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Die vorliegende Arbeit thematisiert die Aktivität des autonomen Nervensystems im Vergleich vor versus nach bariatrischer Operation bei ProbandInnen mit morbider Adipositas. Wir untersuchten, ob die Operation und der damit einhergehende Gewichtsverlust drei Monate nach dem bariatrischen Eingriff zu einer Veränderung der Aktivität des autonomen Nervensystems im thorakalen und im motorischen/peripheren Kompartiment führt. Als Parameter dienen für das thorakale Kompartiment die Herzfrequenzvariabilität und für das periphere/motorische Kompartiment vaskuläre (lnRHI und AI) und sudomotorische (Schweißvolumen, Antwortlatenz) Parameter.
Unsere Ergebnisse im thorakalen Kompartiment zeigen einen Anstieg der Herzfrequenzvariabilität 3 Monate nach bariatrischer Operation. Wir schließen uns daher der Hypothese an, die mit morbider Adipositas assoziierte Erhöhung der sympathischen Aktivität im thorakalen Kompartiment könne durch bariatrische Operationen reversibel sein. Im peripheren/motorischen Kompartiment können wir keine eindeutige Veränderung der Aktivität des autonomen Nervensystems vor versus nach bariatrischer Operation beobachten. Andere Studien konnten hierzu deutlichere Ergebnisse erheben, die ebenfalls eine erhöhte sympathische Aktivität im motorischen Kompartiment zeigten, welche nach bariatrischer Operation reversibel war.
Insgesamt können wir die These einer autonomen Imbalance bei Adipositas sowie einer Verringerung der sympathischen Aktivität im thorakalen Kompartiment nach bariatrischer Operation unterstützen. Die Veränderungen im autonomen Nervensystem leisten möglicherweise einen Beitrag zur Verbesserung der kardiovaskulären Gesundheit und der metabolischen Situation nach der bariatrischen Operation.
Hintergrund: Depressionen zählen zu den häufigsten psychischen Erkrankungen. Depressive Symptome umfassen beeinträchtigte kognitive Funktionen, vegetative Beschwerden und ein verändertes emotionales Erleben. Die defizitäre Wahrnehmung interner körperlicher Signale wird sowohl mit der Pathogenese der Depression als auch mit Angststörungen in Verbindung gebracht. Interozeptive Genauigkeit (IAc) beschreibt dabei die Fähigkeit, körperliche Empfindungen wie den eigenen Herzschlag akkurat wahrzunehmen und wird mit einer Herzwahrnehmungsaufgabe erfasst. In bildgebenden Verfahren wie der funktionellen Magnetresonanztomografie (fMRT) war eine niedrigere IAc mit einer verringerten Inselaktivität assoziiert. Während der Ruhezustandsmessung des Gehirns (resting-state fMRT) kann in Abwesenheit einer Aufgabe die intrinsische Aktivität des Gehirns gemessen werden. Dies ermöglicht die Identifizierung von kortikalen Netzwerken. Depressive Patienten weisen eine veränderte funktionelle Konnektivität innerhalb und zwischen einzelnen Netzwerken wie dem Salience Network (SN), welchem die Insel zugerechnet wird, und dem Default Mode Network (DMN) auf. Bisherige Studien, in denen überwiegend jüngere depressive Patienten untersucht wurden, kamen jedoch hinsichtlich der IAc und den kortikalen Netzwerken zu inkonsistenten Ergebnissen. Insbesondere ist unklar, inwieweit sich die IAc nach einem Therapieansprechen verändert, von der Herzratenvariabilität (HRV) moduliert wird und welche Auswirkungen dies auf die funktionelle Konnektivität kortikaler Netzwerke hat.
Ziele: Eine veränderte IAc und HRV wie auch funktionelle Konnektivitätsunterschiede im DMN und SN könnten Biomarker der Depression darstellen. Im Rahmen einer Längsschnittuntersuchung wurde getestet, ob ältere depressive Patienten über eine verringerte IAc, eine geringere HRV und über eine veränderte funktionelle Konnektivität im SN sowie DMN verfügen. Darüber hinaus sollte erforscht werden, in welchem Ausmaß sich Patienten, die auf die Behandlung ansprachen (Responder), von sogenannten Non-Respondern in Bezug auf die IAc, die HRV, das SN und das DMN unterschieden.
Methoden: In Studie 1 (Baseline) wurden 30 größtenteils medizierte, schwer depressive Patienten (> 50 Jahre) und 30 gesunde Kontrollprobanden untersucht. Die IAc wurde in einer Herzwahrnehmungsaufgabe ermittelt und die HRV bestimmt. Zusätzlich wurde eine resting-state fMRT durchgeführt. Eine funktionelle Konnektivitätsanalyse für Saatregionen im SN und DMN wurde mit einem saatbasierten Ansatz (seed-to-voxel) durchgeführt. Für eine Subgruppenanalyse wurde die Patientengruppe in ängstlich-depressive und nicht-ängstlich depressive Patienten unterteilt.
In Studie 2 (sechs Monate Follow-up) wurde die Studienkohorte nochmals untersucht. Es nahmen 21 Personen der Patientengruppe und 28 Probanden der Kontrollgruppe teil. Wiederum wurden die IAc und die HRV bestimmt. Außerdem fand eine resting-state fMRT-Messung statt. Die Patientengruppe wurde unterteilt in depressive Responder und Non-Responder.
Ergebnisse: In Studie 1 zeigten depressive Patienten eine funktionelle Hypokonnektivität zwischen einzelnen Saatregionen der Insel (SN) und Teilen des superioren frontalen Gyrus, des supplementärmotorischen Cortex, des lateralen okzipitalen Cortex sowie des Okzipitalpols. Zudem wiesen depressive Patienten zwischen der Saatregion im anterioren Teil des DMN und der Insel sowie dem Operculum eine erhöhte funktionelle Konnektivität auf. Die Gruppen unterschieden sich nicht in der IAc und der HRV. Ängstlich-depressive Patienten zeigten eine höhere funktionelle Konnektivität innerhalb der Insel als nicht-ängstlich depressive Patienten, jedoch zeigten sich keine Unterschiede in der IAc und der HRV.
In Studie 2 wiesen depressive Non-Responder im Vergleich zu Respondern eine Hyperkonnektivität zwischen dem posterioren DMN und dem Frontalpol sowie zwischen dem posterioren DMN und temporalen Arealen im SN auf. Keine funktionellen Konnektivitätsunterschiede zeigten sich für die Saatregionen im SN. Depressive Responder, Non-Responder und die Kontrollprobanden unterschieden sich in ihrer IAc und HRV nicht.
Schlussfolgerungen: Die Ergebnisse der Studien unterstreichen, dass bei depressiven Patienten, Respondern und Non-Respondern Unterschiede in der intrinsischen Gehirnaktivität funktioneller Netzwerke bestehen, jedoch nicht in der akkuraten Wahrnehmung des eigenen Herzschlages und der HRV. Therapeutische Interventionen, die auf eine Verbesserung der IAc abzielen, könnten insbesondere für Non-Responder dennoch eine zusätzliche Behandlungsmöglichkeit darstellen. Für eine personalisierte Medizin könnte die weitere Erforschung von kortikalen Netzwerken einen wesentlichen Beitrag leisten, um ein individuelles Therapieansprechen zu prädizieren.
Die Inadäquate Sinustachykardie (IST) ist eine häufige Erkrankung des autonomen Nervensystems bei Kindern und Erwachsenen. Die Diagnose und Therapie einer IST bei Jugendlichen ist bisher nicht genau definiert. In dieser retrospektiven Studie haben wir unsere Hypothese bezüglich autonomer Dysfunktion im Kindesalter durch die Analyse von 24-h Herzfrequenzvariabilität (HRV) bei 479 Kindern mit einem Durchschnittsalter von 13,7 ± 2,1 Jahren, die innerhalb der letzten 15 Jahre an die pädiatrische Ambulanz überwiesen wurden, untersucht.
74 Jugendliche hatten eine mittlere Herzfrequenz ≥95/min (Cut-off Werte für eine IST basieren auf der gesunden Kontrollgruppe) und hatten damit eine IST.
Wir stellten fest, dass das Risiko einer IST bei Jugendlichen mit einer Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) (OR = 3,5, p < 0,001), Prä-Hypertonie (OR = 2,5, p = 0,043) und Hypertonie (OR = 2,1, p = 0,02) hoch ist; nicht signifikant erhöht bei Kindern mit Kleinwuchs (OR = 1,9, p = 0,19), chirurgisch behandelte angeborene Herzkrankheit (OR = 1,4). ,p = 0,51) und Adipositas ohne Bluthochdruck (OR = 1,4; p = 0,25); und unbedeutsam bei Jugendlichen mit Anorexia nervosa (OR = 0,3, p = 0,26) und konstitutioneller Dünnheit (OR = 0,9, p = 0,89).
Eine IST war mit signifikant reduzierten HRV-Werten und erhöhten Blutdrücken assoziiert, was auf ein erhöhtes kardiovaskuläres Risiko hindeutet.
In dieser retrospektiven Analyse litten 15,4 % der Jugendlichen an einer IST mit einer 24h HF ≥ 95 bpm hauptsächlich aufgrund einer ADHS und Hypertonie.
Unter Herzfrequenzvariabilität (HRV) versteht man die Anpassung der Herzfrequenz an endogene und exogene Einflüsse. Diese Anpassung wird vom autonomen Nervensystem durch Sympathikus und Parasympathikus gesteuert. Je variabler die Herzfrequenz bzw. die HRV auf diese Einflüsse reagiert, umso besser die autonome Regulation und die autonome Balance. In dieser Studie wurde der Zusammenhang der HRV im Langzeit-EKG mit der körperlichen Belastbarkeit in der Spiroergometrie bei Kindern und Jugendlichen untersucht. Es zeigte sich, dass Kinder mit psychosomatischen Erkrankungen am schlechtesten körperlich belastbar waren und die geringste HRV aufweisen konnten. Wohingegen SportlerInnen die beste Belastbarkeit und höchsten Werte in der HRV-Analyse erzielen konnten. Zudem ist es möglich, mittels Parameter der Spiroergometrie und der HRV-Analyse die körperliche Belastbarkeit bis zu 63% vorherzusagen.
In der vorliegenden prospektiven Pilotstudie wurden die Hypothesen überprüft, dass es durch die nicht-invasive aurikuläre Vagusnervstimulation, jedoch nicht durch eine Kontrollstimulation am Ohrläppchen, zu einer Steigerung der Befindlichkeit, einer Verbesserung der Kognition und einem positiven Effekt auf die Herzratenvariabilität kommt.
Zusammenfassend konnten dabei in dieser Studie geringe Effekte der t-VNS auf einen kognitiven Parameter (F%-Wert des d2-Tests) sowie einen einzelnen HRV-Parameter (pNN50) gezeigt werden, wobei es Hinweise auf eine Intensitätsabhängigkeit der einzelnen Effekte gab. Auf die übrigen erfassten kognitiven Parameter und die weiteren gemessenen HRV-Parameter sowie die Befindlichkeit konnte kein Einfluss der t-VNS nachgewiesen werden. Bestätigt werden konnte das gute Sicherheitsprofil und die gute Tolerabilität der t-VNS.
Die Depression ist eine Erkrankung mit einer hohen Prävalenz, die mit einem hohen Risiko für Suizidalität assoziiert ist. Traumata während der Kindheit gelten als einer der Hauptrisikofaktoren für Depressionen und Suizide. Die Assoziation einer Hyperaktivität des adrenergen Nervensystems und sowohl Depressionen als auch Suizidalität ist gut belegt. Mit einer antidepressiven Behandlung können suizidale Handlungen verhindert werden, jedoch gibt es eine Subgruppe, in der Suizidgedanken während der Therapie neu auftreten oder sich intensivieren (TWOSI). Während bereits mehrere genetische Polymorphismen mit dem Auftreten von Suizidgedanken während der Therapie assoziiert werden konnten, gibt es noch keine geeignete Methode, diese Patienten vor Therapiebeginn zu identifizieren, um deren Krankheitsverlauf genauer zu überwachen. Im Rahmen unserer Studie untersuchten wir stationäre Patienten mit einer depressiven Episode mittels eines Langzeit-EKGs zur Messung der Herzfrequenz und verschiedener Herzratenvariabilitätsparameter. Außerdem wurde bei Studieneinschluss durch einen Selbstbeurteilungsfragebogen verschiedene Formen einer Traumatisierung in der Kindheit erhoben und sowohl bei Aufnahme als auch in den darauffolgenden Wochen eine Fremdbeurteilungsskala zur Erfassung der Suizidgedanken durchgeführt. Dabei zeigte sich, dass elf der insgesamt 89 Patienten ein Neuauftreten oder eine Verschlechterung von Suizidgedanken zeigten. Hierbei stellte sich heraus, dass TWOSI� Patienten schwerwiegendere emotionale Missbrauchserfahrungen in ihrer Kindheit erlebt hatten. Zudem zeigten diese Patienten eine höhere adrenerge Aktivität, widergespiegelt durch eine erhöhte Herzfrequenz und eine niedrigere Herzratenvariabilität. Somit könnte sich mit zunehmender Schwere der Kindheitstraumatisierung ein Überwiegen der sympathischen Aktivität ergeben, und daraus wiederum ein höheres Risiko für die Intensivierung der Suizidgedanken während der Behandlung. Messungen des autonomen Nervensystems könnten in Zukunft als Werkzeug dienen, Patienten mit einem erhöhten Risiko für TWOSI zu identifizieren.
In dieser Arbeit wurde die Herzratenvariabilität (HRV), das Interbeat-Intervall (IBI) sowie die Beziehung zwischen HRV und IBI bei gesunden Probanden, bradykarden Patienten mit einer Mutation im hyperpolarization-activated cyclic nucleotide-gated channel 4-(HCN4) Gen sowie Patienten mit einer Anorexie nervosa (AN) untersucht. Die Haupthypothese lautete, dass die bei Patienten mit AN oft zu beobachtenden Bradykardien durch neurale Mechanismen verursacht werden. Daher wurde angenommen, dass ein Sättigungseffekt der HRV/IBI Beziehung infolge einer anhaltenden parasympathischen Kontrolle des Sinusknotenareals lediglich bei Patienten mit einer AN nachzuweisen ist. In dieser Arbeit konnte ein Sättigungseffekt der HRV/IBI-Beziehung bei Patienten mit einer Anorexia nervosa sowie bei zwei von vier Patienten mit einer HCN4-Mutation nachgewiesen werden. Bei Kontrollen konnten hingegen kaum Zeichen eines Sättigungseffekts der HRV/IBI Beziehung nachgewiesen werden. Es wurde daher geschlussfolgert, dass ein Sättigungseffekt der HRV/IBI Beziehung keine parasympathisch-vermittelte Bradykardie beweist. Es zeigt sich vielmehr, dass die Regulation des HCN4-Gens für die Bradykardie und den festgestellten HRV-Sättigungseffekt bei Patienten mit einer AN verantwortlich sein könnte.
Die primäre Nebenniereninsuffizienz stellt ein seltenes Krankheitsbild dar, welches mit einem Mangel an Kortisol in Folge eines defekten bzw. fehlenden Nebennierenrindengewebes einhergeht. Im Rahmen eines autoimmun polyglandulären Syndroms Typ 2 (APS 2) können, neben anderen Kombinationsmöglichkeiten, eine primäre Nebenniereninsuffizienz (NNRI) zusammen mit einem Diabetes mellitus Typ 1 vorliegen. Bisher wenig bis gar nicht beleuchtet ist der Einfluss dieser Erkrankungen auf die kardiopulmonale Leistungsfähigkeit aus sportmedizinischer Sicht. Mit Kortisol als ein komplexer Modulator verschiedenster Stoffwechselprozesse und Anpassungen des Körpers an physische wie psychische Belastung ist ein entsprechender Einfluss auf kardiopulmonale Belastungsgrößen zu vermuten.
In der hier vorgestellten Arbeit wurde ein Testprotokoll zur standardisierten und vergleichbaren körperlichen Belastung auf einem Fahrradergometer erstellt und Patienten mit primärer NNRI, APS 2, Diabetes Typ 1 sowie gesunde Kontrollprobanden mittels dieses Protokolls körperlich belastet. Dabei wurden unter kontinuierlicher spirometrischer und elektrokardiographischer Überwachung verschiedene Parameter der Herzfrequenzvariabilität sowie die Slow Component der Sauerstoffaufnahme (SCVO2) beleuchtet und zwischen den einzelnen Gruppen verglichen.
Bei den im Rahmen dieser Arbeit erhobenen HRV-Parametern in Ruhe, bei körperlicher Belastung und in der anschließenden Erholungsphase konnte kein signifikanter Unterschied zwischen den Probandengruppen gesehen werden.
Für die SCVO2 zeigte sich ein signifikanter (p<0,05) Unterschied zwischen Diabetikern und Nicht-Diabetikern. Probanden mit Diabetes wiesen dabei signifikant niedrigere Werte der SCVO2 auf im Vergleich zu Probanden ohne Diabetes. Darüber hinaus zeigte sich eine negative Korrelation zwischen dem HbA1c und der SCVO2.
Ursächlich hierfür könnte ein verändertes Rekrutierungsverhalten von Skelettmuskelfasern sein, wobei zur genaueren Beleuchtung weitere Untersuchungen notwendig sind.
Der Einfluss der Ernährung auf das autonome Nervensystem – ein Modell kindlicher Essstörungen
(2019)
Essstörungen sind durch eine autonome Regulationsstörung gekennzeichnet, die vermutlich pathophysiologisch relevant ist. Es konnte gezeigt werden, dass in unterschiedlichen Ernährungszuständen das autonome Nervensystem (ANS) verschieden reguliert wird. Adipöse Kinder weisen im Vergleich zu gesunden Gleichaltrigen eine reduzierte Herzfrequenzvariabilität (HRV) und einen erniedrigten Vagotonus auf, während Anorexia nervosa (AN)-Patienten eine erhöhte HRV mit Vagusdominanz besitzen.
Während das momentane Körpergewicht und der aktuelle Body Mass Index (BMI) im Verlauf einer Ernährungsintervention weitgehend konstant bleiben, entwickelt sich die HRV nachhaltig positiv. Es konnte ein qualitativer Zusammenhang zwischen der Änderung des BMI und der HRV-Änderung nachgewiesen werden. Offensichtlich reagiert das ANS im Sinne einer „autonomen Wende“ auf die Ernährungsumstellung, noch bevor eine signifikante Änderung des Körpergewichts messbar wird. Der Reiz für die Anpassung des ANS liegt scheinbar in der Dynamik metabolischer Zustände, initiiert durch Änderung der Kalorienzufuhr, und wirkt sich erst langfristig auf den BMI aus.
Am Beispiel der Anorexia nervosa führt das Refeeding aus einer Kalorienzufuhr gemäß modifiziertem NICE-Ernährungsprotokoll, mit Supplementierung von Vitamin B-Komplexen sowie Omega-3-Fettsäuren (O-3-FS), bereits frühzeitig zu einer „autonomen Wende“ mit Regulierung der HRV in Richtung altersentsprechenden Normbereich. Die autonome Regulationsstörung ist möglicherweise weniger die Ursache als die Folge des Hungerns bei AN.
Die HRV ist bei adipösen Kindern reduziert und spiegelt so einen frühen kardiovaskulären Risikofaktor wider. Durch Ernährungsinterventionen zeigen sich zwar oft nur leichte Erfolge bei der Gewichtsreduzierung, jedoch können signifikante HRV-Verbesserungen, insbesondere in der Nacht, erreicht werden. Diese HRV-Zunahme gilt als Indikator für ein reduziertes kardiovaskuläres Risiko, das offensichtlich durch eine Ernährung knapp unterhalb des Solls erreicht werden kann. Das HRV-Profil adipöser Kinder und Jugendliche spiegelt sich auch abgestuft in der Einteilung in die verschiedenen Risikogruppen des Metabolischen Syndroms wider. Die HRV dient demzufolge bei Kindern und Jugendlichen als verlässlicher Surrogatparameter für das kardiovaskuläre Risiko.
Pathophysiologisch ist ein Modell des normokalorischen Ernährungszustands anzunehmen, in dem das autonome Nervensystem in individuell bestimmten Grenzen ausgewogen reguliert wird. Aus einer Änderung der Ernährung resultiert ein autonomer Effekt: die vagotone Ausgangslage der AN-Patienten wird durch Refeeding positiv beeinflusst (HRV-Abnahme, Herzfrequenzanstieg); umgekehrt verhält es sich durch Kalorienrestriktion bei Adipositas (HRV-Zugewinn, Herzfrequenzabnahme). Der HF/LF (high frequency/low-frequency)-Quotient, als möglicher Repräsentant der autonomen Balance, bleibt jedoch unverändert. Bei kalorischer Unter- oder Überversorgung wird die intrinsische Herzfrequenz unabhängig vom Sympathikus-Parasympathikus-Gleichgewicht angepasst. VLF (very low frequency) kann wahrscheinlich als metabolischer Parameter angesehen werden und verhält sich umgekehrt proportional zur Thermogenese. Die metabolisch bedingten Veränderungen der autonomen Regulation werden durch Optimierung der Kalorienzufuhr unabhängig vom aktuellen BMI aufgehoben und normalisiert. Diese Anpassungsmechanismen werden offensichtlich auch von psychischen Veränderungen begleitet, die eine Verhaltensänderung der Kinder und Jugendliche bedingen. Im Rahmen der Essstörungen gilt diese Beobachtung als besonderes Therapiehindernis. O-3-FS und Betablocker haben möglicherweise einen zusätzlichen positiven Effekt auf die HRV.
Die Orientierung am BMI als Messparameter für Interventionserfolg ist unzulänglich. Effekte einer hypo- bzw. hyperkalorischen Ernährung auf die HRV bzw. intrinsische Herzrate lassen sich einfach erfassen und sind im Langzeit-Elektrokardiogramm (LZ-EKG) zugängig. Therapieeffekte sind anhand der HRV-Analyse noch vor Änderung des BMI sichtbar. Die im LZ-EKG einfach praktikable HRV-Messung dient als objektive und aktuelle Diagnostik für die Therapiebewertung bei Essstörungen. Angesichts der Kenntnis um die Präsenz einer autonomen Regulationsstörung im Vorfeld vieler kardiovaskulärer Erkrankungen, verspricht die HRV-Analyse zukünftig präventiven Nutzen.
Bei Erwachsenen ist ein Zusammenhang zwischen Depressionen und Herzerkrankungen bekannt. Als möglicher Mechanismus hierfür gilt eine Veränderung der kardialen autonomen Funktion, messbar über eine verminderte Herzfrequenzvariabilität (HRV) und eine höhere Herzfrequenz. Es finden sich in der Literatur erste Hinweise, dass auch bei Kindern und Jugendlichen mit Depressionen Veränderungen der kardialen autonomen Regulation zu beobachten sind. In der vorliegenden Studie an der Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie Würzburg wurde erstmals die kardiale autonome Funktion bei depressiven Kindern und Jugendlichen mit Hilfe von Langzeit-EKGs untersucht. Geprüft wurde hierbei, ob depressive Störungen im Kindes- und Jugendalter mit einer gestörten kardialen autonomen Regulation in Form einer verminderten HRV und einer erhöhten Herzfrequenz vergesellschaftet sind. Zudem wurde der Einfluss einer antidepressiven Therapie untersucht. Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass depressive Kinder und Jugendliche im Vergleich zu gesunden eine signifikant höhere mittlere Herzfrequenz im Langzeit-EKG aufweisen. Zudem hatten sie leicht verminderte HRV-Parameter, wobei dieser Unterschied nicht statistisch signifikant war. Eine Veränderung der HRV oder der Herzfrequenz im Therapieverlauf konnte nicht belegt werden. Weitere größere Studien sind nötig, um die Zusammenhänge zwischen Depressionen und Veränderungen der kardialen autonomen Funktion im Kindes- und Jugendalter zu erforschen.