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Das RpoS-Protein aus Vibrio cholerae : Funktionsanalyse und Charakterisierung der Proteolyse-Kaskade
(2007)
In der vorliegenden Arbeit wurde zunächst die Konservierung bekannter RpoS-assoziierter Funktionen für das V. cholerae Homolog untersucht. Dabei ergab die phänotypische Analyse der rpoS-Deletionsmutante, dass analog zu der Bedeutung als Regulator des Stationärphasen-Wachstums in E. coli, definierte Zelldichte-abhängige Eigenschaften in V. cholerae gleichermaßen der Kontrolle von RpoS unterliegen. In weiterführenden Experimenten konnte daraufhin die Konservierung der entsprechenden Promotorstrukturen über die funktionelle Komplementierung rpoS-abhängiger Gene durch das jeweils speziesfremde Protein aufgedeckt werden. Dahingegen konnte die Bedeutung von RpoS bei der Ausprägung der generellen Stress-Resistenz u. a. in E. coli für das V. cholerae Homolog über den gewählten experimentellen Ansatz nicht belegt werden. So wurden in Survival-Assays für keine der getesteten Stress-Bedingungen signifikante Unterschiede zwischen rpoS-Mutante und Wildtyp ermittelt. Die in E. coli gezeigte intrazelluläre Anreicherung des Sigmafaktors unter diversen Stress-Situationen konnte ebenfalls nicht nachgewiesen werden. Hinsichtlich der potentiellen Stellung von RpoS als globaler Regulator für Virulenz-assoziierte Gene, unterstützen und ergänzen die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit die gegenwärtige Theorie, wonach RpoS das Ablösen der V. cholerae Zellen vom Darm-Epithel fördert. Die postulierte Bedeutung des alternativen Sigmafaktors in der letzten Phase der Pathogenese wurde über die RpoS-abhängige Sekretion der Mukin-degradierenden Protease HapA und die hier unabhängig nachgewiesene Transkriptionskontrolle von Chemotaxis-Genen bestätigt. In E. coli gilt als entscheidender Parameter für die dargelegten RpoS-Funktionen die intrazelluläre Konzentration des Masterregulators. Deshalb war ein weiteres zentrales Thema dieser Arbeit die Regulation des RpoS-Levels in V. cholerae. Neben der Identifizierung von Bedingungen, welche die RpoS-Expression beeinflussen, wurde vorrangig der Mechanismus der Proteolyse analysiert. Dabei wurden als RpoS-degradierende Komponenten in V. cholerae die Homologe des Proteolyse-Targetingfaktors RssB und des Protease-Komplexes ClpXP identifiziert. Die weitere Untersuchung der RpoS-Proteolyse ergab außerdem, dass bestimmte Stress-Signale den Abbau stark verzögern. Interessanterweise resultierten die gleichen Signale jedoch nicht in der Akkumulation von RpoS. Als weiterer Unterschied zu der bekannten Proteolysekaskade in E. coli zeigte sich, dass das V. cholerae Homolog der RssB-aktivierenden Kinase ArcB (FexB) an der RpoS-Proteolyse nicht beteiligt ist. Indessen deuten die Ergebnisse weiterführender Experimente auf den Einfluss der Kinasen CheA-1 und CheA-3 des V. cholerae Chemotaxis-Systems auf die RpoS-Degradation. Aus diesem Grund wurde in der vorliegenden Arbeit ein zu E. coli abweichendes Modell der RpoS-Proteolyse postuliert, in welchem die aktiven CheA-Kinasen den Targetingfaktor RssB phosphorylieren und somit den Abbau einleiten. Die Beteiligung von MCP-Rezeptoren an der Kontrolle der intrazellulären RpoS-Konzentration und damit an der Transkription der Chemotaxisgene selbst, beschreibt erstmalig ein Regulationssystem, wonach innerhalb der Chemotaxis-Kaskade die Rezeptoraktivität wahrscheinlich über einen positiven „Feedback-Loop“ mit der eigenen Gen-Expression gekoppelt ist. Darüber hinaus deutete sich die Beteiligung der ATP-abhängigen Protease Lon an der RpoS-Proteolyse-Kaskade in V. cholerae an. Die Inaktivierung der in E. coli unter Hitzeschock-Bedingungen induzierten Protease resultierte in einem extrem beschleunigten RpoS-Abbau. Ein letztes Teilprojekt dieser Arbeit adressierte die Regulationsmechanismen der V. cholerae Osmostress-Adaptation. Während in E. coli der alternative Sigmafaktor dabei eine zentrale Rolle spielt, konnte die Beteiligung des V. cholerae RpoS an der Osmostress-Regulation jedoch nicht aufgedeckt werden. Dafür ergab die Funktionsanalyse eines neu definierten Osmostress-Sensors (OsmRK) die Kontrolle von ompU durch dieses Zwei-Komponentensystems unter hypertonen Bedingungen. Dieses Ergebnis überraschte, da bislang nur der Virulenzfaktor ToxR als Regulator für das Außenmembranporin beschrieben wurde. Die nachgewiesene ompU-Transkriptionskontrolle durch zwei Regulatoren führte zu der Hypothese eines unbekannten regulativen Netzwerkes, welchem mindestens 52 weitere Gene zugeordnet werden konnten. Insgesamt ist festzuhalten, dass die in dieser Arbeit durchgeführte molekulare Charakterisierung der RpoS-Proteolyse in V. cholerae Beweise für eine mögliche Verbindung zwischen der Transkriptionskontrolle für Motilitäts- und Chemotaxisgene mit der Chemotaxis-Reizwahrnehmung erbrachte. Eine derartige intermolekulare Verknüpfung wurde bislang für keinen anderen Organismus beschrieben und stellt somit eine neue Variante der Signaltransduktion innerhalb der Virulenz-assoziierten Genregulation dar.