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D) Zusammenfassung
Im Rahmen der vorgestellten Doktorarbeit wurde die Reaktivität des Metalloborylenkomplexes [{(η5-C5Me5)Fe(CO)2}(μ-B){Cr(CO)5}] (43) gegenüber weiterer Übergangsmetallfragmente, verschiedener Mono- bzw. Dialkine sowie unterschiedlicher Isonitrile untersucht. Mittels spektroskopischer und struktureller Befunde der dabei synthetisierten Verbindungen konnten bekannte Sachverhalte bestätigt und neue Erkenntnisse über die Metall–Bor-Bindung erhalten werden.
Der Boridokomplex [{(η5-C5Me5)Fe(CO)2}(μ-B){W(CO)5}] (73) konnte auf dem klassischen Weg einer doppelten Salzeliminierungsreaktion des Dichloroborylkomplexes 11 und dem Metallcarbonylat Na2[W(CO)5] in einer Ausbeute von 46% dargestellt werden (Abbildung 96).
Abbildung 96: Synthese des Boridokomplexes 73.
Verbindung 73 weist die für terminale Borylenkomplexe charakteristische, lineare FeBW Einheit sowie ein extrem tieffeldverschobenes 11B{1H}-NMR-Signal auf.
Es gelang ebenfalls, die Metalloborylen-Einheit {(η5-C5Me5)Fe(CO)2(B:)} aus 43 auf ein weiteres Übergangsmetall-Fragment zu übertragen. Dieser intermetallische Transfer bietet neben der klassischen Salzeliminierungsreaktion einen neuen Syntheseweg für Boridokomplexe. Die Umsetzung von 43 mit dem Übergangsmetallkomplex [(η5 C5H5)(H)W(CO)3] resultiert in 52%-iger Ausbeute in der Bildung des Hydrid-verbrückten Boridokomplexes [{(η5-C5Me5)(CO)2Fe}(µ-B)(µ-H){CpW(CO)2}] (74) (Abbildung 97). Röntgenkristallographische Untersuchungen sowie NMR-spektroskopische Daten belegen die verbrückende Position des Hydridoliganden über die W–B-Bindung der linearen FeBW Einheit.
Abbildung 97: Synthese des hydrid-verbrückten Boridokomplexes 74.
Aus den Umsetzungen der Hydrid-verbrückten Boridokomplexe [{(η5-C5Me5)(CO)2Fe} (µ B)(µ-H){CpM(CO)2}] (M = W (74), Mo (75)) mit einem Äquivalent des Metall-basischen Platin-(0)-Komplexes [Pt(PCy3)2] konnten die Trimetallo-Boridokomplexe 76 und 77 in Ausbeuten von 27% und 33% isoliert und vollständig charakterisiert werden (Abbildung 98). Sie weisen die für Metall-basenstabilisierten Boridokomplexe typische T-förmige Struktur mit einem verbrückenden Hydridoliganden zwischen der M–Pt-Bindung sowie einer verbrückenden Carbonylgruppe zwischen der Fe–Pt-Bindung auf. Des Weiteren zeigte sich, dass in beiden Verbindungen die M–B-Bindungsabstände vergleichbar mit denen anderer Boridokomplexe sind, die Pt–B-Bindungsabstände jedoch gegenüber Platin-Borylkomplexen deutlich verlängert sind. Dieser Befund wurde bereits für andere Metall-Basen-Addukte beschrieben.
Mit einem weiteren Metallbasen-Fragment gelang es die noch freie Koordinationsstelle am Bor-Zentrum zu besetzen. Hierzu wurden die Verbindungen 76 und 77 mit einem zweiten Äquivalent des niedervalenten Metallkomplexes [Pt(PCy3)2] umgesetzt (Abbildung 98). Folglich konnten die tetranuklearen Komplexe 78 und 79 in Ausbeuten von 44% und 30% isoliert werden. Die 1H-NMR-Kopplungsschemata des Hydridoliganden bestätigen seine verbrückende Position zwischen dem Metall (Wolfram, Molybdän) und Platin. Obwohl die Festkörperstruktur von 79 zwei unterschiedliche {Pt(PCy3)}-Fragmente aufweist, zeigt das 31P{1H}-NMR-Spektrum in Lösung nur ein Signal. Somit liegt bei Raumtemperatur in Lösung eine Fluktuation der verbrückenden Carbonylgruppe sowie des Hydridoliganden vor. Entgegen den Erwartungen nimmt Verbindung 79 eine stark gekippte Anordnung ein und nicht, wie die meisten bekannten Tetrametallo-Boridokomplexe eine quadratisch-planare Koordination (Anti-van`t Hoff-Le Bel-Verbindungen).
Abbildung 98: Reaktivität des hydrid-verbrückten Boridokomplexes 74 gegenüber [Pt(PCy3)2].
Des Weiteren gelang es die Metalloborylen-Einheit {(η5-C5Me5)Fe(CO)2(B:)} aus 43 auf einige unterschiedlich substituierte Alkine zu übertragen und die Verbindungsklasse der bislang erst zwei bekannten Eisen-substituierten Borirene auf die Verbindungen 81-86 zu erweitern, welche in Ausbeuten von 24-61% isoliert werden konnten (Abbildung 99).
Abbildung 99: Synthese der Ferroborirene 81-86.
Das charakteristische Strukturmerkmal dieser Verbindungsklasse stellt der dreigliedrige Boracyclus dar, dessen Verkürzung der BC bzw. Verlängerung der C–C-Bindungen gegenüber B–C-Einfach- bzw. C=C Doppelbindungen auf eine Delokalisierung der π Elektronen über ein bindendes Molekülorbital bestehend aus den p-Orbitalen der Ring-Atome hindeuten.
Durch den thermisch induzierten Borylentransfer und drastische Reaktionsbedingungen gelang es erstmals, ein Ferro(bis)boriren (87) vollständig zu charakterisieren. Die Umsetzung von 43 mit verschiedenen Dialkinen führte zur Bildung der Ferro(bis)borirene 87 89 (Abbildung 100).
Abbildung 100: Synthese der Ferro(bis)borirene 87-89.
Aufgrund der Verkürzung der C–C-Einfachbindung zwischen den beiden Dreiringen (1.411(3) Å) kann in dem Ferro(bis)boriren 87 von einer Delokalisation der π Elektronen über beide Boracyclen hinweg ausgegangen werden.
Zahlreiche Versuche zur Spaltung der Fe–B-Bindung des Ferroborirens 63 mit H2, Br2 oder HCl, um Zugang zu Borirene mit veränderten Eigenschaften zu erhalten, waren nicht erfolgreich.
Auch einige Quarternisierungsversuche des Ferroborirens 63 mit den weniger basischen Pyridinderivaten (3,5-Lutidin, 4 Picolin, 4-(Dimethylamino)-pyridin) waren nicht erfolgreich. Die Reaktionskontrolle mittels 11B{1H} NMR-Spektroskopie zeigte immer nur das Eduktsignal bei δ = 63.4 ppm. Sowohl nach dem Erhitzen für mehrere Stunden auf 80 °C sowie durch Abkühlen der Reaktionslösung war keine Reaktion zu erkennen. Die Umsetzung von 63 mit einem cyclischen Alkylaminocarben lieferte ebenfalls keine Reaktion.
Weitere Untersuchungen zur Reaktivität von 63 ergaben, dass es durch die Umsetzung von 63 mit zwei Äquivalenten eines N-heterocyclischen Carbens zu einer heterolytischen FeB Bindungsspaltung unter Bildung der Boroniumionen 90-92 kommt (Abbildung 101). Auf diese Weise konnte das erste Borironium-Salz eines Borirens erhalten werden.
Abbildung 101: Synthese der Boroniumionen 90-92.
Durch die Quarternisierung des Boratoms ist in den Borironiumionen eine Delokalisierung der zwei π Elektronen über ein bindendes Molekülorbital bestehend aus den p-Orbitalen der Ring-Atome nicht mehr möglich, dies spiegelt sich in der Verlängerung der BC- sowie Verkürzung der C–C-Bindungen im Vergleich zur Ausgangsverbindung wieder.
Ein weiteres Projekt dieser Arbeit umfasste Untersuchungen zur Reaktivität von Manganborylkomplexen gegenüber Isonitrilen. Es zeigte sich, dass durch Umsetzung des Mangan(dibromboryl)komplexes (94) mit Cyclohexyl- bzw. tert-Butylisonirtil die Lewis Säure-Base-Addukte 95 und 96 gebildet werden.
Abbildung 102: Synthese der Lewis-Säure-Base-Addukte 95und 96.
Im Gegensatz hierzu kommt es bei der Umsetzung des Phosphan-substituierten Manganborylkomplexes 98 mit Cyclohexyl- bzw. tert-Butylisonirtil zu keiner Adduktbildung, sondern zu einer Insertion zweier Isonitrile in die MnB Bindung unter Bildung eines carbenartigen Mangankomplexes und einem viergliedrigen Ring bestehend aus dem Kohlenstoff- und dem Stickstoffatom eines Isonitrils, dem Kohlenstoffatom des zweiten Isonitrils sowie dem Boratom der {BCl2}-Gruppe. Des Weiteren wurden zwei Carbonylgruppen durch Isonitrile ausgetauscht (Abbildung 103).
Abbildung 103: Synthese der Isonitrilinsertionskomplexe 99 und 100.
Das letzte Projekt dieser Arbeit umfasste die Untersuchung der Reaktivität von 43 gegenüber Isonitrilen.
Während die Umsetzung des Boridokomplexes 43 mit tert-Butyl- bzw. Mesitylisonitril keine selektive Reaktion lieferte, führte die Umsetzung von 43 mit drei Äquivalenten Cyclohexylisonitril zu einer Insertion der Isonitrile in beide MB-Bindungen und somit zur Bildung der [2.3] Spiro-Verbindung 103. Da der Metalloborylenkomplex 43 formal eine Eisenboryl- und eine Chromborylen-Funktionalität aufweist, werden dementsprechend in dieser Reaktion zwei unterschiedliche Reaktivitäten in einem Molekül vereinigt. Diese sind zum einen vergleichbar zu der des Eisen(dichlorboryl)komplexes 11 und zum anderen zu der des Chrom(aminoborylen)komplexes 17.
Abbildung 104: Synthese der [2,3]-Spiroverbindung 103.
Bei der Umsetzung von 43 mit Supermesitylisonitril konnte anhand geeigneter Kristalle für die Röntgenstrukturanalyse das Chrom-Spaltungsprodukt [(OC)4(Mes*NC)2Cr] (109) erhalten werden. Dieser Befund sowie quantenchemische Rechnungen sprechen für die Bildung von 115 (Abbildung 105).
Abbildung 105: Umsetzung von 43 mit Mes*NC.
In den Untersuchungen zu der Isonitril-insertierten [2.3] Spiro-Verbindung 103 konnte zum einen die Reversibilität der Isonitrilinsertion in die FeB-Bindung durch Umsetzung mit der starken Lewis-Säure Tris(pentafluorphenyl)boran unter der Bildung des Lewis-Säure-Base-Addukts (C5F5)3B−CNtBu vermutet werden.
Weitere Reaktivitätsuntersuchungen zu 103 zeigen, dass durch die HCl-Addition an die NB Bindung des dreigliedrigen Rings der Eisencarbenkomplex 118 gebildet wird (Abbildung 106). Dieser Befund deutet darauf hin, dass es sich bei der B–N-Bindung in 103 eher um eine dative N→B-Wechselwirkung handelt und diese somit leichter gespalten werden kann als die B–C-Einfachbindung des dreigliedrigen Rings.
Abbildung 106: Synthese der Verbindung 118.