärer Bisnaphthalimide gegen Staphylococcus aureus und S. epidermidis im Bereich von 0,6 bis 2,5 µg/ml. Die Substanz mit den geringsten minimalen Hemmkonzentrationen war MT02. Daraufhin wurde das Wirkungsspektrum von MT02 gegen Bakterien detaillierter untersucht und gefunden, dass die Substanz vorwiegend gegen Gram-positive Erreger und nicht gegen Gram-negative Bakterien wirksam ist. Zytotoxizitätstests ergaben eine geringe bis nicht nachweisbare Toxizität gegen verschiedene Zelllinien im Bereich von 73 bis mehr als 150 µg/ml. Um die Wirkungsweise von MT02 genauer zu untersuchen wurden zunächst DNA-Microarray-Untersuchungen an S. aureus durchgeführt. Deren Ergebnisse ließen einen Einfluss der Substanz auf viele Gene des DNA-Metabolismus erkennen. Inkorporationsstudien mittels radioaktiver Ganzzellmarkierung bestätigten die Auswirkung von MT02 auf den DNA-Stoffwechsel. Durch kompetitive Inkubation wurde festgestellt, dass MT02 in der Lage ist Ethidiumbromid von DNA zu verdrängen bzw. dessen Bindung zu verhindern. Genauere Untersuchungen mittels Oberflächen-Plasmon-Resonanz ergaben, dass MT02 konzentrationsabhängig, reversibel und sequenzunspezifisch an DNA bindet. Die thermodynamischen Dissoziationskonstanten lagen im Mittel bei ca. 4 x 10-8 mol/l und beschrieben somit eine relativ starke Bindung von MT02 an DNA. Neben diesem primären Wirkungsmechanismus der DNA-Bindung gaben mehrere Befunde Hinweise auf einen sekundären Wirkmechanismus, der die Zellwand-Struktur bzw. Zellwand-Biosynthese beinhaltet. Eine MT02-resistente Mutante von S. aureus HG001 konnte durch vielfaches Passagieren in MT02-haltigem Medium generiert werden. Diese erzeugte bei Wachstum mit hohen Konzentrationen an MT02 einen roten Phänotyp. Die Natur dieses roten Farbstoffes konnte bislang nicht aufgeklärt werden, jedoch gibt es Hinweise, dass dieser auf Abbauprodukte von MT02 zurückzuführen ist. In einem weiteren Projekt wurde mittels Transkriptionsstudien die Auswirkung von verschiedenen bekannten Antibiotika sowie von neuen Wirkstoffen auf das Transkriptom von S. epidermidis untersucht. Die Ergebnisse dieser Studien können durch vergleichende Analysen als Grundlage für die Einordnung des Wirkmechanismus neuer Substanzen dienen.
Multiple Sklerose ist eine der häufigsten neurologischen Erkrankungen, die zu motorischen, sensiblen und vegetativen Einschränkungen führt. Häufig beginnt die Erkrankung mit einem schubförmigen Verlauf, dem eine progrediente Verschlechterung folgt. Trotzdem leiden ca. 15% der Patienten bereits von Beginn an, an einer primär progressiven Variante der MS, die bereits mit der progredienten Phase beginnt. Bis jetzt ist die Pathophysiologie nicht vollständig verstanden. Lange Zeit dachte man, dass MS primär eine reine Autoimmun-Erkrankung darstellt, aber in den letzten Jahren ergab sich die Frage, ob es vor allem in den progressiven Formen, eine zytodegenerative Komponente gibt, auf die eine sekundäre Inflammation folgt. Eine mögliche Ursache stellen hier Mutationen des PLP 1 Gens dar, die normalerweise mit leukodystrophischen Erkrankungen assoziiert sind. Es gab zwei Fallberichte, in denen von Patienten berichtet wurde, die unterschiedliche Mutationen in diesem Gen hatten und den klinischen Phänotyp einer MS zeigten. Diese Arbeit sollte nun die Auswirkungen der Mutationen, beziehungsweise einer Nullmutation des PLP 1 Gens in 18- und zum Teil 12-Monate alten Mausmutanten untersuchen. Hier konnten Myelin-Veränderungen und axonaler Schaden in immunhistochemischen Untersuchungen sowie mittels Elektronenmikroskopie und optischer Kohärenztomographie gezeigt werden. Weiter konnte eine Neuroinflammation und damit einhergehend eine zunehmende Anzahl CD8+ T-Zellen sowie einer erhöhten Anzahl an Mikroglia/Makrophagen gefunden werden. Dies ging mit vergleichsweise reduzierten Leistungen der Mutanten bei der motorischen Rotarod-Analyse einher. Interessanterweise wurde weniger neuraler Schaden in den heterozygoten Varianten gefunden, obwohl das Ausmaß der Entzündung gleichblieb. Dies könnte für eine zielgerichtete immunvermittelte Schädigung der Oligodendrozyten sprechen, die zu neuronalem Schaden führt. So konnte gezeigt werden, dass es durch Punktmutationen in einem Myelinprotein-codierendem Gen zu einer sekundären Entzündung kommen kann, die mit dem klinischen Phänotyp einer progressiven MS einhergeht. Weiter sind diese Mausmodelle ein Beispiel für eine genetische Erkrankung des ZNS, in denen die Klinik maßgeblich durch die begleitende Inflammation und nicht allein durch den genetischen Schaden verursacht wird.
Bei der Biofabrikation werden Zellen mit einem Biomaterial versetzt (vereint werden diese als Biotinte definiert) und durch additive Fertigungsmethoden wie dem 3D-Druck zu hierarchischen Strukturen aufgebaut. Zur Herstellung von künstlichen Gewebe und zukünftig auch von funktionalen Organen ist ein detailliertes Zellverständnis essentiell. Im Rahmen dieser Dissertation wurden Systeme generiert, um die Zellmembranen von mesenchymalen Stromazellen gezielt zu verändern und um die Modifikationen zu charakterisieren. Durch Inkubation mit unnatürlichen Zuckern werden diese von Zellen aufgenommen und in den Zellmetabolismus eingeschleust und auf die Glycoproteine übertragen. Diese Methode ist als metabolic glycoengineering bekannt.
Dazu wurden diverse humane Saccharid-Analoga mit bioorthogonalen Gruppen (Azid oder Alkin) synthetisiert. Alle in dieser Arbeit vorgestellten Moleküle wurden NMR-spektroskopisch als auch massenspektrometrisch charakterisiert.
Die acetylierten Mannosamin-Derivate konnten über zwei Stufen und die Sialinsäure-Derivate über sechs Stufen synthetisiert werden. Sialinsäuren sind die terminalen Zucker an Glycanketten von Proteinen mit wichtigen biologischen Funktionen. Im Rahmen des SFB TRR225 konnte in Kooperation mit der Gruppe von Prof. Dr. R. Ebert der Einbau der Saccharide in mesenchymalen Stromazellen durch Fluoreszenzmikroskopie evaluiert werden. Aufgrund des effizienteren Einbaus der Sialinsäure mit Alkingruppe gegenüber der mit Azidgruppe, wurde dieser in den folgenden massenspektrometrischen Analysen eingesetzt. Die Messungen der markierten Glycoproteine wurden von Dr. Marc Driessen durchgeführt und der metabolische Einbau von SiaNAl und Ac4ManNAl in den Stromazellen gegenübergestellt. 55 Glycoproteine konnten durch SiaNAl und 94 durch Ac4ManNAl charakterisiert werden. Ein Abgleich der Proteindatenbanken eine Anreicherung von Proteine durch Fütterung von SiaNAl die in Signaltransduktion, Zellkontakte und Differenzierung involviert sind, womit metabolic glycoengineering prinzipiell zur Optimierung von Biofabrikationsprozessen genutzt werden kann.
Kontraktion und Relaxation sind die beiden entscheidenden energieverbrauchenden Prozesse der Herzarbeit, die sich unter anderem mit modernen echokardiographischen Techniken, wie dem Strain Imaging, quantifizieren lassen. An 1818 Probanden (52% weibliche Probanden, mittleres Alter 54 ±12 Jahre) der populationsbasierten Würzburger STAAB Kohortenstudie leiteten wir unter Berücksichtigung von Alter und Geschlecht der Probanden Referenzwerte für globale und segmentale systolische und diastolische Deformationsparameter mittels 2D Speckle Echo-Tracking ab.
Wir fanden, dass sich die myokardiale Suszeptibilität für klassische kardiovaskuläre Risikofaktoren bei Männern und Frauen unterscheidet. Insgesamt war die Auswertbarkeit gut (67% des globalen Strain, 82% der systolischen und frühdiastolischen Strain Rate und 83% der diastolischen Strain Rate). Arterieller Hypertonus und Dyslipidämie wirkten sich insbesondere auf das weibliche Myokard ungünstig aus, wohingegen der Risikofaktor Adipositas bei beiden Geschlechtern negativ mit systolischer und frühdiastolischer Deformation assoziiert war.
Weder Diabetes mellitus noch Rauchen schienen die myokardiale Deformation zu beeinflussen. Die frühdiastolische Relaxation wurde durch Hypertonus negativ bei Frauen beeinflusst, obwohl die Prävalenz in der männlichen Gruppe höher war. Die systolische Strain Rate war zudem signifikant von arteriellem Hypertonus, Dyslipidämie und Adipositas bei Frauen beeinflusst. Diese Ergebnisse implizieren eine geschlechtsabhängige Sensitivität des Myokards auf individuelle Risikofaktoren. Die Vulnerabilität des weiblichen Myokards auf hypertone Blutdruckwerte mit konsekutiver Alteration der aktiven frühdiastolischen Relaxation stellt somit eine mögliche Erklärung für den größeren Anteil an Frauen mit HFpEF (heart failure with preserved ejection fraction) in der Allgemeinbevölkerung dar.
Ein negativer Einfluss durch Nikotinkonsum war in unserem Ansatz hingegen nicht nachweisbar, in dem nicht das Ausmaß des Nikotinkonsums, sondern nur die Assoziation der binären Variable „Raucherstatus“ mit Strain-Parameternuntersucht wurde. Dahingehend ist eine dosisabhängige myokardiale Schädigung nicht auszuschließen.
In der vorliegenden Studie wurde erstmalig der individuelle Effekt jedes Hauptrisikofaktors auf systolische und diastolische Strain-Parameter in einer populationsbasierten und nach Geschlecht und Alter stratifizierten Kohorte untersucht. Auf Basis der Studienergebnisse ist jetzt eine objektive Abschätzung von Effektgrößen und der Power für künftige Studienplanung möglich und es lassen sich Studien zur Einordnung der myokardialen Deformation in bestimmten Patientengruppen objektivierbar vergleichen.
Unsere Ergebnisse unterstreichen zudem die Notwendigkeit von Studien bezüglich Primärprävention asymptomatischer kardiovaskulärer Risikopatienten mittels nichtinvasiver Methoden. Eine wichtige Rolle kommt dabei auch der Standardisierung von Softwaresystemen zu, die die Anwendung im klinischen Alltag und die globale Anwendung von Referenzwerten bzw. deren pathologischer Abweichung vereinfachen wird.
Testung verschiedener Strategien für die Regeneration von Knorpeldefekten im Ex vivo-Testsystem
(2021)
Die Degeneration des Gelenkknorpels ist Hauptursache für chronische Schmerzen und eine dadurch bedingte Einschränkung der Lebensqualität. Für die Sozialversicherungssysteme ist dies mit steigenden Kosten verbunden. Gegenwärtige Behandlungsoptionen wie die Mikrofrakturierung oder die (matrix-assoziierte) Autologe Chondrozytentransplantation (M-) ACT führen zu einem minderwertigen Reparaturgewebe aus Faserknorpel mit unzureichenden mechanischen Eigenschaften an der Defektstelle. Es besteht ein Bedarf an der Entwicklung und Testung neuer Knorpeltherapien, die ein funktionelles Reparaturgewebe für nachhaltige Beschwerdefreiheit erzeugen. Das hier verwendete kürzlich etablierte osteochondrale Ex vivo-Testsystem (EVTS) eignet sich zur Evaluation unterschiedlicher zellbasierter Behandlungsansätze für die Knorpelregeneration.
Aus der medialen Femurkondyle von Schweinen wurden zylindrische 8 mm große osteochondrale Explantate (OCE) isoliert. Es wurden Knorpel-Knochendefekte und reine Knorpeldefekte kreiert und mit autologen Schweine-Chondrozyten (CZ) bzw. einer Mischung aus CZ und mesenchymalen Stammzellen (MSC) gefüllt, die in Kollagen Typ I Hydrogel eingebettet waren. Nach vierwöchiger Kultivierung wurden die Proben histologisch und immunhistochemisch gefärbt (Safranin-O-Färbung, Kollagen Typ II, Aggrekan), die Zellvitalität (Lebend-Tot-Färbung) überprüft und die extrazelluläre Matrixproduktion analysiert. Nach vierwöchiger Kultur im EVTS in Normoxie und Hypoxie zeigten sich die in Kollagen-I-Hydrogel eingebetteten Zellen lebensfähig. Die Auswertung der verschiedenen Ansätze erfolgte über den standardisierten ICRS-II-Score der International Cartilage Repair Society (ICRS) mit drei unabhängigen Bewertern. Insgesamt resultierten bessere Ergebnisse im Hinblick auf die Matrixsynthese in den Monokulturen aus CZ im Vergleich zu den Co-Kulturen aus CZ und MSCs. Da dieser Unterschied nicht groß war, könnten MSCs zur Einsparung autologer CZ eine Alternative in der Behandlung von Knorpeldefekten darstellen. Hypoxie spielte eine Rolle bei reinen Knorpeldefekten, nicht bei Knorpel-Knochendefekten. Dies bestätigt die Bedeutung des physiologischen hypoxischen Milieus des Gelenkknorpels, das einen niedrigen Sauerstoffgehalt von 2-5
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% aufweist. Die Ergebnisse zeigen, dass die unterschiedlichen Faktoren aus Zellkombination, Knorpeldefektgröße und Kultivierung in Hypoxie oder Normoxie Einfluss auf die Ausbildung der extrazellulären Matrix haben. Weiterhin fehlt jedoch das Verständnis für die genauen Mechanismen des Knorpelregenerationsverhaltens. Ex vivo-Testsysteme können dabei helfen ein weiteres Verständnis zu erlangen und entsprechende Behandlungsstrategien zu evaluieren.
Sepsis ist ein häufiges und akut lebensbedrohliches Syndrom, das eine Organfunktionsstörung in Folge einer dysregulierten Immunantwort auf eine Infektion beschreibt. Eine frühzeitige Diagnosestellung und Therapieeinleitung sind von zentraler Bedeutung für das Überleben der Patient:innen. In einer Pilotstudie konnte unsere Forschungsgruppe mittels Durchflusszytometrie eine ausgeprägte Hyporeaktivität der Thrombozyten bei Sepsis nachweisen, die einen potenziell neuen Biomarker zur Sepsis-Früherkennung darstellt. Zur Evaluation des Ausmaßes und Entstehungszeitpunktes der detektierten Thrombozytenfunktionsstörung wurden im Rahmen der vorliegenden Arbeit zusätzlich zu Patient:innen mit Sepsis (SOFA-Score ≥ 2; n=13) auch hospitalisierte Patient:innen mit einer Infektion ohne Sepsis (SOFA-Score < 2; n=12) rekrutiert. Beide Kohorten wurden zu zwei Zeitpunkten (t1: <24h; t2: Tag 5-7) im Krankheitsverlauf mittels Durchflusszytometrie und PFA-200 untersucht und mit einer gesunden Kontrollgruppe (n=28) verglichen.
Phänotypische Auffälligkeiten der Thrombozyten bei Sepsis umfassten: (i) eine veränderte Expression verschiedener Untereinheiten des GPIb-IX-V-Rezeptorkomplexes, die auf ein verstärktes Rezeptor-Shedding hindeutet; (ii) ein ausgeprägtes Mepacrin-Beladungsdefizit, das auf eine zunehmend reduzierte Anzahl von δ-Granula entlang des Infektion-Sepsis Kontinuums hinweist; (iii) eine Reduktion endständig gebundener Sialinsäure im Sinne einer verstärkten Desialylierung. Die funktionelle Analyse der Thrombozyten bei Sepsis ergab bei durchflusszytometrischer Messung der Integrin αIIbβ3-Aktivierung (PAC-1-Bindung) eine ausgeprägte generalisierte Hyporeaktivität gegenüber multiplen Agonisten, die abgeschwächt bereits bei Infektion nachweisbar war und gemäß ROC-Analysen gut zwischen Infektion und Sepsis diskriminierte (AUC >0.80 für alle Agonisten). Im Gegensatz dazu zeigten Thrombozyten bei Sepsis und Analyse mittels PFA-200 unter Einfluss physiologischer Scherkräfte eine normale bis gar beschleunigte Aggregation.
Die Reaktivitätsmessung von Thrombozyten mittels Durchflusszytometrie stellt weiterhin einen vielversprechenden Biomarker für die Sepsis-Früherkennung dar. Für weitere Schlussfolgerungen ist jedoch eine größere Kohorte erforderlich. In nachfolgenden Untersuchungen sollten zudem mechanistische Ursachen der beschriebenen phänotypischen und funktionellen Auffälligkeiten von Thrombozyten bei Infektion und Sepsis z.B. mittels Koinkubationsexperimenten untersucht werden.
Sepsis ist eine dysregulierte Reaktion des Organismus auf eine Infektion. Bei Sepsis werden oft Blutungs- und Thromboseereignisse beobachtet, welche in einer Disseminierten Intravasalen Gerinnung (DIG) gipfeln können. Thrombozyten sind die Schlüsselzellen von Thrombose und Hämostase. Bei Sepsis und DIG kommt es häufig zu einem Abfall der Thrombozytenzahl, doch Blutungs- und Thromboseereignisse können unabhängig von der Thrombozytenzahl auftreten, was zusätzlich eine Veränderung der Thrombozytenfunktion nahelegt.
In dieser Arbeit wurde deshalb die Thrombozytenfunktion bei 15 Patienten mit Sepsis zu drei Zeitpunkten im Krankheitsverlauf untersucht. Es konnte bei unauffälliger Rezeptorexpression keine Voraktivierung der Thrombozyten mittels Durchflusszytometrie festgestellt werden. Jedoch war die Aktivierung nach Stimulation mit multiplen Agonisten signifikant reduziert. Besonders ausgeprägt war die Hyporeaktivität bei Stimulation des Kollagen-Rezeptors GPVI mit dem Agonisten CRP-XL. Es wurde gezeigt, dass nach GPVI-Stimulation eine reduzierte Phosphorylierung der nachgeschalteten Proteine Syk und LAT im Vergleich zum Gesundspender induziert wird. In Kreuzinkubationsexperimenten hatte die (Co )Inkubation von Thrombozyten in Plasma von Sepsispatienten oder mit Bakterienisolaten aus Sepsis-Blutkulturen keinen Effekt auf die Thrombozytenreaktivität. Allerdings konnte durch Sepsis-Vollblut eine signifikante GPVI-Hyporeaktivität in Thrombozyten von gesunden Probanden induziert werden, was einen zellulären Mediator als Ursache des Defekts nahelegt. In dieser Arbeit wurde gezeigt, dass insbesondere die GPVI-Signalkaskade bei Sepsis massiv beeinträchtigt ist. Der Immunorezeptor GPVI ist ein vielversprechendes Zielmolekül, um die Pathogenese der Sepsis, des Capillary Leak und die immunregulatorische Rolle von Thrombozyten besser zu verstehen. Die GPVI-Hyporeaktivität könnte als zukünftiger Biomarker für die Sepsis-Frühdiagnose genutzt werden.
Eine ausgeprägte Mundtrockenheit, Xerostomie, entsteht häufig durch eine irreversible Funktionseinschränkung der Speicheldrüsen. Diese ist unter anderem durch die Einnahme bestimmter Medikamente, Autoimmunerkrankungen, fortgeschrittenes Alter oder die Bestrahlungstherapie von Tumoren der Kopf-Hals-Region bedingt, wobei letztere eine der häufigsten Ursachen darstellt. Konsequenzen der eingeschränkten Drüsenfunktion sind herabgesetzte Speichelflussraten, eine Reduktion des Mund-pH-Werts, eine veränderte Elektrolyt- und Immunglobulin-Zusammensetzung des Speichels und somit eine Verringerung des Infektionsschutzes. Die resultierenden Komplikationen erstrecken sich von Karies und rezidivierenden Infektionen bis hin zu Pilzbesiedelungen der Mundschleimhaut. Diese schränken die Lebensqualität der Patienten stark ein und führen häufig zu Therapieunterbrechungen. Fast die Hälfte der Patienten leidet unter Depressionen oder psychischen Belastungszuständen. Es gibt wenige Therapieansätze zur Behandlung der postradiogenen Xerostomie: Pilocarpin erhöht zwar die Speichelflussraten, hat jedoch keinen signifikanten Effekt auf die Lebensqualität. Die operative Translokation der Glandula submandibularis hat den Weg in die klinische Routine noch nicht gefunden, während die intensitätsmodulierte Bestrahlung (IMRT) nicht für jeden Patienten geeignet ist; beide zeigen jedoch einen positiven Effekt auf die Lebensqualität. Gentechnische und stammzellbasierte Ansätze zur Regeneration des Drüsengewebes befinden sich im Experimentalstadium. Somit ergibt sich ein dringender Bedarf an innovativen Optionen zur Behandlung der postradiogenen Xerostomie. Das Tissue Engineering, die Erstellung einer künstlichen Speicheldrüse aus körpereigenen Zellen, böte hier ein potentielles Behandlungskonzept.
Diese Studie soll deshalb untersuchen, ob humane Speicheldrüsenepithelzellen (hSEZ) auf einer Matrix aus dezellularisiertem, porzinem Jejunum, der sogenannten Small intestinal submucosa + mucosa (SIS-muc), kultiviert werden können. Können die Zellen innerhalb der Wachstumsperiode wichtige physiologische Differenzierungsmarker beibehalten? Kann die Produktion von α-Amylase, einem der wichtigsten Enzyme des menschlichen Speichels, erhalten werden? Welchen Einfluss hat die Kokultur mit mikrovaskulären Endothelzellen (mvEZ)? Und zuletzt: Ist dezellularisierter Schweinedarm eine potentiell geeignete Matrix für das Tissue Engineering der menschlichen Speicheldrüse?
Zunächst erfolgte die Entnahme von humanem Speicheldrüsengewebe, woraus hSEZ isoliert wurden. Diese wurden dann sowohl in Mono- als auch in Kokultur mit mvEZ auf die SIS-muc aufgebracht und auf dieser kultiviert. Die SIS-muc wurde aus kurzen Schweinedarm-Segmenten gewonnen, die in einem mehrstufigen Verfahren dezellularisiert wurden. Die besiedelte SIS-muc wurde mittels konventioneller sowie Immunfluoreszenzfärbungen, Raster- und Transmissionsektronenmikroskopie (REM/TEM) sowie quantitativer Polymerasekettenreaktion (qPCR) untersucht, darüber hinaus erfolgte die Messung der α-Amylase-Enzymaktivität.
Histologisch sowie in der REM zeigte sich sowohl in der Mono- als auch in der Kokultur eine konfluente Besiedelung der SIS-muc mit hSEZ. In der Kokultur formten mvEZ einen Monolayer auf der serosalen Matrixseite. Bei der Charakterisierung der hSEZ zeigte sich in den Immunfluoreszenzaufnahmen eine starke Ausprägung von Zytokeratin, α-Amylase und Aquaporin-5 und eine moderate Ausprägung von Claudin-1. Bei der Untersuchung der Funktion der α-Amylase konnte in der Kokultur von hSEZ mit mvEZ eine im Gegensatz zur Mono- und 2D-Kultur signifikant erhöhte Enzymaktivität der α-Amylase nachgewiesen werden. In der qPCR-Analyse der α-Amylase-Genexpression war die 3D-Kultur der 2D-Kultur überlegen.
Die vorliegende Arbeit zeigt, dass die Kultur von hSEZ auf der SIS-muc möglich ist. Es konnte nachgewiesen werden, dass die Zellen in 3D-Kultur spezifische Differenzierungsmerkmale beibehalten, die in der 2D-Kultur teils verloren gehen und dass hSEZ in Kokultur mit mvEZ eine gegenüber der Monokultur signifikant erhöhte Produktion von α-Amylase aufweisen. Diese Arbeit liefert die Datengrundlage für zukünftige Studien im dynamischen Bioreaktor-Modell (BioVaSc), die auf dem Weg zur klinischen Translation notwendig sind. Somit stellt sie einen wichtigen Schritt in Richtung einer auf Tissue Engineering basierten Therapie der belastenden Xerostomie dar.
Der Meniskus, ein scheibenförmiger Faserknorpel, spielt im Kniegelenk eine bedeutende Rolle, weil er Kräfte und Druck im Kniegelenk gleichmäßig verteilt, Stöße dämpft sowie der Kraftübertragung und Stabilisierung dient. Durch die Entfernung des Gewebes, der sogenannten Totalmeniskektomie, nach einer Meniskusverletzung oder einem Riss, verändern sich die mechanischen Eigenschaften des Gelenks stark und verursachen durch die erhöhte Belastung der Gelenkflächen Arthrose. Arthrose ist weltweit die Häufigste aller Gelenkerkrankungen. Der Erhalt der körperlichen Leistungsfähigkeit und Mobilität bis ins hohe Alter sowie die Bewahrung der Gesundheit von Herz-Kreislauf- und Stoffwechselorganen zählen aufgrund des demografischen Wandels zu den großen medizinischen Herausforderungen. Die Erkrankung des muskuloskelettalen Systems stellte 2010 im Bundesgebiet die am häufigsten vorkommende Krankheitsart dar.
Während Risse in den äußeren Teilen des Meniskus aufgrund des Anschlusses an das Blutgefäßsystem spontan heilen können, können sie dies in tieferen Zonen nicht. Durch die begrenzte Heilungsfähigkeit des Knorpels bleibt langfristig der Einsatz eines Ersatzgewebes die einzige therapeutische Alternative.
In der vorliegenden Arbeit wurde als therapeutische Alternative erfolgreich ein vaskularisiertes Meniskusersatzgewebe mit Methoden des Tissue Engineering entwickelt. Es soll in Zukunft als Implantat Verwendung finden. Tissue Engineering ist ein interdisziplinäres Forschungsfeld, in dem Gewebe außerhalb des Körpers generiert werden. Schlüsselkomponenten sind Zellen, die aus einem Organismus isoliert werden, und Trägerstrukturen, die mit Zellen besiedelt werden. Die Biomaterialien geben den Zellen eine geeignete Umgebung, die die Extrazelluläre Matrix (EZM) ersetzen soll, um die Funktion der Zellen beizubehalten, eigene Matrix zu bilden. Zum Erhalt eines funktionelles Gewebes werden oftmals dynamische Kultursysteme, sogenannte Bioreaktoren, verwendet, die natürliche Stimuli wie beispielsweise den Blutfluss oder mechanische Kompressionskräfte während der in vitro Reifungsphase des Gewebes, zur Verfügung stellen. Das Gewebekonstrukt wurde auf Basis natürlicher Biomaterialien aufgebaut, unter Verwendung ausschließlich primärer Zellen, die später direkt vom Patienten gewonnen werden können und damit Abstoßungsreaktionen auszuschließen sind. Da der Meniskus teilvaskularisiert ist und die in vivo Situation des Gewebes bestmöglich nachgebaut werden sollte, wurden Konstrukte mit mehreren Zelltypen, sogenannte Ko-Kulturen aufgebaut. Neben mikrovaskulären Endothelzellen (mvEZ) und Meniskuszellen (MZ) erfolgten Versuche mit mesenchymalen Stammzellen (MSZ).
Zur Bereitstellung einer zelltypspezifischen Matrixumgebung, diente den mvEZ ein Stück Schweinedarm mit azellularisierten Gefäßstrukturen (BioVaSc®) und den MZ diente eine geeig- nete Kollagenmatrix (Kollagen Typ I Hydrogel). Die Validierung und Charakterisierung des aufgebauten 3D Meniskuskonstrukts, welches in einem dynamischen Perfusions-Bioreaktorsystem kultiviert wurde, erfolgte mit knorpeltypischen Matrixmarkern wie Aggrekan, Kollagen Typ I, II und X sowie mit den Transkriptionsfaktoren RunX2 und Sox9, die in der Knorpelentstehung von großer Bedeutung sind. Zusätzlich erfolgten Auswertungen mit endothelzellspezifischen Markern wie vWF, CD31 und VEGF, um die Vaskularisierung im Konstrukt nachzuweisen. Analysiert wurden auch die Zellvitalitäten in den Konstrukten.
Aufgrund einer nur geringen Verfügbarkeit von MZ wurden Kulturansätze mit alternativen Zellquellen, den MSZ, durchgeführt. Dafür erfolgte zunächst deren Isolation und Charakterisierung und die Auswahl einer geeigneten 3D Kollagenmatrix. Die beste Zellintegration der MSZ konnte auf einer eigens hergestellten elektrogesponnenen Matrix beobachtet werden. Die Matrix besteht aus zwei unterschiedlichen Kollagentypen, die auf insgesamt fünf Schichten verteilt sind. Die Fasern besitzen weiter unterschiedliche Ausrichtungen. Während die Kollagen Typ I Fasern in den äußeren Schichten keiner Ausrichtung zugehören, liegen die Kollagen Typ II Fasern in der mittleren Schicht parallel zueinander. Der native Meniskus war für den Aufbau einer solchen Kollagen-Trägerstruktur das natürliche Vorbild, das imitiert werden sollte. Nach der Besiedelung der Matrix mit MSZ, konnte eine Integration der Zellen bereits nach vier Tagen bis in die Mittelschicht sowie eine spontane chondrogene Differenzierung nach einer insgesamt dreiwöchigen Kultivierung gezeigt werden. Das Biomaterial stellt in Hinblick auf die Differenzierung der Zellen ohne die Zugabe von Wachstumsfaktoren eine relevante Bedeutung für klinische Studien dar.
Zur Kultivierung des 3D Meniskuskonstrukts wurde ein Bioreaktor entwickelt. Mit diesem können neben Perfusion der Gefäßsysteme zusätzlich Kompressionskräfte sowie Scherspannungen auf das Ersatzgewebe appliziert und die Differenzierung von MZ bzw. MSZ während der in vitro Kultur über mechanische Reize stimuliert werden. Ein anderes Anwendungsfeld für den neuartigen Bioreaktor ist seine Verwendung als Prüftestsystem für die Optimierung und Qualitätssicherung von Gewebekonstrukten.
Bei der zystischen Fibrose (CF) sowie der primären Ziliendyskinesie (PCD) handelt es sich um zwei seltene Erkrankungen, die unter anderem den mukoziliären Transport beeinträchtigen. CF gehört hierbei zu den am häufigsten vorkommenden angeborenen Stoffwechselerkrankungen, wobei Betroffene unter einem Defekt des Cystic Fibrosis Transmembrane Conductor Regulator (CFTR)-Gens leiden, der durch die Produktion von hochviskosem Sekret in muzinproduzierenden Organen, wie dem gastrointestinalen Trakt und der Lunge, gekennzeichnet ist. Patienten, die an PCD leiden, weisen Defekte in, zum jetzigen Zeitpunkt, ca. 38 bekannten und PCD-assoziierten Genen auf, die in strukturellen Defekten des ziliären Apparats und somit in dysfunktionalen Kinozilien resultieren. Da aktuell weder für die CF noch für die PCD eine Heilung möglich ist, steht bei der Therapie vor allem die Linderung der Symptome im Fokus. Grundlegendes Ziel ist der langfristige Erhalt der Lungenfunktion sowie die Prävention bakterieller Infekte. Als bisherige Modellsysteme zur Erforschung möglicher Therapeutika gelten Tiermodelle, die den humanen Phänotyp aufgrund von Speziesdiversität nicht vollständig abbilden können. Als vielversprechende Testsysteme für die zystische Fibrose gelten humane intestinale Organoidkulturen. Nachdem allerdings vorwiegend respiratorische Symptome für die Mortalität der Patienten verantwortlich sind, stellen CF-Atemwegsmodelle bessere Testsysteme für zukünftige Therapeutika dar. Atmungsorganoidkulturen wurden verwendet, um die CFTR-Funktionalität zu untersuchen, repräsentieren aber nicht vollständig die in vivo Situation. Deshalb werden zur Entwicklung neuer Therapiestrategien patientenspezifische 3D in vitro Testsysteme der humanen Atemwege benötigt, die insbesondere im Hinblick auf personalisierte Medizin ihren Einsatz finden. In der vorliegenden Arbeit wurde eine für den Lehrstuhl neue Methode zur Zellgewinnung aus nasalen Schleimhautabstrichen etabliert, die eine standardisierte Versorgung mit humanem Primärmaterial garantiert. Zur Generierung einer krankheitsspezifischen Zelllinie, wie beispielsweise einer PCD-Zelllinie mit Hilfe des CRISPR/Cas9-Systems, ist eine Atemwegszelllinie erforderlich, die die in vivo Situation vollständig repräsentiert. So wurden vier verschiedene respiratorische Epithelzelllinien (HBEC3-KT, Calu-3, VA10 und Cl-huAEC) auf ihren mukoziliären Phänotyp hin untersucht, wobei lediglich die Zelllinie HBEC3-KT in zilientragende Zellen differenzierte. Diese zeigten jedoch nur auf ca. 5 % der Modelloberfläche Kinozilien, wodurch die humane respiratorische Mukosa nicht komplett abgebildet werden konnte und die HBEC3-KT-Zelllinie keine geeignete Zelllinie zur Generierung einer PCD-Zelllinie darstellte. Mit Hilfe des Tissue Engineering war es möglich, 3D in vitro Testsysteme basierend auf zwei unterschiedlichen Matrices, der biologischen SIS (small intestinal submucosa) und der synthetischen Polyethylenterephthalat (PET)-Membran, aufzubauen. Es wurden 3D Atemwegstestsysteme mit humanen primären nasalen und tracheobronchialen Epithelzellen generiert. Ergänzend zu histologischen Untersuchungen und zur Charakterisierung spezifischer Marker des respiratorischen Systems mittels Immunfluoreszenz, wurde die Ultrastruktur der Modelle, mit speziellem Fokus auf ziliäre Strukturen, analysiert. Um Rückschlüsse auf die ziliäre Funktionalität ziehen zu können und somit eine hohe in vivo Korrelation zu bestätigen, wurde im Rahmen dieser Arbeit am Lehrstuhl für Tissue Engineering und Regenerative Medizin die Methode der Hochgeschwindigkeitsvideomikroskopie etabliert, welche die Analyse der Zilienschlagfrequenz sowie des mukoziliären Transports ermöglicht. Ebenfalls wurde der Einfluss von isotoner Kochsalzlösung und des � 2-adrenergen Agonisten Salbutamol, das vor allem als Bronchodilatator bei Asthmapatienten eingesetzt wird, auf die Zilienschlagfrequenz analysiert. Es konnte gezeigt werden, dass beide Substanzen den Zilienschlag im Atemwegsmodell erhöhen. Zur Generierung der Testsysteme der beiden seltenen Erkrankungen CF und PCD wurden Epithelzellen der betroffenen Patienten zunächst mittels nicht-invasiver Raman-Spektroskopie auf einen potentiellen Biomarker untersucht, welcher Einsatz in der Diagnostik der beiden Krankheiten finden könnte. Es konnte jedoch weder für die CF noch für die PCD ein Biomarker aufgedeckt werden. Jedoch zeigten PCD-Zellen eine geringe Auftrennung gegenüber nicht-PCD Zellen. Anschließend wurden 3D-Atemwegstestsysteme basierend auf Patientenzellen aufgebaut. Der Phänotyp der CF-Modelle wurde mittels immunhistologischer Färbung und der Analyse des gestörten mukoziliären Transports verifiziert. Strukturelle ziliäre Defekte konnten durch die ultrastrukturelle Analyse von Zilienquerschnitten in drei donorspezifischen PCD-Modellen identifiziert werden. Darüber hinaus konnte die ziliäre Funktionalität mit Hilfe der Hochgeschwindigkeitsvideomikroskopie nicht nachgewiesen werden. Zusammenfassend ist es in dieser Arbeit gelungen, eine neue Methode zur vollständigen Charakterisierung von 3D-Atemwegstestsystemen zu etablieren, die die Analyse der Zilienschlagfrequenz sowie des mukoziliären Transports ermöglicht. Es konnte erstmalig gezeigt werden, dass mit Hilfe des Tissue Engineering ein personalisiertes Krankheitsmodell für die PCD auf Segmenten eines dezellularisierten porzinen Jejunums generiert werden kann, das zukünftig ein Testsystem für potentielle Therapeutika darstellen kann.
Unterschiede in Frontaler Kortex Oxygenierung in zweierlei Risikogruppen der Alzheimer Demenz
(2019)
Die verbesserte medizinische Versorgung führt zu einer zunehmenden Lebenserwartung unserer Gesellschaft. Damit steigt auch die sozioökonomische Relevanz neurodegenerativer Erkrankungen kontinuierlich. Für die Alzheimer Demenz (AD), die dabei die häufigste Ursache darstellt, stehen bisher keine krankheitsmodifizierenden Behandlungsoptionen zur Verfügung. Die lange präklinische Phase der Erkrankung birgt jedoch großes Potential für die Entwicklung neuer Behandlungsoptionen. Das Untersuchen von Risikogruppen ist für die Identifikation von Prädiktoren einer späteren AD Manifestation von besonderem Interesse. In diesem Zusammenhang werden insbesondere das Vorliegen genetischer Risikokonstellationen, wie dem Apolipoprotein E (APOE) Ɛ4-Allel, sowie kognitiver Risikofaktoren, wie der „leichten kognitiven Beeinträchtigung“ (MCI), diskutiert. Die Identifikation präklinischer Aktivierungsunterschiede in relevanten Gehirnregionen von Risikogruppen kann als Basis für die Entwicklung neurofunktioneller Früherkennungs-Marker dienen. Der präfrontale Kortex (PFC), welcher mit der Steuerung von Exekutivfunktionen assoziiert wird, hat sich in diesem Zusammenhang in bisherigen Studien als eine relevante Schlüsselregion manifestiert. Aufgrund der aufwendigen und kostenintensiven bildgebenden Untersuchungsmethoden, sind die genauen Prozesse jedoch noch unklar.
Ziel der vorliegenden Arbeit war es daher, Unterschiede in der PFC Oxygenierung in zweierlei Risikogruppen der AD mit einer kostengünstigeren Bildgebungsmethode, der funktionellen Nahinfrarot Spektroskopie (fNIRS), zu untersuchen. Dafür wurde in einem ersten Schritt, der Trailmaking Test (TMT), ein weitverbreiteter neuropsychologischer Test zur Erfassung exekutiver Funktionen, für fNIRS implementiert. Als Grundlage für die Untersuchung frühpathologischer Prozesse, wurden zunächst gesunde Alterungsprozesse betrachtet. Der Vergleich von jungen und älteren Probanden (n = 20 pro Gruppe) wies neben der Eignung der Testimplementierung für fNIRS auf eine spezifische bilaterale PFC Oxygenierung hin, welche bei jungen Probanden rechtshemisphärisch lateralisiert war. Ältere Probanden hingegen zeigten bei vergleichbaren Verhaltensdaten insgesamt mehr signifikante Kanäle sowie eine Abnahme der Lateralisierung. Dies kann als zusätzlicher Bedarf an Ressourcen in gesunden Alterungsprozessen interpretiert werden.
Im Rahmen der Hauptstudie wurden anschließend insgesamt 604 ältere Probanden im Alter von 70 bis 76 Jahren untersucht. Zunächst wurde die genetische Risikogruppe der Ɛ4-Allel-Träger (n = 78) mit den neutralen Ɛ3-Allel-Trägern (n = 216) und den Trägern des als protektiv geltenden Ɛ2-Allels (n = 50) verglichen. Hierbei zeigte sich eine geringere Oxygenierung der Risikogruppe bei geringer Aufgabenschwierigkeit, während sich ein erhöhter Oxygenierungsanstieg im medialen PFC mit steigender Aufgabenschwierigkeit zeigte. Dies deutet auf einen erhöhten Bedarf an neuronalen Kontrollmechanismen der Risikogruppe zur Bewältigung der steigenden Aufgabenschwierigkeit hin. Die protektive Gruppe zeigte hingegen eine erhöhte Oxygenierung im ventralen PFC mit steigender Aufgabenschwierigkeit, was möglicherweise auf einen präventiven Effekt hindeuten könnte.
Weiterführend wurden MCI-Patienten mit gesunden Probanden (n = 57 pro Gruppe) hinsichtlich des kognitiven Risikofaktors verglichen. Hierbei zeigte sich ein punktuell reduzierter Oxygenierunganstieg der MCI Patienten mit steigender Aufgabenschwierigkeit vor allem im ventralen PFC bei ebenfalls stabiler Verhaltensleistung. Die gefundene Reduktion könnte ein Zeichen für eine aufgebrauchte kognitive Reserve sein, welche Einbußen auf Verhaltensebene voranzugehen scheint.
Diese charakteristischen Unterschiede in den frontalen Oxygenierungsmustern von Risikogruppen (APOE, MCI) könnten als Biomarker zur Früherkennung von AD noch vor dem Auftreten kognitiver Einbußen dienen. Die fNIRS-Untersuchung während der Durchführung des TMT hat sich in diesem Zusammenhang als potentielles Instrument zur Frühdiagnose der präklinischen Phase der AD als geeignet erwiesen. Die Ergebnisse werden unter Einbezug des wissenschaftlichen Kontexts interpretiert und Implikationen für weitere notwendige Studien sowie die klinische Anwendbarkeit diskutiert.
Bei der Atherosklerose handelt es sich um eine chronische inflammatorische Erkrankung, die sich an der arteriellen Gefäßinnenwand abspielt. Ihre Haupt-Manifestationsformen Schlaganfall und Herzinfarkt zählen zu den häufigsten Todesursachen weltweit. Eine chronische Endothelbelastung und -funktionsstörung, beeinflusst durch Risikofaktoren wie Diabetes, arterieller Bluthochdruck, Rauchen und Entzündungszustände, führen zur Permeabilitätserhöhung des Endothels, zur Zelleinwanderung, subendothelialen Lipidanreicherung, Migration glatter Muskelzellen und der Ausbildung atherosklerotischer Läsionen. Es kommt zu Aktivierung des Immunsystems und fortschreitender Entzündungsreaktion, schließlich zur Ausbildung eines nekrotischen Kerns und zunehmender Vulnerabilität des Plaques.
Epigenetische Veränderungen betreffen klassischerweise das Chromatingerüst. Durch DNA-Methylierung und -Demethylierung sowie verschiedene Modifikationen der Histon-Proteine kann die DNA in ihrer Zugänglichkeit verändert werden. So kann die Transkription eines bestimmten Genes direkt und potenziell längerfristig beeinflusst werden, ohne dass Alterationen der DNA-Basenfolge selbst stattfinden. Das Enzym SET7 nimmt hierbei eine Sonderrolle ein, da es neben einer Methylierung von Histon 3 auch verschiedene zelluläre Zielstrukturen posttranslational direkt methylieren kann.
Epigenetische Veränderungen im Kontext der Atherosklerose sind bereits vereinzelt beschrieben. Auch sind sie relevant in der Reaktion auf Umwelteinflüsse und bei inflammatorischen Vorgängen. Der Frage, ob epigenetische Mechanismen im atherosklerotischen Geschehen eine Rolle spielen, sollte in dieser Arbeit nachgegangen werden. Dazu wurde in Zellkulturversuchen für Makrophagen und glatte Muskelzellen geprüft, ob die einzelnen pro-atherosklerotischen Stimuli oxLDL, IL-1β, TNFα und LPS bereits zu relevanten Veränderungen epigenetischer Enzyme führen. Dies erfolgte über Vergleich der entsprechenden mRNA mittels qPCR. Zur Untersuchung der genaueren Dynamik wurde für die Enzyme SET7 und DNMT1 der zeitliche Ablauf dieser Reaktion auf TNFα-Stimulation in Makrophagen genauer betrachtet. Unter gleichen Versuchsbedingungen wurde außerdem die Änderung der mRNA-Expression einiger Matrixmetalloproteasen, TIMP-Enzyme, Zytokine und Transkriptionsfaktoren analysiert,um zukünftig kausale Zusammenhänge weiter aufdecken zu können. Auch die Frage nach Veränderungen epigenetischer Enzyme in der Ldlr-/--Maus nach fettreicher Diät im Vergleich zu Ldlr-/--Mäusen ohne Diät sollte hier beantwortet werden. Dazu wurde die mRNA der Zellsuspensionen aus Milz, Aortenwurzel und gesamter Aorta der Tiere mithilfe der qPCR verglichen. Schließlich sollte ein effizienter Weg für einen individuellen und flexiblen SET7 knock-out etabliert werden, um weitere Studien dieses Enzyms zu ermöglichen. Hierzu wurde die Methode des CRISPR/Cas9 Systems gewählt und abschließend die Funktionalität des Systems überprüft.
Untersuchung der Rolle von Rhodopsin 7 und Cryptochrom im Sehprozess von Drosophila melanogaster
(2015)
Ausgangspunkt für die Detektion von Licht ist im gesamten Tierreich die Absorption von Photonen durch photorezeptive Proteine, die sogenannten Opsine und in geringerem Ausmaß die Typ 1 Cryptochrome. Die Taufliege Drosophila melanogaster besitzt sechs eingehend charakterisierte, auch als Rhodopsine bezeichnete Opsine (Rh1-Rh6) und ein Cryptochrom (CRY). Neben den Ocellen und den Hofbauer-Buchner Äuglein werden die Rhodopsine in erster Linie in den Photorezeptorzellen der Komplexaugen, den Hauptorganen der Lichtperzeption exprimiert, wo sie der Vermittlung der visuellen Wahrnehmung dienen. Basierend auf Sequenzvergleichen wurde im Jahr 2000 ein neues Protein namens Rh7 zur Gruppe der Drosophila Opsine hinzugefügt. Bis heute fehlt allerdings jeglicher experimentelle Beleg für die photorezeptive Funktion dieses Proteins.
Im Gegensatz dazu wird Cryptochrom in erster Linie in einigen Uhrneuronen des Drosophila Gehirns exprimiert, wo es diesen Neuronen die Fähigkeit zur Lichtdetektion verleiht und das Photoentrainment der inneren Uhr lenkt. Neueren Untersuchungen zu folge spielt CRY allerdings auch bei der visuellen Wahrnehmung der Augen eine Rolle.
Die vorliegende Arbeit zielte nun darauf ab die potentielle Funktion von Rh7 als neuen Photorezeptor in Drosophila sowie die Rolle von CRY bei der visuellen Lichtperzeption zu untersuchen.
Die Aufnahmen der Elektroretinogramme (ERGs) von transgenen Fliegen, die Rh7 anstelle von oder zusammen mit dem dominanten Photorezeptor Rh1 in den Komplexaugen exprimieren, zeigen, dass Rh7 die Phototransduktionskaskade bei Belichtung mit Weißlicht nicht aktivieren kann. Die Abwesenheit von Rh7 sorgt allerdings trotzdem für eine Beeinträchtigung der lichtinduzierten Antwort der Rezeptorzellen im Komplexauge. So zeigen die Intensitäts-Response Kurven der ERG Rezeptorpotentialamplitude von rh7 Knockout-Fliegen unter Weißlicht niedriger und mittlerer Intensität nach einer anfänglichen Dunkeladaptation von 15min eine insgesamt, im Vergleich zur Kontrolle erhöhte Rezeptorpotentialamplitude. Der Verlauf dieser Kurven deutet außerdem darauf hin, dass die Zunahme der Rezeptorpotentialamplitude mit steigender Lichtintensität größer wird. Zudem
zeigt das Aktionsspektrum für die Rezeptorpotentialamplitude der rh7 Knockout-Fliegen, dass diese Empfindlichkeitszunahme im gesamten Bereich von 370-648nm auftritt. Diese Beeinträchtigung scheint jedoch zu fehlen, wenn die Fliegen vor Experimentbeginn nur 1min dunkeladaptiert wurden, oder wenn intensives Blaulicht zur Belichtung verwendet wird. Des weiteren ist auch das 4s nach Ende des Lichtpulses im ERG gemessene Nachpotential bei fehlendem Rh7 reduziert.
Zusammengenommen deuten diese Ergebnisse darauf hin, dass Rh7, wenn auch nicht als Photorezeptor, bei Belichtung mit Weißlicht niedriger und mittlerer Intensität die Lichtantwort in den Rezeptorzellen des Komplexauges in Abhängigkeit von Intensität und Adaptationszustand beeinflusst und dass dieser Einfluss scheinbar nicht durch Licht eines eng begrenzten Wellenlängenbereichs induziert wird. Des weiteren legt die Untersuchung des ERG Nachpotentials nahe, dass Rh7 möglicherweise für eine normale Beendigung der Lichtantwort benötigt wird. Die allgemeine Funktion von Rh7 als Photorezeptor in Drosophila sowie die Eigenschaften der endogenen Funktion von Rh7 werden diskutiert.
Unabhängig davon wird in der vorliegenden Arbeit auch gezeigt, dass Fliegen ohne CRY zwar nach 15-minütiger, nicht jedoch nach 1-minütiger Dunkeladaptation bei Belichtung mit Weißlicht niedriger Intensität eine insgesamt geringere ERG Rezeptorpotentialamplitude aufweisen. Dies könnte auf eine Beeinträchtigung der Dunkeladaptationsprozesse bei Abwesenheit von CRY hindeuten.